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Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Mo 27. Feb 2006, 19:26
von MarcoKaschuba
Servus,

ich habe eine Frage - gibt es schriftliche Aufzeichnungen zum Windfeld entlang des Juras? Gibt es Aufzeichnungen zu der besonderen Lage entlang des Juras und deren Einfluss auf Schwergewitter (Superzellen, Tornados). Die tollen Superzellen-Auswertungen von Bernhard und Willi sind mir schon bekannt.

Danke und viele Grüsse
Marco Kaschuba

Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Mo 27. Feb 2006, 21:45
von Severestorms
Hoi Marco

Mir fallen hier spontan keine weiteren Aufzeichnungen oder Quellen ein, ausser die Maturaarbeit von Fabienne Muriset, aber die kennste wahrscheinlich schon: http://wetterbild.de/wetterrevue/wetter ... witter.htm

Dass der Jura aufgrund seiner Orographie Superzellen und wohl auch Tornados begünstigt (Stichwort Windscherung) ist ja hinlänglich bekannt.. Tiefergehende Untersuchungen wie z.B. solche von Willi Schmid und H.-H. Schiesser sind allerdings noch Mangelware (wenn ich mich nicht täusche).. Vielleicht haben ja die Franzosen noch irgendwas zum Jura.. ein Search bei Google brachte mich allerdings nicht weiter..

Thies könnte dir bestimmt auch noch viel von seinen Erfahrungen berichten.

Steffen Stöckler hat seine Erfahrungen und Untersuchungen zum Schwergewittervorkommen im Süden Baden-Württembergs und in der Nordschweiz auf folgender Seite festgehalten: http://www.gewitternews.de/Gewitter%20i ... chweiz.htm

Gruss Chrigi
- Editiert von Christian Matthys am 27.02.2006, 22:20 -

Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Mo 27. Feb 2006, 21:58
von Andreas -Winterthur-
Hallo

Veröffentlichung der SMA/MeteoSchweiz von A. Piaget:

L'évolution orageuse au nord des Alpes et la tornade du Jura vaudois du 26 aout 1971

http://www.meteoschweiz.ch/web/de/forsc ... geuse.html

Gruss Andreas

Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Mo 27. Feb 2006, 23:15
von Severestorms
Hier noch die Zusammenfassung des SMA-Berichts:

Zusammenfassung des Autors

Am Nachmittag des 26. August 1971 war das Wetter in der Schweiz durch starke Gewittertätigkeit und bedeutende Hagelfälle gekennzeichnet. Im synoptischen Masstab wies die Wetterlage gegenüber anderen Gewittertagen keine Besonderheiten auf. Zwei Mesosysteme bildeten und entwickelten sich auf der Alpennordseite. Eines der beiden hinterliess über dem Waadtländischen Jura eine Schneise von schweren Schäden von 23 Kilometer Länge. Diese Untersuchung zeigt, dass diese Verwüstungen von einem Tornado herrühren. Sie traten am Anfang in einer Höhenlage von 1000 m/M, dann in 1400 m/M und gegen den Schluss in 600 m/M auf, ohne dass die Orographie einen wesentlichen Einfluss ausgeübt zu haben scheint.; einzig an den nach Osten abfallenden Hängen ist eine Verstärkung der Tornadowirkung zu erkennen. Zeitweise, besonders am Anfang, existierten mehrere Wirbel nebeneinander. Einige Hinweise auf frühere Tornados in der Schweiz ergänzen diesen Bericht. Es werden Parallelen zwischen dem 1971er-Tornado und demjenigen von 1890 (der übrigens den gleichen Geländestreifen verwüstete) sowie den Tornados von 1926 und 1934 im Neuenburger und Berner Jura aufgezeigt.


