Systèmes en forme de V über Südfrankreich
Verfasst: Do 4. Sep 2008, 15:07
Hallo
(Ich habe dazu einen neuen Thread eröffnet, da mein Beitrag den ursprünglichen Thread Starkniederschläge/Gewitter, 3./4.9.08 doch ziemlich sprengen würde
Auf folgenden Beitrag von Chrigi habe ich etwas recherchiert:
In der franz. Terminologie wird die Sat-Signatur als systèmes orageux en forme de V oder weiterführender: systèmes convectivs de méso-échelle en forme de V, kurz übersetzt: MCS in V-Form bezeichnet.
In einer spannenden und gut illustrierten Veröffentlichung von Météo France (Les épisodes orageux à précipitations extrêmes sur les régions méditerranéennes de la France) werden diese Systeme genauer analysiert. Dort ist zu lesen, dass die V-Systeme starke Ähnlichkeiten mit konvektiven Strukturen in den USA haben (Scofield beschreibt 1985 diese Strukturen, unter den Begriffen large scale wedge, V-notch anvil und regenerative systems. Auch über Südostengland wird das Phänomen beobachtet und soll von den Mets dort kurz als plume-event bezeichnet werden. Schlussendlich kommt der MF-Bericht zur ausführlichsten Beschreibung, der dem ganzen Phänomen gerecht werden soll: systèmes convectivs de méso-échelle régénerativ quasi stationnaire en forme de V, was deiner oben erwähnten Vermutung schon ziemlich nahe kommt.

Grafik 1 : Wolkentop Temperatur-Strukturen einer Tornado-Zelle über Nebraska (Scofield und Purdon -1986- und Fujita -1981)
Grafik 2: Schematische Grafik der V-Systeme über Südostfrankreich
In der Météo France Publikation wird die Struktur der V-Systeme wie folgt erklärt:
Der V-Punkt, normalerweise während längerer Zeit stationär, ist die Zone mit der stärksten Vertikalbewegung. Das V liegt dabei in der Strömungsrichtung der mittleren Troposphäre; der V-Punkt verlagert sich häufig sogar stromabwärts (also meist gegen Süd bis Südwest, in Bezug auf Südfrankreich).
In den meisten Fällen sind die Wolkentop-Temperaturen des Systems am V-Punkt am höchsten. Wahrscheinlich kommt es dort zu einem overshooting top; dabei soll es zu einem Umströmen des overshooting top in der oberen Troposphäre kommen, was zu den typischen V-Winkeln der Cb-Top Bewölkung führt. Je stärker der Höhenwind, desto enger sind diese V-Winkel. Auf der Sat-Animation entseht so der Effekt einer V-förmigen Rauchfahne.
Am vordersten Punkt des quasistationären Systems entstehen immer wieder neue Zellen, was auf der Animation den Eindruck einer retrograden (rückwärts-, entgegen der Strömung gerichteten) Entwicklung erzeugt. Auf der Radaranimation sind häufig viele kleine aber intensive Zellen welche mit grosser Zuggeschwindigkeit mit der Höhenströmung auf der gleichen Linie ziehen (meist SW-NE). In Frankreich train d échos genannt, in den USA von Dosswell train effect:
Aus Flash flood forecasting
Mit diesem Hintergrund nochmals zur letzten Nacht mit dem système V über dem Rhonetal. Zuerst ein IR 10.8 Satbild mit Einfärbung der extremen Wolkentops, 22 UTC:

Rosa Wolkentops < -65 °C, Der V-Punkt des Systems befindet sich ziemlich genau über Orange, der Flugplatz meldete denn auch +TSRA (heftige Gewitter). Das System blieb dort für längere Zeit stationär. Dementsprechend wurde zwischen 21 und 22 UTC eine Stundensumme von 67 mm registriert. (Total 87 mm 21-00 UTC).
Hier die Analyse um 22 UTC:

(Bodendruck, Bodenwinde, TTT/TPT, IR-Wolkentops, Blitze, blaue Dreiecke Modellwind auf 700 hPa)
Schon fast klassische Situation für die Entstehung der V-Systeme über Südfrankreich:
Kleines Bodentief über dem Rhone-Delta (Bouches du Rhone) welches mit Süd bis Südostwinden warmfeuchte Luft gegen Norden transportiert und damit den Zellkomplex nährt. Anhand der konvergenten Bodenwinden sowie der Temperatur und Taupunktsverteilung ist die Front mit dem eingebeteten System sehr gut auszumachen. Verlagerung der Cb-Top Bewölkung und auch der Zellen im quasistationären System mit den 700 hPa Höhenwinden aus SW nach NE.
Im Forum infoclimat.fr findet man dazu eine Radarbildfolge des Systems:
http://forums.infoclimat.fr/index.php?s ... ntry792301
Zum Schluss noch die 24 stündige Regensumme von Donnerstag, 4. September 06 UTC:

Spitzenreiter hier Montelimar mit 128 mm.
Gruss Andreas
- Editiert von Christian Matthys am 04.09.2008, 18:46 -
(Ich habe dazu einen neuen Thread eröffnet, da mein Beitrag den ursprünglichen Thread Starkniederschläge/Gewitter, 3./4.9.08 doch ziemlich sprengen würde

