Danke Fabienne wie immer für die interessante Gewitter-Vorhersage, lese ich immer gerne!
Kurz ein Hinweis zu "veering" und "backing" winds (ist glaub ich in Deinem Text vertauscht).
"Veering winds" sind (vor allem in den USA) normalerweise die Superzellenbringer. Der Wind dreht mit zunehmender Höhe im Uhrzeigersinn (gilt nur für N-Hemisphäre), es herrscht Warmluftadvektion. Laufen die Gewitterzellen erst mal los mit dem 700er-Wind (oder scheren gar nach rechts), haben sie bei diesen Verhältnissen ihren bodennahen Inflow bezüglich ihrer Verlagerung auf der rechten Seite (oder gar von vorne) und alles ist gut für permante Fütterung auf ihrer Reise. Findet zusätzlich Veering in den tiefen Luftschichten statt, ist der Inflow nicht nur auf der guten Seite, sondern in sich auch schon sehr schraubig, d.h. die Inflow-Wolkenwurst rotiert, es herrscht eine hohe Helicity des Inflows relativ zur Verlagerung des Sturms (Neudeutsch: SRH-Werte sind hoch). Das fördert die Bildung von rotierendem Aufwind und sogar Tornados. Und das Tolle: auf der rechten Seite (bezüglich Verlagerungsrichtung) der Gewitter, die durch WLA verursacht werden, liegt die Zunge mit hohem Theta-E. Bei West- oder Südwestlagen ist das im mittleren Westen der USA vereinfacht gesagt der Golf von Mexiko
"Backing winds" hingegen deuten auf Kaltluftadvektion hin, der Wind dreht mit der Höhe im Gegenuhrzeigersinn. Das wirkt verkürzend auf die Lebenszeit von Gewittern. Der eigene Outflow oder der cold pool von anderen Gewittern oder die Kaltfront selbst untergräbt den Aufwind der Zelle. Es werden zwar meist noch munter Gewitter getriggert, wenn Kaltluft unter die labile Luft reindrückt, aber sie leben nicht allzu lange. In den Schweizer Voralpen sieht es wegen der Topographie etwas besser aus. Da sind "backing winds" nicht ganz so schlecht für Gewitter, weil die dadurch erzeugte Staukomponente und Hebung des Bodenwindes an den Voralpen den negativen Effekt der Untergrabung der Zellen überkompensiert. Der Aufwind der Zellen selber leidet schon, aber wozu braucht man den, wenn die Bergflanken die Luft selber nach oben umlenken. Es bilden sich manchmal regelrechte Multizellen-Walzen mit bodennahem Nordwestwind, Gewittertürmen und drüber den Ambossen, die mit Südwestwind wieder ins Mittelland zurück wandern. Was gab es da schon für Regenmengen! Bei West-/Südwestlagen tritt dieser Effekt irgendwo bei Thun-Luzern-Rapperswil auf, bei mehr Hochdruckeinfluss und schwächeren Winden mit Deckelung eher bei Interlaken-Giswil-Glarus, weil es, wie im Text von Fabienne erwähnt, dann noch mehr Berge braucht zum Durchbrechen des stabilen Deckels.
Edit: Ich muss noch etwas erwähnen, damit beim Lesen der nächsten Unwetterprognose beim SPC nicht Verwirrung aufkommt: "veering", aber vor allem "backing" wird manchmal auch in der zeitlichen Entwicklung der Windrichtung verwendet. "Backing surface wind" - zeitlich gesehen - also zB. das Drehen des Bodenwindes von Süd nach Südost mit Laufe des Nachmittags führt zu einer Verstärkung des "Veerings" vor Ort (räumlich gesehen, mit zunehmender Höhe). Das führt auch in den Blogs der Sturmjäger manchmal zu Verwirrung, googelt mal
Gruss
Markus