Guten Morgen
Über den Neuschnee ab Freitag wurde schon einiges geschrieben. Der Wind ist aber mindestens so interessant! Ich schlage vor, die Sache etwas genauer anzuschauen, denn 1. hat der Wind massgeblichen Einfluss auf die Schneefallgrenze und 2. wird von den neuesten Modellen eine hohe Intensität gerechnet (z.B. GFS 00Z).
DIE VORGESCHICHTE:
Am Dienstag befindet sich ein Maximum des Polarfrontjets über der Südspitze von Grönland, ausgelöst durch einen sehr grossen meridionalen Temperaturgradient (z.B. auch 500 hPa). Dieses Maximum wandert bis MI 12Z allmählich weiter downstream Richtung Nordeuropa. Das einhergehende Vorticitymaximum (positiv auf der zyklonalen Seite des Jets/negativ auf der antizyklonalen Seite) führt am Mi zu einem verstärkten Durchgegensatz zwischen dem Hoch über dem Atlantik und dem Tief über Skandinavien. Gleichzeitig dringt der Jet ein erstes Mal bis zum Alpenraum vor - Die Bahn ist geebnet.
Z500/T500 DI 12Z
U300 MI 12Z
DIE WELLE:
Das eigentliche Ereignis, nämlich die explosive Austrogung und der Durchzug einer kurzwelligen Störung, lässt sich ebenfalls schon im Vorfeld beobachten. Kurz nach dem ersten Ereingnis erreicht der Jet über Grönland ein neues Maximum (in der Entstehung auf Karte U300 MI 12Z sehen). Es wandert in der bereits bestehenden Bahn bis DO 12Z bis nach Schottland (dazugehörige Vorticity-Verteilung siehe unten). Mit der vorhandenden Energie bildet sich eine enorme Austrogung, welche in der mittleren Troposphäre bis nach Nordafrika reicht. Der Alpenraum liegt um FR 12Z ziemlich genau in der Achse des Jets.
Relative Vorticity DO 12Z
Die Konstellation in der Höhe lässt sich einigermassen herleiten (bin oben etwas schnellschnell durch die dynamische Meteorologie gesurft). Wie kommt es aber zu den hohen Windgeschwindigkeiten, welche für FR 12Z und 18Z für mittelere und tiefe Schichte modelliert werden?
Einerseits verschiebt das Bodentief sein Zentrum durch den Ausbruch des Trogs nach Südosten über die Ostsee (970 hPa um FR 12Z). Andererseites zieht ein Randtief bis nach Tschechien, wo der Druck um FR 12Z auf 985 hPa sinkt. Der Druckgradient Prag-Genf beträgt gegen 30 hPa. Mit dem Herannahen der Welle drehen die Winde auf der Alpennordseite auf SW bis W. Es kommt zu einem seichten Abfliessen (Die Schichtung ist vor dem Eintreffen der Kaltfront am Abend relativ stabil, in der Höhe gibt es eine Überströmung von NW nach SE) Richtung NE.
Dieses Abfliessen ist räumlich stark begrenzt, einerseits durch die Höhenströmung/Schichtung und andererseits durch die Alpen. Diese Kanalisierung verstärkt vermutlich die ohnehin hohen Windgeschwindigkeiten. Was die Kaltfront noch bewirkt, bleibt noch offen...
Theta E am FR 12Z
DER WIND:

Wind auf 850hPa um FR 12Z
GFS modelliert für den Gitterpunkt über dem Schwarzwald rund 65 kn auf 850 hPa... Sehr viel Wind!
Über die genauen Spitzen im Norden der Schweiz kann noch diskutiert werden, wieso aber bei diesem Wind und Temperaturen von -2 Grad auf 850 hPa Schnee bis ins Flachland fallen soll (gewisse Medien), bleibt mir ein Rätsel...
Hoffe auf möglichst viele weitere Inputs.
Gruss Mat
- Editiert von Mat am 13.12.2005, 10:14 -