@Alfred
Alter Glaskugelgucker...
Vielleicht ist das ja der richtige Thread, um eine Diskussion zur vorherrschenden Grosswetterlage anzuregen. Die aktuelle Situation ist nämlich sehr interessant; genauso interessant ist die weitere Entwicklung bis in den Langfristbereich hinein.
Momentan wird das Wetter über Mitteleuropa von einem Höhentrog geprägt. Dieser für sommerliche Verhältnisse doch recht ausgepräte Trog erstreckt sich vom Nordmeer über Skandinavien, Osteuropa, Mitteleuropa bis nach Spanien. Die Trogachse verläuft grob gesagt von Südwestspanien nach Frankreich:
Nun habe ich im Wetter-ABC gelesen, dass Langwellentröge in der Höhe im allgemeinen eine sehr geringe Verlagerungsneigung haben. Einfach formuliert: sie bleiben gerne da, wo sie sind. Unser Trog ist da gemäss der jetzigen Kartenlage keine Ausnahme. Im Verlauf dieser Woche kommt es über Europa mehr und mehr zu einer Zonalisierung der Höhenströmung. Es stellt sich eine wechselhafte Westlage ein.
Mittwoch:
Gegen Ende der Woche kippt die Höhenströmung zwar allmählich Richtung Südwest (wobei nicht alle Modelle das so explizit sehen, wie das abgebildete GFS), der Trog – und das ist das entscheidende – regeneriert sich jedoch immer wieder von neuem:
Freitag:
Im Verlauf des Wochenendes kommt der Alpenraum gemäss GFS mehr und mehr auf die Vorderseite des Troges. Das heisst es kommt zur Advektion warmer Luftmassen, die Temperaturen steigen. Ein Jubelgrund ist das aber nicht – vor allem dann nicht, wenn man keinen Niederschlag mag. Der Trog verlagert seine Achse zwar etwas nach Westen, er behält seinen Einfluss auf unser Wetter aber weitgehend bei.
Montag:
GFS wie auch ECMWF simulieren zwar am Montag, 23. Juni sommerliche Temperaturen (wobei ECMWF von den +30 °C bei GFS nicht mal ansatzweise etwas wissen will...), bereits am Montagabend und auf Dienstag schicken beide Modelle aber eine Kaltfront zu den Alpen. Wenn man die Cape-Werte von verbreitet über 2000 j/kg bei GFS+180 ernst nimmt, dann liegt am Montag sogar eine Schwergewitterlage auf der Alpennordseite drin.
ECMWF sieht in der Tendenz meines Erachtens ähnlich aus wie GFS. Allerdings ist die Zonalisierung hier noch ausgeprägter, das Temperaturniveau einen Tick niederiger und der Trog östlicher. Will heissen: Nasser, windiger, kühler!
Montagabend ECMWF:
Fazit: Auch wenn wir hin und wieder auf die Trogvorderseite/Keilrückseite kommen sollten, so bleibt das Wetter über Europa bis weit in den Langfristbereich im wesentlichen Tiefdruckdominiert. Die bereits angesprochene Erhaltungs- und Regenerationsneigung von Langwellentrögen veranlasst mich sogar zur vielleicht etwas provokativen Aussage, dass wir von einem schönen, warmen, ruhigen, von Absinkprozessen geprägten Sommer unter Regie eines Hochdruckgebiets momentan nur träumen können...
:D