Ich bin selbst OK-Präsident vom Waldfest Seegräben. Pro Abend haben wir ca. 800 – 1500 Besucher. Das Festgelände besitzt eine kleine Waldhütte
http://www.seegraeben.ch/de/verwaltung/ ... st_id=1682 und ist umgeben von grossen Bäumen. Über einen Flurweg ist man ca. nach 100 Meter auf dem freien Feld. Vom Festgelände bis zum Parkplatz sind es ca. 300 Meter. Das Fest wird von den örtlichen Turnvereinen organisiert. Es bildet die Haupteinnahmequelle der Vereine.
Neben der Funktion als OK-Präsident bis ich seit über ca. Jahren in der örtlichen Feuerwehr tätig. Inzwischen im Grad als Oberleutnant. Dadurch habe ich schon ein paar hundert Feuerwehreinsätze erlebt. Einige davon als Einsatzleiter. Dazu bin ich als Feuerwehr-Instruktor tätig. Ich bin es also gewohnt mit unbekannten Situationen konfrontiert zu werden und schnelles Entscheiden zu treffen.
Wir hatten am Waldfest in den letzten Jahren immer wieder mal ein Gewitter. Glücklicherweise kamen wir immer glimpflich davon. Beim Aufbau besuchte uns auch mal ein Gewitter und zwei Spitzzelte wurden beinahe davon geweht, als im Inneren des Zeltes noch zwei Turner mit dem Aufbau beschäftigt waren. Wir beobachten immer den Donnerradar oder haben Kontakt zu externen Personen die das Gewitter beobachten.
Bei der Vorsitzung im April informierte ich die anderen OK-Mitglieder, dass ich ein Sicherheitskonzept erstellen werde. Nach den Vorkommnissen in Biel ist das nun hochaktuelle. Erstellt ist das Dokument noch nicht. Denn es ist viel schwieriger ein solches Dokument zu verfassen als man denkt. Das Internet spuckt nicht viel heraus. Also muss man selbst von Grund aus anfangen. Doch welche Ereignisse will man überhaupt abdecken? Aus meiner Feuerwehr-Erfahrung weiss ich, dass die Ereignisse nie so eintreten wie man sie erwartet. Ich werde mich also auf die präventiven Massnahmen beschränken (Donnerradar ist Pflicht, Wetterwarnungen abonnieren, bei Unsicherheiten Wetterdienst kontaktieren, wer entscheidet über Evakuation, ..).
Ein solches Konzept hilft mir sicherlich um schneller Entscheidungen treffen und umsetzten zu können. Doch der Entscheid selbst nimmt es mir nicht ab. Und das ist das grösste Problem. Wenn ich evakuiere, dann muss ich das frühzeitig machen. Denn die Besucher brauchen noch 300 Meter bis zum Auto. Wenn ich nicht evakuiere, dann muss ich mit dem Risiko leben, dass Bäume umstürzen und Besucher getroffen werden. Das ist der schlimmste Fall. Wenn ich jedoch evakuiere und das Gewitter kommt nicht oder es bleibt bei ein wenig Regen, dann werde ich von diversen Seiten angegriffen. Die Besucher verstehen nicht wieso ich auf Panik gemacht habe. Auch die Helfer verstehen das nicht. Die wenigsten können die Gefahr aufgrund vom Donnerradar richtig interpretieren. Sie bilden ihre Meinung aufgrund von dem was passiert ist. Dazu kommt, dass nach einer Evakuation die Einnahmen fehlen. Wenn die Evakuation früh am Abend war, dann kann das Fest sogar zu einem Verlust werden.
Was will ich mit dem Beitrag sagen?
1. Es gibt für Veranstalter kaum Vorlagen oder Hilfsmittel im Bereich Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen.
2. Den meisten fehlt der meteorologische Hintergrund
3. Die Entscheidungen für oder gegen eine Evakuation ist enorm schwierig
Ich hoffe, ich konnte ein wenig Einblick in die Sichtweise eines Veranstalters geben. Mir kommen das Interesse zur Meteorologie und die Erfahrung aus der Feuerwehr zu Gute. Andere haben diesen Hintergrund nicht und für die ist es noch schwieriger.