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Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Federwolke
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Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Federwolke »

Neue Jahreszeit, neues Wetter?

Dazu bestehen berechtigte Hoffnungen, wenn man in die Vergangenheit blickt. Auf die letzten grauslichsten Sommer-Exemplare - insbesondere 2014 und 2011 - folgte jeweils ein recht schöner Herbst. 2011 war rekordtrocken und -sonnig, während derjenige von 2014 in der ersten Hälfte feucht-warm war und danach einen schönen Martinisommer folgen liess.

Doch konzentrieren wir uns zunächst auf den September. Noch am 27. August zeigten die CFS-Ensembles der letzten 12 Läufe ein zweigeteiltes Europa mit einem kalten Norden und Osten und einem warmem Westen. Seither hat sich die Situation vor allem im Nordosten völlig verändert, übrig geblieben ist nur noch ein kalter Fleck rund um das Schwarze Meer:

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Wenn sich innerhalb von drei Tagen die Prognose derart verändert, spricht dies nicht gerade für einen hohen Vertrauensbonus in die aktuelle Modellleistung, aber das ist im September nicht aussergewöhnlich. Wer meine Monatsprognosen lange genug mitverfolgt, weiss um die Kämpfe im Spätsommer und Frühherbst, meist verursacht durch die Unsicherheit bezüglich Tropenstürme.

Zusammen mit der Niederschlagsabweichung wäre der September in der Schweiz eher ein feucht-warmer Geselle:

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Das kennen wir doch von irgendwoher? Trocken-warmes Osteuropa und feucht-warmes Westeuropa, war da mal was? Juni 2021? Blockierendes Hoch über Osteuropa und vom Atlantik knapp westlich von uns abtropfende Tiefs in Richtung Mittelmeer? Trog Westeuropa und Tief Britische Inseln, ev. Südost zyklonal ohne Ende...

Aber ja doch :roll: :

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Die Schweiz natürlich wieder hart an der Grenze auf der nassen Seite. Zum Glück ist nicht mehr Sonnenhöchststand mit dem extremen vertikalen Temperaturgradienten, aber eine Verlängerung der Gewittersaison ist durchaus eine Option. Hatte ich kürzlich mal etwas geschrieben von wegen Verschiebung der Jahreszeiten nach hinten? Falls das September-Szenario so eintritt wie derzeit modelliert, dann freue ich mich auf den Spätsommer im Oktober...

PS: Sieht derzeit gut aus, dass die Oktober-Prognose wieder im üblichen Format im orniwetter-Blog erscheint, und zwar besser als je zuvor :-D
Die Entwicklung der Modellkarten ist fast fertig, aber eben nur fast. Wir schleifen noch an ein paar Details und dann muss man die Rechnerei noch automatisch zum Laufen bringen.
Zuletzt geändert von Federwolke am Mi 1. Sep 2021, 10:02, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Federwolke »

EZ-Ensemble schon mal verdächtig genau auf CFS-Pfaden:

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Fragt sich nur, wie nah uns das Tief über der Biskaya auf die Pelle rückt. Der Hauptlauf will das hohe Geopotenzial nach Norden vertschüssen lassen und die beiden Omega-Füsschen sollen sich genau über uns vereinigen. Würde zu 2021 passen wie die Faust aufs Auge...


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Federwolke
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Federwolke »

Hier noch das neueste EZ-Regime nachgeliefert:

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Die spätsommerliche Hochdrucklage nächste Woche geniessen (wobei immer noch nicht ganz klar ist, wie viele Schönheitsfehler sich einschleichen können). Zur Monatsmitte Trend zu einer Westlage (blau), danach alles offen. Der Trend zum Blocking Ende September bis Anfang Oktober ist wohl reine Statistik, da Hochdrucklagen zu dieser Jahreszeit am häufigsten auftreten (Altweibersommer), aber nicht zwingend müssen.

