Hoi Kaiko
danke für's posten! Ich bin davon überzeugt, dass einige Kilometer weiter hinten im Tal noch weit mehr NS gefallen sein muss (> 100 mm). Ich war die ganze Zeit vor Ort (s. Chasingbericht unten).
Chasingbericht, 18.07.2013:
Es war eine absolut spannende Lage und äusserst schwer einzuschätzen. Im Forecast war weder GFS noch Cosmo2 wirklich hilfreich und so setzte ich alles auf Janeks WRF, aus dem heraus ab 15z im Toggenburg eine markante konvektive Entwicklung herauszulesen war. Ich entschied aber so weit als möglich abzuwarten, um im Nowcast mithilfe der Soundingdaten mir eine bessere Einschätzung zu ermöglichen. Die Auslöse bei Schwyz schien für mich dann auch folgerichtig zu sein......
..., war doch da eine microskalige Bisen-Föhn (bzw. SSE-Wind)-Konvergenz zu erkennen:
Die Triggerlinie dürfte also in Richtung NE verlaufen, dachte ich, via Einsiedeln-Linthebene-Toggenburg, wo im Lee des Säntismassivs leicht erhöhte SRH-Werte (0-1 km) und immerhin rd. 1'500 J/kg ML50-CAPE gerechnet wurden. Die Taupunkt-Differenzen waren schon ziemlich markant und reichten in diesem Gebiet von rd. 14,3° Grad Celsius bis 18,6° Grad Celsius in einigen Taleinschnitten. Vermutlich hatte die schwache Hochdruckinsel (1020 hPa) über dem Alpenkamm auch noch einen Einfluss auf die Entwicklung der ins tiefere Druckfeld hineinlaufenden, sich dabei verstärkenden Gewitterzellen. Item, ich entschied diese von Norden her, über Wil (SG) und Wattwil abzufangen und positionierte mich erstmals bei Ebnat-Kappel (Foto unten):
Von Südwesten her überquerte die erste Gewitterlinie den südlich gelegenen Hügelzug hinein ins Toggenburg, was sich mit zeitweiligem Donnergrollen bemerkbar machte. Ich fuhr weiter nach Neu St. Johann / Nesslau, wo ich mich bei einer schmalen Zufahrtsstrasse nach Lee-Windegg positionierte (Rechteck auf der Karte):
Die orange Linie auf der Karte ist die Blickrichtung nach SE im Foto unten, auf die Häusergruppe von "Heimetli" und "Lutenwil", wo die von Kaiko gepostete Messstation steht.
Man sieht deutlich die Streifen des erhöhten Niederschlags etwas östlich von Nesslau (17:35 MESZ), korrespondierend zur Niederschlagssignatur auf dem Donnerradar:
Dauergeflacker, CC's ohne Ende, ununterbrochenes Donnergrollen; "Petrus' Kegelabend" - naja... Dann plötzlich drehte die von Südwesten ins Tal hinein triggernde Zelle um, kam aus Osten zurück und verclusterte sich mit einer zweiten Linie. Endlich um ca. 17 54 Uhr MESZ die ersehnten CG's. In kurzer Abfolge liefen weitere Zellen in diesen Mini-Cluster hinein, die Dritte, kurz nach 18 00 Uhr MESZ, von mir kaum bemerkt, weshalb ich es nicht für nötig empfand im Auto Schutz zu suchen und ich beinahe noch auf den 30 Meter entfernten Hügel gehen wollte, um etwas bessere Sicht nach Süden zu gewinnen. Als dann Sekunden später in diese Richtung in etwa 80 Meter Entfernung ein CG mit brachialer Soundkullisse in den Boden gleich unterhalb des Hügels schlug, fand ich mein Vorhaben doch nicht mehr so passend....
Als die Blitzaktivität rd. 40 Minuten später abschwächte, fuhr ich nach Nesslau, um die Überschwemmungen und Erdrutsche zu fotografieren:
Flüsse traten über die Ufer und verwandelten den Talboden in einen riesigen See.
Reissende Thur.....
.... u.a. vom neu entstandenen See gespiesen.
Noch während eine weitere Gewitterzelle sich über Nesslau entlädt, versammelten sich immer mehr Einwohner an der Thurbrücke, um sich ein Bild der Lage zu machen. Eine Frau meinte, sie wohne nun schon seit 45 Jahren hier und habe so etwas noch nie erlebt.
Die Feuerwehr und andere delegierte Einsatzkräfte begannen sogleich mit dem Aufräumen. Hier wurden die Erdmassen östlich von Nesslau von der Strasse entfernt, nachdem ein Erdrutsch diese teilweise unpassierbar machte. Nur rd. 1,5 km östlich an einem Berghang das Blitzfinale (ca. 19 20 Uhr MESZ) mit einem gewaltigen CG.
Video folgt bei Gelegenheit..
Rekordverdächtig für die Schweiz, dieser Blitz nördlich von Thun, am 19.07.2013 um 17 24 Uhr MESZ mit 360'000 Ampère
Quelle: donnerradar.ch
Gruss Cyrill