Nachdem im Thread von @Christian https://www.sturmforum.ch/viewtopic.php?f=2&t=7910 bereits über die zu erwartenden hohen Niederschlagssummen der kommenden Tage auf der Alpensüdseite diskutiert wird, sollten wir den Fokus auch auf die ausgeprägte Föhnlage richten, die parallel dazu auf der Alpennordseite auftreten wird. Beide Ereignisse sind im Prinzip an die selbe Wetterlage geknüpft, nur eben mit unterschiedlichen Auswirkungen je nach Region; Alpen-Mikroklima in seiner vollendeten Form!
In den typischen Föhntälern (v.a. Reusstal, Haslital) dürfte der warme Fallwind im Verlauf des heutigen Nachmittages/Abends einsetzen. Und er wird sich wohl erst auf Sonntag wieder verabschieden. Das markante an dieser Föhnlage ist also nicht unbedingt die Stärke (es gab schon weitaus heftigere Setups), sondern eher die Dauer. Mancherorts wird der Föhn den Bewohnern während 4 Tagen nonstop um die Ohren sausen und das hat dann schon etwas für sich, wie ich finde...
Wie kommt es nun dazu? Verantwortlich für diese Föhnphase ist zunächst mal die Tatsache, dass die Grosswetterlage über Europa weitgehend blockiert ist. Weite Teilen von Mittel-Ost und Nordeuropa liegen unter dem Einfluss eines mächtigen Höhenkeils, der eine omegaähnliche Struktur aufweist. Vom Atlantik her nähert sich im Verlauf des heutigen Tages (Mittwoch) nun ein breiter, weit nach Süden ausgreifender Langwellentrog. Am Mittwochabend sinkt der Druck im Bereich des Bodentiefkerns auf unter 970 hpa, während einige hundert Kilometer weiter östlich über der Ukraine im Kern des Keils der Druck am Boden auf über 1025 hpa steigt.
Einfach formuliert haben wir es also mit zwei „Big Players“ zu tun, die in den kommenden Stunden und Tagen gegeneinander antreten und sich aufreiben werden. Die Beständigkeit und Mächtigkeit des Höhenkeils sorgt dabei dafür, dass sich der Trog im Westen nur extrem langsam Richtung Kontinent vorschiebt, ja teilweise sogar fast stationär verharrt. Auf der Vorderseite des Troges werden feuchtlabile Luftmassen advehiert, gleichzeitig wabert die an das System gekoppelte Kaltfront während Tagen quälend langsam zwischen Frankreich und dem westlichen Mittelmeerraum herum.
Auf Samstag tropft der Trog dann in den westlichen Mittelmeerraum ab, was die Unwettersituation dort zusätzlich verschärft. Siehe dazu den Thread von @Christian.
Der „Kampf“ Trog gegen Keil von Mittwoch bis Samstag. Ich finde die grossräumige Karte ist in diesem Zusammenhang eindrücklicher als die kleinräumige:




Bezogen auf die Alpennordseite bedeutet dies einen permanenten Südüberdruck von Mittwochabend bis voraussichtlich Sonntagmittag. Seinen Höhepunkt wird der Föhnsturm in den Alpentälern in der Nacht von Donnerstag auf Freitag erreichen. Die Modelle berechnen dann einen Druckunterschied von über 12 hpa zwischen Zürich und Lugano. Der Erfahrung nach dürfte dieser Unterschied wohl in der Realität schliesslich noch ein, zwei hpa höher sein. Dazu das Föhndiagramm von Meteocentrale sowie die Bodendruckkarte von ECMWF des Alpenraumes.


Erst auf Sonntag sinkt der Druck auf der Alpensüdseite mit dem Herannahen des Höhentroges soweit, dass der Föhn sich aus den Alpentälern zurückziehen wird.

Fazit: Eine interessante Föhnlage, die vor allem deshalb markant ist, weil sie während voraussichtlich 4 Tagen anhalten wird. Aus heutiger Sicht gibt es zudem zwei Föhnpeaks: Den markanten Peak in der Nacht auf Freitag, der dem herannahen des breiten atlantischen Troges geschuldet ist und einen zweiten, schwächeren Peak am Samstag bei der Ostverlagerung, resp. Auffüllung des in den Mittelmeerraum abgetropften Rest-Höhentroges. Vielleicht können die Profis zu diesen beiden Phasen noch etwas fundierter Auskunft geben. Wie @Alfred https://www.sturmforum.ch/viewtopic.php ... 71#p142071 es schon erwähnte sind es im Prinzip nämlich zwei verschiedene paar Schuhe, von denen wir hier reden, die aber dennoch zusammen gehören: Einmal kommt die Föhnluft aus Südwesten, dann eher aus Südosten.


 
 



 
 



