Werbung

Westföhn in der Schweiz?

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Antworten
Benutzeravatar
Nordkette
Beiträge: 66
Registriert: Di 9. Mai 2006, 14:23

Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Nordkette »

Hoi zemme,

im Zuge meiner Diplomarbeit über Westföhn in Österreich suche ich nach Westföhn in anderen Regionen, z.B. auch in der Schweiz.

Gibt es prädestinierte Orte/Täler mit Westföhn (230-280° dd) und wenn ja, gibts dazu vielleicht auch Studien
oder Schlüsselparameter?

Gruß und danke,
Felix

Benutzeravatar
Tinu (Männedorf)
Beiträge: 3974
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 16:35
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8708 Männedorf
Hat sich bedankt: 704 Mal
Danksagung erhalten: 1721 Mal

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Hoi Felix

Meines Wissens ist die Region um Luzern prädestiniert für Westföhn oder zumindest Westföhn-ähnliche Windereignisse. Grund dafür dürfte einerseits der Luzerner "Hausberg" Pilatus (2120 m.ü.m), vermutlich aber auch das Napfgebiet sein. Beide Höhenzüge liegen westlich, resp. im Fall des Pilatus südwestlich von Luzern. Bei Westlagen oder Südwestlagen kommt es in der Region um Luzern immer wieder zu warmen, föhnartigen Winden. Es ist auch zu beobachten, dass im Lee der genannten Höhenzüge bei Südwest/Westlagen Wolkenlücken aufreissen, resp. es keinen Niederschlag gibt, während die Temperaturen durch den warmen Wind gleichzeitig höher liegen, als andernorts.

Unsere Luzerner hier im Forum (Markus aus Horw, Rontaler aus Buchrain, etc.) können dazu aber sicher mehr sagen.

Gruss
Tinu
Zuletzt geändert von Tinu (Männedorf) am Mi 29. Apr 2009, 14:10, insgesamt 1-mal geändert.
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert


Benutzeravatar
Alfred
Beiträge: 10469
Registriert: Mo 21. Jul 2003, 16:23
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8037 Zürich
Hat sich bedankt: 49 Mal
Danksagung erhalten: 90 Mal

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Alfred »

Sali zäme

Hat sich in Altdorf diesbezüglich auch etwas herauskristalisiert?

Gruss, Alfred

azu
Beiträge: 63
Registriert: Di 29. Jul 2003, 18:42
Wohnort: 1965 Drône
Kontaktdaten:

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von azu »

Hallo,

Champéry im Unterwallis hat auch westfoehn (MM Wetterstation)

Adelboden?

Gruss

Benutzeravatar
Tinu (Männedorf)
Beiträge: 3974
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 16:35
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8708 Männedorf
Hat sich bedankt: 704 Mal
Danksagung erhalten: 1721 Mal

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Das Phänomen Westföhn wird unter anderem in dieser Studie von Ralph Rickli (Meteotest) angeschnitten:

http://www.sigwx.ch/app/download/332411706/SKRIPT08.pdf

Auszug (Seite 22, Westlagen):
- Windspitzen im Mittelland hängen stark von
der Temperaturschichtung ab. Besonders im
Bei weit offenem Warmsektor wird die
Schweiz häufig nur von Ac-Feldern gestreift.
Vielfach herrscht auch recht sonniges Wetter,
was zusammen mit der WLA zu markanten
Tagesmaxima der Temperatur führt. (Bei ent-
sprechenden Lagen fallen regelmäßig Luzern,
zum Teil auch die Gebiete am oberen Zürich-
see durch besonders hohe Werte auf, was in
erster Näherung als Föhntendenz im Lee der
Voralpen und des Napfberglandes inter-
pretiert werden kann. Detaillierte Studien da-
zu fehlen).
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert

Benutzeravatar
Andreas -Winterthur-
Beiträge: 4383
Registriert: Do 19. Jul 2012, 07:38
Hat sich bedankt: 339 Mal
Danksagung erhalten: 598 Mal

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Die Region Thun und Teile des angrenzenden Aaretals (wo ist die Grenze Stefan?) hat sehr ausgeprägte Westföhneffekte, was sich sowohl temperatur-, wie vor allem auch niederschlagsmässig ausdrückt.

Markante West-Nordwestföhneffekte gab es während des Orkans Kyrill:

http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de ... sturm.html

...sowie ein paar Tage zuvor:

http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de ... f_der.html

(Siehe Details mit Temperaturverlaufsgrafiken in den Berichten)

Gruss Andreas
Zuletzt geändert von Anonymous am Mi 29. Apr 2009, 19:24, insgesamt 2-mal geändert.
“Some people are weather wise, but most are otherwise” Benjamin Franklin

Marcel / Thal SG
Beiträge: 19
Registriert: Fr 14. Sep 2007, 18:13
Wohnort: 9422 Staad

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Marcel / Thal SG »

Auch hier in Staad am Bodensee gibt es oft Westföhn, meist im Bereich von 2-3K. Kann bei Bedarf die Daten meiner Wetterstation rauskramen. ;)


Grüess, Mäsi


Stefan im Kandertal

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Stefan im Kandertal »

Hallo

Bei starkem SW Wind kann es manchmal erst nördlich von Bern nass sein. Dann aber oft sehr nass. Falls im Mittelland überhaupt noch die gleiche Luftmasse liegt wie hier gibts Temperaturabweichungen von 2-4 Grad. Gegenüber Stationen, die zudem 100m tiefer liegen und auch starken SW Wind haben. In Thun kann es durchaus luzerner Ausmasse annehmen.

