Die Synoptische Übersicht Mittelfrist des DWD ist dank Jens Hoffmanns unterhaltsamer Schreibweise wiedermal ein Genuss sondergleichen. Daher kopiere ich gerne den ganzen Text 1:1 hier rein:
Wetter und Klima aus einer Hand
Allgemeines zum Thema Synoptische Übersichten
S Y N O P T I S C H E   Ü B E R S I C H T   M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.05.2020 um 10.30 UTC
Sonntag/Montag von Nord nach Süd Kaltfrontdurchgang mit merklichem 
Luftmassentausch. Zuvor teils kräftige Gewitter, später Regen und Schnee, im 
Süden teils bis unten. Wieder zunehmende Nachtfrostgefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 13.05.2020
In der kommenden Woche ist es mal wieder soweit - die "Eismänner" geben sich die
Ehre. Von Montag bis Donnerstag stellt der Singularitätenkalender den Herren 
Mamertus, Pankratius, Servatius und Bonifatius jeweils eine 
24-Stunden-Akkreditierung aus, bevor am Freitag dann auch noch die gute, ach 
nee, die Kalte Sophie ihren Auftritt bekommt. Alles klar? - Klar, die 
eingefleischten Leserinnen und Leser dieses Bulletins haben natürlich sofort 
begriffen, in welche Richtung der Hase läuft. Die Eisheiligen stehen an und 
siehe da, die Natur scheint ein nicht unerhebliches Interesse aufzubringen, 
diese Singularität oder wie man auch etwas umständlich sagt, diesen 
Witterungsregelfall mit Substanz zu füllen. 
Bevor es soweit ist, steht zunächst noch das Wochenende an. So fällt der Samstag
auf den offiziellen Beginn des Mittelfristzeitraums, wo sich die Wetterlage wie 
folgt darstellt: 
Deutschland befindet sich im Bereich geringer Luftdruckgegensätze relativ warmer
und vor allem nach Süden hin feuchter und potenziell instabiler Luftmassen (T850
4 bis 10°C). Überlagert wird die Szenerie von einer nicht besonders rasanten 
westlichen Höhenströmung, die von einem sehr breiten aber flachen Rücken über 
dem Mittelmeerraum und einem sich über dem Nordmeer formierenden Trog generiert 
wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang die großräumige Verteilung des 
Luftdrucks, die eine schöne Viererdruckkonstellation aufweist. Hochs bei Islands
sowie Südosteuropa stehen Tiefs über Südwesteuropa und Skandinavien gegenüber. 
Während das nördliche Pärchen polare Kaltluft über des Europäische Nordmeer nach
Süden steuert, verfrachtet das südliche Pärchen Warm-/Heißluft nordafrikanischer
Herkunft in Richtung Norden. Der Vorhersageraum liegt zunächst noch im 
Übergangsbereich der beiden Haupt-Luftmassen, doch das soll sich ab Sonntag 
ändern.
Mitentscheidend dafür ist eine kräftige, zumindest teilweise orografisch 
induzierte Zyklogenese über Südnorwegen, aus der ein veritables Sturmtief 
erwächst, das bis Montag via Schweden hoch nach Lappland zieht (und sich dabei 
auf unter 980 hPa vertieft). Gleichzeitig wandert das o.e. Hoch mit seinem 
Zentrum (etwas über 1030 hPa) nach Irland, also Richtung Süden. 40 bis 50 hPa 
Druckunterschied lassen zwischen den beiden Gebilden einen lebhaften und 
dominanten Nord-Nordwestwind aufkommen, gegen die die südliche Strömung des 
südlichen Pärchens nicht gegenstinken kann.
Und so kommt es wie es kommen muss, noch am Sonntag greift von Norden her die 
Kaltfront des besagten Sturmtiefs auf die Republik über, um diese bis spätestens
Montagnachmittag in Richtung Alpen zu überqueren. Dabei kommt es zu einem 
spürbaren Luftmassenwechsel, bei dem die 850-hPa-Temperatur auf 0 bis -5°C 
zurückgeht. 
