Der zuvor beschriebene Trend setzt sich fort und der 25. Zyklus liegt immer noch deutlich über der Prognose von NOAA/NASA/ISES.
Hier sind die Monatsdurchschnitte (inkl. Mai 2022) der Sonnenfleckenzahlen mit der NOAA Prognose:

Wie kam die NOAA Prognose zustande?
Die Prognose ist ein Kompromiss der von einem Gremium gebildet wird, zu dem zahlreiche Wissenschaftler ihre Modelle beitragen, die auf jeweils unterschiedlichen Methoden beruhen. Darunter gibt es auch Extrempositionen, die besonders starke oder schwache Zyklen vorhersagen.
Leider finden vor allem die Extrempositionen den Weg in die Medien, gerade ein Rekord-schwacher Zyklus im Rahmen von einem „Grand Solar Minimum“ scheint bei Gruppen die den menschengemachten Klimawandel in Frage stellen sehr beliebt zu sein.
(Der Vollständigkeit halber sei erwähnt dass die Schwankung der Sonnenaktivität in den letzten Jahrhunderten sehr wahrscheinlich keinen nennenswerten Beitrag zur Klimaveränderung geleistet haben. Auch nicht während der „kleinen Eiszeit“, wie neuere Arbeiten belegen).
Als vielversprechendes Modell möchte ich die Hypothese von Scott McIntosh et al. erwähnen.
Deren Modell hat nicht nur den 25. Zyklus bisher zutreffend vorhergesagt, sondern auch retrospektiv alle Zyklen seit dem 2. Zyklus.
Für den 25. Zyklus sagen sie mit 190 ±20 eine deutlich höhere Fleckenzahl vorher, gegenüber den 116 Sonnenflecken im Maximum des 24. Zyklus (geglätteter Mittelwert). Hier ist ein Diagramm dass deren Vorhersage mit dem tatsächlichen Verlauf zeigt, sowie der um 6 Monate vorgezogenen NOAA-Vorhersage von oben.

(Mit freundlicher Genehmigung von helio4cast)
Eine kurze Beschreibung der Methode (Das vollständige Paper aus dem Jahr 2020 gibt es hier):
Zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zyklen gibt es zwar ein definiertes Sonnenflecken-Minimum. Allerdings gibt es einen jahrelangen Übergang, währenddessen Sonnenflecken des vorhergehenden und nachfolgenden Zyklus gleichzeitig auftreten. Die Zugehörigkeit eines Flecks zum jeweiligen Zyklus lässt sich anhand dessen magnetischen Ausrichtung eindeutig bestimmen.
Einige Monate bzw. Jahre nach dem Beginn des neuen Zyklus verschwinden die Flecken des alten Zyklus komplett. Diesen Zeitpunkt nennen die Autoren „Terminator-Event“.
Im aktuellen Fall war das Fleckenminimum im Dezember 2019 und der Terminator-Event im Dezember 2021.
Aus den Abständen zwischen zwei Terminator-Events ist es den Autoren gelungen, die Intensität des darauffolgenden Zyklus mit einer verhältnismässig geringen Streuung vorherzusagen. Je kürzer der Abstand zwischen zwei Terminator-Events, desto stärker wird der darauffolgende Zyklus.
Neben der Fleckenzahl gibt noch andere Metriken um die Sonnenaktivität zu bestimmen.
Eine praktische Bedeutung hat der „10.7 cm radio flux“.
In der Mitte des letzten Jahrhunderts hat man herausgefunden dass die Sonne Funkwellen aussendet und deren Intensität bei 2800 MHz (das entspricht 10.7 cm Wellenlänge) recht gut die allgemeine Sonnenaktivität widerspiegelt. Im Vergleich zur Sonnenfleckenzahl hat das einige Vorteile. Sie lässt sich objektiv, kontinuierlich und automatisch bei jedem Wetter messen.
Auch beim radio flux zeigt sich das gleiche Bild:

Imposant zeigt sich die Sonnenaktivität bei der Temperatur in der Thermosphäre in >80 km Höhe:

(Mit freundlicher Genehmigung von spaceweather.com)
Während die Sonne im sichtbaren Spektrum über den Zyklus kaum Schwankungen in der Intensität zeigt (Sie verdunkelt sich im Maximum sogar etwas, aufgrund der Sonnenflecken), zeigt sie eine enorme Variabilität im Extrem-UV und Röntgenspektrum.
EUV- und Röntgenstrahlen dringen aber nicht tief in die Erdatmosphäre ein, sondern werden in der Ionosphäre absorbiert, was dort aufgrund der geringen Teilchendichte zu einer starken Erwärmung und Ausdehnung führt.
Ich bin sehr gespannt wie sich der 25. Zyklus weiter entwickelt. In den letzten Tagen hat die Sonne eine kleine Pause eingelegt, weshalb Zeit für einen etwas längeren Text blieb

