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Frage zum Winter

Verfasst: Mo 7. Mär 2005, 20:05
von Sämi (ZH-Unterland)
Hoi zäme

Wie würdet ihr Experten den Winter 04/05 in der Schweiz zusammenfassen?
Heute hiess es, der März sei der Kälteste Monat seit 34 Jahren (bisher). Kann man generell so eine Aussage über den ganzen Winter machen? Der Schneereichste, Kälteste, Härteste, was weiss ich... :(
Wie würdet ihr das einschätzen?
Eine Aussage über Europa wär für mich auch interessant, aber da wirds wohl schwieriger.

Gruss, Sämi

sehr normal

Verfasst: Mo 7. Mär 2005, 21:38
von harrie
@Sämi

Der Winter war sehr normal würde ich sagen.

Für Zürich-SMA ist die mittlere Wintertemperatur (Dez.-Feb.) wahrscheinlich
0.1 Grad geworden. Damit hat es seit 1901 42 kältere Winter gegeben. Es
ist trotzdem der kälteste Winter seit 1996.

Ein anderes Kriterium sind die Kältepünkte. Zürich-SMA hat mehr als 140
Kältepünkte, und damit hat fast die Hälfte der Winter seit 1901 mehr
Kältepünkte gehabt. Die Kältepünkte können etwas weiter steigen, aber auch
hier ist es sehr unwahrscheinlich dass es noch eine grosse Steigung gibt. Auch
hier: normal.

Bezüglich März: wir haben erst eine Woche März gehabt. Interessant ist
das Zürich-SMA heute den 4. Eistag (maximum unter Null) hat. Nur in März
1971 und März 1987 gab es mehr Eistagen (7 resp. 5). Viele Meteostations
haben rekordtiefe Märztemperaturen gehabt (siehe www.meteoschweiz.ch).
Die Kaltewelle in März ist ausserordentlich, aber die Kältewelle von 1971
war in Zürich doch extremer.

Der Schnee ist denke ich etwas überdurchschnittlich, aber nicht extrem.
Zürich-SMA hat bis jetzt (seit Oktober) 50 Tagen mit einer Schneedecke,
im 20. Jahrhundert waren das etwa 45 Tagen (Oktober-Mai). Es gab aber
extreme Jahren mit etwa 100 Tagen mit einer Schneedecke. Die maximum
Schneehöhe war in Zürich überhaupt nicht speziell hoch. Die 50 Tagen
sind aber nicht schlecht wann man die Daten anschaut seit 1988 ...

Bezüglich Eis gaf es vier grössere Flachlandseen die ganz zufroren:
Lauerzersee, Pfäffikersee, Aegerisee und Greifensee. Der Greifensee
friert historisch (1923-2005) etwa 4 von jede 10 Winters ganz zu, die
andere Seen noch öfter. Es hat wenig gefehlt ob Seen die nur 2 von
jede 10 Winters ganz zufrieren (Hallwilersee, Baldeggersee, Murtensee),
hätten eine feste Eisschicht bekommen. Leider auch diese Winter wieder
nicht :-/

Bezüglich Europa kann ich sagen dass der Winter in Holland etwas zu
mild war. Die Kältewelle in März war aber extrem: Schneehöhen auf
Meereshöhe von bis zu 50cm und Minimumtemperaturen bis -20.7 Grad
waren Landesrekorde für März seit 1901: es kann immer noch sehr
kalt sein.

Mich würde ein klimatologisch Vergleich von Temperaturmessungen in
die Gipfelregionen interessieren. Dort war ja die Februar extrem
kalt.

Gruss,

Harrie-Jan

Frage zum Winter

Verfasst: Mo 7. Mär 2005, 23:10
von Michi, Uster, 455 m
hallo harriejan
der säntis war der 7. kälteste Februar seit 1901, der ganze winter dort an 33. Stelle in 105 Jahren, und etwa 1.5 Grad unter dem Mittel 1901-2005.
Interessant sind auch die Eistage für Zürich SMA seit 1901:
1956 23
1986 21
1901 15
1929 14
1942 14
2005 14
Wenn man die Top-Ten Eistage für Zürich SMA nimmt, hat man in 7 von 10 Jahren eine zu warme Mitteltemperatur auf dem Säntis. Der Sommer im Gesamten (Jun-Aug) ist in 6 von 10 Jahren zu warm. Allerdings ist ausgerechnet der 1956er ein in allen Monaten zu kalter Sommer.

Michl, Uster
- Editiert von Michl Uster+Klosters am 08.03.2005, 11:29 -

Frage zum Winter

Verfasst: Di 8. Mär 2005, 23:13
von harrie
Hoi Michl,

Danke für die Daten!

Ich habe noch etwas neues: Zürich-SMA hat bis und mit gestern 30 Eistagen.
Seit 1902 gab es nur 21 Winters mit mehr Eistagen. Mit den Eistagen läuft
es gut, wer weiss gibt es die nächste Woche noch ein Eistag.

Zürich-SMA hat bis und mit gestern 149.4 Kältepünkte. Seit 1901 hatten
"nur" 39 Winters mehr Kältepünkte.

Die mittlere Wintertemperatur ist in Zürich-SMA 0.0 Grad gewesen (nicht 0.1
Grad), und es hat damit seit 1901 41 kältere Winter gegeben. Februar 2005
war 2.1 K kälter als normal (1961-1990). Seit Januar 1991 gab es nur 10
Monate in Zürich mit einer negativen Temperaturabweichung grösser als 2 K,
drei mal war die Abweichung grösser als 3 K (max. -3.2 K). Es gab aber
20 Monate mit eine positive Temperaturabweichung grösser als 3 K, zwei mal
sogar mehr als 5 K (Juni 2003 (+6.9 K) und August 2003).

