Mathias Uster hat geschrieben:Vielen Dank allerseits! Offenbar gibt es in der Blitzforschung noch einige ungeklärte Phänomene. Gruss Mathias
Hoi Matthias
Im Zusammenhang mit Blitzentladungen gibt es noch viele Rätsel (z.B. "blue jets" usw.).
Die Frage nach der unterschiedlichen Blitzhelligkeit habe ich mir auch schon gestellt; sowie die Frage nach der differierenden sog. Farbtemperatur, welche man von Auge kaum sieht, da unser Hirn einen automatischen Weissabgleich macht.... (ausser man ist frisch verliebt und sieht alles rosa

). Nein, Spass beiseite. Die Überlegung von Guido ("Das könnte möglicherweise mit der geringeren Meereshöhe.. zusammenhängen.") ist gar nicht so abwägig.
Grundsätzlich sind folgende Überlegungen meiner Meinung nach zu berücksichtigen:
1.) Unser Auge, d.h. die Rezeptoren in/unter der Netzhaut liefern in der Frequenz von 50 Hz Impulse an unser Hirn (soweit ich mich an mein Schulwissen noch erinnern kann). In der Negativamplitude sehen wir für einen Moment nichts (weshalb z.B. bei der SBB Signale zu flackern scheinen, ca. 32 Hz., und 100 Hz.-Fernseher ein "ruhigeres" Bild aufweisen). Eine Blitzentladung spielt sich in der Zeit von 1/100 Sekunde ab. Rein theoretisch kann siie unsichtbar, oder nur schwach sichtbar sein, weil sie in die negative Amplitude fällt. Beim Blitzvideo schneiden (50 Halbbilder /Sek. = PAL) fiel mir auf, dass manche Blitze schwach leuchtend und noch knapp auf enem einzigen halbbild zu sehen sind. Mehrfachentladungen im selben Blitzkanal dauern bis zu 1,6 Sek., das sind rd. 80 Halbbilder. Ich habe schon 7-fache erlebt. Zudem gibt es Blitze (wie z.B. der Perlschnurblitz), die vermutlich durch Entladungsverzögerung eigenartig "nachglühen". Dies kann bis 2 Sek. lang dauern.
So kann man sagen: je länger die Entladung dauert, bzw. je mehr aufeinanderfolgende Entladung des selben Blitzes stattfinden, desto heller ist der optische Eindruck.
2.) Die Pupille des Auges braucht bei Lichteinwirkung eine gewisse Zeit, bis sie sich schliesst. Deshalb haben in der Nacht draussen beim Grillfest fast alle Bekannten rote Augen, die man mit Blitz fotografiert, im mit Licht gefluteten Raum dagegen weniger bis keine. Die ganz offene Pupille braucht länger zum Schliessen, als eine halb offene.
Auf einer gut beleuchteten Strasse nachts, blendet einem ein entgegenkommendes Fahrzeug weniger, als auf einer unbeleuchteten Landstrasse. Der subjektive Eindruck eines hellen Blitzes ist unter einer beleuchteten Tankstelle beispielsweise anders, als aus dem Fenster der abgelegenen Berghütte.
So kann man sagen: Je weniger Fremdlichteinwirkung auf das Auge, desto heller scheint der Blitz.
3.) Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen positiven und negativen Blitzentladungen und der äussert sich u.a. in der Stromstärke. Mit rd. 250'000 ampère sind positive Blitze bis zu 10 mal energiereicher, als ein negativer, was sich auch durch lauteren Donner manifestiert. Positive Blitze scheinen greller.
So kann man sagen: Je grösser die Stromstärke eines Blitzes, desto heller ist er.
4.) Nun kommt die Lichtstärke ins Spiel, die mit Lux (1 Kerze = 1 Lux, 3 Kerzen = 3 Lux) gemessen werden kann. Ist ein Blitz länger oder mehr verästelt, als sein Vorgängerblitz (aus der selben Distanz) ist er um den entsprechenden Anteil heller. Je näher ein Blitz ist, desto grüsser ist die Abdeckung des Gesichtsfeldes usw. Besteht eine Diffusion durch Luftfeuchtigkeit, Niederschlag o.ä. nimmt die Lichtintensität ab.
So kann man sagen: die Distanz zu einer Entladung und deren Ausbreitung (z.B. Länge) entscheidet über die Helligkeit.
Einige andere Faktoren könnten hier sicher auch noch aufgelistet werden, wie z.B. die rein subjektive Empfindung, weil wir etwas unbewusst in Relation zu etwas anderem stellen. Oder weil wir z.B. wg. Zahnschmerzen ein Medikament genommen haben, welches relaxierend wirkt und die Pupille verzögert schliesst (z.B. schliesst sie bei gewissen Drogen sehr schleppend oder gar nicht, weshalb der Konsument Licheffekte als besonders eindrücklich erlebt). Diese Faktoren sind aber nicht objektivierbar.
Die Frage finde ich dennoch sehr interessant. Z.B. erlebte ich nach einem Chasing am 10.06.2008 zwei eindrückliche (positive) Megaentladungen in Winterthur. leider hatte ich den zweiten nicht aufgenommen (Deckel auf der Linse

), doch der Ton wurde mitgeschnitten. Man hört mehrere Menschen auf der Strasse "Ohhh" rufen (also muss in direkter Sicht der Blitz sehr eindrücklich gewesen sein), was der brutale Donner, der meinen Schreibtisch erzittern liess, zu dokumentieren scheint:
http://www.myvideo.ch/watch/4412655
So ähnlich filmte ich kürzlich südlich von Strassburg ein Gewitter, welches sich allmählich entfernte, die Blitzintensität und -frequenz abnahm, bis diese quasi ganz versiegte. Fast identisch zum obigen Fall vom 10.06.08 glaubte ich, das Gewitter sei vorüber, packte die Sachen zusammen und nach mehr als 5 Minuten Unterbruch wurde es plötzlich taghell. Ich schaute sogar in die Gegenrichtung (!) und wurde vom Wiederschein des Blitzes geblendet, sah auf dem Feld und bei der naheliegenden Siedlung sämtliche Farben

, wie ich es nur von Naheinschlägen kenne. Doch der Donner, mehr ein extrem lauter Knall, kam erst nach 25 Sek.. D.h. der Blitz war mind. 8 km von mir entfernt!
Nach Berücksichtigung von allen oben aufgeführten Aspekten, muss ich sagen, dass ich hierfür auch keine Erklärung habe. Vermutlich war es einer dieser (von einem Athmosphärenphysiker beschriebenen) Megablitzen mit mehr als 300'000 Ampere.
Gruss Cyril