Ich beschäftige mich auch mit dem kommenden Winter.
Langfristig prognostizierbare Faktoren sind beispielsweise El Niño bzw. La Niña. Im Winter befinden wir uns in einer schwachen La Niña-Phase, allerdings sind dessen Auswirkungen auf Europa gering, wie man an vielen Orten nachlesen kann. Ich habe das einmal selbst etwas unter die Lupe genommen und herausgekommen ist, dass in schwachen La Niña Wintern seit 1970 lediglich der Februar häufiger unterdurchschnittliche Temperaturen aufwies (in 65% der Fälle). Übrigens war da auch der wunderschön winterlich kalte Februar 2012 dabei, das Kälte-Unikum im Klimawandel.

Wieso kalte Feburare in La Niña Jahren häufiger sind, kann ich nicht sagen. Vielleicht kommt es daher, dass es dann global kälter ist, aber die Westdrift die Kälte schön eingezäunt in Sibirien hält, bis die Westdrift zusammenbricht und Mitteleuropa von Kaltluft geflutet wird.
Bei der NAO gab es dagegen keine klaren Tendenzen, darauf scheint La Niña keinen Einfluss zu haben.
Langfristig gut vorhersagbar ist auch die QBO (Quasi-biennial oscillation). Kurz gesagt handelt es sich dabei um Winde in der Stratosphäre, die konstant aus Westen oder Osten wehen. Eine West- oder Ostphase dauert im Schnitt 14 Monate, dann drehen die Winde. Die Winddrehung "frisst" sich dann von oben nach unten durch die Stratosphäre, findet also nicht auf allen Höhen gleichzeitig statt. Ich weiss jetzt auch nicht, welche Höhe massgebend ist. Grundsätzlich werden Angaben häufig für eine Höhe von 30 hPa gemacht. In dieser Höhe herrscht aktuelle eine West-QBO, die sich noch in den Winter hineinziehen wird.
Es heisst, dass West-QBO in Mitteleuropa die Wahrscheinlichkeit für einen Mildwinter erhöht, da sie den Polarwirbel stärkt. Ost-QBO wäre Kaltwinterbegünstigend (oder im Klimawandel normalwinterbegünstigend).
http://www.wetteronline.de/wetterlexiko ... szillation
Ein stärkerer Polarwirbel stärkt auch die NAO. Von den letzten 16 QBO-West-Winter wiesen 75% eine positive NAO auf, die Grundwahrscheinlichkeit hierfür liegt in der analysierten Periode bei 53%.
Ein ebenfalls langfristig gleichbleibender Faktor ist der "Kalte Fleck" im Nordatlantik. Wasser ist ja träge was die Temperatur anbelangt.
Ich habe herausgefunden, dass die NAO im Winter seit dessen Auftreten höher liegt als üblich. Man könnte daraus ableiten, dass diese Kaltwasseranomalie die Westdrift stärkt, aber die Datenlage umfasst nur 3 Winter. Ausserdem habe ich irgendwo gelesen, dass diese Kaltwasserzone eine Auswirkung der starken NAO ist. Eine Prognose allein wegen diesem Faktor wäre glaube ich etwas gewagt.
Dann gäbe es noch die Schneebedeckung in Sibirien. Diese ist dieses Jahr etwa durchschnittlich:
http://www.star.nesdis.noaa.gov/smcd/em ... plots.html. Somit dürfte in Sibirien ein normales Kältepotential vorhanden sein. Aber die Kälte kommt nur zu uns, wenn die Westdrift zusammenbricht. Wenn ich mir die QBO und die (nicht sichere) Auswirkungen des "Kalten Flecks" ansehe, scheint dieses Potential nicht so sehr massgebend zu sein. Vielleicht dann mehr im Februar, wenn La Niña die Kältechancen erhöht.
Angeblich sollte die schwach aktive Sonne die Wahrscheinlichkeit für Atlantikblokaden erhöhen. Ich konnte das in einer kleinen Analyse mit 17 ausgewählten Jahren nicht ansatzweise bestätigen. Nur in 5 Jahren gab es eine Druckanomalie, die ich als Blokadehoch einordnen würde. Allerdings war die NAO nur in 52% der Jahre positiv, im gesamten Zeitraum war die Wahrscheinlichkeit für einen NAO+ Winter 73%. Von dem her scheint die schwach aktive Sonne die NAO zu schwächen.
Und zu guter letzt scheint sich ja die Wetterlage wie sie im Oktober auftrat im Januar ungefähr zu wiederholen. Das würde mit dem starken Sibirienhoch für einen kalten Januar 2017 sorgen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wiederholte sich überdurchschnittlich hoher Luftdruck um Skandinavien, beziehungsweise allgemein im Norden im Oktober in der Hälfte der Jahre im Januar wieder so ungefähr. Weitere 40% entfallen auf Jahre mit häufigen Trogrückseiten und nur in einem Jahr (10%) gab es häufige winterkillende Trogvorderseiten. Ihr dürft raten, welcher Mistwinter uns dies gebracht hat.
Wie üblich sind die Aussagen gegensätzlich. Faktoren für Kälte versehe ich mit einem *, solche für Wärme mit +, und solche die unsicher sind mit nichts.
* La Niña: Kalter Februar
+ QBO: Eher verstärkte Westdrift, wie wir es kennen, also Mildwinter mit kurzen Kälteeinbrüchen
"Kalter Fleck": Ob er eine Auswirkung der NAO ist oder umgekehrt weiss ich nicht, angenommen es ist letzteres, dann steht uns erneut ein Mildwinter bevor
Schneebedeckung Sibirien: Lässt meiner Ansicht nach keine Aussage zu. Aber spricht immerhin nicht gerade für einen Mildwinter. Beim Zusammenbruch der NAO wäre aber Kaltluft für richtigen Winter vorhanden.
* Schwach aktive Sonne: eher schwächere NAO, also schwächere Westdrift mit besseren Kältechancen
* Erhaltungsneigung Oktober-Januar: Skandinavienhoch mit kalten Ostlagen im Januar
+ Ein grosses Plus für den Klimawandel: Meine Aussagen gelten streng genommen nicht für das Mittel 1969-1990 oder 1981-2010 sondern für das aktuelle Temperaturniveau, dass auch im Vergleich zur aktuellen Normperiode etwas angestiegen ist, wenn auch nur um etwa 0.5°C. Der letzte Kaltwinter im Sinne von 1969-1990 war 2009/2010 und auch nur wenige Zehntelgrade vom damaligen Normwert entfernt.
Ich schätze die Chancen für einen Kaltwinter (zumindest verglichen mit den letzten Wintern) nicht so schlecht ein, wie es CFS tut. Zu Beginn eher warm und zum Ende hin kälter, das wäre mein Tipp. Aber es wirken viel zu viele Faktoren mit und das Wetter ist zu chaotisch, um das genau zu betrachten.
Kritik und weitere Erkenntnisse erwünscht.
Einiges habe ich auch der Winterprognoseanalyse von Kaltwetter entnommen:
http://www.kaltwetter.com/winter-201617 ... rraschung/
Die Seite ist wirklich gut finde ich. Der Autor liebt kalte Witterung und schreibt sehr amüsant, aber macht insgesamt einen seriösen Eindruck was seine Einschätzungen und Artikel allgemein betreffen. Ich lese mittlerweile jeden Beitrag und bin übrigens auch einer, der sich einen kalten, schneereichen Winter wünscht, schon seit ich denken kann. 2012/2013, das war toll, aber seither ist es einfach nur traurig was Winterwetter betrifft.
Lg Thundersnow