Werbung

Grosswetterlagen Winter 07/08 und Klimaerwärmung

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Benutzeravatar
Chrigu Riggisberg
Beiträge: 1470
Registriert: Fr 23. Apr 2004, 23:20
Wohnort: 3132 Riggisberg BE
Kontaktdaten:

Träume!

Beitrag von Chrigu Riggisberg »

Folgender Bericht des DWD bestätigt in etwa meine Vermutung, welche ich schon Ende Dezember gehegt habe:
Der Februar:

Februar (lat. februare = reinigen) wurde nach dem antiken
Reinigungsfest benannt und war ursprünglich der letzte Monat
des altrömischen Kalenders. Aus diesem Grunde erhielt er die
zum Abgleich des Kalendariums mit dem Sonnenstand notwendigen
Schalttage angehängt. Seit 153 v. Chr. ist Februar der zweite
Monat des Jahres. Infolge der Augustinischen Kalenderreform im
Jahre 8 n. Chr. verlor Februar einen Tag an den Monat August
und besitzt seitdem in Gemeinjahren 28 und in Schaltjahren 29
Tage. Finanztechnisch hat der Februar übrigens, wie jeder
andere Rechnungsmonat auch, 30 Zinstage, so dass Zinsabrech-
nungen zum 30. Februar nicht unbedingt eine Narretei sind.
Ein altdeutscher Name für den Februar ist Hornung, weil die
reifen Rothirsche beginnen, ihre Geweihe ("Gehörne") abzuwerfen.
Weitere gebräuchliche Namen waren Schmelzmond, Taumond
(schließlich geht der Winter zu Ende) oder Narrenmond. Letztere
Bezeichnung ergibt sich daraus, dass in alter Zeit Vorfrühlings-
und Fruchtbarkeitsrituale abgehalten wurden, um die Dämonen des
Winters zu vertreiben.
Im Laufe des Februars wird die unaufhaltsame Ankunft des
Frühlings wahrnehmbar; in 50° nördlicher Breite verlängert sich
der lichte Tag von etwa 9 h 12 min zu Monatsbeginn auf circa
10 h 49 min am Monatsende um gut anderthalb Stunden. Im
klimatologischen Mittel ist der Februar milder, aber auch
schneereicher als der Januar.
Der 2. Februar (Mariä Lichtmess - endgültiges Ende des
Weihnachtskreises und Beginn der Fastenzeit) hat eine für
Mitteleuropa statistisch gut belegte, wetterprognostische
Kraft. Diese lautet "Ist's zu Lichtmess mild und rein, wird's
ein langer Winter sein. Wenn es aber stürmt und schneit, ist
der Frühling nicht mehr weit." Unser diesjähriger Februar
startet am Freitag windig bis stürmisch, und auch Schneefälle
sind mit von der Partie. Daher können wir mit 70%iger
Wahrscheinlichkeit auf baldiges Frühlingswetter hoffen.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Stark ausgeprägte La-Niña Events sind aus meiner Sicht eben nicht besonders förderlich für den mitteleuropäischen Winter. Darüber kann man sich natürlich streiten. Mal abgesehen vom kurzen Wintereinbruch am Samstag Vormittag ist jedenfalls nirgends etwas winterliche(re)s in Sicht.

Gruss Chrigu
Riggisberg BE (800 m.ü.M.), zwischen Schwarzenburg und Thun am Fusse des Gurnigels gelegen

Benutzeravatar
Tinu (Männedorf)
Beiträge: 3974
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 16:35
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8708 Männedorf
Hat sich bedankt: 705 Mal
Danksagung erhalten: 1724 Mal

Träume!

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Der Januar wird hier am Zürichsee mit einer positiven Temperaturabweichung von ca. 2,5 K zu Ende gehen. Schnee gab es keinen. Vielleicht gibt es morgen früh noch ein paar Flöcklein. Aber darauf wetten würde ich nicht.

Was ich an diesem Winter im Gegensatz zum letztjährigen besonders bedenklich finde ist die Tatsache, dass wir die milde Witterung diesmal nicht in erster Linie einer andauernden Westlage zu verdanken haben. Dem könnte ich zumindest noch etwas positives abgewinnen.