Auf folgenden Beitrag von Chrigi habe ich etwas recherchiert:
Ich habe den Begriff V-Shape auf die Schnelle gewählt, da es mir zu mühsam war, die genaue franz. Bezeichnung zu suchen. Nun, gute Frage von dir ob es sich bei beiden Begriffen um dasselbe handelt. Habe dazu heute Morgen extra in meinen Zügelkisten nach dem richtigen Theoriebuch gesucht.@Andreas: Doch, interessant das mit Montelimar.. Kannte den Begriff Enhanced-V bzw. V-Shape nur in Zusammenhang mit einer starken Gewitterzelle / Superzelle. Aber das bei Montelimar kann man ja nicht als eine einzelne unabhängige Zelle bezeichnen, sondern eher als südlichster Punkt einer quasistationären Front bzw. Luftmassengrenze.. und hat irgendwie den Charakter eines Motors.. Oder wie siehst du das?
In der franz. Terminologie wird die Sat-Signatur als systèmes orageux en forme de V oder weiterführender: systèmes convectivs de méso-échelle en forme de V, kurz übersetzt: MCS in V-Form bezeichnet.
In einer spannenden und gut illustrierten Veröffentlichung von Météo France (Les épisodes orageux à précipitations extrêmes sur les régions méditerranéennes de la France) werden diese Systeme genauer analysiert. Dort ist zu lesen, dass die V-Systeme starke Ähnlichkeiten mit konvektiven Strukturen in den USA haben (Scofield beschreibt 1985 diese Strukturen, unter den Begriffen large scale wedge, V-notch anvil und regenerative systems. Auch über Südostengland wird das Phänomen beobachtet und soll von den Mets dort kurz als plume-event bezeichnet werden. Schlussendlich kommt der MF-Bericht zur ausführlichsten Beschreibung, der dem ganzen Phänomen gerecht werden soll: systèmes convectivs de méso-échelle régénerativ quasi stationnaire en forme de V, was deiner oben erwähnten Vermutung schon ziemlich nahe kommt.

Grafik 1 : Wolkentop Temperatur-Strukturen einer Tornado-Zelle über Nebraska (Scofield und Purdon -1986- und Fujita -1981)
Grafik 2: Schematische Grafik der V-Systeme über Südostfrankreich
In der Météo France Publikation wird die Struktur der V-Systeme wie folgt erklärt:
Der V-Punkt, normalerweise während längerer Zeit stationär, ist die Zone mit der stärksten Vertikalbewegung. Das V liegt dabei in der Strömungsrichtung der mittleren Troposphäre; der V-Punkt verlagert sich häufig sogar stromabwärts (also meist gegen Süd bis Südwest, in Bezug auf Südfrankreich).
In den meisten Fällen sind die Wolkentop-Temperaturen des Systems am V-Punkt am höchsten. Wahrscheinlich kommt es dort zu einem overshooting top; dabei soll es zu einem Umströmen des overshooting top in der oberen Troposphäre kommen, was zu den typischen V-Winkeln der Cb-Top Bewölkung führt. Je stärker der Höhenwind, desto enger sind diese V-Winkel. Auf der Sat-Animation entseht so der Effekt einer V-förmigen Rauchfahne.
Am vordersten Punkt des quasistationären Systems entstehen immer wieder neue Zellen, was auf der Animation den Eindruck einer retrograden (rückwärts-, entgegen der Strömung gerichteten) Entwicklung erzeugt. Auf der Radaranimation sind häufig viele kleine aber intensive Zellen welche mit grosser Zuggeschwindigkeit mit der Höhenströmung auf der gleichen Linie ziehen (meist SW-NE). In Frankreich train d échos genannt, in den USA von Dosswell train effect:
Many convective systems are organized such that the individual cells within the system are aligned laterally. As described in Doswell et al. (1996), if the system motion is nearly parallel with that linear structure but the cells move roughly parallel to the line, then any given point along that line experiences several convective cells in sequence. This is the so-called train effect wherein several convective cells pass over a given point, more or less like railroad cars in a train. Most convectively-associated flash flood events are of this character.
Aus Flash flood forecasting
Mit diesem Hintergrund nochmals zur letzten Nacht mit dem système V über dem Rhonetal. Zuerst ein IR 10.8 Satbild mit Einfärbung der extremen Wolkentops, 22 UTC:

Rosa Wolkentops < -65 °C, Der V-Punkt des Systems befindet sich ziemlich genau über Orange, der Flugplatz meldete denn auch +TSRA (heftige Gewitter). Das System blieb dort für längere Zeit stationär. Dementsprechend wurde zwischen 21 und 22 UTC eine Stundensumme von 67 mm registriert. (Total 87 mm 21-00 UTC).
Hier die Analyse um 22 UTC:

(Bodendruck, Bodenwinde, TTT/TPT, IR-Wolkentops, Blitze, blaue Dreiecke Modellwind auf 700 hPa)
Schon fast klassische Situation für die Entstehung der V-Systeme über Südfrankreich:
Kleines Bodentief über dem Rhone-Delta (Bouches du Rhone) welches mit Süd bis Südostwinden warmfeuchte Luft gegen Norden transportiert und damit den Zellkomplex nährt. Anhand der konvergenten Bodenwinden sowie der Temperatur und Taupunktsverteilung ist die Front mit dem eingebeteten System sehr gut auszumachen. Verlagerung der Cb-Top Bewölkung und auch der Zellen im quasistationären System mit den 700 hPa Höhenwinden aus SW nach NE.
Im Forum infoclimat.fr findet man dazu eine Radarbildfolge des Systems:
http://forums.infoclimat.fr/index.php?s ... ntry792301
Zum Schluss noch die 24 stündige Regensumme von Donnerstag, 4. September 06 UTC:

Spitzenreiter hier Montelimar mit 128 mm.
Gruss Andreas
- Editiert von Christian Matthys am 04.09.2008, 18:46 -