Thuner Tagblatt Mittwoch 26. Juli 2006
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GLIMPFLICH ABGELAUFEN
Wirbelsturm zog durch den Thuner "Strämu"
Am Montag zog ein Wirbelsturm durch den Thuner Strämu. Mindestens eine Person wurde leicht verletzt.
Es sei gewesen wie in einem Holywoodfilm, berichtet TT-Leser Daniel Schwab aus Wimmis. Plötzlich tauchte am Montagabend im Thuner Strandbad eine Windhose auf und wirbelte alles, was nicht niet- und nagelfest war, durch die Luft - Sonnenschirme, Luftmatratzen und sogar ein Gummiboot wurden in die Höhe gesogen und weggetragen. Später habe sich der Staubteufel, wie Fachleute dieses Phänomen nennen, in Richtung Einigen weiterbewegt. Chefbademeister Jean-Pierre von Gunten berichtete gestern dieser Zeitung, er habe gesehen, wie "ein 90-Kilo-Mann" vom Wind einfach umgeworfen wurde. Ein Junge habe sich zudem eine Prellung geholt.
Artikel: "Staubteufel" wütete im "Strämu"
Marco Zysset
Es war kurz nach fünf am Montagabend, als Daniel Schwab aus Wimmis im Thuner Strandbad seine Runden schwimmen wollte. "Ich war gerade ins Bassin gestiegen, als ich sah, wie alle in den Himmel blickten. Ich blickte auch nach hinnten und nach oben - und traute meinen Augen nicht. Es war wie in einem Actionfilm - aus dem Nichts tauchte eine Windhose auf, die alles Mögliche einfach so herumwirbelte". Er war auf seinen Platz zurückgeeilt, um seine Siebensachen zu sichern, erinnert sich Schwab. "Sonnenschirme, Luftmatratzen und sogar ein Gummiboot - alles wurde einfach in die Höhe gesogen!" Die Windhose habe sicher 10 Minuten über der Strämu-Liegewiese gestanden. " Dann hat sich der obere Teil des Trichters plötzlich in Richtung See geneigt, und die Gegenstände fielen wieder vom Himmel."
Auch Jean-Pierre von Gunten, Chefbademeister im Thuner Strandbad, beobachtete das Naturschauspiel. "Ich bemerkte die Windhose beim Lachenkanal", erinnert er sich. "Es sah von weitem aus, als ob jemand mit einem Schlauch herumspritzen würde. Dann sah ich aber, dass sich ein Mann an einem Boot festhielt und dass der Wind das Wasser aufspritzte."
Boote wurden vom Luftwirbel gegeneinander geworfen, sagt von Gunten. Die Windhose sei anschliessend über die Strandbadwiese, das Grunderinseli und den See Richtung Einigen weitergezogen. "Sofort warnte ich die Leute über die Lautsprecheranlage, sie sollten sich in Deckung bringen, um vor herunterfallenden Gegenständen sicher zu sein," erzählt von Gunten weiter. Ein kleiner Junge habe Prellungen am Oberarm davongetragen, "und ein 90-Kilo-Mann wurde vom Wind einfach umgeworfen!"
Von Gunten schätzt, dass die Windhose - oder der Staubteufel, wie Fachleute dieses Phänomen nennen, vggl. Kasten - am Boden einen Durchmesser von fünf bis acht Metern hatte. "Zum Glück hat der Wirbelsturm keinen nennenswerte Schäden angerichtet", sagt der Chefbademeister, "bis auf die verlorernen Sonnenschirme und eine zerissene Plane ist nichts passiert."
Kasten: "Staubteufel bilden sich wenn heisse Luft steigt"
Windhosen wie jene, die am frühen Montagabend durch das Strandbad Thun zog, seien "ein normales Phänomen", erklärt Philippe Gyarmati vom Büro Meteotest Bern. Damit ein solcher "Staubteufel", wie derartige Windhosen auch genannt werden, entsehe, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: "Voraussetzung ist schönes Wetter, der Boden wird aufgeheizt, während die Lufttemperatur in 30 bis 50 Metern Höhe bei 29-30 Grad verharrt", erklärt Gyarmati. "ist die Temperaturdifferenz gross genug, löst sich die heisse Luft vom Boden und steigt hoch. Geschieht dies schnell, beginnt die Luft zu rotieren. Dann bildet sich eine Windhose, wie am Montag im Strandbad Thun."
Solche Staubteufel seien in der Schweiz keine Seltenheit. "Wenn sie aber nichts aufwirbeln, sieht man sie nicht."
Rekonstruktion der Zugbahn der Windhose
Entstehungsort wahrscheinlich Kieparkplatz vor Hotel Holiday. Mein Standort war beim Grunderinseli (unterer Bildrand). Meine Beschreibung stammte zum grössten Teil von Kollegen, die sich innerhalb des Strandbades befunden haben.