Was ich am aktuellen "Winter" extrem finde ist dieser beständige Aufbau von hohem Geopotenzial über Südwest-West- oder Mitteleuropa. EZ wie auch GFS weisen nach dem Intermezzo am Wochenende erneut in diese Richtung. Das heisst also wieder warme Luft in der Höhe und wieder Luftmassen, die uns eigentlich normalerweise eher im Sommer beschäftigen. Ob das als Indiz für die Klimaerwärmung zu deuten ist, lasse ich mal dahingestellt. Wenn ständig Tiefdruckgebiete aus West über und hinwegbrausen würden, dann würde ich den Zusammenhang mit der Klimaerwärmung noch eher in Frage stellen, weil das im Prinzip ins klimatologische Grundprogramm Mitteleuropas gehört. Diese ständigen Hochdrucklagen an der "falschen" Stelle geben mir aber irgendwie zu denken. Das passt nicht.
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert


Benutzeravatar
Federwolke
Moderator
Beiträge: 9328
Registriert: Mo 20. Aug 2001, 23:47
Geschlecht: weiblich
Wohnort: 3074 Muri bei Bern
Hat sich bedankt: 1855 Mal
Danksagung erhalten: 8977 Mal
Kontaktdaten:

Träume!

Beitrag von Federwolke »

Hoi Tinu

Keine Westlagen? Hmmmm...
http://www.cost733.org/GWL/Obj-GWL_2008.html

Benutzeravatar
Tinu (Männedorf)
Beiträge: 3974
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 16:35
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8708 Männedorf
Hat sich bedankt: 705 Mal
Danksagung erhalten: 1724 Mal

Träume!

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

@Federwolke

Merci für die Grafik. Interessant wäre nun der Vergleich zu 2007. Wenn sich da kein nennenswerter Unterschied zeigt, ziehe ich mein Posting als grundlagenlosen Blödsinn zurück :-D
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert

Michael (Seon)
Beiträge: 300
Registriert: Mi 12. Mai 2004, 16:44
Geschlecht: männlich
Wohnort: Seon
Hat sich bedankt: 91 Mal
Danksagung erhalten: 56 Mal
Kontaktdaten:

Träume!

Beitrag von Michael (Seon) »


Benutzeravatar
Federwolke
Moderator
Beiträge: 9328
Registriert: Mo 20. Aug 2001, 23:47
Geschlecht: weiblich
Wohnort: 3074 Muri bei Bern
Hat sich bedankt: 1855 Mal
Danksagung erhalten: 8977 Mal
Kontaktdaten:

Träume!

Beitrag von Federwolke »

Hoi Tinu

Es zeigt sich sehr wohl ein nennenswertrer Unterschied: Während der Januar 2007 sogar eine Woche lang Nordlage aufzuweisen hatte, legt er 2008 stattdessen 9 Tage Südwest drauf. Und wie wir wissen, sind Südwestlagen auf der Alpennordseite die absoluten Wärmebringer im Winter.

Und noch was Wichtiges: Diese Seite ist ja der absolute Hammer, was Grosswetterlagen-Statistiken angeht. Und die haben für Kaltwinter- und Schneefans keine guten Nachrichten parat. Hier die Liste mit der prozentualen Häufigkeit von GWL über die Monate verteilt: http://www.cost733.org/GWL/ObjGWL_Freq_Whole.html

Die West- und Südwestlagen machen im Januar also 44.1 % aller GWL aus. Zählt man noch die Südlagen sowie Tief Britische Inseln und Trog Westeuropa hinzu, kommt man auf 52.4 %. Dass die ebenfalls häufigen Nordwestlagen fürs Mittelland auch nur wacklige Schneebringer sind, ist hier noch gar nicht mit berücksichtigt.

Wer jetzt noch unbedingt wissen möchte, ob in den letzten 50 Jahren sich der Trend der GWL gegenüber der 157-jährigen Reihe verändert hat, kann hier nachrechnen: http://www.cost733.org/GWL/ObjGWL_Freq.html

Fazit: Mitteleuropa liegt nun mal in der Westwindzone, auch wenn das nicht allen in den Kram passt ;-)
- Editiert von Federwolke am 30.01.2008, 14:46 -

Benutzeravatar
Tinu (Männedorf)
Beiträge: 3974
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 16:35
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8708 Männedorf
Hat sich bedankt: 705 Mal
Danksagung erhalten: 1724 Mal

Träume!

