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Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Mathias Arth
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Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Beitrag von Mathias Arth »

Zurzeit herrscht auf der Rigi Südwind mit bis zu 20 km/h. Sogar in Arth weht der Wind vom Süden.
Dies bei Nordföhn im Tessin und Prognosen zb. Meteocentrale: Auf den Bergen mässiger von Nordost auf Nordwest drehender Wind.

War gestern schon so für ca. eine halbe Stunde nach 14:00 Uhr.

Weis einer was das soll?

Danke für die Erleuchtung.

Gruss Mathias
Gruss Mathias Rufiberg Arth 710 müM Webcam: Rig-Kulm Zugersee

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Alfred
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Re: Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Beitrag von Alfred »

Was passiert mit der Luft, welche von Norden kommt, aber nicht
aufsteigen will um über die Alpen zu kommen und hinten, und von
oben her wird weiter gedrängelt. Dazu musst du noch die Kessel-
lage berücksichtigen.
Vielleicht kannst du das dann später auch auf dem Niederschlags-
radar sehen.

Gruss, Alfred
Zuletzt geändert von Alfred am Fr 16. Okt 2009, 15:18, insgesamt 1-mal geändert.


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Mathias Arth
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Re: Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Beitrag von Mathias Arth »

Danke für die Antwort Alfred.

Das im Arth der Wind bei Biese aus allen Richtung wehen kann das ist nicht so selten und kann ich auch nachvollziehen.
Aber auf fast 2000müM kann ich der Sache nicht folgen, aber gerne verstehen würde.

Dazu was ich gestern erlebt habe.

Wir sind gestern um ca. 14 Uhr mit der Bahn auf dem Rigi Kulm angekommen um einen Gleitschirm-Passagierflug zu machen. Der Kulm war im Nebel. Wir sind unverzüglich Richtung Biesenstartplatz auf gebrochen, der etwas unterhalb des Kulms auf ca. 1600müM an der Nordostflanke der Rigi liegt.
Bei der Ankunft am Startplatz perfekte Bedingungen, Sicht ins Tal und Nordostwind ca. 15 km/h.
10 Minuten später, Schirm ausgelegt, der Nebel um den Kulm verschwunden, Wind deutlich von Süden, Wolkenfetzen ziehen von Süden her über uns hinweg.
Nach einer halben Stunde beginnt es wieder auf der Nordseite zu kondensieren und am Startplatz dreht der Wind wieder auf Nordost, alle wieder in Ordnung.
Wir sind dann gestartet und über eine Stunde in feinster Biese geflogen.

Dass der Wind nicht nur auf dem Rigi Kulm für eine halbe Stunde auf Süd drehte zeigte uns der Rauch eins Feuers der Waldarbeiter auf der Rigi Scheidegg an. Ca. 3 km Richtung SO

Danke für Weitere Inputs

Gruss Mathias
Gruss Mathias Rufiberg Arth 710 müM Webcam: Rig-Kulm Zugersee

Stefan Hörmann
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Re: Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Beitrag von Stefan Hörmann »

Mathias Arth hat geschrieben:Danke für die Antwort Alfred.

Das im Arth der Wind bei Biese aus allen Richtung wehen kann das ist nicht so selten und kann ich auch nachvollziehen.
Aber auf fast 2000müM kann ich der Sache nicht folgen, aber gerne verstehen würde.

Dazu was ich gestern erlebt habe.

Wir sind gestern um ca. 14 Uhr mit der Bahn auf dem Rigi Kulm angekommen um einen Gleitschirm-Passagierflug zu machen. Der Kulm war im Nebel. Wir sind unverzüglich Richtung Biesenstartplatz auf gebrochen, der etwas unterhalb des Kulms auf ca. 1600müM an der Nordostflanke der Rigi liegt.
Bei der Ankunft am Startplatz perfekte Bedingungen, Sicht ins Tal und Nordostwind ca. 15 km/h.
10 Minuten später, Schirm ausgelegt, der Nebel um den Kulm verschwunden, Wind deutlich von Süden, Wolkenfetzen ziehen von Süden her über uns hinweg.
Nach einer halben Stunde beginnt es wieder auf der Nordseite zu kondensieren und am Startplatz dreht der Wind wieder auf Nordost, alle wieder in Ordnung.
Wir sind dann gestartet und über eine Stunde in feinster Biese geflogen.

Dass der Wind nicht nur auf dem Rigi Kulm für eine halbe Stunde auf Süd drehte zeigte uns der Rauch eins Feuers der Waldarbeiter auf der Rigi Scheidegg an. Ca. 3 km Richtung SO

Danke für Weitere Inputs

Gruss Mathias
Hallo Mathias,

am Freitag lag die Rigi zur genannten Zeit noch deutlich präfrontal einer stürmischen Warmfrontokklusion die von Norden gegen die Schweiz voran kam, in dessen Vorfeld der NNO-Wind in der Höhe tatsächlich und gemäß Prognose korrekt auf NW gedreht hat. Auf der später noch erwähnten Webcam von der Rigi-Kulm ist auch der Wind am Nachmittag permanent aus West anstehend und signalisiert den Windsprung vor der Okklusion.

