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Kaltfront und Alpen

Grundlagen und Expertenwissen.
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Willi
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Willi »

Hallo

Ich möchte das zur Zeit diskutierte "Problem Aargau" in den Rahmen "Kaltfront und Alpen" stellen. Ich bin überzeugt, dass die regionalen Effekte der Gewitterauslösung, wie sie immer wieder festgestellt werden, damit zusammenhängen, wie sich eine Kaltfront aus Westen verhält, wenn sie auf die Alpen trifft. Mir ist da ein Bild im Kopf hängengeblieben, das uns die Dynamiker immer wieder predigen. Bestimmt wurde das im Forum auch schon diskutiert, aber das ist meines Wissens schon recht lange her. Es dürfte sich also lohnen, das Thema wieder mal aufzugreifen. Hier das Bild in meinem Kopf:

Bild

Es soll illustrieren, dass eine aus Westen heranrückende Kaltfront nördlich der Alpen beschleunigt wird, wenn sie in Wechselwirkung mit den Alpen trifft. Warum das so ist, kann bestimmt jeder Profi-Meteorologe erklären, ich habe die Erklärung nicht mehr im Kopf.

Aber interessant ist es, sich die Folgen für die Gewitterauslösung und die Art der Gewitter nördlich der Alpen zu überlegen. Die Gewitter werden ja dort ausgelöst, wo es orographische Hindernisse hat: also zunächst mal im Jura. Aber da nun die Kaltfront schneller läuft, sollten auch die Gewitter schneller ziehen. Das tun sie aber nicht unbedingt. Oft läuft dann die Kaltfront den (Jura-) Gewittern davon und löst erst wieder an den Voralpen aus. Dann wird halt der Aargau übersprungen.

Ich glaube, ideal ist es für Gewitter, wenn die bevorzugte Gewitterbewegung mit der Bewegung der (synoptischen) Kaltfront (oder auch einer vorlaufenden Welle) übereinstimmen. Da die Kaltfront (wegen der Alpen) schneller zieht als anderswo, sind bei uns auch die (langlebigen) Gewitter oder Gewittersysteme schneller als anderswo. Das passt übrigens auch gut zu den nördlich der Alpen bei Gewittern typischen Windprofilen, die sich ja bekanntermassen von den in grossen Ebenen typischen Windprofilen unterscheiden. Und weil die Gewitter schneller ziehen, sind auch die Sturmböen gefährlicher (siehe gestern Bodensee). Aber nur dann wenn das System stark genug ist, um die (wegen der schnellern Zuggeschwindigkeit) grössere Reibung zu überwinden.

Gruss Willi
Gruss Willi
Immer da wenn's wettert

Stefan im Kandertal

Kaltfront und Alpen

Beitrag von Stefan im Kandertal »

Ja das ist der Klassiker. Aber daneben spielt doch noch der Höhenwind eine Rolle.

Drückt kräftig Kaltluft von Westen her in die Schweiz passiert viel mehr als wenn die Front langsam kommt. Oder anders gesagt, die Beschleunigung erfolgte dieses Jahr meist erst in der Schweiz gegen Osten hin wegen dem erwähnten Effekt und verursachte entsprechend mehr Hebung dort.

Im Westen braucht es auch einen anderen Eintreffwinkel.

Habe nur gemerkt, dass das berner Oberland nämlich jeweils auch zündet. Danach breitete sich die Gewitterzone richtig Fächerförmig gegen Osten hin aus. Wurde also dort immer breiter. An den Voralpen sind die Unterschiede West-Ost deutlich kleiner als im Mittelland. Oder fast gar nicht vorhanden. Schwarzsee hat z.B. letzte Nacht spät aber immerhin überhaupt noch gut Regen bekommen.

Gestern war aber seltsam, dass der Raum Luzern ruhig blieb. Also es spielen noch mal mehr Faktoren eine Rolle. Mir ist eine Regel aufgefallen, die interessant sein könnte ;-). Es legte meist erst nach 17 Uhr richtig los an der vorlaufenden Konvergenz.

