Werbung

Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
lukasm
Beiträge: 701
Registriert: Fr 3. Jul 2009, 17:52
Hat sich bedankt: 204 Mal
Danksagung erhalten: 129 Mal

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von lukasm »

rene hat geschrieben: Doch welche Ereignisse will man überhaupt abdecken? Aus meiner Feuerwehr-Erfahrung weiss ich, dass die Ereignisse nie so eintreten wie man sie erwartet. Ich werde mich also auf die präventiven Massnahmen beschränken (Donnerradar ist Pflicht, Wetterwarnungen abonnieren, bei Unsicherheiten Wetterdienst kontaktieren, wer entscheidet über Evakuation, ..).
Ich würde in jedem Fall mal persönlch kontaktieren, das kostet keine Unsummen und gibt einem auch persönlich etwas Sicherheit, dass man nicht von etwas schon mal grundsätzlich falschem ausgeht - also ich persönlich würde mich besser fühlen, im Voraus eine (professionelle) Drittmeinung eingeholt zu haben.

Und was ich mir weiter vorstelle ist sicher: Wohin bringt man die Leute (Sturm? Hagel?) dass alle einen sicheren Unterschlupf findet. Wie viele Leute haben kein Auto dabei, und wie lange haben Leute, die langsam zu Fuss sind, bis sie in Sicherheit sind? Oder gibt es für die eine Alternative, wo sie schneller Unterschlupf finden? Wie werden die Leute informiert (wenn es sowieso viele Durchsagen gibt, dann hört eh die Hälfte nicht, deshalb vielleicht ein Signalton dazu?). Warnt man vielleicht schon eine halbe Stunde früher vor (das hätte ich mir in Biel vorstellen können, dass die Leute schon mal darauf sensibilisiert sind, ohne dass es gleich zu Panik kommt).

Ach ja übrigens: Jemand hat den Vorschlag gemacht, warum nicht die Wetterdienste auf Veranstaleter wie diese zugeht, ihnen vielleicht eine Broschüre über bestehende Gefahren zusendet. Ich denke, viele v.a. kleinere Veranstalter sind sich gar nicht bewusst über die Gefahren oder denken, dies Kostet Unsummen.
Off Topic
Ihr "diskutiert" nun in etwa 3 Threads über das gleiche, macht doch das bitte im OT wenn es sein muss, das will ja nicht jeder lesen müssen ;)
Der Donner erschüttert die heitere Bläue des Himmels,
Weil hochfliegende Wolken im Äther einander sich stoßen,
Wenn in der Mitte sie stehn von entgegengerichteten Winden.

aus "De rerum natura", 1. Jh. v. Chr. (Titus Lucretius Carus, Lukrez)

Blitzfreak
Beiträge: 2
Registriert: So 23. Jun 2013, 23:32
Geschlecht: männlich

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Blitzfreak »

Hallo

Ich war an diesem Tag ein Besucher des Turnfestes.
Man hat deutlich erkennen können wie eine schwarze Wand vom Bielersee her direkt auf uns zukam.

Keine Reaktion des OK's und wir wurden auch nicht informiert. 10 Minuten später rannten alle um ihr Leben.
Es war krass wie schnell das ging. Und doch habe ich sowie auch einige andere eine Warnung von
MeteoSchweiz erhalten. Auch haben wir gesehen dass eine Gruppe Stormchaser am Eingang mit den
Verantwortlichen gesprochen haben über das Wetter, vermutlich gewarnt hatten.

Diese vom OK hatten allerdings nur abgewunken und wir feierten weiter, da wir dachten man hätte alles im Griff.
Jedoch war dem nicht so und ich wurde zum Glück nicht von einem Trümmerteil getroffen.

Das Wetter ist unberechenbar aber eine Durchsage über den lautsprächer hätte ich mir gewünscht, damit man
wenigstens infomiert worden wäre und man sich darauf vorbereiten hätten können. Um ggf. auch sachen zu
sichern oder zusammenzupacken.

