Hallo zusammen
Willi hat geschrieben: ↑Mo 28. Jun 2021, 22:39
Der Aufzug des vom Napf her anrauschenden Gewitters war eindrücklich. Der Niederschlagsvorhang war grün, was ich so kaum je gesehen hatte. Der Plasticsack, um die Melonen einzufrieren stand bereit..
Ich musste herzhaft lachen

, aber es ist wahr, ich habe auch Grosshagel erwartet bei diesem Aufzug.
Der Aufzug des Unwetters war derart eindrücklich wie ich es seit dem legendären Hagelunwetter vom 21.07.1998 nicht mehr gesehen habe. Damals erlebte ich einen gelb-braunen Aufzug in Malters/LU, was danach folgte war gefühlt nicht von dieser Welt. Ich habe gestern Abend ehrlich gesagt das erste Mal seit vielen Jahren nicht nur Respekt, sondern (Ehr)Furcht und Angst gespürt, als ich dieses Unwetter habe aufziehen sehen. Ich habe auch an meinem Standort grossen Hagel erwartet, der dann glücklicherweise bei mir ausgeblieben ist.
Nachfolgend mein Bericht und Fotos aus 8624 Grüt (ich) und 8623 Wetzikon ZH (meine Frau).
Leider nur Smartphone-Fotos, aber die sind heutzutage ja recht gut.
18:45 Uhr, Standort Jägerhütte zwischen Grüt und Bertschikon (keine Bearbeitung der Farben!):
Zu diesem Zeitpunkt war es noch praktisch windstill und warm. Die Stimmung war unheimlich und furchteinflössend. Es blitzte fast ununterbrochen hinter dem Niederschlagsvorhang.
19:04 Uhr, Standort Grüt Dorf:
Der Hagelschlag dauerte nur kurz, 1 bis 2 Minuten, und war glücklicherweise nur 1 bis max. 2 cm im Durchmesser. Es hat dennoch ordentlich "gepingt" unter dem Vordach unseres Unterschlupfs.
19:15 Uhr, dieser Erdblitz der Marke "wilder Hausrüttler" (Einschlag beim Weiler "Hellberg") hat richtig gekracht (Distanz rund 2,5 km Luftlinie)

:

Quelle:
https://kachelmannwetter.com/ch/blitze/ ... 94502.html
Meine Frau war zur selben Zeit im 3 km Luftlinie entfernten Wetzikon (Kempten) an der Arbeit. Dort war der Hagel 3 bis 4,5 cm gross, möglicherweise noch grösser, da die Hagelkörner auf dem nachfolgenden Foto mit Zweifränkler als Vergleich eine volle Stunde nach dem Hagelschlag gemacht worden sind und es zuvor wegen einer Nachzüglerzelle noch stark geregnet hat.
Das lässt den Schluss zu, dass die Hagelsteine bereits etwas an Grösse eingebüsst haben müssen durch Schmelzen.
Die Hagelsteine auf dem zweiten Foto sind zwischen 2,4 und 4,0 cm gross. Berücksichtigt man den Schmelzvorgang in einer Stunde und den vorangegangenen Waschgang beim Regen durch die Nachzüglerzelle, scheint es nicht vermessen die max. Grösse bei 4 bis 5 cm anzusetzen.
Unser Auto, das letztes Jahr schon Hageldellen erlitten hat (vgl. Corepunch in 8331 Auslikon ZH vom 28.07.2020,
https://sturmforum.ch/viewtopic.php?p=203719#p203719 und
https://sturmforum.ch/viewtopic.php?p=203744#p203744), hat dieses Mal noch viel mehr und tiefere Dellen bekommen. Glücklicherweise keine ernsteren Beschädigungen oder defekte Scheiben.
Die Hagelzüge von gestern im Detail:
Schweiz:

Quelle:
https://kachelmannwetter.com/ch/hagel/s ... 2155z.html
Kanton Luzern (Zoom):

Quelle:
https://kachelmannwetter.com/ch/hagel/l ... 2155z.html
Die Anzahl der Blitzentladungen war beeindruckend hoch, von 19:10 bis 19:15 Uhr, als das Unwetter in Zürich Ost und im Zürcher Oberland tobte, gab es beispielsweise 1'658 Blitzentladungen!

