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Ausflugsschiff vor Phuket sinkt => Wasserhose als Ursache?

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Severestorms
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Ausflugsschiff vor Phuket sinkt => Wasserhose als Ursache?

Beitrag von Severestorms »

Ihr habt bestimmt vom tragischen Bootsunglück (mit sieben Opfern, darunter ein Schweizer und eine Schweizerin) gehört, welches sich am vergangenen Sonntag Abend vor der thailändischen Küste nahe Phuket ereignete. :down:

Unglücksort:
http://maps.google.de/maps?f=q&source=s ... iwloc=addr

Gesunkenes Boot:
Bild
Quelle: http://www.phuketgazette.net/

In der Berichterstattung hiess es unter anderem: "..ein plötzlich aufkommender Sturm liess das Boot kentern."

"Ein plötzlich aufkommender Sturm".. Könnte also eine Wasserhose für das Unglück verantwortlich gewesen sein?


Folgende Fakten unterstützen zumindest die These, dass das Unglück auf höhere Gewalt zurückzuführen ist:

- Das 30m lange Boot war nigelnagelneu (Inbetriebnahme im Oktober 2008)
- Der Kapitän des Schiffes war offenbar sehr erfahren (20 Jahre Berufserfahrung)
- Das Schiff war nicht überladen
- Zu dieser Zeit tobte in besagtem Gebiet kein grossflächiger Sturm (das gekenterte Schiff war das einzige weit und breit, welches in Seenot geriet)
- Die Passagiere hatten keine Zeit, sich Schwimmwesten anzuziehen

=> was auch immer es war, es kam unerwartet und heftig..


In einem Forum fand ich in Bezug auf den Vorfall folgende Einträge:

"I live on north west Phuket as with 1-2 go crash there was a nasty front that came through at sunset that day , and I do think I saw a tornado."

"There's been some strange weather for the past week and a half... clouds in the sky during the afternoon and rain at night, really violent thunderstorms."

"He said it had proper radio and radar communications, but the accident occurred swiftly and in the dark plus a rainy storm or freak wind."

Quelle: http://teakdoor.com/thailand-and-asia-n ... 7-a-2.html


Und ein Überlebender meinte:
"We were heading back to Phuket last night when a huge squall hit us. We had no warning, no time to prepare. Not even a chance to put on life jackets."

Quelle: http://www.thailandqa.com/forum/showthread.php?t=27591


Dann habe ich nach Radardaten gesucht und bin auf einer Seite eines thailändischen Wetterdienstes fündig geworden.

Folgende Bilder zeigen die Situation zwischen 22.13 Uhr und 00.33 Uhr Lokalzeit (UTC + 7 Stunden):

Bild

Bild

Bild

Quelle: http://www.thaiweather.net/DATA/REPORT/ ... 009&subm=1#

Man sieht deutlich eine längsgezogene von NW nach SE verlaufende Niederschlagszone zwischen dem thailändischen Festland und den Similan Inseln. Vermutlich handelte es sich dabei um eine aktive Gewitterfront. Betrachtet man weitere Radarbilder vom Sonntag abend, so stellt man fest, dass die mutmassliche Squalline ursprünglich vom Festland kam und sich in südwestlicher Richtung (also in Richtung offenes Meer) verlagerte.

Aufgrund obiger Rechercheergebnisse gehe ich davon aus, dass entweder eine aussergewöhnlich starke Wasserhose oder downburstartige Winde das grosse und relativ stabile Schiff zum Kentern brachte. Falls ersteres der Fall war, könnte ich mir aufgrund der gegebenen Umstände (Stärke verbunden mit dem Zeitpunkt des Geschehnisses (kurz vor Mitternacht)) theoretisch auch ein Superzellentornado (atypische Wasserhose) vorstellen. Allerdings sehe ich in den verfügbaren Radarbildern (leider nur stündliche Scans) keine Anzeichen einer Superzelle. Das Unglück müsste den Bildern zufolge irgendwann zwischen 22.30 Uhr und Mitternacht stattgefunden haben (wenn die Zeitangaben auf den Grafiken korrekt und in UTC sind => Filenamen irritieren mich).

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Sa 14. Mär 2009, 17:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Severestorms
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Re: Ausflugsschiff vor Phuket sinkt => Wasserhose als Ursache?

Beitrag von Severestorms »

Hier heisst es:
It is believed that the six-month old ship hit a vortex which had formed quickly, causing it to capsize.
Phuket Gazette zitiert den Kapitän:
According to the boat’s captain, Mr Chakri Leechuay, a vortex of “red wind” approached the boat at speed from the North (between land and the boat) and hit the boat on its port side at 11pm. The wind made the boat spin violently, eventually causing it to sink, he said.
und weiter:
The 29.9-meter-long boat, Choke Somboon 19, left Chalong Pier, Phuket, at 7 pm on March 4, bound for the Similan Islands. It was returning to Phuket after leaving the Similan Islands at 6.30pm yesterday (Sunday). It was traveling Southeast at a speed of between 8 and 9 knots and was about 12.6 nautical miles from Patong Beach when it was hit by the freak storm.

