Hallo
Hier noch mein ausführlicher Bericht zum vorläufigen Saisonabschluss vom vergangenen Mittwoch-Donnerstag (2./3.9.09). Vornweg: für mich war es sicher die spannendste Gewitternacht und dies just zum Ende einer sehr gewitterreichen Saison.
Mit Glück gelang mir ein Foto eines 129 kA Blitzes, der im Dreieck Winterthur Töss-Dättnau-Neuburg eingeschlagen hatte. Mit 129 kA erreichte dieser positive Wolken-Erdblitz nur knapp nicht das Kriterium des Superblitz (Stromstärken von 150 bis 300 kA). Noch stärkere Blitze werden übrigens Megablitze oder positive Giganten (Stromstärken bis 500 kA!) genannt. (Aus B. Klose: "Meteorologie)
Nach den heftigen Gewittern am frühen Abend in der Region Glarus (70 Knoten Böenspitze), Walensee (Quinten 60 Kt.) sowie Rheintal/Lichtenstein, beruhigte sich die Lage sehr schnell und entgegen den Modellprognosen war anfangs Nacht kaum mehr Aktivität vorhanden. Daher doch erstaunlich, dass sich in der Region Bern (just zu Beginn des Coldplay openairs im Stade de Suisse) urplötzlich Gewitterzellen bildeten und in der Folge nordostwärts weiterzogen. Ich erwartete die Zellen auf dem Beobachtungsturm von MeteoSchweiz auf dem Zürichberg nach meinem Spätdienst. Allerdings zerfielen die Zellen noch hinter dem Albis und ausser schwachen Schauern blieb nicht mehr viel übrig. Immerhin ergab sich im hellen Mondlicht und in der klaren Luft eine schöne Nachtstimmung über Zürich:
Zürich by night
Auffallend waren, auch nach diesen zerfallenden Zellen, die weiterhin gut strukturierten Cu's. Die nächtliche Wolkenstimmung erinnerte mich eigentlich eher an labile Mittelmeernächte im Herbst. Bei meiner Heimfahrt bei Effretikon ebenfalls ein satt strukturierter "Blumenkohl-Cu", "das kann es einfach noch nicht gewesen sein" dachte ich mir, hielt kurz vor der Haustüre auf einem Parkplatz an und checkte das Handy nochmals. Und siehe da: Eine weitere Linie war vom Jura her in flottem Tempo im Anzug (siehe Radarloop 1 von Chrigi); zudem meldete Crosley aus dem Aargau schon Wetterleuchten. Ab auf den Hausberg, Kamera aufstellen und schon war das erste entfernte Flackern erkennbar. Bei weiterer Annäherung der Linie bog der blitzaktive nördliche Teil dann vor Winterthur allerdings gegen Norden Richtung Zurzach und den SH-Zipfel ab:
Winterthur by night
Der südliche Teil mit schwacher Blitzaktivität zog (aus meiner damaligen Blickwarte) eher via Bülach-Zürich, dazwischen Flaute. Frust morgens um 01.30 Uhr! Dann plötzlich ein kurzer, sonderbarer Wolkenblitz: im kurzen Aufflackern war so etwas wie ein Minicrawler im oberen Stockwerk sichtbar. Ich nervte mich schon, dass ich auch diesen Blitz verpasst hatte, als plötzlich der ganze südwestlichen Horizont in gleissend helles Licht eintauchte und kurz darauf ein explosionsartiger Donnerschlag mit weiteren schweren Nachwellen hörbar war. Das war er also der ultimative Houseshaker, der mindestens halb Winterthur und Umgebung zum Aufwachen brachte!
Obwohl knapp 6 Kilometer vom Einschlagsort positioniert, war ich einigermassen schockiert über dessen Stärke und ziemlich spontan flüchtete ich ins Auto. Keine Sekunde zu früh, denn kaum im Auto gingen weitere Naheinschläge runter, zudem gab es einen kurzen aber recht heftigen Schauer.