Bei Westwind liegt die Niederschlaggrenze südlicher. Manchmal schon recht nahe. Das ist der Grenzfall wo man nie weiss was die nächsten Stunden passiert.

Klar ist, solange SW Wind weht (je stärker der Wind, desto "effektvoller") bleibts in den meisten Fällen auch bei mir trocken während es im westlichen, mitunter sogar zentralen, Flachland bereits schüttet. Und weil Warmluft eher mehr Niederschlag bringt als Kaltluft haben wir besonders im Winter eben unterm Strich deutlich trockener als viele andere Orte.

Erst wenn das ganze gegen die Alpen verschoben wird geht es los. Es ist dann auch länger nass als nördlich von Bern. Manchmal sogar recht lange. Weht jedoch hinter der Front nicht mindestens NW Wind, dann reisst es rasch wieder auf und wir haben sogar in der Kaltluft unverhältnismässig mild und wieder trocken. Interessanterweise scheint das für wenige Kilometer südlich von Thun nicht mehr zu gelten. Es kann in Spiez stark bewölkt sein bei fast Dauerschneefall und in Thun sieht man nur ständig diesen Niederschlagvorhang während die Sonne scheint. Also südlich von Thun ist eine andere Welt. Aber auch westlich der Stadt läufts ganz anders. die Ns. Menge nimmt oft sehr gleichmässig von Wattenwil (Gleich unterhalb vom Berg) ostwärts ab. Schauer zerfallen weiter westlich oder wagen sich nicht einmal bis südlich von Belp. Da bleibt aber die Frage obs dann überhaupt noch am Wind liegt oder einfach daran, dass dieser Absinkeffekt uns bloss viel mehr Sonne beschert als dem Rest.

Jedenfalls gehen hier manche Wetterwechsel schneller vonstatten als anderswo üblich. Es ist fast unkontrollierbar. Plötzlich ist die Front einfach da :-D

Ich hoffe ich habs nicht zu kompliziert gemacht ;). Ahja, als Übeltäter in Thun wird jedenfalls bei reinem Westwind der Gurnigel gehandelt. Bei SW fängts schon ausserhalb des Kantons Bern an zu wirken. Und ansonste sehe man sich nur unser Profil an. Das Aaretal im Raum Thun ist ein ordentliches "Loch", das auf 3 Seiten von Bergen umgeben ist.


Andreas -Winterthur- hat geschrieben:Die Region Thun und Teile des angrenzenden Aaretals (wo ist die Grenze Stefan?) hat sehr ausgeprägte Westföhneffekte, was sich sowohl temperatur-, wie vor allem auch niederschlagsmässig ausdrückt.
Zuletzt geändert von Stefan im Kandertal am Mi 29. Apr 2009, 21:18, insgesamt 3-mal geändert.

Benutzeravatar
Nordkette
Beiträge: 66
Registriert: Di 9. Mai 2006, 14:23

Re: Westföhn in der Schweiz?

Beitrag von Nordkette »

Zunächst Danke für die vielen Antworten.

Bezüglich Luzern teile ich die Meinung von Ralph Rickli, dass Luzern nicht über den Pilatus, sondern über die Napfberge den Föhn erhält (zumindest bei SW-Lagen).

Ob die Berglänge ausreicht, um Leewellenbildung anzuregen, lässt sich durch folgende Formel ausrechnen:

L > 2*Pi*U/N

L = Berglänge, U = charakteristische Windgeschwindigkeit in der Höhe, N = Brunt-Väisälä-Frequenz.

Ich hab mal als typischen Wert U = 20 m/s und N = 0,015 angenommen (letzterer wird häufig in Simulationen verwendet), dann muss die Berglänge mindestens 8,3 km betragen, bei 30 m/s schon mindestens 12km.
Das Napfbergland misst rund 25km, während das Pilatusmassiv nur rund 3km Länge hat. Er reicht also bei weitem nicht aus, um selbst bei geringen Windgeschwindigkeiten Leewellen anzuregen. Zudem ist die Bergform zu konvex, zu rundlich, wodurch eher ein Umströmen als ein Überströmen stattfindet.

Bei noch westlicherer Anströmung könnte je nach Heftigkeit der Höhenwinde auch ein rein turbulentes Herabmischen in Frage kommen (vertikaler Impulstransport). Das ist allgemein ein Problem, wenn man Föhn in höher gelegenen Tälern, die sich näher an der "freien" Atmosphäre befinden, von turbulentem Impulsfluss unterscheiden will.

Die anderen Orte muss ich mir noch anschauen...

Gruß,Felix

Antworten