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Blitzforschung: Blitzhelligkeit

Grundlagen und Expertenwissen.
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Mathias Uster
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Blitzforschung: Blitzhelligkeit

Beitrag von Mathias Uster »

Hallo zusammen

Seit Kindheit beobachte ich, dass in südlicheren Gegenden (Tessin, Mittelmeergebiet) bei Blitzentladungen die Helligkeit intensiver sowie die Farbe weisser (anstatt ins Rötliche gehend) ist. Zudem scheint die ganze Bewegung des Blitzkanals schneller vonstatten zu gehen. Der naheliegenste Gedanke ist , dass die Entladung irgendwie energiereicher sein müsste... Ist das Phänomen bekannt? Online bekam ich noch keine direkte Erklärung dazu. Kann mir da jemand von den Profis vielleicht eine geben?

Besten Dank und Gruss
Mathias
Zuletzt geändert von Severestorms am Mo 4. Jun 2012, 11:35, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Titel angepasst (ursprünglicher Titel war "Frage zur Blitzhelligkeit")

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Dani (Niederurnen)
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von Dani (Niederurnen) »

Hallo Matthias,

Kannst du das noch einordnen ob es zu den jeweiligen Gewittern starken Regen gab oder eher nicht? Ein entsprechend dichter Regenvorhang kann eine Abschattung der Blitze bewirken was dann in einer geringeren Helligkeit resultieren würde.

Gruss Dani
Neu nicht mehr in der Nebelsuppe von Uster sondern in im sonnigen Glarnerland


Mathias Uster
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von Mathias Uster »

Hallo Dani

Diese Beobachtungen machte ich immer bei relativ fernen Gewittern ohne Regenvorhang. Du denkst also, es hat nichts mit dem Blitz selber zu tun, sondern nur mit dessen optischer Erscheinung? Gibt es denn überhaupt Unterschiede bei der Stärke der Lichtemission und dem Farbspektrum von Blitzen? Falls ausser mir noch niemand solche Beobachtungen machte, muss ich wohl an meiner Beobachtungsgabe zweifeln :-?

Auf jedenfall Danke für jeden weiteren Hinweis und beste Grüsse aus Uster
Mathias

guido
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von guido »

Hallo

Aus dem Bauch heraus und ohne Anspruch auf Richtigkeit: Das könnte möglicherweise mit der geringeren Meereshöhe südlich der Alpen zusammenhängen. Eine dichtere Luftmasse ist durch die Stossionisation tendenziell schwieriger zu durchdringen, so dass für eine Entladung eine grössere Potentialdifferenz aufgebaut werden muss.
Der Prozess der Entladung wird im Detail leider noch immer nicht so ganz verstanden, daher dürfte es bei der Suche nach entsprechender Literatur schwierig werden.

gruss guido

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crosley
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von crosley »

Hoi Mathias

Ich kann Dir leider keine Antwort geben, nur was ich in den letzten Jahren beobachtet habe.

Zu den Farben:

Entfernung gross und viel Regen : rötlich-braune Färbung
Entfernung gross und wenig Regen: rosa-violett-blau Färbung

Entfernung klein und viel Regen: blau-weissliche Färbung
Entfernung klein und wenig Regen: blaue Färbung

Selbstverständlich ist das nicht klar abgegrenzt und die Übergänge sind fliesend. Hinzukommt, das dies auch anhand der Lichtstärke des Blitzes wieder variieren kann.

Zu der Helligkeit:
Das Variiert stärker, als ich früher gedacht habe (früher nur mit den Augen beobachtet). Aber gerade die wechselnde Helligkeit (stärke) des Blitzes, ist auch eine der "Hürden" bei der Blitzfotografie. Erst auf den Photos sieht man wie oft die Helligkeit (stärke) bei gleicher Einstellung der Kamera und etwa gleicher Entfernung des Blitzschlages doch variieren kann.

Den Unterschied von der CH zum Mittelmeerraum, bzw. ob diese Blitze dort tendenziell stärker (energiereicher) sind, kann ich nicht sagen (selber noch nicht viel erlebt im Mittelmeerraum).

Ich denke es spielt alles etwas Zusammen. Optische Einflüsse in der Erscheinung wie Regen, Hagel, Dunst, oder eben klare Verhältnisse und natürlich die Helligkeit (stärke) des Blitzes.

Grüsse Crosley

Mathias Uster
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von Mathias Uster »

Vielen Dank allerseits! Offenbar gibt es in der Blitzforschung noch einige ungeklärte Phänomene. Bin auch weiterhin sehr gespannt auf weitere Beobachtungen und mögliche Theorien zu dem Thema, man ist ja mit diesem ausgefallenen Hobby sonst recht allein...
Gruss Mathias

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Cyrill
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von Cyrill »

Mathias Uster hat geschrieben:Vielen Dank allerseits! Offenbar gibt es in der Blitzforschung noch einige ungeklärte Phänomene. Gruss Mathias
Hoi Matthias
Im Zusammenhang mit Blitzentladungen gibt es noch viele Rätsel (z.B. "blue jets" usw.).
Die Frage nach der unterschiedlichen Blitzhelligkeit habe ich mir auch schon gestellt; sowie die Frage nach der differierenden sog. Farbtemperatur, welche man von Auge kaum sieht, da unser Hirn einen automatischen Weissabgleich macht.... (ausser man ist frisch verliebt und sieht alles rosa :lol: ). Nein, Spass beiseite. Die Überlegung von Guido ("Das könnte möglicherweise mit der geringeren Meereshöhe.. zusammenhängen.") ist gar nicht so abwägig.

