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Modellierung von Wolken/Bewölkung in Wettermodellen

Grundlagen und Expertenwissen.
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Federwolke
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Modellierung von Wolken/Bewölkung in Wettermodellen

Beitrag von Federwolke »

Apropos Morgenkonvektion... mindestens eins dieser Modelle liegt für morgen früh komplett falsch:

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Noch wahrscheinlicher ist, dass beide falsch liegen und die Wahrheit wieder mal in der Mitte liegt... Trocken solls laut beiden bleiben. Alles andere wär auch erstaunlich bei -7 Grad in 5900 m Höhe.

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Federwolke
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 12.08.2021/13.08.2021

Beitrag von Federwolke »

Federwolke hat geschrieben: Fr 13. Aug 2021, 22:08 Noch wahrscheinlicher ist, dass beide falsch liegen und die Wahrheit wieder mal in der Mitte liegt...
Bingo!

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Eigentlich eine Frechheit, womit wir arbeiten müssen. Das ist wie wenn man einem Koch einen Satz stumpfe Messer hinwerfen würde und sagt: Mach mal! :-X
Ich werd's nie verstehen, warum man auf dem Mars herumheliköpterlen kann, aber kein vernünftiges Modell für die Wolkenprognose in Mitteleuropa (Planet Erde) zustande kriegt.
Zuletzt geändert von Federwolke am Sa 14. Aug 2021, 08:16, insgesamt 1-mal geändert.


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Willi
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 12.08.2021/13.08.2021

Beitrag von Willi »

aber kein vernünftiges Modell für die Wolkenprognose in Mitteleuropa (Planet Erde) zustande kriegt.
Also Arome passt doch ganz vernünftig, oder nicht?
Gruss Willi
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Federwolke
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 12.08.2021/13.08.2021

Beitrag von Federwolke »

Nein, unter wolkenlos stelle ich mir etwas anderes vor als das, was da in der Westschweiz und vor meinem Fenster herumwabert. Für den Normalbürger mag das nebensächlich sein, es gibt aber Kunden, die auf genaue Bewölkungs- und Sonnenscheinprognosen angwiesen sind.

Michael (Dietikon)
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 12.08.2021/13.08.2021

Beitrag von Michael (Dietikon) »

Federwolke hat geschrieben: Sa 14. Aug 2021, 08:16
Federwolke hat geschrieben: Fr 13. Aug 2021, 22:08 Noch wahrscheinlicher ist, dass beide falsch liegen und die Wahrheit wieder mal in der Mitte liegt...
Bingo!

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Eigentlich eine Frechheit, womit wir arbeiten müssen. Das ist wie wenn man einem Koch einen Satz stumpfe Messer hinwerfen würde und sagt: Mach mal! :-X
Ich werd's nie verstehen, warum man auf dem Mars herumheliköpterlen kann, aber kein vernünftiges Modell für die Wolkenprognose in Mitteleuropa (Planet Erde) zustande kriegt.
Off Topic
Jepp, auch meine WRF-Modelle (gestriger und heutiger Lauf) lagen bei der Bewölkung krass daneben. Die Bewölkung war deutlich überschätzt, wobei dies tw. auf die Visualisierung zurückzuführen ist, welche auch Dunst als Wolken anzeigt. Ich muss das unbedingt mal korrigieren. Leider sind sowohl WRF-GFS als auch WRF-ICON (das etwas besser ist) bei Bewölkungsprognosen ungenügend und bei Nebel sogar katastrophal. Beim Nebel konnte ich schon Verbesserungen erzielen, welche sich dann aber negativ auf die Genauigkeit von Niederschlagsprognosen ausgewirkt haben. Somit gab es nie einen Release davon. Leider sind Optimierungen bei Bevölkungsvorhersagen nicht trivial. Eine höhere Auflösung wird das Problem nicht lösen, da es sich um mikrophysikalische Prozesse handelt. Somit muss man bei den Parametrisierungen ran und das ist Knochenarbeit, die leider mit Teilzeit-/ Freizeit-modellentwicklung nicht zu bewältigen ist. ;)
Und nun noch etwas, das nicht Offtopic ist. Beide WRF-Modelle zeigen für heute Sa vereinzelte konvektive Signal, v. a. WRF-ICON über dem Jura, das m. E. an konvektiven Tages etwas besser performt als WRF-GFS. Beide Modelle simulieren heute Nachmittag/Abend in der Nähe des Juras lokal >2500 J/kg MUCAPE. Sollte es also auslösen, kann es dort zünftig rumpeln. Die Scherung ist eher gering, so dass ich Superzellen heute eher für unwahrscheinlich halte.
Markus Pfister hat geschrieben: Sa 14. Aug 2021, 11:48 Plus irgendwann dieses Wochenende verjagt es unseren 20 Grad Taupunkt-Kessel, und man weiss nicht, wann und wo. So sind zum Beispiel deutliche Signale für morgen früh im Ecmwf mit Rückgang der T500 auf -12 Grad von Westen plus genügend Feuchte auf 700hPa. Nur die Mesomodelle mögen die Idee aus irgend einem Grund nicht.
Also meine beiden WRFs haben in der Nacht auf So konvektive Signale drin - v. a. WRF-ICON. Die Signale sind eher schwach, treten allerdings auf der Alpennordseite recht verbreitet auf. Bei den MUCAPE-Werten + Destabilisierung ist nächtliche elevated Konvektion mit Gewittern und coolen CGs jedenfalls recht wahrscheinlich. Auch der sich im Laufe der Nacht verstärkende Low Level Jet ist meist ein guter Indikator für Morgen- bzw. "Nachtkonvektion".

