Seit einigen Tagen rechnen die Modelle für den kommenden Dienstag eine Lage, die für die Alpennordseite zumindest vom Potenzial her Brisanz beinhaltet. GFS wie ECMWF sind sich zumindest in der Ausgangslage relativ einig. Im Verlauf des Samstags/Sonntags greift ein markanter Höhentrog von Westen her auf Europa über. An dessen Südrand – im Bereich der Frontalzone, also im Übergang zwischen arktisch-kalter und subtropisch-warmer Höhenluft – bildet sich von Sonntag auf Montag über dem Atlantik ein Randtief. Der Höhenjet im 300hpa-Niveau ist zu diesem Zeitpunkt bei beiden Modellen stark ausgeprägt.
Bei GFS sieht man im 500hpa-Niveau sehr schön, wie sich dieses Randtief im nahezu perfekten "Nährbereich" auf der Frontalzone bildet:

Auch bei ECMWF ist diese Entwicklung schön erkennbar:

Beide Modelle lassen das Randtief in der Folge rasch auf dem Höhenjet Richtung Kontinent ziehen. Bezüglich Zugbahn und Stärke des Tiefs gibt es jedoch noch erhebliche Unterschiede. ECMWF lässt das Tief mit einem minimalen Kerndruck von ca. 982hpa im Bereich der Bretagne anlanden. Der Höhepunkt wird gemäss diesem Modell um Mitternacht erreicht.

GFS gibt dem Tief eine etwas nördlichere Zugbahn (Kern eher über dem Ärmelkanal) und rechnet es insgesamt grossräumiger und auch stärker als ECMWF. Hier haben wir einen Kerndruck von klar unter 980hpa:

Beide Modelle rechnen durchaus beachtliche Sturmfelder mit Spitzen um 40 m/s Mittelwind in 850 hpa (ca. 150 km/h). Allerdings ist das Sturmfeld bei GFS viel grossräumiger als bei ECMWF. Letzteres Modell beschränkt den Bereich mit den stärksten Winden auf jene Region Frankreichs, die bereits vom Orkan Klaus verheert wurde (Südwestfrankreich).
Obwohl GFS das Tief im Gesamten betrachtet intensiver berechnet, ist die Variante von ECMWF bezogen auf die Alpennordseite aus meiner Sicht interessanter – und zwar wegen der seit ca. drei Tagen immer wieder etwa ähnlich berechneten Zugbahn.
Während GFS das Tief weiter nördlich weiterziehen lässt (was windmässig v.a. Frankreich und Benelux betreffen würde), macht ECMWF daraus einen "klassischen " Paris-Schwarzwald-Express! Dienstagfrüh liegt das Tief gemäss ECMWF mit einem Kerndruck von 983hpa über dem Pariser Becken.

Kurze Zeit später überquert es die belgische Grenze bei einem Kerndruck von 987hpa.

Im Vergleich dazu bleibt GFS bei seiner grossräumigen Variante:

Die Kaltfront des Tiefs erreicht den Alpenraum gemäss GFS am späten Dienstagabend (Zeit um Mitternacht). Bei ECMWF kommt die Kaltfront etwas früher und schneller:

Bei dieser Variante könnte es vor allem beim Vordringen der Front in die Alpentäler zu kräftigen Sturmböen kommen. Generell halte ich die Variante ECMWF deshalb zumindest momentan für die aus unserer Sicht brisantere.
Zugegeben kann bis dahin noch viel passieren. Aber zumindest scheint gemäss beiden Modellen sicher zu sein, dass da Anfang nächster Woche etwas passieren wird. Bei ECMWF ist es vor allem die Zugbahn des Tiefs, die aus Schweizer Sicht Aufmerksamkeit fordert. Bei GFS ist es die Intensität und Grösse des Tiefs, welche Beachtung verdient. Es wird in den kommenden Tagen sicher spannend sein zu verfolgen, wie die Modelle diese Entwicklung weiter abbilden.
Kritik und Anregungen wie immer erwünscht.