Gruss
Beni aus Biel


Andreas (Langnau)
Beiträge: 198
Registriert: So 23. Jun 2002, 14:46
Geschlecht: männlich
Wohnort: 3550 Langnau im Emmental
Hat sich bedankt: 140 Mal
Danksagung erhalten: 2 Mal
Kontaktdaten:

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Andreas (Langnau) »

Federwolke hat geschrieben:Und den Veranstaltern kann man nur empfehlen, von selbsternannten Wetterberatern ohne Leistungsausweis die Finger zu lassen.
Auch wenn es hier einige nicht gerne hören, ich muss Fabienne in dieser Sache absolut zustimmen.

Die Reaktion einiger Teilnehmer hier im Forum zeigt ferner nicht gerade von Rückgrat! :neinei:
Andreas Strahm, Langnau i.E., 670 m.ü.M.

Seebueb
Beiträge: 264
Registriert: Sa 6. Sep 2008, 17:05
Geschlecht: männlich
Wohnort: 9403 Goldach SG
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 7 Mal

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Seebueb »

Die Schnelligkeit mit der es gehen kann wird von den nicht-Kundigen immer unterschätzt!

Ich war heute im Hafen beim Boot und wusste, das um 17.00 Uhr die nächste Zelle daherkommt. Beim Ablauf dieses Szenarios dachte ich unwillkürlich an Biel. Also:

1. 16.55 Uhr: Abfahrt am See bei schönstem Sonnenschein. Zelle sichtbar.
2. 17.00 Uhr: Auf halbem Weg nach Hause: Es dunkelt plötzlich, Sonne wird von Zelle verdeckt.
3. 17.10 Uhr: auf dem See Richtung Friedrichshafen erste Regenstreifen
4. 17.15 Uhr: Einsetzen des Windes: Mässig, Regenstreifen auf der Höhe Langenargen.
5. 17.20 Uhr: See nicht mehr sichtbar, Regen nach Radar stark (gelb)
6. 17.25 Uhr: Einsetzen des Regens bei uns mässig.

Also vom Verdecken der Sonne bis zu den starken Regenfällen eine Viertel Stunde. Und das ist jetzt ein mässiger Ablauf. Bei einer Superzelle geht es noch schneller. Wenn dann Otto-Normalverbraucher erst erwacht, wenn die Sonne verdunkelt wird, ist es schon reichlich spät. Zu spät unter Umständen.

Gruss Seebueb
Ich liebe Wind und Wellen!

Benutzeravatar
Silas
Beiträge: 2220
Registriert: Di 29. Mär 2005, 19:10
Geschlecht: männlich
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 133 Mal
Kontaktdaten:

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Silas »

@Beni
Man hat deutlich erkennen können wie eine schwarze Wand vom Bielersee her direkt auf uns zukam.
Keine Reaktion des OK's und wir wurden auch nicht informiert. 10 Minuten später rannten alle um ihr Leben.
Genau das ist es ja, sobald die schwarze Wand in Sichtweite ist, ist der Zug bei einem solchen Grossanlass bei einer Verlagerungsgeschwindigkeit der Zelle von 60 km/h längst abgefahren. Genau deshalb geht nichts um einen Fachbeistand herum. Hand aufs Herz: Wie gross ist der finanzielle und zeitliche Aufwand, einen Wetterdienst oder privaten Meteorologen mit Rückgrat für den Zeitraum von einigen Tagen als sicheres, pflichtbewusstes Backup zu engagieren, verglichen mit den Ressourcen, welche die gesamte Planung eines Anlasses in dieser Grössenordnung verschlingt?

Ein Bravo zu den vielseitigen Beiträgen, ein Dankeschön an die vielen Informationen aus erster Quelle (Thomas Jordi, Turnfest-Besucher, Veranstalter) und (unter grosszügiger Ignoranz einiger Exponenten auf den letzten zwei Seiten) last but not least congratulations zur Beilegung des Kriegs der Wetterfrösche! Diese Einigkeit, von Anfang an, war beeindruckend, doch zweifelsohne wichtig.

