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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Andreas -Winterthur-
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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Hallo

Der Winter 2005 wird sicher nicht nur bei uns als schneereich in Erinnerung bleiben. So herrschten in den letzten paar Wochen in weiten Teilen Europas aussergewöhnlich hochwinterliche Verhältnisse, und dies bis weit nach Süden. Hier ein paar Highlights aus Südeuropa/Nordafrika:


Capracotta, südliche Abruzzen, Provinz Isernia
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Ehrlich gesagt habe ich ausser den Abruzzen noch nie etwas von Ort und Provinz gehört. Bei meiner Recherche in den ausländischen Wetterforen, umweht dieses Capracotta aber schon fast eine mystische Verklärung. Hier ein witziges Bild aus einem früheren Winter:
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Das Städtchen liegt jedenfalls auf 1600 M/M in den südlichen Abruzzen und wird offenbar bedingt durch Höhe und Topographie regelmässig brutal zugeschneit. Wie es dort diesen Winter bisher zu und her gegangen sein muss, lässt dieses webcam Bild noch erahnen:
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Aktuelles webcam Bild:

Auf folgender Reanalyse vom Mittwoch, 26.1.05 ist der Ausbruch der Arktikluft ins westliche Mittelmeer gut ersichtlich. Ein Kältepool von -40°C auf 500 hpa über Menorca (auch nicht gerade jeden Winter zu erwarten...). Stromaufwärts ein kräftiges Bodentief über Süditalien:
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Und so sah es tags darauf in Pescopennataro in derselben Provinz auf 1100 M/M Höhe aus:
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Die Kaltluft ergoss sich dann weiter gegen Süden über das Mittelmeer und erreichte in der Folge auch Algerien:
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Dort verursachten die teils über Tage anhaltenden, intensiven Schneefälle in höheren Lagen grosse Probleme. Oberhalb von 1200 Metern soll es innert kurzer Zeit Neuschneemengen von über 1 Meter gegeben haben.

Aber selbst die Küstenstadt Algier erhielt sogar einige Zentimeter Schnee, dies vorallem im Bereich der Höhenkaltluft in Form von kräftigen gewittrigen Schauern:
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Etwas off-topic zwar, aber eine Beschreibung sicher wert, war der Zwischenfall eines grossen Kreuzfahrtschiffes im westlichen Mittellmeer. Am Montag, 14.02.05 geriet die Grand Voyager auf dem Weg von Tunis nach Barcelona in einen schweren Sturm. Offenbar sorgte eine freakwave für einen Wassereinbruch auf der Brücke (...) Dazu ein interessanter Artikel mit Augenzeugenberichten (da fehlte wohl nicht mehr viel...)

„Grand Voyager“-Kreuzfahrt endet glimpflich - mehrere Verletzte
Glimpfliches Ende einer Unglücks-Kreuzfahrt: Nach einem Sturm mit Zehn-Meter-Wellen ist die in Hamburg bei Blohm + Voss gebaute „Grand Voyager“ mit mehr als 700 Menschen in Cagliari auf Sardinien eingetroffen.

Wieder in ruhigeren Gewässern: Das Kreuzfahrtschiff Grand Voyager ist nach dem Sturm im Hafen von Cagliari (Sardinien) eingelaufen.
Wie die italienischen Behörden am Dienstag mitteilten, wurden Teile des Schiffsinneren völlig verwüstet. Ärzte hätten 5 Leichtverletzte versorgt, etwa 20 Menschen hätten bei dem schweren Unwetter am Montag Prellungen erlitten. „Der Seegang war furchtbar. An Bord flogen alle möglichen Dinge umher: Tische, Stühle und Liegen.
Viele Passagiere holten sich blaue Flecken, einige erlitten sogar Knochenbrüche“, erzählte ein Passagier dem spanischen Rundfunk RNE.

„Der Sturm war so stark, daß er sogar Scheiben eindrückte. Als die Motoren ausfielen, bekam das Schiff Schlagseite“, berichtete er weiter. Die meisten der Passagiere waren Spanier und sollten mit Charterflugzeugen in ihre Heimat zurückkehren, teilte der spanische
Reiseveranstalter Iberojet mit.

