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Extremereignisse und Klimaänderungen

Grundlagen und Expertenwissen.
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Willi
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Willi »

"Der Jetstream wird schwächer" - von wegen. Klar ist eigentlich nur, dass nichts klar ist. Heute in der NZZ.
https://www.nzz.ch/wissenschaft/arktisc ... ld.1540028
Gruss Willi
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Federwolke
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Federwolke »

Ja, wo sich Wetter bzw. Witterung und langfristige Klimaeffekte überlagern, wird's eben schwierig mit eindeutigen Diagnosen (also fast überall). Dass wir einen starken NAOplus-Winter bekommen, stand bereits in November fest, daher auch die eindeutigen Mild-Prognosen. Dass der Jetstream bis Ende Januar brauchte, um richtig in die Gänge zu kommen, ist hingegen auch keine Überraschung. Was mir auffällt, ist die Verschiebung von starken Westwindlagen in die zweite Winterhälfte (letztes Jahr sogar erst Anfang März). Im früheren langjährigen Mittel war eher der Dezember dafür bekannt, Mitte Januar bis Februar hingegen brachten die knackigen Fröste aufgrund von Hochdruck- und Ostlagen.

Häufigkeiten GWT West im Schnitt 1881-2008:
Dezember 34 %
Januar 30 %
Februar 26 %

Was wir also derzeit erleben, ist eher neben der Spur.


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Willi
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Willi »

Was mir auffällt, ist die Verschiebung von starken Westwindlagen in die zweite Winterhälfte (letztes Jahr sogar erst Anfang März).
Lässt sich das belegen, indem man die Reihe (1881 - 2008) bis 2019 verlängert, und z.B. eine Auswertung in Zehnjahresblöcken macht?
Gruss Willi
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Federwolke
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Federwolke »

Willi hat geschrieben: Sa 15. Feb 2020, 16:15 eine Auswertung in Zehnjahresblöcken...
... ist mein Projekt für nächsten Winter, wenn das Jahrzehnt voll ist. Bin auch gespannt.

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Federwolke
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Federwolke »

Starke NAO-Plus-Winter sind also eigentlich gute Winter für die Regeneration des arktischen Meereises – also zumindest waren sie das früher.
Zitat aus meiner Analyse über den Winter 2019/20. Man sieht auch schön, wie sich der extent im Februar während der stärksten Phase des Polarwirbels/Jetstreams kurzfristig berappelt hat. Aber jetzt... ojeoje:

Bild
Sollte sich laufend aktualisieren. Quelle und mehr Grafiken: https://nsidc.org/arcticseaicenews/

Kein Wunder, derzeit bläst von Zentralsibirien (!) warme Luft bis in die Zentralarktis:
Bild
Zuletzt geändert von Federwolke am Mi 22. Apr 2020, 17:01, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Willi »

In der anderen Quelle sieht die Abnahme des Meereises nicht ganz so krass aus, siehe unten. Zumindest ist der Verlauf 2020 mit dem Verlauf 2019 vergleichbar.

Quelle: https://data.meereisportal.de/maps/latest/extent_n.png
Bild

Eindrücklich die gegensätzlichen Anomalien über Sibirien und Kanada. Dafür ist der Nordatlantik eigentlich ganz normal temperiert. Kann diese Konstellation die Trockenheit bei uns erklären?
Gruss Willi
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Federwolke
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Federwolke »

Willi hat geschrieben: Mi 22. Apr 2020, 21:44 In der anderen Quelle sieht die Abnahme des Meereises nicht ganz so krass aus, siehe unten. Zumindest ist der Verlauf 2020 mit dem Verlauf 2019 vergleichbar.
Die aktuelle Datenlage ist bei beiden Darstellungen genau die gleiche, und die sagt: Gegenüber dem Mittel 1981-2010 fehlen ungefähr 1 Million Quadratkilometer oder 25 x die Schweiz. Man füge also nur das ebenfalls himmeltraurige Vergleichsjahr 2019 hinzu und stauche die y-Achse, und schon ist die Welt wieder in Ordnung? ;)
Eindrücklich die gegensätzlichen Anomalien über Sibirien und Kanada. Dafür ist der Nordatlantik eigentlich ganz normal temperiert. Kann diese Konstellation die Trockenheit bei uns erklären?
Der "ganz normal temperierte" Nordatlantik ist seit Jahren zu kalt. Mal etwas mehr, mal etwas weniger. Laut dem Paläoklimaforscher und Klimamodellierer Dr. Frederik Schenk von der Universität Stockholm ist der Golfstrom bereits 15 % langsamer geworden. Und immer, wenn früher der Golfstrom langsamer geworden ist, war auch die Pollenkonzentration in Europa markant tiefer (das lässt sich durch Sedimentbohrungen nachweisen). Also schwacher Golfstrom = Waldsterben durch Trockenheit. Das Muster können wir verstärkt seit 2018 beobachten: Kalter Nordatlantik = weniger Tiefs vor den Küsten Europas, bzw. es trogt weiter westlich aus (von Neufundland gegen die Azoren), Europa liegt auf der warmen Vorderseite, welche Hochs stützt. Natürlich nur, wenn der Jetstream nicht gerade eine der selten gewordenen Hochphasen hat, die fast nur noch im Kern- und Spätwinter auftreten. Vielleicht ist es nur eine vorübergehende Phase, doch ich glaube nicht wirklich daran...
Zuletzt geändert von Federwolke am Do 23. Apr 2020, 00:12, insgesamt 1-mal geändert.


