Hallo zusammen!
Ich bin auf dieses Forum gestossen, nachdem ich mich gestern mitten im Zentrum des Unwettergeschehens am Genfersee befand und nun nach Informationen darüber suchte. Es war echt der Hammer! Ich gebe euch hier gerne einen Augenzeugenbericht.
Ich war in unserem Ferienhaus in Chardonne VD, oberhalb von Vevey. Das Häuschen befindet sich am Süd-Ost-Hang des Mont Pèlerins, von der Terrasse aus sieht man seitlich rechts den ganzen oberen Genfersee von der Linie Vevey - St. Gingolph aufwärts bis Seeende in Villeneuve und das Rhonedelta hoch ein Stück ins Wallis hinein. Geradeaus blickt man über das Tal mit der Autobahn zwischen Vevey und Montreux in Richtung Rochers-de-Nayes, bis links ein Stück Richtung Freiburgerland.
Ich war auf der Terrasse am Lesen, und als ich ca. 15.20 Uhr mal wieder aufblickte, nahm ich mir zunächst die Brille ab, da ich dachte, sie sei schmutzig/beschlagen. War sie aber nicht. Die gesamte Landschaft war in gelb getaucht und so viel Feuchtigkeit in der Luft, dass man nichts mehr scharf sehen konnte. Eine Art gelbstichiges Aquarellgemälde. Im Wallis schien die Sonne, doch direkt über uns war der Himmel tiefschwarz und auch gegen Nordosten eine Wahnsinnsstimmung. Gegen Westen sieht man vom Haus aus nicht, sonst hätte ich es wohl noch wahnsinniger gefunden

. Es gab erste leichte Böen; die Weinbauern feuerten Hagelrakten ab. Und dann kam es: Auf dem See unten schob sich von Westen her diese Wolkenwand, die hier auch schon auf einem Bild zu sehen war, unser Blickfeld. Direkt über dem Wasser war waren es dicke weissliche Wolken, die etwas schneller vorwärts quollen als der Rest, dahinter und darüber kam tiefschwarzes Zeugs nach. Die Wand wälzte sich unglaublisch schnell über den See und uns wurde klar, dass es dort unten ganz gewaltig stürmen musste. Wir selber waren aufgrund der Südost-Lage des Hauses vom Wind geschützt. Innerhalb der Wand bewegte sich alles, quoll und drehte, ging rauf und runter... Ich hielt bewusst Ausschau nach Wind-/Wasserhosen, konnte jedoch nichts Derartiges erkennen. Allerdings sah ich die Wand ja von der Seite; von vorne unten mag es ja vielleicht doch einige "petits tornades" gegeben haben?
Erst als die Wand schon fast auf Höhe Montreux war, drehten einige schwarze Wolkenfetzen ab und kamen in unsere Richtung. Sie zogen zunächst auf Augenhöhe vor uns vorbei. Innerhalb der Wolken hatte es mehrere kleine Wirbel, sie sich um sich selbst drehten. Plötzlich wurden wir dann "überrollt" und es wurde Nacht. Dann prasselte der Hagel los und stürmte es nun doch auch bei uns, es tat so gewaltig, dass wir uns in den Keller verzogen aus Angst, das Dach halte nicht. Es hagelte nur etwa vier Minuten lang. "Faustgross" oder "Tennisballgross" ist übertrieben, es waren etwa Ping-Pong-Bälle. Aber es waren ALLES Ping-Pong-Bälle, nicht nur vereinzelte! Der Boden war praktisch komplett bedeckt, doch als wir nachher nach Vevey runter fuhren, sahen wir, dass wir nur den kleinsten Teil abbekommen hatten.
Nach wenigen Minuten war der Spuk vorbei. Wir fuhren dann wie gesagt in unserem lädierten Auto nach Vevey runter, da ich auf den Zug Richtung Deutschschweiz musste. Die Rebberge waren echt zum Heulen: Alles nur noch braune Stengel. Vevey war Katastrophengebiet: Überflutete Strassen (wir kamen gar nicht zum Bahnhof, ich musste mich dann zu Fuss durchschlagen), überall Laub, Äste, Ziegel und Hagelkörner, zerbrochene Scheiben...
Wir haben während des ganzen Ereignisses Fotos geschossen, einige sind echt spektakulär. Sie sind aber noch in der Kamera meiner Mutter, diese wiederum ist noch bis Ende Woche in den Ferien.
So, das war lang, aber es war auch wirklich verrückt. Als absoluter Laie (wie ist die weibliche Form von Laie? Laiin?) habe ich keine Ahnung, was ich da gesehen habe, aber vielleicht helfen meine Beschreibeungen euch etwas weiter.
Liebe Grüsse
Ursu