Andere Reisende erzählten, das Schiff sei mit solcher Wucht auf die Wellen geprallt, daßzahlreiche Gegenstände aus ihren Verankerungen gerissen wurden. „In meiner Kabine flog der Fernseher durch die Luft und zerschellte in 1000 Stücke“, sagte ein älterer Spanier. „Ich spürte einen schweren Schlag, und das Schiff spielte verrückt, als wäre es von einer Ohrfeige Neptuns getroffen.“

Das in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff war am Montag auf dem Weg von Tunis nach Barcelona von einer riesigen Welle getroffen worden und erlitt Maschinenschaden. Der Brecher zerstörte auf der Brücke Glasscheiben, das Stromnetz wurde beschädigt. Französische und spanische Hilfskräfte eilten dem unter Bahamas-Flagge fahrenden Schiff zu Hilfe. Nachdem es der Mannschaft später gelang, zwei der vier Maschinen wieder in Gang zu setzen, konnte das Schiff aus eigener Kraft Kurs auf Cagliari nehmen. Bei Windstärke 11 hatten sich der Region Wellen bis 14 Meter hoch aufgetürmt.


Hier noch die Analyse vom Montag, 14.2.05:
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Sowie ein IR-Bild von 03.20 UTC, gezoomt auf die Region:
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Ob da wirklich nur der starke Mistral für diesen Wellengang verantwortlich war? Auf dem Satbild sind jedenfalls südwestlich von Korsika interessante, kreisförmig angeordnete Zellstrukturen erkennbar, welche auf mögliche konvektive Umlagerungen hindeuten.) Der ganze Fall wäre sicher eine eingehendere Untersuchung wert.


Letzte Woche nahm dann die Serie mit ungewöhnlichen Schneefällen in Südeuropa ihre Fortsetzung. Ein kleines Teiltief sorgte auf Dienstag, 22.2.05 an der Côte d Azur für eine weisse Überraschung. Hier die Analyse von Dienstag Mitternacht:
Bild

Ein Bild aus Nizza vom Dienstag Morgen, 22.2.05:
Bild
Mehr Bilder unter: http://perso.wanadoo.fr/pcsenior/data/p ... e/nice.htm

In der Nacht auf Mittwoch, 23.02.05 steurte dann Tief Zoltan eine Kaltfront über Zentralspanien gegen Südosten:
Bild

Im Bereich der nur langsam ziehenden Luftmassengrenze kam es u.a. im Grossraum Madrid zu stundenlangen, starken Schneefällen. Hobbymet. meldeten bis zu 20 cm Schnee im Stadtgebiet. Hier ein paar Impressionen aus der spanischen Hauptstadt:
Bild
Bild
Bild

Zum -vorläufigen- Schluss noch eine interessante Graphik über die Schneehöhen in den korsischen Bergen: im aktuellsten Lawinenbulletin von Meteo France (Sonntag, 27.2.05) wird enthusiastisch von einem der besten Winter in den letzten 30 Jahren geschrieben, kein Wunder mit einer mittleren Schneehöhe von 120 cm auf 1500 M/M und fahrbaren Verhältnissen bis auf 900 M/M hinunter:
CONDITIONS D ENNEIGEMENT
L enneigement en Corse est excellent pour une fin février et compte parmi les cinq meilleurs des trente dernières années. En effet, en moyenne on relève 120 cm à 1500m.
La limite inférieure de l enneigement skiable se situe exceptionnellement à 900 m d altitude.


Bild

Gruss Andreas
- Editiert von Andreas -Winterthur- am 27.02.2005, 17:00 -
- Editiert von Andreas -Winterthur- am 28.02.2005, 15:39 -
“Some people are weather wise, but most are otherwise” Benjamin Franklin

miket
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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Beitrag von miket »

Hallo Andreas,

Danke für die interessante Zusammenstellung.
Im Vergleich dazu ist unser Winterwetter absolut im Rahmen der Schwankungen...
...ausser vielleicht am Dienstag morgen mit Rekord-Tiefsttemperaturen im März?!

Mike


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Alfred
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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Beitrag von Alfred »

Sali mitenand

Vielleicht haben die Windgeschwindigkeiten so doch gestimmt ;-) und ist dann stehengeblieben!

Bild

Grüsse, Alfred
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Peter,Walchwil ZG
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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Beitrag von Peter,Walchwil ZG »

Hoi Andreas,
schöne Zusammenstellung der Wetterreignisse :-) ,gem. Mittelfristkarten lässt uns der Winter in Mitteleuropa auch im März weiter seine Kälte spühren.