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Willi
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Willi »

Man füge also nur das ebenfalls himmeltraurige Vergleichsjahr 2019 hinzu und stauche die y-Achse, und schon ist die Welt wieder in Ordnung?
Das natürlich nicht, aber wohl die neue Realität. Immerhin war der April 2019, trotz niederer Polareisbedeckung, völlig anders, was die Niederschlagsmenge angeht.
Zitat https://www.meteoswiss.admin.ch/content ... 1904_d.pdf:
Im April erreichten die Niederschlagsmengen auf der Alpensüdseite, in Graubünden, in den Zentralalpen und im Oberwallis verbreitet 130bis 200%, lokal auch über 200% der Norm 1981‒2010. In den übrigen Gebieten fielen meist 60 bis 90 % der Norm
Weshalb kam es in früheren Zeiten zur Abschwächung des Golfstroms? (diese wird ja seit Jahrzehnten als potenzielle "Gefahr" für das Klima in Europa beschworen, "neue Eiszeit etc.")
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Federwolke »

Willi hat geschrieben: Do 23. Apr 2020, 07:32 Immerhin war der April 2019, trotz niederer Polareisbedeckung, völlig anders, was die Niederschlagsmenge angeht.
So völlig anders auch wieder nicht (Mittelland deutlich zu trocken):
https://www.meteoschweiz.admin.ch/produ ... 019_04.png

Ich schlage vor, den Vergleich dann zu ziehen, wenn der April 2020 gelaufen ist. Es würde mich nämlich nicht erstaunen, wenn die zwei letzten Tage mal wieder meine Monatsprognose versauen ;) Letztes Jahr lag das dauerblockierende Hoch einfach etwas südöstlicher, somit hatten wir mehr Südkomponente und folglich in den Süd- und Zentralalpen ergiebige Stauniederschläge.
Weshalb kam es in früheren Zeiten zur Abschwächung des Golfstroms? (diese wird ja seit Jahrzehnten als potenzielle "Gefahr" für das Klima in Europa beschworen, "neue Eiszeit etc.")
Frederik Schenk hat letzte Woche seine Arbeit eingereicht. Ich gehe davon aus, dass wir noch davon hören werden...
Den aktuellen Stand der Dinge (wenn auch schon zwei Jahre alt) fasst wohl am besten das hier zusammen (auch mit weiterführenden Links): https://scilogs.spektrum.de/klimalounge ... romsystem/

Furion
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Re: Extremereignisse und Klimaänderungen

Beitrag von Furion »

Sehr interessant wegen dem Golfstrom, danke für die Links. Man hörte in den vergangenen Jahren immer wieder verschiedenes zum Thema Golfstrom, es wurde auch öfters mal gesagt, dass die momentane Schmelzwassermenge des Nordpols noch lange nicht ausreicht um den Golfstrom zu stören, da bräuchte es doch deutlich mehr. Scheinbar ist dem aber nicht so und er wird gebremst, ob Schmelzwasser allerdings der einzige Grund ist warum das Riesensystem ins Stocken kommt ist anzuzweifeln, ich würde auf alle Fälle nicht darauf wetten.

Sicher ist, dass die Änderungen die da laufen nicht einfach so von uns wieder mal eben rasch behoben werden können, so viel Macht haben wird nicht. Das mit dem Golfstrom wird weitreichende Folgen haben, jedoch wird sich ein anderes Wettersystem etablieren, welches für gewisse Gebiete sicher nicht vorteilhaft sein wird, für andere jedoch durchaus plötzlich Verbesserungen bringen könnte. Ob Europa dann die A-Karte gezogen hat wird sich nun in den nächsten Jahren zeigen, sicher ist das wir schleunigst Vorbereitungen treffen sollten um uns so gut wie möglich an das neue Wettersystem anzupassen. Jetzt noch lange mit CO2 Steuern und Abgaben und sonstigen Fürzen für heisse Luft sorgen ist nicht mehr angebracht, es gilt die Infrastruktur in der Landwirtschaft so zu ändern, dass mit Trockenperioden besser umgegangen werden kann. Ebenso muss die Bauplanung und die Wasserversorgung für den Zivilsektor angepasst und erweitert werden. Wer noch davon träumt das stoppen zu können, kann weiter träumen, denn die gewaltige Strömungsmaschine in den Weltmeeren ist eine Maschine von gewaltigen Dimensionen, wenn sich diese zu ändern beginnt, dann ändert sie sich und nichts wird sie stoppen.

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