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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Federwolke »

Es ist vollbracht, die erste Monatsprognose mit eigenen CFS-Karten: https://www.orniwetter.info/monatsprogn ... ober-2021/

Ohne den beherzten Einsatz eines Programmierers aus diesem Forum und die finanzielle Unterstützung von treuen Lesern in Zeiten, wo eine Querfinanzierung aus Erträgen durch die meteorologische Beratung von Grossanlässen noch unmöglicher ist als ohnehin schon (die Corona-"Härtefall"hilfe ist nicht für Leute gedacht, die von ihrer Arbeit kaum leben können, sondern kommt jenen Firmen zugute, die trotzdem Leute entlassen und gleichzeitig Gewinn an die Aktionäre ausschütten), wäre das Projekt gestorben. Herzlichen Dank allen, die es nicht so weit haben kommen lassen wollen! :up:

Hier noch ein paar zusätzliche Karten des verwendeten Laufs, wenn sie denn schon so schön ganz nach meinen Wünschen programmiert wurden:

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Hier sind in der linken unteren Ecke auch schön die Spuren zu sehen, die Ex-Hurricanes hinterlassen sollen und unsere Prognose so unsicher machen.
Zuletzt geändert von Federwolke am Do 30. Sep 2021, 20:01, insgesamt 2-mal geändert.

Mathias Uster
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Mathias Uster »

Federwolke hat geschrieben: Do 30. Sep 2021, 19:57 sollen und unsere Prognose so unsicher machen.
aus ganz eigennützigen Gründen hoffe ich sie scheitert :unschuldig: nach der jetzigen Föhnepisode sieht es jedenfalls (noch) nicht nach weiteren Süd- und Südwestlagen aus, im Gegenteil...

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Federwolke
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Federwolke »

Den ersten Herbstmonat dieses Jahres darf man durchaus noch zum Sommer zählen. Alle Details dazu: https://www.fotometeo.ch/noch-etwas-som ... mber-2021/

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Willi
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Willi »

Einigermasssen verwirrend finde ich momentan den warmen Nordatlantik. Das war schon vor 2 Monaten so (siehe Thread "Extremereignisse und Klimaänderungen" in "Wissenswertes"). Auch die aktuelle "SST anomaly" Karte, siehe unten, zeigt einen stramm zu warmen Atlantik nördlich des Äquators, ein paar Mikronester mit zu kaltem Oberflächenwasser ausgenommen. Der über Jahre hartnäckige Kältepol südlich von Grönland ist einfach weg, ausradiert. Die gängige Theorie zur Abschwächung des Golfstroms scheint einen argen Dämpfer zu erhalten. Wie auch immer, würde mich jedoch interessieren, welchen Einfluss ein warmer Nordatlantik auf unser Herbstwetter hat. Sind es nur die Hurrikane, oder ist mit systematischen Änderungen der Strömungsmuster zu rechnen? So ganz laienhaft würde ich meinen, dass auch die Luft über dem Atlantik wärmer ist, damit mehr Feuchtigkeit enthält und es somit in den atlantiknahen Küstengebieten zu mehr Niederschlag kommt. Kommt dazu, dass die Polareisfläche grösser ist als auch schon (wenn auch immer noch deutlich unter dem Mittel 1981-2010, https://data.meereisportal.de/maps/latest/extent_n.png).

Oder ist der zu warme Atlantik eine Fernwirkung von La Niña (auch schon eine gefühlte Ewigkeit andauernd)?

Quelle: https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
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Gruss Willi
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Haene
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Haene »

Interessant. Die Struktur der Kaltwasserströmung im Pazifik sieht aus wie Kelvin-Helmholtz Wellen.
Häne, Küssnacht am Rigi, 453 m.ü.M.

Michael (Dietikon)
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Michael (Dietikon) »