Grundsätzlich sind folgende Überlegungen meiner Meinung nach zu berücksichtigen:

1.) Unser Auge, d.h. die Rezeptoren in/unter der Netzhaut liefern in der Frequenz von 50 Hz Impulse an unser Hirn (soweit ich mich an mein Schulwissen noch erinnern kann). In der Negativamplitude sehen wir für einen Moment nichts (weshalb z.B. bei der SBB Signale zu flackern scheinen, ca. 32 Hz., und 100 Hz.-Fernseher ein "ruhigeres" Bild aufweisen). Eine Blitzentladung spielt sich in der Zeit von 1/100 Sekunde ab. Rein theoretisch kann siie unsichtbar, oder nur schwach sichtbar sein, weil sie in die negative Amplitude fällt. Beim Blitzvideo schneiden (50 Halbbilder /Sek. = PAL) fiel mir auf, dass manche Blitze schwach leuchtend und noch knapp auf enem einzigen halbbild zu sehen sind. Mehrfachentladungen im selben Blitzkanal dauern bis zu 1,6 Sek., das sind rd. 80 Halbbilder. Ich habe schon 7-fache erlebt. Zudem gibt es Blitze (wie z.B. der Perlschnurblitz), die vermutlich durch Entladungsverzögerung eigenartig "nachglühen". Dies kann bis 2 Sek. lang dauern.
So kann man sagen: je länger die Entladung dauert, bzw. je mehr aufeinanderfolgende Entladung des selben Blitzes stattfinden, desto heller ist der optische Eindruck.

2.) Die Pupille des Auges braucht bei Lichteinwirkung eine gewisse Zeit, bis sie sich schliesst. Deshalb haben in der Nacht draussen beim Grillfest fast alle Bekannten rote Augen, die man mit Blitz fotografiert, im mit Licht gefluteten Raum dagegen weniger bis keine. Die ganz offene Pupille braucht länger zum Schliessen, als eine halb offene.
Auf einer gut beleuchteten Strasse nachts, blendet einem ein entgegenkommendes Fahrzeug weniger, als auf einer unbeleuchteten Landstrasse. Der subjektive Eindruck eines hellen Blitzes ist unter einer beleuchteten Tankstelle beispielsweise anders, als aus dem Fenster der abgelegenen Berghütte.
So kann man sagen: Je weniger Fremdlichteinwirkung auf das Auge, desto heller scheint der Blitz.

3.) Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen positiven und negativen Blitzentladungen und der äussert sich u.a. in der Stromstärke. Mit rd. 250'000 ampère sind positive Blitze bis zu 10 mal energiereicher, als ein negativer, was sich auch durch lauteren Donner manifestiert. Positive Blitze scheinen greller.
So kann man sagen: Je grösser die Stromstärke eines Blitzes, desto heller ist er.

4.) Nun kommt die Lichtstärke ins Spiel, die mit Lux (1 Kerze = 1 Lux, 3 Kerzen = 3 Lux) gemessen werden kann. Ist ein Blitz länger oder mehr verästelt, als sein Vorgängerblitz (aus der selben Distanz) ist er um den entsprechenden Anteil heller. Je näher ein Blitz ist, desto grüsser ist die Abdeckung des Gesichtsfeldes usw. Besteht eine Diffusion durch Luftfeuchtigkeit, Niederschlag o.ä. nimmt die Lichtintensität ab.
So kann man sagen: die Distanz zu einer Entladung und deren Ausbreitung (z.B. Länge) entscheidet über die Helligkeit.

Einige andere Faktoren könnten hier sicher auch noch aufgelistet werden, wie z.B. die rein subjektive Empfindung, weil wir etwas unbewusst in Relation zu etwas anderem stellen. Oder weil wir z.B. wg. Zahnschmerzen ein Medikament genommen haben, welches relaxierend wirkt und die Pupille verzögert schliesst (z.B. schliesst sie bei gewissen Drogen sehr schleppend oder gar nicht, weshalb der Konsument Licheffekte als besonders eindrücklich erlebt). Diese Faktoren sind aber nicht objektivierbar.