Noch eine interessante Hypothese über die Tornadogenese in der Nähe von Gebirgen:
http://ams.confex.com/ams/pdfpapers/82063.pdf

Re: Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Do 19. Sep 2013, 17:59
von Severestorms
Severestorms hat geschrieben:Hier noch die Zusammenfassung des SMA-Berichts:

Zusammenfassung des Autors

Am Nachmittag des 26. August 1971 war das Wetter in der Schweiz durch starke Gewittertätigkeit und bedeutende Hagelfälle gekennzeichnet. Im synoptischen Masstab wies die Wetterlage gegenüber anderen Gewittertagen keine Besonderheiten auf. Zwei Mesosysteme bildeten und entwickelten sich auf der Alpennordseite. Eines der beiden hinterliess über dem Waadtländischen Jura eine Schneise von schweren Schäden von 23 Kilometer Länge. Diese Untersuchung zeigt, dass diese Verwüstungen von einem Tornado herrühren. Sie traten am Anfang in einer Höhenlage von 1000 m/M, dann in 1400 m/M und gegen den Schluss in 600 m/M auf, ohne dass die Orographie einen wesentlichen Einfluss ausgeübt zu haben scheint.; einzig an den nach Osten abfallenden Hängen ist eine Verstärkung der Tornadowirkung zu erkennen. Zeitweise, besonders am Anfang, existierten mehrere Wirbel nebeneinander. Einige Hinweise auf frühere Tornados in der Schweiz ergänzen diesen Bericht. Es werden Parallelen zwischen dem 1971er-Tornado und demjenigen von 1890 (der übrigens den gleichen Geländestreifen verwüstete) sowie den Tornados von 1926 und 1934 im Neuenburger und Berner Jura aufgezeigt.
Die Studie ist nun (seit kurzem?) kostenlos online abrufbar:
http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de ... oeff35.pdf

:up: :up: :up:

Die 107-seitige Studie enthält zahlreiche Schadenfotos und Skizzen und stellt aufgrund ihres Umfangs und ihrer Detailtreue wohl ein einmaliges Dokument in der Schweizer Tornadoforschung dar!

Jetzt weiss ich womit ich mich in den nächsten Wochen beim Pendeln beschäftigen werde.. :-)

Apropos Jura-Tornados; der F5 Monster-Tornado vom 19. August 1890 entstand ja (wie übrigens auch der Tornado vom 12.06.1926 bei La-Chaux-de-Fonds) in Frankreich und ist daher von KERAUNOS eingehend analysiert worden. Hier eine interessante Ereignisseite dazu (u.a. mit einer Karte der Schadensspur, Schadensbildern und Wetterkarten):
http://www.keraunos.org/actualites/fait ... orage.html

Bei dieser Gelegenheit möchte ich gerne auf die neue interaktive Karte von KERAUNOS hinweisen, welche alle bekannten Tornados in Frankreich übersichtlich (nach Stärke unterschieden) darstellt:
http://www.keraunos.org/climatologie/le ... aises.html

Gruss,
Chris

Re: Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Do 19. Sep 2013, 18:41
von Willi
Hoi Chrigi

Danke für die spannenden Quellen-Hinweise. Du bezeichnest den Tornado von 1890 als "F5", im von dir verlinkten Artikel von Keraunos steht aber
intensité maximale : EF4 soit des vents de 270 à 320 km/h
. Hast du noch andere Quellen, die auf F5 hinweisen? Gemäss Wikipedia hat die ältere F5-Stufe eine höhere minimale Geschwindigkeit als EF5.

Gruss Willi

Re: AW: Superzellen, Tornados - Jura Schiene

Verfasst: Do 19. Sep 2013, 20:51
von Severestorms
Hoi Willi

Die F5 Angabe habe ich vom ehemaligen TorDACH-Datensatz übernommen (glaube ich zumindest). Über die Diskrepanz zu den Angaben von Keraunos bin ich auch gestolpert, aber mir das so erklärt, dass die Schäden in Frankreich wohl nur auf EF4 hinwiesen und der Tornado vermutlich erst im Vallée de Joux die volle Stärke erreichte. Aber das ist zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation.

Beim Tornado vom 12.06.1926 bei La-Chaux-de-Fonds dasselbe. Dort ist bei Keraunos ebenfalls von EF4 die Rede. TorDACH hatte ihn soviel ich weiss als F2 - F3 eingestuft. Da nehme ich bis auf Weiteres an, dass sich der Tornado auf Schweizer Gebiet abschwächte.

Wer die Einschätzungen bei TorDACH (und anhand von Was) vorgenommen hat, ist mir nicht bekannt. Weisst du was darüber?

Gruss Chris