- Editiert von Stefan Wichtrach am 08.08.2008, 13:00 -


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Alfred
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Alfred »

Sali zäme

Ich habe versucht, die Winde auf 750 hPa Höhe (Isobarisch ge-
rechnet) im Gebiet der nördlichen Voralpen grafisch darzustellen.
1 Reihe Bodensee, 15 UTC; 2 Reihe Thunersee, 12 UTC je 8 Std.
retour. Es sind noch keine Analysedaten.

West-Ost Betrachtung: die grösste Flaute westlich Genf, am meis-
ten speed im Gebiet Neuenburger/Bielersee.

Nor-Süd Betrachtung: Je näher den Alpen um so weniger Wind.

Der Helge ist einwenig gross, dafür alles auf einem ;-) .
Bild

Grüsse, Alfred
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Amboss
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Amboss »

Hmm, sehr interessant. Das ist eine logische Erklärung. Doch was passiert nun, wenn vor der Kaltfront noch Föhn herrscht? Wird dann die KF nicht ausgebremst oder eher von den Alpen weggedrückt. Ist das überhaupt möglich, weil der Föhn ja eigentlich ein Fallwind ist?
Sorry dass ich vielleicht etwas doof Frage, aber ich versuche das ganze zu verstehen ;-)

Grüsse
Denis
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Alfred
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Alfred »

Wegdrücken, das würde ja noch gehen, aber wenn der so in Laune ist zeigt er
dem Gewitter, das in sein Revier eindringen will, wer der Meischter ist — es
wird gleich aufgefressen und ennet der Reuss ist dann alles grün (auf dem ETH)!

Alfred
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Marco (Bettlach)

Kaltfront und Alpen

Beitrag von Marco (Bettlach) »

Original von Amboss (Buchs AG)
Hmm, sehr interessant. Das ist eine logische Erklärung. Doch was passiert nun, wenn vor der Kaltfront noch Föhn herrscht? Wird dann die KF nicht ausgebremst oder eher von den Alpen weggedrückt. Ist das überhaupt möglich, weil der Föhn ja eigentlich ein Fallwind ist?
Sorry dass ich vielleicht etwas doof Frage, aber ich versuche das ganze zu verstehen ;-)

Grüsse
Denis

Ausgebremst über eine gewisse Zeit, jedoch meiner Ansicht nach nicht besonders hinderlich für kaltluftbedingte Gewitter. Stell dir vor, der Föhn herrscht und lässt trotz KF-Vorläufern Sonneneinstrahlung und wärmebedingte Hebung zu. Dann kommt die kühle Luft daher und verstärkt den Prozess noch. Dann gibt es starke Gewitter.
Natürlich muss das Timing stimmen, dass wenn es langsam Abend wird (verminderte Sonneneinstrahlung), dann eben die KF noch nachhilft.

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Alfred
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Alfred »

Und was geht dann in die Höhe, wenn der Föhn, so es denn ein
Richtiger ist, die Feuchte wie ein Bodenlumpen aufsaugt?

Alfred
[hr]


Marco (Bettlach)

Kaltfront und Alpen

Beitrag von Marco (Bettlach) »

Original von Alfred
Und was geht dann in die Höhe, wenn der Föhn, so es denn ein
Richtiger ist, die Feuchte wie ein Bodenlumpen aufsaugt?

Alfred
[hr]
ups, an das dachte ich gar nicht... ;-)

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Alfred
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Alfred »

Siehst du @Marco, daher bin ich nicht ganz glücklich, dass die
vielen MM-Stationen nur die Winde und deren Richtung anzeigt!

Satellitenbilder sind auch nicht immer alles, wie ich unlängst fest-
stellen musste.

Grüess, Alfred
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Amboss
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Kaltfront und Alpen

Beitrag von Amboss »

Sprich, die Luft trocknet ab und aus die Maus?! Tja. Nun, bei welchen Lagen treten eigentlich die heftigsten Gewitter auf. Eher bei wärmebedingten oder doch bei Frontgewittern? Heftig heisst für mich, wie stark Erscheinungen wie Hagel, Wind, Regen, Blitzrate und Zerstörungspotential sind

Grüsse
Denis
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