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Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 16:40
von Kurt
Hallo Zäme

Wie siehts eigentlich mit den Sturmwarnleuchten am Bielersee aus, die haben
bestimmt auch am 20.Juni um 18 Uhr geblinkt trotz angeblichem "eitel Sonnenschein"

Richtung Süden war es um diese Zeit bedrohlich dunkel (Webcam von Biel).

Beispiel einer Sturmwarnleuchte: Altenrhein (Foto: A. Hostettlerl) MeteoSchweiz

Bild

Aktuelle Sturmwarnung für Berner Seen

Webseite vom Kanton Bern : http://be.stwarn.ch/

Bild

Jedenfalls eine gute Orientierung der Wetterlage bezüglich Sturmwinde auch am Ufer (Festgelände des ETF).

Sturmwarnleuchten : Wo befinden die sich am Bielersee ? (habe leider keine Karten mit den Standorten gefunden)

Mit freundlichen Grüssen, Kurt

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 18:15
von Andreas -Winterthur-
Hallo Kurt

Die Sturmwarnung für den Neuenburger-, Bieler-, und Murtensee wurde von den Genfer Kollegen um 16.35 Uhr lokal ausgegeben. Laut einem Arbeitskollegen steht mindestens im Bieler Hafen eine Sturmwarnleuchte. Wir haben aber auf die Schnelle auch keine Übersicht der Stao's am Bielersee gefunden.

Gruss Andreas

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 18:25
von lukasm
Eine Sturmleuchte ist vom Festgelände Nidau her gut sichtbar, habe ich heute gesehen. Diese ist am anderen Ufer etwas südwestlich, so von der Karte her vielleicht Funtelen oder so.

Viele Grüsse

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 18:35
von Joachim
Hoi

beim googlen gefunden: http://www.srf.ch/konsum/themen/familie ... -schwierig

Und: "Auf dem Bielersee sind beispielsweise 5 Warnleuten installiert"...sprachlich doppelt falsch (trotz Qualitätsmedium SRF).

Soweit ich weiss, erhalten die Sturmwarnungen die kantonalen Polizeikräfte ... jede Seepolizei entscheidet dann aber immer noch selber, ob geblinkt wird oder nicht.
Selber erlebt am Vierwaldstättersee: Luzerner Blinklichter an, Obwaldner Seite war ruhig.

vG

J

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 20:11
von rene
Ich bin selbst OK-Präsident vom Waldfest Seegräben. Pro Abend haben wir ca. 800 – 1500 Besucher. Das Festgelände besitzt eine kleine Waldhütte http://www.seegraeben.ch/de/verwaltung/ ... st_id=1682 und ist umgeben von grossen Bäumen. Über einen Flurweg ist man ca. nach 100 Meter auf dem freien Feld. Vom Festgelände bis zum Parkplatz sind es ca. 300 Meter. Das Fest wird von den örtlichen Turnvereinen organisiert. Es bildet die Haupteinnahmequelle der Vereine.

Neben der Funktion als OK-Präsident bis ich seit über ca. Jahren in der örtlichen Feuerwehr tätig. Inzwischen im Grad als Oberleutnant. Dadurch habe ich schon ein paar hundert Feuerwehreinsätze erlebt. Einige davon als Einsatzleiter. Dazu bin ich als Feuerwehr-Instruktor tätig. Ich bin es also gewohnt mit unbekannten Situationen konfrontiert zu werden und schnelles Entscheiden zu treffen.

Wir hatten am Waldfest in den letzten Jahren immer wieder mal ein Gewitter. Glücklicherweise kamen wir immer glimpflich davon. Beim Aufbau besuchte uns auch mal ein Gewitter und zwei Spitzzelte wurden beinahe davon geweht, als im Inneren des Zeltes noch zwei Turner mit dem Aufbau beschäftigt waren. Wir beobachten immer den Donnerradar oder haben Kontakt zu externen Personen die das Gewitter beobachten.

