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Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 18:17
von Peter,Walchwil ZG
@supercell project,
Dazu noch ein Bild, dass sehr schön Tornados in einem Hurrikan zeigt.. habe ich bereits schon mal gepostet, aber weil es so schön ist (Quelle und Datum leider unbekannt... irgendwo in Florida...)


Wenn dir die Quelle und Datum des Bildes unbekannt sind,wie kommst du dann drauf,das diese Tornados in einem Hurrikan über Florida sind?

Grüsse Peter

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 18:36
von Federwolke
Hoi Dämu

Das Problem liegt darin, dass du eine Gewitterzelle nicht mit einem Hurrikan vergleichen kannst - das sind total verschiedene Kaliber. Der uns bekannte Outflow bei Gewittern besteht aus kalter Luft, die in der Gewitterzelle mit dem Niederschlag nach unten fällt und sich dem Boden entlang ausbreitet. Stösst er auf warme, labile Luft, löst er dort Hebung aus - so können neue Zellen entstehen.

Nun sind Hurrikans nicht gerade mein Spezialgebiet, aber ich vermute, dass hier mit dem Outflow das antizyklonale Ausströmen der im Hurrikan aufgestiegenen Luft in grossen Höhen gemeint ist (Alfred hat weiter oben Karten gepostet, wo dieser Weg eines Luftteilchens dargestellt wird). Da wird also massiv warme Luft in die obere Troposphäre gepustet, und es passiert an und für sich dasselbe wie beim Outflow beim Gewitter, nur ist eben alles umgekehrt. Statt am Boden Kaltluft breitet sich an der Tropopause Warmluft aus. Was mit dieser geschieht, hängt von den globalen Strömungen ab, in die sie einbezogen werden. Gelangt solche Luft in den Jetstream, kann sie in wenigen Tagen vom Golf nach Europa gelangen. Ob dies möglich ist, sagt uns die 300 hPa-Stromlinienkarte:

Bild
Hier sieht man leider das Hurrikan-Gebiet nicht, aber der Jetstream (rotes Band) zapft vermutlich dort in der Nähe Luft an (z.B. über Florida). Nun kommt die Luft nicht auf direktem Weg zu uns, sondern sie mäandriert über dem Atlantik zuerst weit nach Süden, dann wieder nach Norden zu den Britischen Inseln. So dauert das schon mal etwas länger. Um darzustellen, wie viel wärmer die Hurrikan-Luft gegenüber den anderen Luftmassen ist, hier die 300 hPa-Temperaturkarte:

Bild
Man sieht über Nordamerika und dem Westatlantik massiv wärmere Luft, und etwas fällt noch zusätzlich auf: Es wird ein Hoch in dieser Höhe generiert (siehe Geopotential-Linien).

Nun, warme Luft in der Höhe und hohes Geopotenzial wirkt stabilisierend auf die Luftmasse, was Konvektion verhindert und Subsidenz (Absinken der Luftmasse) fördert --> beste Voraussetzungen für die Bildung eines Hochs auch am Boden. Man kann also davon ausgehen, dass unter diesem Gebiet keine Fronten gebildet und vorhandene aufgelöst werden.

Interessant ist nun, wie sich der Jetstream in der nächsten Woche verhält. Bleibt der Höhentrog (das Kaltluft-U) mitten auf dem Atlantik, gelangt die Höhenwarmluft auf Umwegen wie oben beschrieben auch zu uns. Ein vorhandenes Hoch bei uns wird also gestützt. Verlagert sich der Höhentrog hingegen ostwärts, gelangen wir unter den Jetstream. Und entlang der Jetstreams werden Tiefdruckgebiete gebildet, und zwar auf der kalten Seite. Betrachten wir die Stromlinienkarte oben, so müsste das mitten im Atlantik und auf einer Linie nördlich von Schottland bis Skandinavien passieren. Et voilà, die Bodendruck-Karte zum selben Zeitpunkt:

Bild

Was bei einer Ostverschiebung des Jetstream-Mäanders passiert, und was bei einem Verharren in dieser Lage, kann sich nun jeder selber ausmalen. Spannend ist es nun, den weiteren Verlauf in den Modellen zu verfolgen. Denn ob die Hurrikan-Tätigkeit den Jetstream beeinflusst oder nicht, da muss ich passen, dazu fehlt mir auch die Erfahrung. Drum hab ich ja oben gefragt, wie dieser "Outflow" bei uns einen Orkan entfachen kann ;-)

Grüessli

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 19:18
von Emmentaler
Original von Fabienne
...

