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Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Bernhard Oker
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Bernhard Oker »

Bernhard Oker - Urdorf (ZH/CH) - Meine Webseiten "Never Stop Chasing!"

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Tinu (Männedorf)
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Fürs Sturmforum gibts noch die Analyse des Ereignisses, die ich zusammen mit Willi und Dominic gemacht habe. Wer auch die Loops und Grafiken sehen will, muss ein Abo lösen :) .

Hier der Link zur Story: https://www.tagesanzeiger.ch/chaux-de-f ... 9513138071

Der Text:
Es waren Bilder wie aus einem Kriegsgebiet, die am Montag, 24. Juli, aus dem Neuenburger Jura an die Öffentlichkeit gelangten. Sie zeigten abgedeckte Häuser, zerstörte Fassaden und Fenster, umgekippte Lastwagen, geknickte Bäume und zusammengedrückte Autos. Innerhalb von nur wenigen Minuten hatte eine Gewitterzelle La Chaux-de-Fonds überquert und dabei enorme Verwüstungen angerichtet. Die traurige Bilanz: Ein Todesopfer, mehr als 40 Verletzte und Schäden in Millionenhöhe.

Noch am Montag machten sich Experten daran, die Geschehnisse zu untersuchen und einzuordnen. Einer von ihnen ist Dominic Blaser. Der Berner ist ein erfahrener «Stormchaser» (Sturmjäger) und Gewitterexperte, der unter anderem schon mehrfach im Mittleren Westen der USA unterwegs war und dort Superzellen und Tornados untersuchte. Auch aktiv wurde der ehemalige ETH-Doktor und Radarexperte Willi Schmid. Der Begründer des ETH-Spinoff-Unternehmens Meteoradar analysierte die Radardaten des Gewitterereignisses.

Diese Analyse basiert auf ihren Erkenntnissen.

Günstige Ausgangslage für heftige Gewitter

Bereits kurz nach dem Ereignis gab es erste Spekulationen darüber, welches meteorologische Phänomen diese Schäden angerichtet haben könnte. Augenzeugen berichteten zunächst von einem Tornado. Die Wetterdienste und auch Gewitterexperten waren zurückhaltender: Angesichts der Bilder und Videos aus La Chaux-de-Fonds gingen sie eher von einer starken Gewitter-Fallböe, einem sogenannten Downburst aus.

Tornados sind Luftsäulen mit Bodenkontakt, die sich in Form eines Schlauchs oder Trichters unterhalb einer Gewitterwolke bilden. Downbursts hingegen sind kalte Abwinde, die aus grosser Höhe aus einer Gewitterwolke zu Boden stürzen. Beide Phänomene haben meteorologisch betrachtet durchaus Gemeinsamkeiten – und dennoch sind sie letztlich sehr unterschiedlich.

Die wichtigste Gemeinsamkeit von Tornados und Downbursts ist, dass sie oft im Zusammenhang mit Superzellen auftreten. Superzellen sind die stärkstmöglichen Gewitter. Damit sich aus einem Gewitter eine Superzelle entwickeln kann, ist eine gut ausgeprägte Windscherung in der Atmosphäre nötig. Das bedeutet: Der Wind nimmt mit der Höhe zu und ändert dabei oft auch seine Richtung. Wesentliches Merkmal einer Superzelle ist eine hochreichende, anhaltende Rotation des Aufwindbereichs, die sogenannte Mesozyklone.

Am Montag waren die atmosphärischen Bedingungen für Superzellen über dem Jura gegeben. Meteo Schweiz schreibt dazu in einem Blogbeitrag: «Eine sehr labile Atmosphäre, verbunden mit einer starken Windzunahme mit der Höhe, liess die Entwicklung potenziell heftiger Gewitter am Montag in der Schweiz erwarten.»

11 Uhr: Das Radar zeigt eine Superzelle

Die Gewitterzelle, die später La Chaux-de-Fonds verwüsten sollte, bildete sich am späteren Vormittag auf der französischen Seite des Jurabogens. Um 11 Uhr befand sie sich kurz vor der Schweizer Grenze auf Höhe des Kantons Neuenburg. «Die Trägerzelle des Sturms von La Chaux-de-Fonds und Umgebung war bereits zu diesem Zeitpunkt ohne Zweifel eine Superzelle», erklärt Radarexperte Willi Schmid.