Quelle:
https://kachelmannwetter.com/ch/blitze/ ... 1715z.html
Leider nur Screenshots, diese Karten lassen sich nicht mehr richtig abspeichern, das Basiskarten-Layer kommt nicht mit.
Eine Sammlung an Nachrichtenartikeln mit Foto- und Videomaterial:
Luzerner Zeitung:
https://www.luzernerzeitung.ch/zentrals ... ld.2157520
Zuger Zeitung:
https://www.luzernerzeitung.ch/zentrals ... ld.2130109
Pilatus Today:
https://www.pilatustoday.ch/zentralschw ... -142706258
Blick:
https://www.blick.ch/schweiz/mittelland ... 33089.html
Nau.ch:
https://www.nau.ch/news/schweiz/wetter- ... r-65955586
Watson:
https://www.watson.ch/schweiz/wetter/27 ... r-das-land
Leider gab es durch das gestrige Unwetter auch fünf Verletzte und ein Todesopfer.

Die verstorbene Person wurde in Meikirch BE im Auto von einem Baum erschlagen (
https://www.20min.ch/story/auto-wird-vo ... 9063947555).
Einige Fragen zum Schluss zwecks Aufarbeitung dieses denkwürdigen Ereignisses:
1.) Wie ist die wahrscheinliche Wiederkehrperiode eines Unwetters diesen Ausmasses? Gerade die Grösse der Hagelsteine in Wolhusen/LU sind in der Schweiz wohl das höchstmögliche und somit wohl 20-50 Jahre Wiederkehrperiode.
2.) Gibt es eine Möglichkeit eine ungefähre Annahme zu treffen wie viele Tonnen Eis gestern Abend von diesem Unwetter abgeworfen worden sind über die gesamte Lebenszeit? Sagen wir mal vom Entlebuch bis Zürcher Oberland von der Fläche her. Das müssen ja Hunderte Tonnen Eis gewesen sein, vom flüssigen Niederschlag ganz zu schweigen.
3.) Was führte meterologisch gesehen gestern zu einem Unwetter diesen Ausmasses? Was begünstigte derart grossflächig so grossen Hagel > 4 cm?
Philippe hat einen Input gegeben. Ich denke ich weiss wie es gemeint ist, jedoch verstehe ich zu wenig, um dies auch wirklich nachvollziehen zu können. Was mir aufgefallen ist, ist dass das Unwetter so langlebig war, dass es nicht outflow-dominant wurde, sich über weite Strecken nicht verzettelte und der Sturm erst kurz vor dem Einsetzen des Niederschlags loslegte. Darüber hinaus eine eindrückliche, nie zuvor gesehene türkisfarbene Stimmung vor dem Unwetter.
Mein persönliches Fazit:
Ich bin zutiefst beeindruckt und spüre eine grosse Ehrfurcht. Das erste Mal in meinem aktiven Stormchaserleben spürte ich Gefühle der puren Angst, des der Urgewalten Ausgeliefert-seins. Hätten wir nicht in letzter Sekunde einen passenden Unterschlupf gefunden, hätte das Unwetter ein paar Minuten früher losgelegt und wäre der Hagel so gross gewesen wie nur wenige km entfernt, ich möchte nicht daran denken.

Solche Erlebnisse lehren einen das Fürchten und zwar mit Recht. Wenn es dumm läuft hat ein Mensch gegen diese Naturgewalt nicht den Hauch einer Chance. Ich empfehle jedem die Bildergalerie der Luzerner Zeitung durchzusehen. Das völlig demolierte Auto aus Wolhusen/LU sieht aus als hätte Bud Spencer mit einem Vorschlaghammer darauf eingedroschen.
Gruss