Auf folgender Karte ist die Aktivierung um Winterthur Richtung Nordosten gut ersichtlich (CG-Blitze vom Mittwoch 02.09.09 bis 00 UTC, Färbung nach zeitlichem Verlauf. Stationswerte (NIME) mit Anzahl Nah- und Fernblitze (</>3 Km von Station):
Quelle: MeteoSchweiz
Der Vollständigkeit halber noch die Blitzverteilung vom Donnerstag, 03.09.09 (farbige Vierecke = CG-Blitze, Stationswerte s.oben).
Quelle: MeteoSchweiz
Wie nachfolgende Hitliste zeigt, registrierte Frauenfeld (NIME-Station) am Donnerstag, 3.9.09 ab 00 UTC denn auch am meisten Nahblitze (Einschlag < 3 Kilometer) - Tabellenkolonne 1 = Nahblitze, Kolonne 2 = Fernblitze:
Quelle: MeteoSchweiz
Wenige Minuten später war der Spuck wieder vorbei. Ich hatte angenommen, dass die Luft nun draussen war. Kaum in der Wohnung allerdings schon wieder Blitzgeflacker und entferntes Donnergrollen. Währenddem ich auf dem Balkon meine Ausrüstung wieder installierte, ging 500-1000 Meter vor mir ein weiterer Naheinschlag nieder. Das wäre wohl mein Blitzfoto des Jahres geworden. Immerhin erwischte ich einen weitern, nicht allzu weit entfernten Erdblitz:
So schnell wie die Welle aufgezogen war, so schnell entfernte sie sich wieder gegen Nordosten. Hier noch ein Blitz aus der nordöstlich abziehenden Zelle:
Beim erneuten Blick auf das Donnerradar Bild war nun eine grossflächige, wellenförmige Niederschlagszone mit einer blitzaktiven Vorderseite erkennbar (siehe letzter Radarloop von Chrigi). Diese wanderte erneut rasch gegen Nordost. Dabei konnte ich mit Blickrichtung SSW (Brütten-Kemptthal-Kyburg) einen weiteren Blitz einfangen. Danach kehrte gegen 3 Uhr endlich Ruhe ein.
Nachbetrachtung zum 129 kA positiven Wolken-Erde-Blitz:
Dieser Blitz war gemäss des bei der MeteoSchweiz eingesetzten Blitzerfassungssystem von Météorage, mit Abstand der stärkste positiv geladene Wolken-Erde-Blitz dieser Nacht. Der nächst stärkere Blitz ging westlich der Stadt Zürich nieder, dabei wurden jedoch "nur" 88 kA gemessen. Die meisten anderen Blitze in der Region Nordost waren im Bereich von 10-40 kA.

(Blitzintensitäten CG+-Blitze 22.30 bis 01.30 UTC, 02.-03.09.09, Quelle: Ninjo/MeteoSchweiz)
Anhand des Zooms des Blitzfusses...
... habe ich ursprünglich angenommen, dass der Blitz auf dem Hügelzug, der entlang der A1 zwischen Winterthur Töss und Winterthur Wülflingen verläuft, eingeschlagen hatte und die Einschlagsstelle anhand des Photos relativ einfach zu orten sei (immer unter der Annahme, dass ein solch starker Blitz auch Spuren im Gelände hinterlassen müsste). Nur: die auf unserem Blitzortungssystem erfassten Koordinaten lagen rund 2 Kilometer südwestlich des vermuteten Einschlags (unterhalb des Spotterplace von Cyrill, dem Sunnenbüehl). Hier 2 Übersichtskarten mit den markierten, relevanten Punkten, rot eingefärbt wahrscheinliches Einschlagsgebiet:
Jedenfalls war ich in den vergangenen Tagen zweimal im Gebiet unterwegs und fand sowohl auf dem Hügelzug wie in der Umgebung der Météorage Blitzeinschlagskoordinaten nichts. Gut möglich, dass der Blitz hinter dem Hügelzug in eine(n) Hochspannungs- Leitung oder -Mast eingeschlagen hatte und somit keine Spuren hinterliess.
Soviel zum würdigen und wahrscheinlichen Saisonabschluss um Winterthur.