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Original von Federwolke
azit: Mitteleuropa liegt nun mal in der Westwindzone, auch wenn das nicht allen in den Kram passt ;-)
Wobei ich das ja eigentlich auch mit keinem Wort bezweifelt habe ;-)

Was mir an diesem Januar – wie bereits im obigen Posting erwähnt – bisher aufgefallen ist, das sind die häufigen Hochdrucklagen über Südwesteuropa, die sehr warme Luft zu uns transportieren (in feuchtem oder trockenem Zustand). Eigentlich gings mir darum. Wie steht es damit?
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert


Benutzeravatar
Andreas -Winterthur-
Beiträge: 4383
Registriert: Do 19. Jul 2012, 07:38
Hat sich bedankt: 339 Mal
Danksagung erhalten: 598 Mal

Träume!

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

@Tinu
Wenn sich da kein nennenswerter Unterschied zeigt, ziehe ich mein Posting als grundlagenlosen Blödsinn zurück


Mach das ja nicht. Sehr gutes Posting. Genau das ist mir in den letzten paar Wintern auch aufgefallen. Klar gibt es zwischendurch noch Westlagen aber die können sich auch diesen Winter nicht länger halten und sind anders geartet als z.B. in den 90er Jahren, wo es fast wochenlange Westwindautobahnen quer über den Atlantik gegeben hat. Damals übrigens meist von klassischem Islandtief gesteuert. Die Westlagen der letzten paar Jahre sind für mich weniger klassisch, und werden immer wieder durch sich aufwölbende Subtropenhochausläufer unterbrochen. Deshalb auch immer wieder schöne Meridonalisierungslagen in den vergangenen Wintern -2007 ausgenommen-. Das Jahr hatten wir halt ganz einfach Pech (oder ist es La Ninia?), dass wir nie auf die kalte Seite gerutscht sind.

Was mir z.B. bei Kyrill aufgefallen ist: der starke Gradient hat sich vor allem wegen dem starken Hoch südwestlich von uns aufgebaut. Der Druck des Sturmtiefs selbst war nämlich nicht besonders tief.

Ich denke schon, dass dies (kurz: die Verlagerung der Subtropenhochs gegen Norden) ein Wintermuster ist, dass sich immer deutlicher zeigt und eigentlich auch gut in die Erwärmungsszenarien passt. Allerdings widerspricht dies auch den erwarteten Klimaszenarien für den Alpenraum im Winter: nämlich mehr Winterniederschläge. Mein (Handgelenk mal Pi) Eindruck der letzten paar Jahre ist anders: nämlich trockenere und mildere Winter und dafür unbeständigere Sommer (2003 mal ausgenomen). Dies mal mein subjektiver Eindruck zu den vergangenen Wintern.

Gruss Andreas
“Some people are weather wise, but most are otherwise” Benjamin Franklin

Stefan im Kandertal

Träume!

Beitrag von Stefan im Kandertal »

Bin. Jawoll. Die Front war im Kanton Bern ein "Mittellandhüpfer" es gab sowohl am Jura als auch im Oberland Schnee, aber dazwischen nicht ;-). Auch das vordere Kandertal (Reichenbach) ist weiss geworden.

Andreas: Besonders bei mir und Chrigu ist zu bemerken es gibt deutlich mehr Niederschlag im Mittel im Juli und August (neu nassester Monat). Diese fallen aber nicht so regelmässig wie man meinen könnte. Oft entfällt ein grosser Anteil der Monatsmenge auf 2-3 Tage. Der Juni dagegen wurde zu einer art vor-Monsum trockenmonat, der bei mir bereits unter 100mm im Mittel gefallen ist und eine Wahnsinnsabweichung von +2,8K aufweist 2001-2007.

Die Wintermonate werden eher trockener. Allerdings hält es sich noch im Rahmen. Einzig der Februar hat einen bösen Absturz erlitten. Der Januar 2008 trägt weiter zum sinken der Januarmenge bei.

