Aus der havarierten Atomanlage Fukushima ist erneut Rauch aufgestiegen, die Einsatzkräfte müssen die Kühlung von außen vorerst stoppen. Zudem werden im Meerwasser rund um Fukushima drastisch erhöhte Strahlenwerte gemessen.
Japan: Atomanlage Fukushima —Neuer Rauch wirft Rettungsbemühungen zurück
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sueddeutsche.de
Japan: Atomanlage Fukushima-Daiichi
Feuerwehr soll zum Einsatz gezwungen worden sein
22.03.2011, 02:12
Der japanische Industrie- und Wirtschaftsminister soll Feuerwehrmänner aus Tokio gezwungen haben, stundenlang Wasser auf den radioaktiv strahlenden Reaktor im Atomkraftwerk Fukushima-1 zu sprühen. Minister Banri Kaieda soll den Männern eine Strafe angedroht haben, falls sie die Aufgabe nicht ausführten, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo.
Der Gouverneur von Tokio, Shintaro Ishihara, habe sich bei Regierungschef Naoto Kan darüber beschwert. Der Wirtschaftsminister sagte daraufhin auf einer Pressekonferenz am Dienstag: "Wenn meine Bemerkungen Feuerwehrmänner verletzt haben, (...) möchte ich mich in diesem Punkt entschuldigen." Er ging allerdings nicht näher darauf ein, ob die Vorwürfe gerechtfertigt seien, schrieb Kyodo.
Die Situation des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima-1 ist weiterhin instabil: Aus zwei Reaktoren stiegen am Dienstagmorgen erneut Rauch und Dampf auf.
Die Lage bleibe "äußerst angespannt", erklärte der japanische Industrieminister Banri Kaieda am Dienstag. "
Es ist nach meinem Gefühl schwierig, von Fortschritten zu sprechen", fügte der auch für die Atomaufsicht zuständige Minister nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo hinzu.
Aus Block 3 trete weißer, diesiger Rauch auf, über Block 2 weißer Dampf, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo. Reaktor 3 werde wieder mit Wasser besprüht, heißt es weiter. Bei dem weißen Rauch über dem Reaktor 2 handelt es sich nach Ansicht der japanischen Atomsicherheitsbehörde wahrscheinlich um Dampf aus dem Abklingbecken.
Bereits am Montag war über Block 2 Dampf und über Block 3 grauer Rauch aufgestiegen, der bis zum Abend verschwunden war. Die Dampfwolke soll nach Regierungsangaben ungefährlich gewesen sein. Der Rauch über dem Block 3 könnte von brennenden Trümmerteilen stammen. Dies teilte der japanische Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa mit, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. Bei dem weißen Dampf über Block 2 handle es sich um Wasserdampf.
Das deutet auf eine anhaltende Wärmeentwicklung im Abklingbecken mit verbrauchten Brennstäbe im Block 2 hin. Aufgrund der Nachwärme in den Reaktoren verdampft das bisher zugeführte Wasser. Die genaue Ursache ist allerdings weiter unklar. "Wir prüfen noch die Lage", sagte ein Tepco-Sprecher.
Die Einsatzkräfte und Arbeiter wurden wegen des Rauches am Montagabend in Sicherheit gebracht, um sie nicht noch stärker zu gefährden. Am Dienstag wurden die Arbeiten dann wieder aufgenommen, wie der Sprecher der Atomsicherheitsbehörde (NISA), Hidehiko Nishiyama, auf einer Pressekonferenz in Tokio erläuterte.
Die Bemühungen, die Kühlsysteme wieder in Gang zu bringen, wurden zwar fortgesetzt - die Kühlung der Reaktoren von außen jedoch nicht. Feuerwehrleute und Soldaten sprühen seit Tagen tonnenweise Wasser auf die überhitzten Reaktoren, um so die Brennstäbe zu kühlen und eine atomare Katastrophe zu verhindern. Diese Arbeiten blieben vorerst unterbrochen.
Meiler wieder am Stromnetz
Zuvor hatte der Betreiber des Meilers, Tokyo Electric Power (Tepco) gemeldet, dass Fukushima wieder an das Stromnetz angschlossen sei. Der Meiler beziehe Energie vom Netz, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf den Betreiber des Meilers.
Für Block 2 bringt das allerdings keine schnelle Hilfe, da dort nach Angaben von Kraftwerksbetreiber Tepco die Pumpen kaputt sind. Es seien Ersatzpumpen mit höchster Dringlichkeitsstufe bestellt worden, hieß es. Wann sie eintreffen, war zunächst nicht bekannt.
Mit dem Anschluss der Reaktorblöcke an die Stromversorgung hoffen die Techniker im Krisenstab von Fukushima, die regulären Kühlsysteme wieder in Gang bringen zu können. Doch ob diese noch funktionieren, war auch über Block 2 hinaus nicht abzusehen.
Meerwasser radioaktiv verseucht
Bereits am Montagmorgen war die Reaktoranlage wegen aufsteigenden Rauchs teilweise evakuiert worden. Nach Angaben von Tepco war die Radioaktivität für kurze Zeit angestiegen, ging dann aber wieder zurück.
Unterdessen haben neue Messungen eine starke radioaktive Belastung des Meerwassers in der Nähe des Atomkraftwerks ergeben. Die Messungen fanden 100 Meter von der Küste entfernt statt.