Einziger Wehmutstropfen, aufgrund dessen ich hier allerdings nicht umfassende Diskussionen anstossen will, ist die Akzeptanz von Wetterwarnungen. Nur so viel: Ein verhaltener, gezielter Einsatz erhöht das Vertrauen.

Soviel Senfbeilage meinerseits.

Gruss Silas
Wetterstation Oberthal 850 m.ü.M.: http://silas.emmewetter.ch

Schnittlauch

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Schnittlauch »

Bei Grossereignissen darf auch das Kompetenzgerangel in den Blaulichtorganisationen nicht vergessen werden. Die Emotionen gehen da zum Teil gehörig hoch.
Der gemeine Besucher macht sich über die Gefahren welche von Menschenansammlungen und losen Infrastruktureinrichtungen ausgehen auch keine Gedanken.

Was würde wohl bei einem Downburst auf dem Gurten während des Festivals los sein?
Hand aufs Herz: Wie gross ist der finanzielle und zeitliche Aufwand, einen Wetterdienst oder privaten Meteorologen mit Rückgrat für den Zeitraum von einigen Tagen als sicheres, pflichtbewusstes Backup zu engagieren, verglichen mit den Ressourcen, welche die gesamte Planung eines Anlasses in dieser Grössenordnung verschlingt?
Vielleicht können diese Dienste bald eingekauft werden, ein Geschäftsfeld wäre es jedenfalls. Einen fachkundigen Beistand für Grossanlässe in Form eines Meteorologen der dauernd verfügbar ist und dessen Aktionen protokolliert werden.

Schnittlauch

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Schnittlauch »

Für den Kanton Bern gibt es übrigens hier eine Seite die sich mit dem Thema Naturgefahren auseinandersetzt:

http://www.naturgefahren.sites.be.ch/
Dass auf dem Areal des Eidgenössischen Turnfestes 84 Menschen verletzt wurden, könnte für die Organisatoren juristische Folgen haben. Die Staatsanwaltschaft Bern hat sich eingeschaltet.
Logisch, denn jetzt gehts ans Eingemachte: Geld. Es wurden Leute teilweise schwer verletzt. Das kostet. Jetzt geht es darum diese Kosten jemanden aufs Auge drücken zu können. Stichwort Versicherungen...Haftungsfrage.
Als das Gewitter in Ipsach losbrach, funktionierte das Swisscom-Netz wegen Überlastung nicht mehr zuverlässig.
Sich im Ernstfall auf Mobiltelefone zu verlassen ist Irrsinn und grob fahrlässig. Dennoch wird in den meisten Notfallkonzepten nichts anderes vorgesehen.
Zuletzt geändert von Schnittlauch am Di 25. Jun 2013, 09:37, insgesamt 4-mal geändert.


Benutzeravatar
Uwe/Eschlikon
Beiträge: 3064
Registriert: Mi 4. Jun 2003, 14:35
Wohnort: 8360 Eschlikon/TG
Danksagung erhalten: 334 Mal
Kontaktdaten:

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Uwe/Eschlikon »

Hallo
Logisch, denn jetzt gehts ans Eingemachte: Geld. Es wurden Leute teilweise schwer verletzt. Das kostet. Jetzt geht es darum diese Kosten jemanden aufs Auge drücken zu können. Stichwort Versicherungen...Haftungsfrage.
Ja, darum werden auch immer mehr Leistungen ausgeschlossen oder gekürzt ;)

Die SUVA schreibt auf ihrer HP:

Passiert bei folgenden Aktivitäten ein Unfall, müssen Sie mit Kürzungen der Versicherungsleistungen rechnen:

•Boxwettkämpfe, Catch-as-catch-can, Fullcontact-Wettkämpfe, Karate-Extrem
•Auto-, Motorrad-, Moto-Cross- oder Motorboot-Rennen inkl. Training
•Abfahrtsrennen mit Mountain- oder City-Bikes inkl. Training auf der Rennstrecke
•Ski-Geschwindigkeits-Rekordfahrten oder Snow-Rafting
•Tauchen in einer Tiefe von mehr als 40 Metern
•Canyoning*, Hydrospeed oder Riverboogie
•Bungy-Jumping* oder Brückenspringen*, SCAD-Diving, Base-Jumping usw.
•Zugsurfen, Spacen oder Skating-Rennen

* Die Liste der Sportarten, die als "Wagnisse" gelten, wird unter Berücksichtigung des Unfallrisikos und der Rechtsprechung durch dieUnfallversicherer periodisch überprüft und angepasst. Die aktualisierte Liste finden Sie hier: http://www.suvaliv.ch (Wagnisse)


Irgendwann wird die Liste erweitert und auch bei Volkssportarten und Grossanlässen werden in bestimmten Fällen Leistungen gekürzt!

Gruss
Uwe

Schnittlauch

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Schnittlauch »

Durchaus möglich dass in näherer Zukunft Besuche von Grossveranstaltungen als sogenannte "Wagnisse" angesehen werden.
Ganz einfach darum, weil solche Menschenmassen immer ein unkalkulierbares Risiko sind.

Achtung: Auch Stormchasing könnte ein Wagnis sein!
Verweigerung von Geldleistungen
In besonders schweren Fällen von Wagnissen, zum Beispiel die Durchführung einer sehr schwierigen Bergtour im Alleingang, bei schlechtem Wetter und trotz Warnung durch erfahrene Bergsteiger, können die Geldleistungen verweigert werden.
Zuletzt geändert von Schnittlauch am Di 25. Jun 2013, 10:33, insgesamt 2-mal geändert.

Stefan Hörmann
Beiträge: 814
Registriert: Mi 18. Jun 2003, 13:45
Geschlecht: männlich
Wohnort: Ehingen
Danksagung erhalten: 2 Mal
Kontaktdaten:

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Beitrag von Stefan Hörmann »

Silas hat geschrieben: Einziger Wehmutstropfen, aufgrund dessen ich hier allerdings nicht umfassende Diskussionen anstossen will, ist die Akzeptanz von Wetterwarnungen. Nur so viel: Ein verhaltener, gezielter Einsatz erhöht das Vertrauen.
Dieser Einwand ist mehr als berechtigt.

Ein Kunde von mir (Flieger) ist Bauleiter im Hoch-/Tiefbau und damit auch beruflich täglich mit Wetter und Wetterdiensten im Kontakt, mal mehr mal weniger. Seine Aussag "Kannst Du vergessen. Dort wird vor jedem Poppelgewitter gewarnt das ein paar Isoplatten umwirft. Der Blick an den Himmel ist wichtiger als die Meldung aus der Ferne. Es wird grandios überwarnt und das auf breiter Front." Er hat nicht ganz unrecht. Hier ist einfach auch der Wettbewerb der Warndienste schuld daran. Kein Warndienst will es sich erlauben, als einziger ein Gewitter nicht bewarnt zu haben. Es könnte ja doch mal heftiger kommen. Quantität steht vor Qualität. Das Ansehen der Warndienste, und damit auch der Meteorolgen, ist unter der Bevölkerung schlecht. Man muss sich nicht wundern, warum die Menschen den Meteorologen nicht (mehr) trauen. Weniger ist mehr und wenn es heißt, es könnte ein Gewitter kommen, dann muss der Mensch seine Fühler ausstrecken. Stichwort Eigenverantwortung.
Viele Grüße,
Stefan, Ehingen/Donau, 545NN, Südrand Schwäbische Alb
http://www.gleitsegelwetter.de - Ein Dienst im Auftrag der Piloten

Mein größter Wetterwunsch zu Lebzeiten: Eine komplette Seegfrörne am Bodensee

Antworten