Das zeigt sich beim Blick auf die Bilder des Doppler-Niederschlagsradars. Solche Radarbilder werden oft zur Analyse von Unwettern herangezogen. Sie zeigen die Stärke und die Bewegung des Niederschlags in einer Gewitterzelle anhand der Reflektivität der Regentropfen. Je intensiver der Niederschlag ist, desto kräftiger ist das Radarsignal. Das Radar bietet zudem neben dem flächigen Blick auch einen vertikalen Querschnitt. Es ist also auch erkennbar, wie hochreichend eine Gewitterzelle ist und wie weit die Niederschlagsteilchen innerhalb der Wolke in die Höhe transportiert werden.

Die Daten belegen an diesem Montag um 11 Uhr eine Mesozyklone mit einer horizontalen Ausdehnung von einigen Kilometern innerhalb der Gewitterwolke.

Es war also zu diesem Zeitpunkt klar, dass sich eine Superzelle dem Neuenburger Jura näherte.

Aber: Dass sie später mit derartiger Heftigkeit über La Chaux-de-Fonds hereinbrechen würde, war trotzdem kaum vorhersehbar. Die Zelle wies gemäss Willi Schmid nämlich nur eine moderate Stärke auf. Dies vor allem im Vergleich zu den enormen Superzellen, die später über Norditalien zogen. «Es war also bei weitem keine ausgeprägte Hagelzelle», betont Schmid.

Auch die Zugrichtung des Gewitters war in gewisser Weise untypisch für eine Superzelle. Diese blieb mehr oder weniger konstant in Richtung Ost-Nordost, bei einer Zuggeschwindigkeit von etwa 70 km/h. «Bei der Verstärkung einer Superzelle beobachtet man oft eine markantere Rechtsabweichung. Das war hier nicht der Fall», sagt Schmid.

Wieso aber richtete diese vergleichsweise moderate Superzelle derart verheerende Schäden an?

Ein roter «Batzen» in 4 Kilometern Höhe

Willi Schmid glaubt, die Gründe dafür gefunden zu haben. Dafür ist wieder ein Blick auf den Radar nötig. Um 11.20 Uhr überquert die Superzelle die Grenze zur Schweiz. Sie steht jetzt kurz vor La Chaux-de-Fonds. Auf der Fläche des Radarbilds ist eine deutliche Vergrösserung des rot-violetten Bereichs sichtbar. Die Superzelle hat also an Stärke zugelegt.

Beim Blick auf den vertikalen Querschnitt wird etwas Aussergewöhnliches erkennbar. Dieser zeigt ein Zentrum mit hoher Reflektivität (ein «Batzen» aus roter Farbe) in einer Höhe von etwa 4 Kilometern. «Auffallend ist, dass die Reflektivität unter diesem Zentrum deutlich geringer war», sagt Willi Schmid.

Um 11.30 Uhr, erneut 10 Minuten später, ändert sich dieses Muster wieder. Die farbliche «Anomalie» in der Höhe von rund 4 Kilometern löst sich auf und verschwindet rasch.

Zum Zeitpunkt dieses Vorgangs wird an der Meteo-Schweiz-Wetterstation in La Chaux-de-Fonds eine maximale Windgeschwindigkeit von 217 km/h gemessen.

Was war passiert?

«Ich interpretiere es so, dass sich zwischen 11 und 11.20 Uhr ein grosser Bereich aus Hagel und Wolkenwasser auf mittlerer Höhe in der Gewitterzelle aufbaute», sagt Willi Schmid.

Entscheidend war nun, dass diese «Ladung» während längerer Zeit im Bereich des Aufwindwirbels der Superzelle «gefangen» war. Es konnte also kein Niederschlag vorzeitig zu Boden gelangen, was eine Art Ventilwirkung gehabt hätte.

Dann aber brach der Aufwind in der Superzelle plötzlich zusammen. Das gesamte Hagel- und Regenpaket knallte als Downburst mit einem Schlag zu Boden – genau über La Chaux-de-Fonds.

Willi Schmid verwendet ein einfaches Bild, um den Vorgang zu erklären: «Man halte einmal den Daumen auf einen offenen Wasserhahn – irgendwann drückt es den Daumen weg und es macht platsch.»