Und im Blick der detaillierte Augenzeugenbericht von Daniel Brunner, Schweizer Tauchlehrer und Überlebender des Unglücks:
Sonntagabend, 18.30 Uhr. Die «MV Dive Asia 1» verlässt das Tauchparadies rund um die thailändischen Similan-Inseln. Kurs Phuket. Die See ist ruhig. Auf Deck des luxuriösen Tauchschiffs wird Dinner serviert. Getrunken wird wenig. Höchstens ein Bierchen. Meist nur Softdrinks.

Die 30 Personen an Bord amüsieren sich, erzählen von Tauch-Abenteuern. Darunter die Schweizer Reto V*., Nicole A*., Rolf N*. und Sybille B*. Während des Tauchtrips hat sie ihr Freund Daniel Brunner betreut. Er arbeitet als Tourleiter für Dive Asia. Lebt seit zehn Jahren in Thailand.

Brunner und seine Schweizer Freunde tauchen schon lange zusammen. Auch in Schweizer Seen.

Gegen 21.30 Uhr gehen Reto und Nicole in ihre Kabine. Sie sind müde. Daniel, Rolf und Sybille bleiben. Um 22.15 Uhr gehen auch sie unter Deck. Die See ist ruhig. «Ungefähr um Viertel vor elf begann das Schiff zu schaukeln, das Meer wurde sehr unruhig», sagt Daniel Brunner zu BLICK.

Er geht aufs Deck. Der Wind peitscht, hat fast Orkanstärke. Es donnert. Das Wasser fliegt. Brunner geht runter. Wellen schlagen gegen die Schiffswand.

«Nach einem dumpfen Schlag kippte das Schiff auf Steuerbord. Ich fiel in der Kabine hin, wartete, bis sich das Schiff aufrichtet.» Vergebens. Instinktiv hangelt er sich zum Kabinenfenster, öffnet es und zwängt sich raus. Dunkle Nacht.

Das Schiff hat stark Schlagseite, liegt fast zur Hälfte im Wasser. Daniel und weitere Personen stehen auf der äusseren Schiffswand. Der Schweizer macht eine der zwei Rettungsinseln bereit. Brunner: «Ich war mit der Rettungsinsel beschäftigt. Plötzlich war das Schiff weg. Nach einer Minute war unser Boot gesunken!»

Neun weitere Personen schaffen es in die Rettungsinsel. Die verfügt über ein Blinklicht und Leuchtpistolen. «Ich habe das Meer abgesucht.» Zwischen den Wellen sieht Brunner ein Blinken. «Wir paddelten mit blossen Händen hin.» Es sind Nicole und Reto mit Schwimmringen – drei weitere Überlebende an sie angebunden.

Sie ziehen sie rein. Halten weiter Ausschau. Fünf Minuten sind seit dem Untergang der «MV Dive Asia 1» vergangen. Die Wellen noch zwei Meter hoch. «500 Meter entfernt war ein weiteres Blinken.» Die zweite Rettungsboje. Einer der Tauchguides springt ins Wasser, schwimmt Richtung Boje. 30 Minuten später sind die Rettungsinseln miteinander vertäut.

«45 Minuten nach dem Untergang hat sich die See beruhigt. Es war unheimlich», sagt Brunner. Sie treiben, warten auf Rettung. Im Morgengrauen sehen sie zwei Segelboote. Sie feuern Leuchtraketen ab. Keine Reaktion. «Sie schliefen wohl und hatten den Autopiloten drin.»

Fischer retten Brunner und 22 weitere Personen am Montag, 10 Uhr Lokalzeit. An Land lässt er sich von der Polizei auf der Liste der Überlebenden registrieren. Sybille und Rolf sind nicht drauf. Bis heute nicht.
Diskussion zum Vorfall in einem thailändischen Forum:
http://www.thaivisa.com/forum/Andaman-S ... 48314.html


Den Aussagen des PADI Kursleiters von Dive Asia Co. zu Folge, befand sich das Schiff zum Unglückszeitpunkt (mutmasslich gegen 22.50 Uhr) ca. auf 3/4 der Strecke Similan - Phuket:

Achtung: Das Bild zeigt nicht die Radarreflektivität zum Unfallzeitpunkt, sondern von ca. 40 Minuten früher
Bild

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Sa 14. Mär 2009, 17:32, insgesamt 4-mal geändert.
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Andreas -Winterthur-
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Re: Ausflugsschiff vor Phuket sinkt => Wasserhose als Ursache?

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Gute, interessante Recherche Chrigi. Danke.

Fragt sich, wie seriös man sich bei diesen Plauschtouren mit dem Wetter befasst. Die Radarbilder sind ja nicht von schlechten Eltern gewesen.

Gruss Andreas
“Some people are weather wise, but most are otherwise” Benjamin Franklin

urbi

Re: Ausflugsschiff vor Phuket sinkt => Wasserhose als Ursache?

Beitrag von urbi »

Hier eine Kombination der 120 km - und 240 Km Radius Bilder

Bild

Grüsse Urbi

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