wie vielleicht schon einige aus der Wetterzentrale mitbekommen haben, gab es heute um die Mittagszeit herum eine eindeutige Funnelsichtung in der Nähe von Ehingen / südliche Schwäbische Alb, 25km sw. von Ulm gelegen.
Als ich gegen 12:05 Uhr das Haus verlasse, steht über dem Hochsträss - ist ne vorgelagerte Hügelkette der Schwäbischen Alb - eine deutlich ausgeprägte, aber eher kleine Schauerzelle. Die Basis ist sehr dunkel und äusserst deutlich strukturiert, mit einer im Aufwindbereich nach oben gerichteten Delle. Niederschlag hat die Zelle bis dahin nicht produziert. Ich enschloss, mich der Zelle von Südwesten her zu nähern und suchte mir einen geeigneten Standort mit freier Sicht in Richtung Konvektionsereignis. Um 12:15 Uhr dort angekommen, hat die Zelle im nordöstlichen Teil mit Niederschlagausladung begonnen, während der Aufwindbereich der Zelle noch immer eine deutlich strukturierte Basis aufwies, diese allerdings began sich langsam abzusenken. Sie deformierte sich dabei.
Zur Vorgeschichte des Tages:
Nach sehr dichtem Frühnebel, der sich gegen 7 Uhr auflöst, schien zunächst die Sonne. Nach anfänglichen Taupunkten um 9 Grad und Lufttemperaturen von 10 Grad um 7 Uhr, stiegen beide Parameter kontinuierlich auf 13.0°C TP und 19.7°C Lufttemperatur; um 11 Uhr. Ab 9:30 setzte zunächst über der Alb vereinzelte, später verbreitete Cumulus-Entwicklung ein. Diese war zunächst recht flach und wenig markant ausgeprägt. Mit Erreichen des Durchheizpunktes wurden aus Cu hum und Cu med, TCU, welche sich alle recht verhalten recht konstant über der Alb hielten, ohne Tendenz zur Überentwicklung zu zeigen. Die Windsituation in der Höhe war wenig einsichtig. Da die Tops der Cu-Bewölkung zunächst die Inversion nicht erreichten, konnten die Höhenwinde nicht brauchbar ausgewertet werden. Die Bodenwinde kamen anfangs schwach aus nordöstlicher Richtung, die durch einsetzende Lokalkonvektion (Thermik) überlagert wurde. In Schichten oberhalb der Bodenschicht dürfte diese schwache nordöstliche Strömung beibehalten worden sein, da sich die Cu-Bewölkung etwas von den Albhöhen nach Südwesten absetzte.
Die Schauerentwicklung war von wenig Dynamik geprägt. Zwar zeigte die Zelle bis zur Hauptereignisbeobachtung immer wieder Schwächephasen, doch immer wieder wurde in nur wenigen Minuten andauerndem Impuls, neue Energie im Aufwindbereich freigesetzt. Die Zelle hatte nun um 12:15 Uhr mit weiterer Niederschlagsausladung im Nordostteil und Einbezug von feuchter bodennaher Niederschlagsluft eine weiteres High erfahren. Die Basis der Zelle sank bis einige hundert Meter über Grund, verlor deutlich an Kontur. Die Folge war deutlich sichtbarer Fractus, an dessen Dynamik Lage und Zustand des Aufwindes festgestellt werden konnte. Am Südwestteil der Zelle bildete sich ein wartenförmiger Fractus herab, der für wenige Sekunden nicht sonderlich spektakulär anmutete. Dies änderte sich aber rasch. Aus diesem Fractus wuchs eine Funnel heraus, die sehr scharf zur Umgebung abgegrenzt war. Ich versuchte sehr hastig den Standort zu verlegen und dank guter Kenntnis des Flurwegeplanes, kam ich rasch noch näher heran. Die Funnel war nun fast zu einem Tornado gereift! Sie reichte etwa bis zu Hälfte des Horizonts herab und war äusserst gut ausgebildet. Die Dicke des sauber auskondensierten Wirbelkanals kann ich nur schätzen. Etwa 30m bis allerhöchstens 50m Durchmesser hatte die Funnel und die Rotation war zunächst aufgrund des engen Kanals nicht deutlich sichtbar. Nach Überschreiten des Höhepunktes, verwirbelte die Funnel-Cloud, nahm an Breite westentlich zu und nun war eindeutig sehr heftige Rotation zu erkennen. Mit Auflösung dieser Hauptfunnel, entwickelte sich etwa 300-500m in östlicher Richtung, wiederum an der Südwestflanke der Zelle, eine Schwesterfunnel, die wesentlich weniger gut ausgeprägt war. Sichtbarer Bodenkontakt konnte bei beiden Funnels nicht ausgemacht werden! Zur besten Beobachtungszeit hatte ich zwei Funnels vor Augen, mit ähnlich breitem Wirbelkanal und selber Reichweite gen Erdboden. Ein Hororszenario!!! Solche massiv ausgeprägten Funnel-Clouds hatte ich bisher nicht gesehen. Entladungen konnten die ganze Zeit über nicht ausgemacht werden, so dass es sich hierbei um Schauer-Funnels handelt.
Mit einsetzendem Niederschlag und Umkippen der Aufwindsituation wurden beide Funnels rasch zerstört. Nachdem die beiden Funnels etwa die Hälfte des Weges zum Erdboden auskondensiert waren, darf man davon ausgehen, dass der Wirbelbereich auch den Boden erfasst hast (Dank an Steffen Stöckler für die Info). Die Lokalität der beiden Funnels ist recht sicher wieder aufzufinden, so dass ich nach Beendigung des gerade einsetzenden Niederschlags auf Spurensuche gehen werde.
Nun versuche ich noch die beiden Beweisfotos anzuhängen. Ich hoffe es klappt. Wenn die Zeit es erlaubt, wird in Kürze ein Folgebericht erstellt.

Die Hauptfunnel. Zur besten Zeit war sie halb so dick und gut ein Drittel länger, dabei
deutlich in der Luft geschlängelt.

Dies ist die Schwester-Funnel, die der Hauptfunnel folgte.
Liebe Grüsse
Stefan 'Cumulonimbus' Hörmann
PS: Sorry dass ich hier so reinplatze, aber dies ist das letzte Wetterforum in dem ich noch registriert bin.
- Editiert von Stefan Hörmann am 06.06.2004, 19:50 -
- Editiert von Stefan Hörmann am 06.06.2004, 19:51 -
