Warum dieses Thema im Offtopic ist, wird immer Euer Geheimnis bleiben. Meine zentrale Botschaft ist, dass mit dem staatlichen Messnetz allenfalls eine Warnung, die diesen Namen verdient (nehmen wir US-Standard) für die Region Zürich möglich ist. Wer Warnungen vor Föhnstürmen in sämtlichen Voralpen- und Alpentälern erwartet, hat Pech gehabt, ausser, es steht gerade zufällig eine der wenigen Stationen da. Auf Mittelland wird vor 40 km/h (!) gewarnt, Stürme mit 100 und mehr anderswo laufen unter "in den Alpentälern zum Teil Föhn". In der Schweizer Illustrierte steht folgendes Interview:
Nach 2005 nun schon wieder ein Unwetter mit bedrohlichen Regenfällen und grossen Schäden. Wie lief Ihrer Meinung nach die Alarmierung?
Nicht optimal, die Pegel-Prognosen der bedauernswerten Hydrologen können natürlich immer nur so gut oder schlecht sein wie die zugrunde liegenden Regenprognosen, und die stammen unglücklicherweise von Meteo Schweiz.
Wie meinen Sie das?
Sehen Sie: der offizielle, Steuergeld-unterstützte Schweizer Wetterwarndienst verfügt in diesem Land über lächerliche 70 Messstationen, die gleichzeitig Temperatur, Feuchte, Sonne, Niederschlag und Wind nach internationalem Standard messen- vier davon allein in der Grossregion Zürich. Damit kann man nicht arbeiten, nicht warnen, über 90 % der Schweizer Naturräume, vor allem weitere Teile der Voralpen und Alpen, wo die Hochwasser meistens herkommen, sind ohne wissenschaftliche Messung. Wie soll man mit einem dermassen untauglichen Messnetz vernünftig warnen? Wer lokal vorhersagen will, sei es Hochwasser oder Sturm, muss lokal messen. Die Dichte des Messnetzes in unserem topographisch anspruchsvollen Land würde selbst ein Drittweltland beschämen! Und die Leute, die sich ihr Geld gar nicht verdienen müssen, wie Meteo Schweiz und SF Meteo mit ihren Steuer- und Konzessionsmillionen ändern diesen Zustand seit Jahren nicht und geben vor, mit einer solchen Basis die Schweiz angemessen warnen zu können. Das ist vollkommen grotesk und eine Irreführung der Bevölkerung.
Wetterprognosen und Wetterwarndienst könnten also verbessert werden?
Was heisst hier «könnten» – müssen! Was soll man denn mit Prognosen oder Warnungen wie «in den Alpentälern zum Teil Föhn» anfangen? Soll man sich selber aussuchen, ob man nun zu einem Föhn-betroffenen Alpental gehört oder nicht? Das kanns doch nicht sein! Stellen Sie sich mal vor, in den USA würde es bei einer Warnung für Florida „zum Teil Hurrikan“ heissen. Vielen haben sich anscheinend in der Schweiz daran gewöhnt, dass man vor Unwettern nicht warnen kann – man könnte, damals in Gondo, in Sachseln, beim Hochwasser vor zwei Jahren, kürzlich in Einsiedeln. Was wir haben, ist ein Warnsystem, das für Zürich und Umgebung funktionieren mag, wo Blinkliechtli am See vor 40 km/h Wind warnen. Droht im Entlebuch, im Emmental oder im Haslital aber ein Föhnsturm mit 120 Stundenkilometern, warnt keiner, weil niemand weiss, was dort passiert. Unsere staatliche Meteorologie in diesem Zustand ist als warnbeauftragte Einheit eher eine Gefahr für die Bevölkerung und sie lügt den Bundesrat immer wieder an: Damals, als sie behauptet hat, man hätte Lothar nicht voraussehen können und immer wieder, wenn sie so tut, als ob man heute Dinge wie das sogenannte Nowcasting erst erfinden und einführen müsste, obwohl das anderswo und bei uns schon lange Standard ist.
Dann könnten Sie das ja übernehmen.
Wir sind dran. Mit dem Wetterportal
www.meteocentrale.ch bauen wir unser Messstationen-Netz in der Schweiz derzeit massiv aus. Bis Ende dieses Jahres werden wir zusätzlich weit über 100 Online-Wetterstationen haben, bis Ende 08 kommen nochmals 100 dazu. Dann wird dieses Land endlich über ein professionelles Messsystem verfügen, das professionelle Warnungen erlaubt. Dazu kommt ein vier mal vier Kilometer enges Computermodell, was wir mit dem englischen Wetterdienst für die Schweiz entwickelt haben, das wir den Hydrologen gerne gratis zur Verfügung stellen, das hilft sicher bei der Hochwasserprognose.
Was kostet dieser Ausbau?
Rund zwei Millionen Franken. Wir finanzieren ihn selbst und mit Hilfe der Schweizer Energie-Technologiefirma Weishaupt. Ein nächster Schritt wird sein, der Bevölkerung die Warnungen kostenlos via SMS oder E-Mail zugänglich zu machen. Es darf die Schweizer nichts kosten müssen, in der Schweiz Unwetter überleben zu wollen.
Jörg Kachelmann, 49, ist VR-Präsident des privaten Schweizer Wetterdienstes Meteomedia AG mit Sitz in Gais AR (insgesamt 120 Mitarbeiter)