Die Frage finde ich dennoch sehr interessant. Z.B. erlebte ich nach einem Chasing am 10.06.2008 zwei eindrückliche (positive) Megaentladungen in Winterthur. leider hatte ich den zweiten nicht aufgenommen (Deckel auf der Linse :-X ), doch der Ton wurde mitgeschnitten. Man hört mehrere Menschen auf der Strasse "Ohhh" rufen (also muss in direkter Sicht der Blitz sehr eindrücklich gewesen sein), was der brutale Donner, der meinen Schreibtisch erzittern liess, zu dokumentieren scheint:
http://www.myvideo.ch/watch/4412655

So ähnlich filmte ich kürzlich südlich von Strassburg ein Gewitter, welches sich allmählich entfernte, die Blitzintensität und -frequenz abnahm, bis diese quasi ganz versiegte. Fast identisch zum obigen Fall vom 10.06.08 glaubte ich, das Gewitter sei vorüber, packte die Sachen zusammen und nach mehr als 5 Minuten Unterbruch wurde es plötzlich taghell. Ich schaute sogar in die Gegenrichtung (!) und wurde vom Wiederschein des Blitzes geblendet, sah auf dem Feld und bei der naheliegenden Siedlung sämtliche Farben :shock:, wie ich es nur von Naheinschlägen kenne. Doch der Donner, mehr ein extrem lauter Knall, kam erst nach 25 Sek.. D.h. der Blitz war mind. 8 km von mir entfernt!
Nach Berücksichtigung von allen oben aufgeführten Aspekten, muss ich sagen, dass ich hierfür auch keine Erklärung habe. Vermutlich war es einer dieser (von einem Athmosphärenphysiker beschriebenen) Megablitzen mit mehr als 300'000 Ampere.

Gruss Cyril
Zuletzt geändert von Cyrill am Fr 9. Jul 2010, 21:30, insgesamt 1-mal geändert.


Tiefflieger
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von Tiefflieger »

Hallo Cyrill,

Vielen Dank für deine ausführlichen Ausführungen. Ich habe nur ein paar kleinere Korrekturen zu deinem ersten Punkt (Mein Schulwissen ergänzt deines... ;) ):

Die Bahnstrom Frequenz beträgt (laut Wikipedia) 16.7 Hz.
Die Frequenz der Augen liegt bei etwa 22-25 Hz. Der Fachbegriff dafür heisst: "Flimmerverschmelzungsfrequenz" und ist bei Wikipedia genauer beschrieben. Die genaue Frequenz ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig wie Helligkeit, Alter usw. Das würde einerseits gut zu deiner Erklärung der verschiedenen Blitz-Wahrnehmungsarten sprechen. Andererseits ist unser Auge keine "Maschine" mit einer bestimmten "Verschlusszeit" - es ist vielmehr so dass unsere Augen Frequenzen von über 25 Hz nicht mehr als getrennte Bilder wahrzunehmen vermag. Deine Argumentation mit der negativen Amplitude (oder Halbbildern) trifft wohl auf eine Videokamera zu, greift aber beim Auge nicht, da hier nur die eingestrahlte Energie zählt. Unser Auge kann sehr wohl auch Blitze die kürzer als 1/10'000 Sekunde sind wahrnehmen.

Deinen anderen Erklärungen kann ich 100% zustimmen.

Willi ...

Mathias Uster
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von Mathias Uster »

Hallo Cyrill

Super, ein verspätetes Danke für deine ausführlichen Thesen und Beobachtungen! Du scheinst da sehr tief in die Materie vorgedrungen zu sein. Sehr einleuchtende und neue Idee ist für mich 1) mit den Mehrfachblitzen im gleichen Blitzkanal. Videoaufnahmen geben dazu natürlich sehr wichtige Hinweise.
Geil, diese herrlichen Kracher auf deinem Video. Diese kommen mir sehr bekannt vor und damit kämen wohl noch die akustischen "Beobachtungen" und Fragen ;) Mir scheint es, das Luftblitze ein diffuses Grollen, Erdblitze aber diese brutalen Kracher verursachen. Aber wie kommt ein Donner nach 8.5 km Schallweg als Knall an, da müsste es doch Reflektionen geben? Tja...und die Frage mit dem Farbspektrum bleibt vorerst auch noch offen...

@Tiefflieger
Danke für die Ergänzung! Wenn ich das richtig verstehe, kann das Auge periodische Signale mit T<40ms nicht mehr getrennt wahrnehmen, schon aber einmalige und auch sehr kurze Impulse bis T<0,1ms.

Ich wünsche ein blitzreiches Sommerende
Gruss Mathias

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c2j2
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Re: Frage zu Blitzhelligkeit

Beitrag von c2j2 »

Wenn ich das richtig verstehe, kann das Auge periodische Signale mit T<40ms nicht mehr getrennt wahrnehmen, schon aber einmalige und auch sehr kurze Impulse bis T<0,1ms.
Jepp, das ist aber kein Widerspruch, da das eine mit dem anderen nichts zu tun hat.

Die Wahrnehmbarkeitsschwelle des Auges hat nur mit der Anzahl Photonen zu tun - die Stäbchen können schon einzelne Photonen sehen, d.h. bezüglich der Wahrnehmbarkeitsschwelle gibt es keine Zeitabhängigkeit: http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4bchen_%28Auge%29.

Die "Verarbeitungsgeschwindigkeit" ist chemisch bzw. biologisch bedingt (Verarbeitung im Gehirn): http://de.wikipedia.org/wiki/Bildfrequenz

Christian
Wieso Hagelraketen und andere Unwetter-Schadensverminderer... man kann auch mich buchen. Wo ich bin, sind keine Unwetter :roll:

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