Dass dieser Wechsel nicht piano, sondern mindestens mal forte ma non troppo 
abläuft, lässt sich leicht erahnen, zumal der Kaltfront noch ein wohldefinierter
Höhentrog nachfolgt. So kommt es präfrontal zu teils kräftigen konvektiven 
Umlagerungen, bevor diese von frontalen Niederschlägen gekascht werden, die - 
Achtung aufgepasst - teilweise in fester Form (manche sagen auch SCHNEE dazu) 
fallen. Vor allem im Süden, wo die Kaltfront etwas ins Schleifen kommt, könnte 
es am Montag bis ganz runter schneien. Und auch in den Mittelgebirgen dürfte es 
bis in mittlere Lagen für einige Schneeflocken reichen. 
Bis Mittwoch setzt sich dann ziemlich zügig Hochdruckeinfluss durch. Der 
Höhentrog schwenkt nach Osten durch, sorgt am Dienstag im Norden aber noch für 
einige (Graupel)Schauer. Ansonsten baut sich ausgehend vom Hoch über UK/Irland 
ein kerniger Keil auf, der über die Alpen bis zum Balkan reicht und sich bis 
Wochenmitte - nicht zuletzt mit Unterstützung eines sich von Westen nähernden 
Höhenrückens - immer weiter kräftigt. Dabei steigt die Temperatur im Süden rasch
wieder an (T850 am Mittwoch, 12 UTC +2 bis +10°C), während sonst die Kaltluft 
zunächst konserviert wird. Wo und wie stark dabei Nachtfröste ausfallen (dass es
welche gibt, gilt als sicher) hängt von verschiedenen Faktoren wie Wind, 
Bewölkung etc. ab. 
Kurz noch ein Satz zur erweiterten Mittelfrist bis Samstag, in der sich von 
Südwesten kontinuierlich wärmere und feuchtere Luftmassen durchsetzen sollen, 
die einen leicht wechselhaften Wettercharakter bedingen würden.                 
          
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Im Großen und Ganzen folgt der heutige IFS-Modelllauf von 00 UTC dem Kurs seiner
jüngsten Vorläufer. Von daher steht einem veritablen Kaltfrontdurchgang am 
Sonntag/Montag nichts mehr im Wege, auch wenn die Front nach heutiger Lesart 
etwas verzögert durchgeht. Außerdem deutet sich zur Wochenmitte ein etwas 
schnellerer Übergang zu Hochdruckeinfluss an, was im Norden weniger oder sogar 
überhaupt keine Schauer zur Folge hätte.    
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
 
Die anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) spielen das 
Spielchen von IFS ohne Murren mit. Es offenbaren sich allerdings gewisse 
Unterschiede, u.a. hinsichtlich des Timings der Kaltfront oder der Geometrie des
postfrontalen Höhentrogs. So hat es z.B. ICON mit der Kaltfront und dem 
Höhentrog nicht so eilig wie IFS und GFS. Dass damit auch Diskrepanzen bei der 
Niederschlagsentwicklung auftreten, ist evident.
FAZIT: Der bevorstehende Kaltfrontdurchgang steht deterministisch auf einem 
breiten Sockel. Einige Details bleiben nichtsdestotrotz freilich noch offen.    
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen hinsichtlich der 
Kaltfrontpassage einen gutmütigen Verlauf. Lediglich in Bezug auf das Timing 
offenbart sich ein gewisser Spread, grob deutet sich aber folgender Fahrplan an:
Sonntag im Norden, Nacht zum Montag in der Mitte, Montag im Süden. Beim 
Potenzial (500 hPa) nimmt die Streuung ab Montag deutlich zu, ein Zeichen, dass 
insbesondere die Konfiguration des nachfolgenden Höhentroges noch nicht in 
festen Formen ist. Auf alle Fälle deutet sich im weiteren Verlauf der Woche 
mehrheitlich wieder Potenzialanstieg an. Bei der Temperatur (850 hPa) ist das 
nicht ganz so eindeutig. Vor allem im Norden bleibt die Mehrheit der 
Ensemblemitglieder "im Keller" (unter 0°C), während es Haupt- und Kontrolllauf 
wieder wärmer haben wollen.