Bei der Vorsitzung im April informierte ich die anderen OK-Mitglieder, dass ich ein Sicherheitskonzept erstellen werde. Nach den Vorkommnissen in Biel ist das nun hochaktuelle. Erstellt ist das Dokument noch nicht. Denn es ist viel schwieriger ein solches Dokument zu verfassen als man denkt. Das Internet spuckt nicht viel heraus. Also muss man selbst von Grund aus anfangen. Doch welche Ereignisse will man überhaupt abdecken? Aus meiner Feuerwehr-Erfahrung weiss ich, dass die Ereignisse nie so eintreten wie man sie erwartet. Ich werde mich also auf die präventiven Massnahmen beschränken (Donnerradar ist Pflicht, Wetterwarnungen abonnieren, bei Unsicherheiten Wetterdienst kontaktieren, wer entscheidet über Evakuation, ..).

Ein solches Konzept hilft mir sicherlich um schneller Entscheidungen treffen und umsetzten zu können. Doch der Entscheid selbst nimmt es mir nicht ab. Und das ist das grösste Problem. Wenn ich evakuiere, dann muss ich das frühzeitig machen. Denn die Besucher brauchen noch 300 Meter bis zum Auto. Wenn ich nicht evakuiere, dann muss ich mit dem Risiko leben, dass Bäume umstürzen und Besucher getroffen werden. Das ist der schlimmste Fall. Wenn ich jedoch evakuiere und das Gewitter kommt nicht oder es bleibt bei ein wenig Regen, dann werde ich von diversen Seiten angegriffen. Die Besucher verstehen nicht wieso ich auf Panik gemacht habe. Auch die Helfer verstehen das nicht. Die wenigsten können die Gefahr aufgrund vom Donnerradar richtig interpretieren. Sie bilden ihre Meinung aufgrund von dem was passiert ist. Dazu kommt, dass nach einer Evakuation die Einnahmen fehlen. Wenn die Evakuation früh am Abend war, dann kann das Fest sogar zu einem Verlust werden.

Was will ich mit dem Beitrag sagen?
1. Es gibt für Veranstalter kaum Vorlagen oder Hilfsmittel im Bereich Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen.
2. Den meisten fehlt der meteorologische Hintergrund
3. Die Entscheidungen für oder gegen eine Evakuation ist enorm schwierig

Ich hoffe, ich konnte ein wenig Einblick in die Sichtweise eines Veranstalters geben. Mir kommen das Interesse zur Meteorologie und die Erfahrung aus der Feuerwehr zu Gute. Andere haben diesen Hintergrund nicht und für die ist es noch schwieriger.

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 20:40
von Nigeau
Chicken3gg hat geschrieben: Ich habe entweder vom Laptop oder von Natel aus Zugriff auf Donnerradar + 3D, dazu die Wetterkarten von Bernhard Oker. Ausserdem die Messwerte von Meteoschweiz.
So einfach wird es dann doch nicht sein. Als das Gewitter in Ipsach losbrach, funktionierte das Swisscom-Netz wegen Überlastung nicht mehr zuverlässig. Da müsste dann also schon ein professioneler Dienst am Werk sein, der die notwendigen Daten sicher abrufen kann.

Ich denke die Meisten sind sich einig, dass am ETF bei der Beurteilung der Wetterlage Fehler gemacht worden sind. Wichtig ist mir, dass nun daraus die Lehren gezogen werden und für nächste vergleichbare Anlässe Massnahmen getroffen werden, um die gemachten Fehler zu vermeiden. Wie auch rene geschrieben hat, ist es jedoch schwierig konkrete Massnahmen zu formulieren, die dann auch umgesetzt werden können.

Und man kann als Wetterdienst seine Dienste ja auch anbieten und muss nicht unbedingt warten, bis jemand um Hilfe bittet. Der Veranstalter ist ja vielleicht froh drum und nimmt das Angebot gerne an, weil er nicht daran gedacht hat (ich habe in meinem früheren Beitrag die Betriebsblindheit angesprochen).

Nigeau

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 20:59
von Federwolke
Es ist ja nicht so, dass die Veranstalter keine Angebote hätten. Auf diese Idee sind vor Chicken3gg auch schon andere gekommen...