Bei Jod-131 sei ein Wert gemessen worden, der das gesetzliche Maximum um den Faktor 126,7 übersteige, berichtete der Fernsehsender NHK am Dienstag unter Berufung auf Tepco.
Bei Cäsium-134 sei die Verstrahlung 24,8 Mal so hoch wie zulässig. Tepco kündigte weitere Tests vor der Ostküste der japanischen Hauptinsel Honshu an.
Plan B: Weiter wie bisher
Japans Regierung äußert sich inzwischen wieder skeptischer über die Lage in Fukushima. Es sei schwer zu sagen, ob sich das Ganze in eine sichere Richtung entwickle, sagte der Handelsminister laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo.
Ein Vertreter der Atomsicherheitsbehörde gab sich optimistischer: Sollten die Kühlsysteme einmal repariert sein und wieder funktionieren, könne die Lage in Reaktorkernen und Abklingbecken innerhalb eines Tages normalisiert werden. Falls nicht, müsste die Anlage weiterhin mit Meerwasser gekühlt werden - sobald dies wieder möglich ist.
Indes liegt Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa ein Hilfsangebot des amerikanischen Militärs vor, ein Team von Atomexperten ins havarierte Kraftwerk Fukushima-1 zu schicken. Kitazawa wolle in den nächsten zwei Tagen entscheiden, ob er dieses Angebot annehme, berichtet Kyodo.
Die Flutwelle, die die beiden Atomkraftwerke in Fukushima getroffen hatte, soll 14 Meter hoch gewesen sein, heißt es bei Tepco. Das sei mehr als doppelt so hoch, wie Experten bei der Planung der Anlagen erwartet hatten, berichtete der Fernsehsender NHK. Das Unternehmen hatte am Montag die Wände der beschädigten Kraftwerke untersucht.
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Inzwischen haben die Behörden die Zahl der Toten in den von Erdbeben und Tsunami verwüsteten Gebieten nach oben korrigiert: Bis Dienstag wurden mehr als 9.000 Leichen geborgen. Das teilte die japanische Polizei mit. Es wird befürchtet, dass sich diese Zahl noch bis zum Abschluss der Bergungsarbeiten verdoppeln wird.
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Wasser in Abklingbecken am Kochen
Im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 (im Bild) ist die Temperatur in einem Abklingbecken wieder gefährlich angestiegen. Das Wasser, in dem Brennstäbe zur Kühlung lagern, koche oder sei zumindest kurz davor, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde.
Die hohen Temperaturen in dem Becken könnten auch der Grund für die Rauch- oder Dampfwolken sein, die am Montag und Dienstag über den Blöcken 2 und 3 des havarierten AKWs zu sehen waren. Sollte das Wasser in den Abklingbecken verdampfen, würden die Brennstäbe freigelegt. Die Folge: Mehr Radioaktivität würde in die Umwelt entweichen. (dapd)
«Die Werte sind etwas schlechter geworden»
Die Lage im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 hat sich weiter zugespitzt. Heute stieg wieder Rauch oder Dampf über dem Reaktorblock 2 auf. Laut der japanischen Atomsicherheitsbehörde NISA bewegt sich dort die Temperatur in einem Abklingbecken für Brennelemente um den Siedepunkt. Auch in mindestens zwei Reaktoren liegen die Brennstäbe derzeit zu grossen Teilen frei. «Die Werte sind etwas schlechter geworden», sagte ein NISA-Sprecher der Nachrichtenagentur dapd.
Die Temperaturen um den Siedepunkt im Abklingbecken des Blocks 2 gelten als mögliche Ursache für die Wolken, die am gestern und heute über den Reaktoren 2 und 3 in Fukushima zu sehen waren. Eine offizielle Erklärung dazu gab es bislang allerdings nicht.
Ziel ist es nun, die Stromversorgung für alle Reaktorblöcke wieder herzustellen und die beschädigten Pumpen wieder in Gang zu bringen, damit die überhitzten Reaktoren wieder gekühlt werden können.
Wasserstände in Reaktoren gesunken
Auch die Reaktoren selbst bereiten zunehmend sorgen. In zwei Blöcken seien die Brennstäbe weniger mit Wasser bedeckt als in den vergangenen Tagen, sagte ein Sprecher der japanischen Atomaufsichtsbehörde NISA.
So hätten sie im Reaktor 3 bei der letzten Messung um 11.00 Uhr Ortszeit auf bis zu 2,35 Meter Länge freigelegen. Dies ist der höchste, seit Beginn der Krise bekannt gegebene Wert. Auch im Reaktor 1 sank der Wasserstand geringfügig ab, sodass die Brennstäbe dort mit 1,80 Meter etwa fünf Zentimeter weiter frei lagen als am Montag.
Das von Erdbeben und Tsunami schwer beschädigte Atomkraftwerk ist zumindest teilweise wieder ans Stromnetz angeschlossen.
Für Block 2 bringt das keine schnelle Hilfe, da dort nach Angaben von Kraftwerksbetreiber Tepco die Pumpen kaputt sind. Es seien Ersatzpumpen mit höchster Dringlichkeitsstufe bestellt worden, hiess es. Wann sie eintreffen, war zunächst nicht bekannt. (dapd)
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/die ... ier_id=885
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Urbi