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Erdbeben verwüstet Chile – Tsunami-Alarm ausgerufen
Aktualisiert um 16:19 Uhr
Ein Beben der aussergewöhnlichen Stärke 8,8 hat am Morgen Chile erschüttert. Das Land hat den Katastrophenzustand ausgerufen. Mehrere Staaten entlang des Pazifiks warnen vor einer Flutwelle.
topelement Rettungskräfte im Einsatz im Erdbebengebiet. Ein alte Frau wurde verletzt geborgen (Quelle: Reuters) Mehr Bilder (24)
Das schwerste Erdbeben in Chile seit einem halben Jahrhundert hat am Samstag mindestens 78 Menschen das Leben gekostet und grosse Schäden an Gebäuden und Infrastruktur angerichtet. Präsidentin Michelle Bachelet rief für die Regionen um das Epizentrum des Bebens der Stärke 8,8 in der Landesmitte den Katastrophenzustand aus. Es sei damit zu rechnen, dass sich die Zahl der Opfer noch erhöhen werde, sagte sie. Besonders betroffen war die Grossstadt Concepción. Überdies wurde eine Tsunami-Warnung für den Westen Südamerikas und weite Gebiete des pazifischen Raums herausgegeben.
Das Zentrum des Bebens lag 115 Kilometer von der zweitgrössten Stadt Concepción entfernt, in der mehr als 200'000 Menschen leben. Das Fernsehen zeigte Bilder von eingestürzten Wohnhäusern und Verletzten, die auf der Strasse oder auf Tragen lagen. Ein grosses Gebäude stand in Flammen. Den Berichten zufolge wurden viele Strassen zerstört, die Strom- und Wasserversorgung war unterbrochen. In der Küstenstadt Santo Domingo im Raum Valparaiso stürzten nach Angaben eines Einwohners 40 Gebäude ein, über Todesopfer war zunächst nichts bekannt.
Innenminister Edmundo Perez Yoma sprach von einem verheerenden Erdbeben. Auf den zu Chile gehörenden Robinson-Crusoe-Inseln sei eine riesige Welle an Land geschwappt, erklärte Präsidentin Bachelet. Berichte über grössere Schäden auf den Inseln liegen aber noch nicht vor.
Erdstösse mitten in den Nacht
Das Beben ereignete sich um 03.34 Uhr Ortszeit (07.34 Uhr MEZ) rund 320 Kilometer südwestlich von Santiago in einer Tiefe von knapp 35 Kilometern. In der Hauptstadt schwankten für eineinhalb Minuten Gebäude, einige stürzten ein, darunter der Glockenturm einer Kirche. In einigen Vierteln fiel der Strom aus. Telefonverbindungen im gesamten Land waren unterbrochen. Mehrere Krankenhäuser wurden laut Bachelet wegen Erdbebenschäden evakuiert. Auf den gewaltigen Erdstoss folgten zahlreiche Nachbeben, von denen 21 die Stärke 5,0 oder mehr hatten, wie die US-Erdbebenwarte mitteilte. Eines der Nachbeben erreichte sogar die Stärke 6,9.
Flughafen von Santiago geschlossen
Viele Gebiete waren noch von der Aussenwelt abgeschnitten. Das chilenische Fernsehen zeigte aus Santiago Bilder zerstörter Häuser, beschädigter Autos und von Trümmern übersäter Strassen. Dutzende Menschen irrten durch die Strassen. Das zweigeschossige Parkhaus eines Mietshauses fiel in sich zusammen und begrub etwa 50 Autos unter sich. Am Rand von Santiago stürzte eine Brücke ein. Der Flughafen von Santiago wurde geschlossen. Das Passagierterminal sei bei dem Beben schwer beschädigt worden, sagte Flughafendirektor Eduardo del Canto im Fernsehen.