Das mag vielleicht für ein kleines Dorffest oder Freiluftkino gerade noch gehen, aber die ganz grossen Festivals (sie wurden aufgezählt) sind für Studenten mit wenig Erfahrung oder gar Amateure eine Nummer zu gross. Für solche mag sogar ich nicht alleine die Verantwortung übernehmen, nicht zuletzt wegen der Haftungsfrage. Da gehört ein ordentlicher Backup mit entsprechender Infrastruktur dazu.

Durch das enorm wachsende Modehobby Stormchasing ist in letzter Zeit der Eindruck entstanden, Unwetterwarnung sei ein Jekami für das es ausreiche, schon ein paar Mal johlend in einem SUV einem Gewitter hinterhergerast zu sein. Man kann nur an die Vernunft appellieren, solche Echtzeit-Spiele sein zu lassen, denn Leben und Gesundheit von Festivalteilnehmern sind kein Videogame, bei dem man nach Verlust einfach auf Reload drücken kann... Und den Veranstaltern kann man nur empfehlen, von selbsternannten Wetterberatern ohne Leistungsausweis die Finger zu lassen.

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 21:02
von Michel Jorat
@Seebub

Stimmt, der Präsident trägt die letzte Verantwortung. Aber er führt nicht operativ, das macht der Direktor. Dieser muss evakuieren. Eingestellt wurde er aber vom Präsidenten...
Jeder Festveranstalter besteht ja in der Regel aus einem OK mit OK-Präsident. Dieser trägt, jedenfalls meines Wissens, die gesamte Verantwortung, ist also auch die letzte Instanz und Entscheidungsträger, und zwar nicht nur in dem Falle, wenn wegen Fehlplanung des Verpflegungschefs zu wenig Würste eingekauft worden sind.
...
Heisst: Er entscheidet, die Andern beraten ihn. Er kann aber in erster Linie für seine Entscheide zur Rechenschaft gezogen werden.

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 21:37
von Seebueb
@Michel

Stimmt wahrscheinlich schon. ich möchte mich da nicht auf Spitzfindigkeiten hinauslassen. einer hat doch die Verantwortung für die Evakuation, und der kann sich nicht rausschwatzen.

Gruss Seebueb

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?

Verfasst: So 23. Jun 2013, 21:53
von Chicken3gg
Federwolke hat geschrieben:Es ist ja nicht so, dass die Veranstalter keine Angebote hätten. Auf diese Idee sind vor Chicken3gg auch schon andere gekommen...

Das mag vielleicht für ein kleines Dorffest oder Freiluftkino gerade noch gehen, aber die ganz grossen Festivals (sie wurden aufgezählt) sind für Studenten mit wenig Erfahrung oder gar Amateure eine Nummer zu gross. Für solche mag sogar ich nicht alleine die Verantwortung übernehmen, nicht zuletzt wegen der Haftungsfrage. Da gehört ein ordentlicher Backup mit entsprechender Infrastruktur dazu.

Durch das enorm wachsende Modehobby Stormchasing ist in letzter Zeit der Eindruck entstanden, Unwetterwarnung sei ein Jekami für das es ausreiche, schon ein paar Mal johlend in einem SUV einem Gewitter hinterhergerast zu sein. Man kann nur an die Vernunft appellieren, solche Echtzeit-Spiele sein zu lassen, denn Leben und Gesundheit von Festivalteilnehmern sind kein Videogame, bei dem man nach Verlust einfach auf Reload drücken kann... Und den Veranstaltern kann man nur empfehlen, von selbsternannten Wetterberatern ohne Leistungsausweis die Finger zu lassen.

zügle bitte deine Kommentare

Der unterschwellige Ton passt mir und auch anderen überhaupt nicht. Entweder direkt oder gar nicht. Danke


Aber sonst ja. Logisch. Ich möchte auch nicht als Hauptverantwortlicher da stehen wenn ein mögliches Gewitter kommt. Und dann einen Split durchzieht und die Evakuierung für nichts ist.
Da müsste eng mit dem OK zusammengearbeitet werden.

Gruss Cédric