WRF-ICON 00z 24 h-Niederschlag
Bild

WRF-GFS 00z 24 h-Niederschlag
Bild

Weitere Karten:
https://www.meteoprime.ch/wrf2/plots/20210814_00/ (WRF-ICON)
https://www.meteoprime.ch/wrf1/plots/20210814_00/ (WRF-GFS)
Zuletzt geändert von Michael (Dietikon) am Sa 14. Aug 2021, 14:09, insgesamt 3-mal geändert.
Dietikon ZH 405 m ü. M.
www.meteoprime.ch

lukasm
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 12.08.2021/13.08.2021

Beitrag von lukasm »

Michael (Dietikon) hat geschrieben: Sa 14. Aug 2021, 12:15Leider sind Optimierungen bei Bevölkungsvorhersagen nicht trivial. Eine höhere Auflösung wird das Problem nicht lösen, da es sich um mikrophysikalische Prozesse handelt. Somit muss man bei den Parametrisierungen ran und das ist Knochenarbeit, die leider mit Teilzeit-/ Freizeit-modellentwicklung nicht zu bewältigen ist. ;)
Bewölkungsvorhersagen sind alles andere als nur Microphysics, und eine höhere Auflösung kann, muss aber nicht positiven Einfluss auf die Vorhersagen von Nebel und tiefer Bewölkung haben. Genauso können Anpassungen in der Microphysics bessere oder schlechtere Resultate zeigen.

https://rmets.onlinelibrary.wiley.com/d ... 02/qj.3907
Dies ist ein lesenswertes Paper, das das Problem in der Art der "geglätteten" vertikalen Koordinaten sucht. Einige Bilder auch hier:
https://wiki.c2sm.ethz.ch/pub/MODELS/CO ... hop_SW.pdf
Was ich damit sagen will: Das Problem ist bekannt, es ist ein schwieriges Problem, aber es gibt Hoffnung, dass sich dies längerfristig bessern wird. Wie es dann schlussendlich gelöst wird, wird sich zeigen...
Der Donner erschüttert die heitere Bläue des Himmels,
Weil hochfliegende Wolken im Äther einander sich stoßen,
Wenn in der Mitte sie stehn von entgegengerichteten Winden.

aus "De rerum natura", 1. Jh. v. Chr. (Titus Lucretius Carus, Lukrez)

Michael (Dietikon)
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 12.08.2021/13.08.2021