Auch noch interessant ist dass Winter 2005 erst die 10. Jahreszeit ist
seit 1991 mit einer negativen Temperaturabweichung (vgl. 1961-1990) (von
57 Jahreszeiten). Und erst die 2. im 21. Jahrhundert mit einer negativen
Temperaturabweichung(auch Herbst 2003).

Gruesse,

Harrie-Jan
- Editiert von harriejan am 08.03.2005, 23:37 -

Frage zum Winter

Verfasst: Mi 9. Mär 2005, 18:02
von Sämi (ZH-Unterland)
Merci viel mal für die Auskunft. Also war der Winter alles in allem ziemlich normal.
Ich habe schon lange nicht mehr so viel, oder besser gesagt so lange Schnee im Flachland gesehen, auch war es lange Zeit knackig kalt. Von daher dachte ich, es sei schon ein bisschen ein spezieller Winter gewesen.
Jetzt bin ich fast ein bisschen enttäuscht... ;-)

Gruss, Sämi

Frage zum Winter

Verfasst: Mi 9. Mär 2005, 20:49
von swissmac
Salue zaeme

Das besondere an diesem Winter scheint mir aber die Verteilung: bis Mitte Jan. war im Flachland praktisch kein Schnee zu sehen. Seither aber konstant! Dass man in einem Winter ohne Schnee bis Mitte Jan. noch auf leicht überdurchschnittliche Werte kommt, ist vermutlich schon recht selten, oder?

Gruss Markus

Frage zum Winter

Verfasst: Mi 9. Mär 2005, 21:18
von Andreas -Winterthur-
Hallo
Dass man in einem Winter ohne Schnee bis Mitte Jan. noch auf leicht überdurchschnittliche Werte kommt, ist vermutlich schon recht selten, oder?


Genau! Das ist wohl das prägende Merkmal dieses Winters, der eigentlich nur zur Hälfte stattgefunden hat. Schlussendlich wird er, wenn man mal November bis März anschaut, wohl ziemlich ausgeglichen sein und als bedeutungslos in den Analen verschwinden. Auch der Winter mit der Seegfrörni der kleinen Seen (2002) war übrigens überdurchschnittlich mild. Soweit ich mich erinnern kann war es damals genau umgekehrt; zu kalte 1. und zu warme 2. Hälfte.

Wenn man nur die Phase mitte Januar bis 1. Märzwoche betrachtet, gehört dieser Abschnitt wohl zu den kältesten und schneereichsten (Mittelland) je gemessenen Winterphasen.

Gruss Andreas

Frage zum Winter

Verfasst: Mi 9. Mär 2005, 21:47
von Ricco (Koblenz AG)
kalt ja, aber schneereich? ich weiss nicht so recht, hier wars jedenfalls wohl einer der scheeärmsten Winter seit vielen Jahren!

Frage zum Winter

Verfasst: Mi 9. Mär 2005, 22:40
von Peter,Walchwil ZG
Hallo,
was sicher noch auffällig war in der zweiten Hälfte dieses Winter,ist vorallem die starken Abweichung der Temperatur in den Bergen.Die Zugspitze hatte z.B.im Februar -4,6° negative Abweichung zum langjährigen Mittel,CH-Berge sind wahrscheinlich im ähnlichen Rahmen.
Daraus folgt,dass die Kälte nicht durch lange Hochdrucklagen-->Inversionslagen zustande kam,sondern durch zyklonal geprägte Wetterlagen.Vorallem die langanhaltende Dauer ist schon sehr Bemerkenswert.

Grüsse Peter

Frage zum Winter

Verfasst: Mi 9. Mär 2005, 22:54
von Chrigu Riggisberg
Hallo zämä

für die erste Hälfte des Winters gilt gerade das Gegenteil: v.a. Anfang Dezember und Anfang Januar war unser Wetter sehr antizyklonal geprägt gewesen. Deshalb hatte man in den Bergen auch deutlich positive Temperaturabweichungen (bis 5°C), während dem es im Mittelland unter der Inversion nur leicht positive Abweichungen von 0.5°C gab (liegt im Schwankungsbereich).

Noch ein Wort zum "Schneereichtum" dieses Winters: Ich möchte betonen, dass es bezüglich der Schneemengen lokal sehr grosse Unterschiede gegeben hat. In Riggisberg konnte ich während dem vergangenen Winter nur einmal eine max. Schneehöhe von 25cm messen, was nicht sehr viel ist. Für mich in der Westschweiz sind klassische Nordwestlagen nicht so toll; es braucht viel mehr Spezialwetterlagen wie jene vom 16.Februar 1985. Bei solchen Lagen schüttet es dann vor allem in der Westschweiz ein (damals 85cm). Solche Wetterlagen scheinen aber leider nur eine sehr grosse Wiederkehrperiode zu haben...Schade!

Bezüglich der Dauer der Schneedecke gibt es weniger Heterogenitäten, da diese ja v.a. durch die Temperatur bestimmt wird. Und die Temperatur verteilt sich bekanntlich immer gleichmässiger (und gerechter).

Gruss

Chrigu

PS: Der März sollte mit einer negativen Temp.abweichung zu Ende gehen, da auf den Wetterkarten immer noch keine deutliche Erwärmung mit Temperaturen über 10°C zu erkennen ist. Und nach den ersten 9 Märztagen beträgt die mittlere Temp.abweichung immer noch rund 6°C!