Gemäß der Webcam von der Rigi (Windfahne Bahnhof) herrschte bis etwa 10:30 Uhr ein deutlicher Nordwind vor, was im Lee den überregionalen Nordostwind/Bise stark repräsentiert hat und wahrscheinlich die Situation noch innerhalb der Inversion abbildet. Deutlich ist auf den Webcambildern nämlich auch die stark inversive Schichtung Richtung Lauerzersee zu erkennen die mit dem Tagesgang von oben her deutlich abgebaut wurde. Gemäß Temp Payerne lag zu Mittag eine markante Absinkinversion auf etwa 1100m im Mittelland, was die Webcam auch gut wiederspiegelt. Es ist anzunehmen, dass die Inversion durch Annäherung der Okklusion aus Norden abgebaut wurde (Erosion durch Labilisierung und Niveauabbau) und die Rigi in dieser Phase mit einem kurzfristigen "hinausschwappen" der Luftmasse in die Voralpen auf Süd gesprungen ist, bedingt durch stattfindenden Druckfall im Mittelland. In Zürich fiel der Bodendruck zwischen 10 und 14 um immerhin etwa 4 hPa, von 1027 auf 1023 hPa. Schließlich näherte sich die absolut windstarke Warmfrontokklusion (labil geschichtete Warmluft) mit einem Randtief, das am Abend die Voralpen erfasst hat. Auch der rel. nahe Pilatus hatte kurz nach Mittag eine präfrontale Südwestwindphase, nach NNW-Wind am Vormittag.

Mögliche Ursachen für den Südwindeinschub:

- kurzfristiger Unterbruch der Bise durch Druckfall im Alpenvorland und Modifikation des Gradientfeldes
- Abbau der Absinkinversion von oben her durch Labilisierung (Niveauabsenkung) und WIndzunahme (Erosion der inversiven Grundschicht/Bise)
- präfrontale Winddrehung (trotz so schöner N-Strömung gemäß Isobarenkarte -> zu grob in Zeit und Raum)

Ist es möglich, dass Ihr ne Stunde lang im Lee gesoart seid? Die Windfahnen am Bahnhof zeigen ab Mittag schon bedeutend den West-/Südwestwind an und die Bise war gemäß anderer Prognosen am Nachmittag mit Winddrehung in unteren Niveaus auf NW bis W eigentlich "zu Ende". Der Berg bietet aufgrund seiner Form durchaus gute Möglichkeiten zum "Unterfliegen und Soaren im Lee" an.

Interessant wären noch Beobachtungen vom Zugersee/Vierwaldstättersee, von der Bewegungsrichtung der Hangstratuswolken Richtung Rigi-Scheideggg.

Viele Grüße,
Stefan, ein Fetzenflieger(flugwetterfrosch)
Zuletzt geändert von Stefan Hörmann am Mo 19. Okt 2009, 00:37, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße,
Stefan, Ehingen/Donau, 545NN, Südrand Schwäbische Alb
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Mathias Arth
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Re: Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Beitrag von Mathias Arth »

Hallo Stefan

Danke für die ausführliche Erklärung. So kann ich mir das vorstellen für den Freitag.

Der von mir beschriebene Südwindeinschub war am Donnerstag. Der Druckunterschied Zürich- Locarno war zur besagter Zeit ca. 9 hPa Nordüberdruck.
Die Hangstratuswolke auf der Nordseite löste sich auf und bildete sich nach dem Südwindeinschub wieder. Während der Südwindfase zogen Cumelusfetzen von Süden über die Rigi.
Die Altostratuswolken zogen die ganze Zeit Richtung Südosten.
Der Zugersee hatte am Donnerstag immer Nordwind.

Wir sind nicht im Lee geflogen. Ein Start ist auch nicht möglich, der Startplatz liegt auf dem Kamm. Bei schöner Biese reicht das Aufwindfeld vor der Rigi bis zu 5km Nordöstlich über den Zugersee. Richtig super zum fliegen.

Noch ein Bild vom letzten Mittwoch, so sieht das aus wenn es Passt.

Danke und Gruß Mathias

Bild
Gruss Mathias Rufiberg Arth 710 müM Webcam: Rig-Kulm Zugersee

Stefan Hörmann
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Re: Südwind auf der Rigi bei Nordföhn?

Beitrag von Stefan Hörmann »

Mathias Arth hat geschrieben:Hallo Stefan

Danke für die ausführliche Erklärung. So kann ich mir das vorstellen für den Freitag.
Dann ist die Analyse nat. für die Katz, denn im Eingangspost schreibst Du am Freitag, den 16.10.08:

"Zurzeit herrscht auf der Rigi Südwind mit bis zu 20 km/h. Sogar in Arth weht der Wind vom Süden.
Dies bei Nordföhn im Tessin und Prognosen zb. Meteocentrale: Auf den Bergen mässiger von Nordost auf Nordwest drehender Wind."

Was denn nun? ;-)

Generell als Zusatz: Inversionen trennen nicht selten verschiedene Strömungen in verschiedenen Höhenschichten. Besonders wenn Inversionen durch Erosion der Luftmasse (Druckfall) abgebaut werden (Temperaturadvektion) oder durch Druckunterschiede ins "Schwimmen" geraten und der Standort des Beobachters direkt in der Grenzschicht liegt. Das kann dann trotz eindeutiger Strömung, hier Nordföhn und Bise, eindeutig abweichende Strömungen zu Folge haben, gerade jetzt im Herbst wo die bodennahen Schichten immer weniger thermisch funktionieren und sich die schwere Kaltluft talnah sammelt.


Viele Grüße,
Stefan
Zuletzt geändert von Stefan Hörmann am Di 20. Okt 2009, 13:52, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße,
Stefan, Ehingen/Donau, 545NN, Südrand Schwäbische Alb
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