Der Erdstoss war nach Behördenangaben entlang des Gebirgszugs der Kordilleren auch in Argentinien zu spüren. In der Hauptstadt Buenos Aires und in Córdoba schwankten Gebäude. Schäden oder Verletzte habe es aber nicht gegeben, sagte ein Sprecher der Stadtregierung von Buenos Aires.
Tsunami-Warnung in mehreren Staaten
Präsidentin Bachelet hat den Katastrophenzustand ausgerufen. Überdies wurde eine Tsunami-Warnung für den Westen Südamerikas, Hawaii, Australien, Neuseeland, Japan, die Philippinen und Russland herausgegeben. CNN-Reporter hatte zuvor berichtet, eine 1,30 Meter hohe Flutwelle rolle über dem Pazifik an. Die Information konnte nicht bestätigt werden.
Australien meldete, ein möglicher Tsunami würde das Land am Sonntagmorgen um 8.15 Uhr Ortszeit(Samstag 22.15 Uhr MEZ) erreichen. Auf Hawaii wurde nach neusten Angaben die erste Welle um 11.19 Uhr Ortszeit (22.19 Uhr MEZ) erwartet. Nach einem CNN-Bericht sollten gefährdete Gebiete dort ab 6.00 Uhr morgens evakuiert werden. Beide Behörden erwarten vorerst keine hoch zerstörerische Fluten.
Schiffe unterwegs zu Insel
Die durch das Erdbeben ausgelöste Flutwelle suchte bereits die 700 Kilometer von der chilenischen Pazifikküste gelegene Robinson- Crusoe-Insel heim. Staatspräsidentin Michelle Bachelet kündigte sofortige Hilfe für die betroffenen 600 Einwohner an.
Zwei Schiffe, zwei Helikopter und ein Flugzeug seien bereits unterwegs, erklärte Bachelet. Bachelet teilte ferner mit, dass die Marine mit der vorsorglichen Evakuierung der ebenfalls zu Chile geghörenden Osterinsel begonnen habe, die rund 3000 Kilometer vom Festland entfernt ist.
Zweite Katastrophe seit Jahresbeginn
Das verheerende Erdbeben Mitte Januar in Haiti hatte eine Stärke von 7 auf der Richterskala. «Alleine die Nachbeben in Chile sind fast so stark wie das Beben in Haiti», sagte eine Reporterin von CNN. Der Erdbebendienst bezifferte sie mit bis zu 6,9. Die stabiler gebauten Gebäude in Chile hielten der Erschütterung jedoch stärker stand. «Wenn du mitten in einem Acker stehst, passiert dir auch bei einem Beben der Stärke 8 nichts», sagte der Meteorologe des amerikanischen Senders, «das Problem ist, wenn du im Innern von Gebäuden bist.»
Erinnerungen an den Mai 1960
Das stärkste jemals registrierte Beben wurde am 22. Mai 1960 in derselben Region gemessen. Bei dem Erdstoss der Stärke 9,5 kamen damals 1655 Menschen ums Leben, zwei Millionen wurden obdachlos. Der davon ausgelöste Tsunami tötete Menschen in Hawaii, Japan und auf den Philippinen; an der Westküste der USA richtete er Schäden an.
(oku/sda/ddp)
Erstellt: 27.02.2010, 09:09 Uhr Tages Anzeiger
http://www.tagesanzeiger.ch/mobile/pano ... index.html
Erdbeben-Stärke 8,8
Nur durchschnittlich einmal im Jahr erschüttert ein Beben der Stärke 8 und mehr die Erde.
Auf der Mess-Skala bedeutet jeder Punkt etwa eine Verzehnfachung der Bebenstärke. Ein Erdbeben der Magnitude 8,0 ist also zehnmal so stark wie eines der Magnitude 7,0.
Weltweit treten jährlich etwa 50'000 Beben der Stärke 3 bis 4, 800 der Stärken 5 oder 6 und ein Grossbeben der Stärke 8 auf. Das stärkste auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile.
Grüsse
Urbi