Die Erklärungen von Willi Schmid korrespondieren mit den Videos, die vom Durchgang der Superzelle in La Chaux-de-Fonds verfügbar sind. Sie zeigen, dass sich Regen und Wind zum besagten Zeitpunkt wie ein riesiger Sturzbach aus der Gewitterwolke ergiessen und alles am Boden regelrecht verschlingen.

Eine wichtige Rolle dürfte auch die spezielle Topografie im Neuenburger Jura gespielt haben. La Chaux-de-Fonds liegt in einem relativ schmalen Hochtal, das von Südwest nach Nordost ausgerichtet ist. Die Winde innerhalb der Superzelle wurden durch diese topografischen Verhältnisse wohl kanalisiert, was eine zusätzliche Verstärkung zur Folge hatte.

Dieser Effekt ist nicht neu. La Chaux-de-Fonds wie auch das Vallée de Joux wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach von starken Gewitterzellen heimgesucht, die sogar Tornados verursachten. Unter Meteorologen und Sturmjägern wird die Region daher auch als «Tornado-Hotspot» der Schweiz bezeichnet.

Neben der Topografie ist dafür auch die exponierte Lage des Juragebirges im Advektionsbereich warm-feuchter Luftmassen aus Südwesteuropa verantwortlich.

Fazit: Kein Tornado, sondern ein Downburst

Klar ist: Im Fall der Superzelle vom letzten Montag kann ein Tornado mittlerweile nahezu ausgeschlossen werden.

Zu diesem Schluss kommt nicht nur Radarexperte Willi Schmid. Auch der Stormchaser Dominic Blaser ist dieser Ansicht. Er begab sich noch am Montagnachmittag ins betroffene Gebiet, um die Schäden zu untersuchen. Sein Verdikt ist klar: «Das war ein extremer Downburst.»

Dafür spricht das Schadensbild, das Blaser angetroffen hat. So sind die Bäume, die umgeworfen oder geknickt wurden, praktisch durchwegs von Südwest nach Nordost ausgerichtet. Auch die Gebäudeschäden und die damit verbundene Verteilung der Trümmerteile weisen ein ähnliches, geradliniges Muster auf.

Das spricht gegen einen Tornado. «Bei einem Tornado, der ja ein rotierender Wolkenschlauch ist, wäre das Schadensbild viel chaotischer und weniger eindeutig», sagt der Sturmjäger.

Bekräftigt wird die Downburst-Theorie zudem durch mehrere Videos, die im Nachgang des Unwetters in den sozialen Medien veröffentlicht wurden.

Dominic Blaser geht davon aus, dass der Downburst auf der Fujita-Skala, mit der die Heftigkeit von Starkwindereignissen anhand des Schadensbilds eingestuft wird, die Stärke F2 erreichte. Das bedeutet: Er erreichte Windgeschwindigkeiten von 180 bis 250 km/h. Dazu passt auch die Spitzenböe von 217 km/h, die um 11.30 Uhr an der Meteo-Schweiz-Wetterstation in La Chaux-de-Fonds gemessen wurde.

Dass die Superzelle ausgerechnet über La Chaux-de-Fonds eine derartige Zerstörungskraft entfaltete, war letztlich eine (verheerende) Laune der Natur. «Vermutlich hat ein spezielles unglückliches Zusammentreffen verschiedener dynamischer Faktoren zu diesem Ereignis geführt», bilanziert Willi Schmid.
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert


Chicken3gg
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Chicken3gg »

Ich habe auf Tiktok ein paar Videos gefunden vom wohl "bekanntesten Schadensstandort" im Industriegebiet in La Chaux-de-Fonds

Aufnahmeort Crêt-du-Locle, Sellita
https://maps.app.goo.gl/AC8Li3VsgCoQP6xX7

https://vm.tiktok.com/ZGJquEUmw/

https://vm.tiktok.com/ZGJqubQ1C/
https://vm.tiktok.com/ZGJquXCwA/
https://vm.tiktok.com/ZGJquu7QE/
https://vm.tiktok.com/ZGJqumdrE/



Noch eins, der Aufzug des Downbursts praktisch in voller Länge
https://vm.tiktok.com/ZGJqucBnt/

Ein weiteres Video vom Aufzug
https://vm.tiktok.com/ZGJqHY7Kr/

In La Chaux-de-Fonds
https://vm.tiktok.com/ZGJquwkuj/
https://vm.tiktok.com/ZGJqHJwpJ/ (Kran fällt)
https://vm.tiktok.com/ZGJqHNtoM/ (fliegende Ziegel)
Zuletzt geändert von Chicken3gg am Mi 26. Jul 2023, 16:22, insgesamt 7-mal geändert.