Die möglichen Freakwaves beim Zwischenfall mit dem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer waren auch im WZ-Forum vor ca. 2 Wochen ein Thema,leider lässt sich das im Archiv momentan nicht abrufen :-/

Grüsse Peter
Grüsse Peter

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Alfred
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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Beitrag von Alfred »

Sali mitenand

Animation von 02:15 UTC bis 05:00 UTC in 15 Minutenschritten, das Ge-
biet Menorca, Sardinien bis hinauf Genua. Man sieht auch wie der Wind
zuerst von Westen kommt, bis dann der Mistral von Norden her herein-
bläst. Es war da Windmässig schon einiges los.
Wenn die Zeit oder der Ort nicht stimmen würde, so sagt es mir bitte.

Grüsse, Alfred
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Severestorms
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Winterextreme in Europa Ende Jan/Feb 2005

Beitrag von Severestorms »

Original von Andreas -Winterthur-

Etwas off-topic zwar, aber eine Beschreibung sicher wert, war der Zwischenfall eines grossen Kreuzfahrtschiffes im westlichen Mittellmeer. Am Montag, 14.02.05 geriet die Grand Voyager auf dem Weg von Tunis nach Barcelona in einen schweren Sturm. Offenbar sorgte eine freakwave für einen Wassereinbruch auf der Brücke (...) Dazu ein interessanter Artikel mit Augenzeugenberichten (da fehlte wohl nicht mehr viel...)

„Grand Voyager“-Kreuzfahrt endet glimpflich - mehrere Verletzte
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Wieder in ruhigeren Gewässern: Das Kreuzfahrtschiff Grand Voyager ist nach dem Sturm im Hafen von Cagliari (Sardinien) eingelaufen.
Wie die italienischen Behörden am Dienstag mitteilten, wurden Teile des Schiffsinneren völlig verwüstet. Ärzte hätten 5 Leichtverletzte versorgt, etwa 20 Menschen hätten bei dem schweren Unwetter am Montag Prellungen erlitten. „Der Seegang war furchtbar. An Bord flogen alle möglichen Dinge umher: Tische, Stühle und Liegen.
Viele Passagiere holten sich blaue Flecken, einige erlitten sogar Knochenbrüche“, erzählte ein Passagier dem spanischen Rundfunk RNE.

„Der Sturm war so stark, daß er sogar Scheiben eindrückte. Als die Motoren ausfielen, bekam das Schiff Schlagseite“, berichtete er weiter. Die meisten der Passagiere waren Spanier und sollten mit Charterflugzeugen in ihre Heimat zurückkehren, teilte der spanische
Reiseveranstalter Iberojet mit.

Andere Reisende erzählten, das Schiff sei mit solcher Wucht auf die Wellen geprallt, daßzahlreiche Gegenstände aus ihren Verankerungen gerissen wurden. „In meiner Kabine flog der Fernseher durch die Luft und zerschellte in 1000 Stücke“, sagte ein älterer Spanier. „Ich spürte einen schweren Schlag, und das Schiff spielte verrückt, als wäre es von einer Ohrfeige Neptuns getroffen.“

Das in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff war am Montag auf dem Weg von Tunis nach Barcelona von einer riesigen Welle getroffen worden und erlitt Maschinenschaden. Der Brecher zerstörte auf der Brücke Glasscheiben, das Stromnetz wurde beschädigt. Französische und spanische Hilfskräfte eilten dem unter Bahamas-Flagge fahrenden Schiff zu Hilfe. Nachdem es der Mannschaft später gelang, zwei der vier Maschinen wieder in Gang zu setzen, konnte das Schiff aus eigener Kraft Kurs auf Cagliari nehmen. Bei Windstärke 11 hatten sich der Region Wellen bis 14 Meter hoch aufgetürmt.
Und so sieht das Ganze dann aus: http://www.youtube.com/watch?v=tVoMtPFtEg0 :O
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Andreas -Winterthur-
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Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Wow :(

Kann mich diesem Kommentar im youtube nur anschliessen:
This doesnt really look like a "vacation"
“Some people are weather wise, but most are otherwise” Benjamin Franklin

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