Bereits bei der Clusterung für Samstag auf Sonntag (T+72...96h) spiegelt sich das 
o.e. Timingproblem wider, indem vier Cluster angeboten werden. Dabei zeigen sich
gerade beim ante portas stehenden Höhentrog kleine Unschärfen. Von Montag bis 
Mittwoch (T+120...168h) erhöht sich Anzahl der Cluster auf fünf, die aber alle dem
Klimaregime "Atlantischer Rücken" zugeordnet sind. Und wie fast nicht anders zu 
erwarten, legt der Trog in jedem Cluster eine etwas andere Maske auf. Mal bleibt
er vergleichsweise flach (CL 3, 11 Fälle), mal breitet er sich dick und fett 
über Mitteleuropa aus (CL 1 und 5, 17+KL bzw. 5 Fälle), mal tropft er nach Süden
ab (CL 4, 6 Fälle). Der Hauptlauf ist CL 2 (12 Fälle) mit einem eher 
durchschwenkenden Trog zugeordnet. Ab Donnerstag (T+192...240h) wird es vogelwild 
mit 5 Clustern, die alle möglichen Großwetterlagen zeigen und auch verschiedenen
Regimen zugeordnet werden (Blockierung, Atlantischer Rücken, Negative NAO). 
FAZIT: Kaltfrontdurchgang definitiv ja, danach uneinheitlich.     
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der bevorstehende mittelfristige Wetterabschnitt ist alles andere als 
langweilig. Der Kaltfrontdurchgang per se wurde ja nun bereits mehrfach 
gewürdigt, jetzt gilt es die Auswirkungen zu durchleuchten.
Da wären zunächst mal die präfrontalen konvektiven Prozesse am Wochenende im 
Süden und bedingt in der Mitte. Diese können in Einzelfällen kräftig ausfallen, 
auch wenn es für Details noch etwas zu früh ist. Am Samstag steht bei 
gradientschwachen Bedingungen insbesondere Starkregen auf der Agenda, während 
man am Sonntag abwarten muss, wie weit und wie stark sich die Gewitter 
organisieren können.
Zweiter Punkt betrifft das Thema "Niederschlag", wo schwache Signale der Numerik
für Dauerregen (Sonntag Südwesten/Mitte, Montag Süden) vorliegen. Auch hier kann
noch kein abschließendes Urteil gefällt werden, hängt doch vieles von der Art 
der Frontpassage ab (Schleifen ja/nein und wenn ja, ab wo) sowie der Interaktion
der Front mit dem nachfolgenden Trog. Es ist aber gar nicht mal so gering 
wahrscheinlich, dass der Regen bis in die mittleren Lagen der Mittelgebirge, im 
Süden z.T. sogar bis ganz runter in Schnee übergeht. Allerdings dürfte es in den
nördlichen, westlichen und zentralen Mittelgebirgen nicht allzu viel schneien, 
weil der Niederschlag kurz nach Eintreffen der Kaltluft aufhört. 
Darüber hinaus besteht am Wochenende eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass an 
der See sowie in exponierten Hochlagen stürmische Böen oder Sturmböen um 
Nordwest auftreten.
Abschließend noch der Hinweis, dass sich die Wetterlage ab der Nacht zum 
Dienstag wahrscheinlich rasch beruhigt, was das Thema "Nachtfrost" ins Feld 
wirft. Womit wir wieder bei den Eisheiligen wären...