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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Rontaler »

Chicken3gg hat geschrieben: Mi 26. Jul 2023, 15:59 Ich habe auf Tiktok ein paar Videos gefunden vom wohl "bekanntesten Schadensstandort" im Industriegebiet in La Chaux-de-Fonds

Aufnahmeort Crêt-du-Locle, Sellita
https://maps.app.goo.gl/AC8Li3VsgCoQP6xX7

https://vm.tiktok.com/ZGJquEUmw/

https://vm.tiktok.com/ZGJqubQ1C/
https://vm.tiktok.com/ZGJquXCwA/
https://vm.tiktok.com/ZGJquu7QE/
https://vm.tiktok.com/ZGJqumdrE/
Angesichts dieser und anderer extremen Schäden verstehe ich nicht, weshalb MeteoSchweiz die Windspitze von 217 km/h anzweifelt (das Schalenanemometer wäre bei so hohen Windspitzen kaputt gegangen). Die Messstation La Chaux-de-Fonds ist etwa 800 m Luftlinie von dieser Lokation entfernt.

Bild

Quelle: https://www.meteoschweiz.admin.ch/ueber ... fonds.html
Zuletzt geändert von Rontaler am Mi 26. Jul 2023, 16:26, insgesamt 1-mal geändert.
Wetterfanatisch mit Leib und Seele. :)

Chicken3gg
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Chicken3gg »

Bernhard Oker hat geschrieben: Di 25. Jul 2023, 17:53 Im heutigen Blog von MeteoSchweiz wird der Downburst erklärt:
https://www.meteoschweiz.admin.ch/ueber ... burst.html
https://www.meteosuisse.admin.ch/portra ... fonds.html
Der französischsprachige Text ist aber aus meiner Sicht sehr zurückhaltend in der Bewertung, obs ein Downburst oder nicht doch ein Tornado war...
Zumindest könne man dies nicht abschliessend aufgrund der Radardaten und Messwerte beurteilen.

https://www.meteosuisse.admin.ch/portra ... fonds.html



Gibt es mittlerweile Luftbilder bzw. Drohnenaufnahmen?
Zwei Bilder von Schäden von SDA/Keystone hab ich glaub in der Tagesschau gesehen, sonst aber bisher nichts.
Zuletzt geändert von Chicken3gg am Mi 26. Jul 2023, 16:42, insgesamt 2-mal geändert.

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Federwolke
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Federwolke »

Ich hatte ja auch rasch Bedenken geäussert zum exakten Messwert der Spitzenböe, die Schadensbilder sprechen aber für sich. Dem Kirchlein von Les Eplatures wurde der Turm mitsamt Uhr abgerissen, die Wetterstation ist auf dem Bild im Hintergrund rechts zu erkennen, Distanz 120 Meter:

Bild
Quelle: https://www.letemps.ch/suisse/evacuatio ... -de-rhodes


Bild

(fotometeo-Wetterstationsatlas, https://www.fotometeo.ch/wetterstationen/)

Diese Schalenkreuzdinger sind vielleicht doch robuster, als MeteoSchweiz glaubt ;)

Chicken3gg
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Chicken3gg »

Das Schalenkreuzanemometer hat einen Messbereich bis 35 m/s bzw. 126 km/h.
Vielleicht misst das Ding ja aber doch auch bei 200 km/h noch ziemlich genau 😅

Bild

https://www.lambrecht.net/betriebsanleitungen.html, 14512


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knight
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von knight »

Hallo zusammen
Zuerst noch etwas Persönliches: Ich habe in der letzten Zeit sehr wenig geschrieben, da ich aus beruflichen Gründen sehr absorbiert war. Ich finde die Plattform „Schweizer Sturmforum“ immer noch das beste Portal, das es weit und breit gibt. Danke an alle, die das am Leben erhalten
Ich kam noch nicht dazu, hier meine Bilder zu publizieren. Das mediale Interesse war sehr gross. Enttäuscht bin ich von diversen Meinungen von Meteorologen, die sich nicht exponieren wollten. Ein Lob gebührt Tinu und Willi für ihre Recherchearbeit. Der Bericht dazu ist 1A!
Ich haderte noch mit meinem Entscheid nicht nach Oberitalien gegangen zu sein, so dass ich den Durchgang am Jura verpasste. Etwa 90 Minuten später war ich vor Ort, um alles zu dokumentieren.