Beitrag von Michael (Dietikon) »

lukasm hat geschrieben: So 15. Aug 2021, 10:59
Michael (Dietikon) hat geschrieben: Sa 14. Aug 2021, 12:15Leider sind Optimierungen bei Bevölkungsvorhersagen nicht trivial. Eine höhere Auflösung wird das Problem nicht lösen, da es sich um mikrophysikalische Prozesse handelt. Somit muss man bei den Parametrisierungen ran und das ist Knochenarbeit, die leider mit Teilzeit-/ Freizeit-modellentwicklung nicht zu bewältigen ist. ;)
Bewölkungsvorhersagen sind alles andere als nur Microphysics, und eine höhere Auflösung kann, muss aber nicht positiven Einfluss auf die Vorhersagen von Nebel und tiefer Bewölkung haben. Genauso können Anpassungen in der Microphysics bessere oder schlechtere Resultate zeigen.

https://rmets.onlinelibrary.wiley.com/d ... 02/qj.3907
Dies ist ein lesenswertes Paper, das das Problem in der Art der "geglätteten" vertikalen Koordinaten sucht. Einige Bilder auch hier:
https://wiki.c2sm.ethz.ch/pub/MODELS/CO ... hop_SW.pdf
Was ich damit sagen will: Das Problem ist bekannt, es ist ein schwieriges Problem, aber es gibt Hoffnung, dass sich dies längerfristig bessern wird. Wie es dann schlussendlich gelöst wird, wird sich zeigen...
Klar, auch eine höhere Auflösung kann helfen, v. a. in komplexer Topografie - u. a. bei flachen Nebelfeldern oder orografischen Effekten - aber es ist leider kein Allheilmittel wie viele Studien zeigen. Einfach die Auflösung zu erhöhen, ohne die Parametrisierungen anzupassen (ausser sie sind scale-aware), wird in den meisten Fällen keine Verbesserung bringen. Es kann im schlechtesten Fall sogar die Performance des Modells verschlechtern. Bei der Wolkenphysik ist die Mikrophysik nun mal sehr relevant + es kommen noch subgridskalige Prozesse hinzu, die man auch bei einer Auflösung kleiner 1 km nicht explizit rechnen kann. Selbstverständlich kann man auch dort wie überall verschlimmbessern, weshalb die Validierung das A und O der Modellentwicklung ist.

Das Problem mit den vertikalen Koordinaten konnte ich schon lösen bzw. wurde für mich gelöst ;) und hat in WRF bei Nebelvorhersagen eine leichte (aber nicht zufriedenstellende) Verbesserung gebracht. Das grössere Problem beim Nebel scheint die numerische Diffusion zu sein und die kriegt man leider weniger einfach in den Griff. Die spannende Arbeit von Stephanie Westerhuis et al. kannte ich schon, aber danke für den Link zum Paper - das kannte ich noch nicht! Aber jetzt sind wir irgendwie von den Gewittern beim Nebel gelandet. Vielleicht kann man die Diskussion nach "Wissenswertes zu Wetter und Klima" verschieben - da passt sie wohl besser hin. :)
Dietikon ZH 405 m ü. M.
www.meteoprime.ch


Synonymdani
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Re: Modellierung von Wolken/Bewölkung in Wettermodellen

Beitrag von Synonymdani »

Eine Verkleinerung des Gewitters sollte immer mit einer Reparametrisierung einhergehen (in der Aerodynamik ist eigentlich fast nichs simpel skalierbar).
Die Parametrisierungen sind nichts anderes als dass man das explizite Lösen der Physikalischen Gleichungen durch Näherungslösungen umgeht.
Im Fall einer Verkleinerung des Gitters (z.B. 2.2km auf 1.1km) werden gewisse Subskalige Prozesse die vorher eher Subskalig angeordnet waren und zwingend parametrisiert werden mussten (Gewitter, Fronten etc) plötzlich u.U. explizit Lösbar. Das Problem ist das die Entstehung und Auflösung flacher Wolken und Nebel meist auch mit 1km Maschenweite immernoch subskalig ist und somit diese Ergebnisse nur wenig besser werden können durch verkleinerung des Gitters (gewisse positive Effekte gibt es natürlich durch die Terrainverfeinerung).
Parametrisierungen sind halt insgesamt eine Krücke und wenn man an einem Ort daran optimiert verliert man an einem anderen, deswegen haben die Wettermodelle ihre Stärken und schwächen.

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