Haene hat geschrieben: Do 7. Okt 2021, 18:59 Interessant. Die Struktur der Kaltwasserströmung im Pazifik sieht aus wie Kelvin-Helmholtz Wellen.
Es handelt sich dabei um tropische Instabilitätswellen: https://www.enso.info/enso-lexikon/lexikon-tu.html#tiw
Willi hat geschrieben: Mi 6. Okt 2021, 23:15 Einigermasssen verwirrend finde ich momentan den warmen Nordatlantik. Das war schon vor 2 Monaten so (siehe Thread "Extremereignisse und Klimaänderungen" in "Wissenswertes"). Auch die aktuelle "SST anomaly" Karte, siehe unten, zeigt einen stramm zu warmen Atlantik nördlich des Äquators, ein paar Mikronester mit zu kaltem Oberflächenwasser ausgenommen. Der über Jahre hartnäckige Kältepol südlich von Grönland ist einfach weg, ausradiert. Die gängige Theorie zur Abschwächung des Golfstroms scheint einen argen Dämpfer zu erhalten. Wie auch immer, würde mich jedoch interessieren, welchen Einfluss ein warmer Nordatlantik auf unser Herbstwetter hat. Sind es nur die Hurrikane, oder ist mit systematischen Änderungen der Strömungsmuster zu rechnen? So ganz laienhaft würde ich meinen, dass auch die Luft über dem Atlantik wärmer ist, damit mehr Feuchtigkeit enthält und es somit in den atlantiknahen Küstengebieten zu mehr Niederschlag kommt. Kommt dazu, dass die Polareisfläche grösser ist als auch schon (wenn auch immer noch deutlich unter dem Mittel 1981-2010, https://data.meereisportal.de/maps/latest/extent_n.png).

Oder ist der zu warme Atlantik eine Fernwirkung von La Niña (auch schon eine gefühlte Ewigkeit andauernd)?

Quelle: https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
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Bei den SST-Anomalien habe ich oftmals das Gefühl, dass diese stark an Witterungsanomalien gekoppelt sind - neben der Temperatur spielt im Sommer auch die Sonneneinstrahlung eine bedeutende Rolle. Diese überlagern die langfristigen Effekte durch eine schwächer werdende thermohaline Zirkulation. Der Golfstrom wird übrigens hauptsächlich durch Windströmungen beeinflusst, während der Nordatlantikstrom v. a. durch die thermohaline Zirkulation angetrieben wird (siehe auch https://wiki.bildungsserver.de/klimawan ... /Golfstrom). Der Golfstrom wird sich also kaum abschwächen (ausser bei einer grösseren Änderung der atmosphärische Zirkulation), sondern der Nordatlantikstrom. Dementsprechend wird die Abschwächung des thermohalinen Zirkulation die Temperatur hauptsächlich in Nordeuropa beeinflussen.

Das ist zwar sehr spekulativ, aber ich könnte mir vorstellen, dass der warme Atlantik, zusammen mit dem etwas ausgedehnteren arktischen Meereis, einen Einfluss auf das Strömungsmuster hat. Dies müsste eigentlich zu einen zonaleren Jetstream (NAO+) führen aufgrund des höheren Nord-Süd-Temperaturgradienten. Zudem könnte der Jet in einer nördlicheren Position als sonst liegen, was bei uns tendenziell zu einer hochdruckbestimmten und milden Witterung führen würde. Letzteres gilt natürlich v. a. oberhalb der Inversion.
Dietikon ZH 405 m ü. M.
www.meteoprime.ch

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Federwolke
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2021

Beitrag von Federwolke »

Michael (Dietikon) hat geschrieben: Fr 8. Okt 2021, 11:21 Das ist zwar sehr spekulativ, aber ich könnte mir vorstellen, dass der warme Atlantik, zusammen mit dem etwas ausgedehnteren arktischen Meereis, einen Einfluss auf das Strömungsmuster hat. Dies müsste eigentlich zu einen zonaleren Jetstream (NAO+) führen aufgrund des höheren Nord-Süd-Temperaturgradienten. Zudem könnte der Jet in einer nördlicheren Position als sonst liegen, was bei uns tendenziell zu einer hochdruckbestimmten und milden Witterung führen würde. Letzteres gilt natürlich v. a. oberhalb der Inversion.
EZ reagiert schon mal in diese Richtung:

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Nach vier Tagen Nordlage (violett, zum Glück habe ich in meiner Monatsprognose das "es sei denn..." eingebaut ;) ) geht es in Richtung NAO+ (blau), was hauptsächlich West- bis Südwestlagen nach sich zieht. Der Geopotenzialanstieg und die schwachen Niederschlagssignale im EZ-Ensemble deuten den antizyklonalen Einfluss an. Goldener Oktober und Martinisommer dürfen kommen.

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