Aber weisst du was richtig interessant ist? Der Winter hat sich am wenigsten erwärmt! Das liegt nicht zuletzt an meiner Tallage, die bei "warmen" Hochdrucklagen ohne Hochnebel nachts gut abkühlen kann.

Die sich am wenigsten erwärmten Monate seit 2001:

Dezember, November, Februar

Die sich am meisten erwärmten:

Juni, Mai, sowie März und April (die sind glauchauf). --> Früher Frühling und früher Sommer.

Im Juli geht die Abweichung deutlich zurück, im August nochmal ein wenig. Obwohl die beiden die Rekorde stellen. Man kann tatsächlich sagen, dass der August ausser 2003 nicht so überzeugt hat und der Juli ausser 2006 auch. Sommerferien in den Juni verlegen :-D?


Winterniederschlag kann man nicht so pauschal sagen. Ich sehe eher eine Verlagerung in den Jura Über alles gesehen wird das was an einem Ort weniger fällt anderswo mehr. Eine Niederschlagkarte vom Januar 2008 wäre sicher wieder interessant mit der Jura-Genfersee Schiene und dem Thuner-Loch.

Benutzeravatar
Chrigu Riggisberg
Beiträge: 1470
Registriert: Fr 23. Apr 2004, 23:20
Wohnort: 3132 Riggisberg BE
Kontaktdaten:

Träume!

Beitrag von Chrigu Riggisberg »

Uih, dieser Thread wird langsam aber sicher sehr spannend. Eigentlich schade, dass man das nicht in einem eigenen Thread sammelt. Hier wird man solche Diskussionen leider nicht mehr finden. @ Admins: Kann man da nicht etwas verschieben?

@ Fabienne:
Fazit: Mitteleuropa liegt nun mal in der Westwindzone, auch wenn das nicht allen in den Kram passt.
Schön, das bestreitet niemand. Wie erklärst du dir aber (als Beispiel), dass die Schneedeckendauer (=Anzahl Tage mit einer geschlossenen Schneedecke) im Flachland seit den 70er Jahren immer wie mehr am zurückgehen ist? Entweder sind die Westlagen trockener geworden oder wärmer (oder beides zusammen). Auf jeden Fall ist mir aufgefallen, dass die wirklichen "Schneebringer" an den westlichen Voralpen, nämlich südliche Westlagen mit Randtiefs, in der heutigen Zeit einfach nicht mehr auftreten wollen. Das letzte solche Ereignis fand am 28. Dezember 1999 statt (mit 30 cm Schnee in Riggisberg).

@ Tinu und Andreas:
Gute Beiträge! Ich musste das ebenfalls feststellen. Das Subtropenhoch ist v.a. in der Höhe viel zu stark ausgeprägt. Das Geopotenzial ist zu hoch.
Ich denke schon, dass dies (kurz: die Verlagerung der Subtropenhochs gegen Norden) ein Wintermuster ist, dass sich immer deutlicher zeigt und eigentlich auch gut in die Erwärmungsszenarien passt.
Diese Aussage kann man sogar im IPCC nachlesen. Wobei dies eher für den Sommer gelten sollte. Genau so werden ja die richtigen Hitzesommer produziert. Hätte der Januar 2008 im August stattgefunden, hätten wir einmal mehr ziemlich grosse Hitzeprobleme erhalten in Mitteleruopa. Der zweite Punkt mit den Niederschlägen ist tatsächlich speziell: In Riggisberg waren die letzten 8 Winter im Schnitt zu trocken. Dies steht im Widerspruch mit der IPCC Aussage, wonach die Winter in Mitteleuropa aufgrund der wärmeren und daher niederschlagsträchtigeren Luftmassen, die uns aus Westen erreichen, nasser ausfallen sollten. Na ja, das kann sich noch ändern in den kommenden 22 Jahren. Erst dann wird meine Messreihe ausreichend lang sein, um solche Schlüsse ziehen zu können.

In jedem Fall gefällt mir diese Entwicklung nicht!

Gruss Chrigu
Riggisberg BE (800 m.ü.M.), zwischen Schwarzenburg und Thun am Fusse des Gurnigels gelegen

Antworten