Hier noch mein Chasingbericht vom 19.07.2013:
Infolge der Kartenlage war ich nicht mehr wirklich von einem sich ähnlich wiederholenden Event im Toggenburg überzeugt, wie tags zuvor. So richtete ich mein Augenmerk eher auf die Westschweiz ab 15z und später ab 18z im Bereich Neuenburgersee / Jura. Erstes geplantes Ziel war etwas westlich des Gantrischgebietes (Schwarzenburg) - Leeauslöse. Später Fribourg und danach, je nach Situation, die weitere Entwicklung zwischen Yverdon und Neuchâtel beobachten.
Kurz vor 15 00 Uhr fuhr ich von zuhause weg, um am oberen Zürichsee meine Begleiterin abzuholen. Wir fuhren via ZH-Westring in Richtung Aargau; Stau bei Urdorf, Verkehrskollaps bei Rothrist. Auf der Kantonsstrasse via Langenthal gefahren und bei Niederpipp wieder zurück auf die Autobahn, wobei viel Zeit verloren ging. Wir passierten gerade Grauholz, als der Donnerradar nördlich des Gantrischgebietes eine neu entstandene Zelle anzeigte, mit Zugrichtung SW. In diese Richtung war eine ziemlich schwarze Wand zu sehen.
Auf dem Parkplatz vor Düdingen sah ich nordöstlich die sich verstärkende Zelle, die bereits eine beachtliche Linie bis nach Schwarzenburg bildete. Zugrichtung SSW:

Schöner Böenkragen, der sich später zu einer Wallcloud ausbildete. Geflacker und erste Blitze sichtbar; mehrheitlich CC's. Wir fuhren weiter nach Matran. Wie erwartet, zog sie genau in Richtung Süden, der westliche Teil der Linie starb. Gleich dahinter kam nun eine zweite Linie, deren östlicher Teil starb und der westliche Teil massiv verstärkte, was optisch von Matran aus sehr eindrücklich war und der Donnerradar rd. 15 Min. später wie ein Zellsplit anzeigte. Ein gewaltiger CG schlug bei Matran ein; doch sehr geringe Blitzrate. Wir positionierten uns etwas westlich von Matran. Die Zelle klappte zusammen, stratiformer NS; Frust.
Der Donnerradar zeigte erste Signale einer Zelle westlich von Tavannes, mit Zugrichtung SW, etwas östlich des Jurakamms und in den ANETZ-Karten waren dort u.a. erhöhte CAPE und hohe TP's ersichtlich. Also ab nach Payerne, wo ich mir um 19 30 Uhr einen Überblick verschaffte.
Die Jurazelle verstärkte und bewegte sich in Richtung Neuchâtel:

Zur selben Zeit kündigte eine Castellanus-Parade beim Neuenburgersee die bevorstehende Gewitterentwicklung an:

In Richtung Nordosten zeigte sich plötzlich durch eine Wolkenlücke ein prächtiger, gesund aussehender Congestus, der von der Abendsonne angestrahlt wurde. Geschätzter Abstand rd. 80 km; noch mickrige Radarsignale (Donnerradar) bei Solothurn:

Man konnte von blossem Auge die rasante Entwicklung beobachten und bereits 15 Min. später (19:47 Uhr) war er im Begriff sein vollendetes Reifestadium als Cb zu erreichen:

Die "Zwilling"-zelle von Tavannes verstärkte in Richtung Biel und zog nach Neuchâtel. Ich entschied, via Morens-Grandcour-St. Aubin nach Cudrefin zu fahren, ans östliche Seeufer, wo wir uns auf dem Steg der Hafenanlage positionierten. Die ersten Blitze der Jura- / Bielerzelle waren sichtbar; sie kam geradewegs auf uns zu:

Dann traute ich zuerst meinen Augen nicht. In rd. 4 km Distanz schraubte sich eine gewaltige Scud-Cloud nach unten und begann langsam zu rotieren. Zum Glück hatte ich kürzlich über das Thema etwas Fachliteratur gelesen, in der es hiess, dass "non-tornadic scud-clouds" mit Böenfronten /-kragen vor Gewitterzellen zusammenhängen, keine Rotation aufweisen, vom NS-Bereich getrennt und relativ langlebig sind, wobei sie nicht zwingend an eine Mutterwolke gebunden sein müssen. Um konische, trombenähnliche Formen von Scud-Clouds von Funnel-Clouds zu unterscheiden, die durch ihr Aussehen sehr ähnlich sind und mitunter verwechselt werden, gelten offenbar zwei Bedingungen, die für einen Funnel sprechen: direkte Verbindung zur Mutterwolke und Rotation. Beide Bedingungen, inkl. Kurzlebigkeit, sind in der folgend dokumentierten Sichtung am Neuenburgersee erfüllt (Foto = Outtake aus dem hier verlinkten Youtube-Video):

http://www.youtube.com/watch?v=InVpigkyfLQ
Danach fuhren wir nach Ins (Foto unten, 21 22 Uhr), wo nordwestlich eine blitzaktive Zelle vorbei zog:

Es war bereits die zweite Linie, während bei Solothurn sich die dritte Gewitterlinie formierte:

Statt über Kerzers-Lyss nach Biel zu fahren, wie ursprünglich geplant, wählte ich die Route über Neuchâtel, was zwar wegmässig kürzer ist, aber aufgrund der verwirrenden Grossbaustelle des Autobahnzubringers viel Zeit kostete. Die letzte Zelle kurz vor dessen Absterben dann nach Twann vor Biel noch erwischt (Beschreibung im letzten Post). Chasingende 22 15 Uhr bei Biel.
Gruss Cyrill
PS: die beiden hier gezeigten Niederschlagskarten sind folgender Quelle entnommen: "search.ch / Cosmo2"