Bild

© googleearth

Gelb markiert ist nach meiner Meinung der Ort mit der stärksten Windgeschwindigkeit. Überall, wo rote Linien sind, war ich kurz – zum Glück auch in Le Locle. Die welschen Kollegen (Météo Suisse) lassen es immer noch offen, ob es in Le Locle einen Tornado gab, den die Signatur liess dies vermuten:
Bild
© Météo Suisse

Ich habe schlicht keine Aufnahmen in Le Locle gemacht, da es auch nichts zu sehen gab. Im Nordosten von Le Locle gab es einzelne Bäume die Richtung La Chaux-de-Fonds geknickt waren. Im Westen habe ich nichts gesehen.
Vor Ort befragte ich Leute, was sie gesehen haben. Ich bin neben der forensischen Arbeit immer auch über Aussagen froh. Sämtliche Schäden, die ich gesehen habe, weisen eine Südwest nach Nordost Richtung aus.

Nimmt man die Fujita-Skala als Referenz bin ich auf ein F2-Ereignis gekommen:
Leichtere Gegenstände werden als gefährliche Wurfgeschosse durch die Luft gewirbelt, ganze Dächer abgedeckt, große Bäume gebrochen bzw. entwurzelt, Wohnwagen zerstört und Güterwaggons umgeworfen.
Das bedeutet, dass die 217 km/h Böe plus minus stimmen kann!

Ich stelle ein paar Bilder hier rein:

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© googleearth

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© googleearth

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Die Schäden in La Chaux-de-Fonds und vom Kranunglück will ich hier nicht publizieren…


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© googleearth

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Es folgen weiter Bilder vor allem aus der erwähnten gelben Zone.

Bis gli
Dominic
Sugiez - Mont Vully - Seeland

widovnir
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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von widovnir »

Chicken3gg hat geschrieben: Mi 26. Jul 2023, 17:39 Das Schalenkreuzanemometer hat einen Messbereich bis 35 m/s bzw. 126 km/h.
Vielleicht misst das Ding ja aber doch auch bei 200 km/h noch ziemlich genau 😅

https://www.lambrecht.net/betriebsanleitungen.html, 14512
Gut möglich, dass die Dinger herstellerseitig einfach nicht bei höheren Geschwindigkeiten getestet/kalibriert wurden.

Dann wird man einfach nicht wissen (solange niemand ein solches Teil mal z.B. in einem Windkanal testet), ob die Messwerte noch zuverlässig sind, aber nichts spricht dagegen, dass das Messgerät, wenn gut gewartet, auch weitaus höhere Windgeschwindigleiten unbeschadet übersteht.

Ich denke, von den Videos und Bildern her dürfte mittlerweile klar sein, dass mehr als 200 km/h Windgeschwindigkeit absolut realistisch sind. Man wird es (vorläufig) nur nicht als offiziellen neuen Schweizer Rekord für besiedeltes Gebiet gelten lassen können... aber wer weiss.

Edit: Zitat eingefügt
Zuletzt geändert von widovnir am Mi 26. Jul 2023, 18:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Downburst/Hagel 23.07.2023/24.07.2023

Beitrag von Willi »

Die welschen Kollegen (Météo Suisse) lassen es immer noch offen, ob es in Le Locle einen Tornado gab, den die Signatur liess dies vermuten:
Hoi Dominic, danke für deine Informationen und Bilder. Auch an Tinu ein Dankeschön für den tollen, schön gestalteten und gut verständlichen Artikel.

Ich hätte eine Frage zum Doppler-Bild. Weisst du von welchem Radar das stammt, und welche Höhe (oder Elevation) gezeigt wird? Es sind ja eine ganze Reihe von Radars, welche in Frage kommen, leider alle recht weit weg. Und je nach Richtung wäre das Muster ganz anders zu interpretieren. Aufgrund der Pfeile würde ich auf den Albis tippen, aber dann wäre es eine Divergenz-Signatur, kein Vortex.
Gruss Willi
Immer da wenn's wettert

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