Was bei einer Ostverschiebung des Jetstream-Mäanders passiert, und was bei einem Verharren in dieser Lage, kann sich nun jeder selber ausmalen. ...
Würdest du es mir als Laien trotzdem sagen? Weil ich hab grad keine Farbstifte da, sorry ;)

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 19:30
von supercell
@Peter,Walchwil ZG
Wenn dir die Quelle und Datum des Bildes unbekannt sind,wie kommst du dann drauf,das diese Tornados in einem Hurrikan über Florida sind?


Weil ich mich noch an den Bericht zu dem Bild erinnern mag, aber nicht mehr an den Link... ;-)

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 19:36
von Dämu, Buchrain LU
Sali Fabienne

Vielen Dank für die sehr genau und lehrreiche Erklärung. Du kannst es doch, musst nicht zweifeln (von wegen keine Erfahrung).. :-) Ja, der Hurrikan wird ja durch eine grosse Anzahl von Gewittern gebildet. Zudem herrscht eine rege Höhenströmung und natürlich mildes Wasser am Ort des Geschehens. Die Gewitter verhalten sich ja gleich, je wärmer der Boden umso höher die Chance auf hochwachsende Quellwolken. Je mehr Differenz-Grade zwischen dem Erdboden und der Tropopause herrschen, um so höher kann die Quellwolke auch hinaufexplodieren (warum weiss ich eigentlich auch nicht ganz, ich weiss nur dass es bei grösseren Differenzen heftiger böllert.. ;-) ).

Nochmals danke und Gruss, Damian

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 21:40
von Peter,Walchwil ZG
Hallo Damian,
bei deine Ausführungen oben stimmen einiges Sachen nicht.In Hurrikanen herrscht keine rege Höhenströmung(Scherung),sonst würde die Zirkulation zerissen resp.es könnte sich gar keine geschlossene Zirkulation bilden.Generell kann man sagen,in tropischen Stürmen herschen in den untersten Luftschichten die höchste Windgeschwindigkeiten,bei aussertropischen in den höheren Luftschichten(Jetstreamniveau,8 bis 11km Höhe).
Lies dich mal hier durch:

http://www.naturgewalten.de/hurrikan/hurrfaq.htm

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Die Tropopause markiert die Grenze der Temperaturabnahme der Troposphäre mit zunehmender Höhe,im heutigen Fall bei ca.11000m

https://www.sturmforum.ch/forum_uploads ... 211433.066
Die rechte Linie(Temperatur)im Diagramm schwenkt bei 11000m nach rechts.

Die Quellwolken können physikalisch gesehen ohne Aufwind und bei zumindest feuchtadiabatischen Verhältnissen(>0,6°C Temperaturabnahme pro 100m)nur zu dieser Grenze aufsteigen.Da ist es "egal",wie gross die Temperaturdifferenz zwischen Erdboden und Tropopause ist.
Bei starken Aufwinden können diese Quellungen bei Gewittern bis zu 2km über diese Grenze aufsteigen.Das sind dann die so genannten overshooting tops.

http://www.blitzwetter.de/anleitung/advanced3.htm

Grüsse Peter

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 21:53
von Alfred
Sali @Fabienne

Auch von mir herzlichen Dank, hast ja auch meine Frage beantwortet!
Ich werde mir Mühe geben, dass ich endlich vielleicht die WZ-Karten
auch in etwa verstehe (sehr viel Unschärfe da drin :D ). Ich sehe
aber auch ein Nachteil darin, dass man ganz verschiedene Karten (nicht
nur zeitlich, sondern auch in der Höhe nehmen muss, die Fortbewegung
auch mehr oder weniger nur abschätzen kann, denn der Outflow ist ja
nicht nur in den grössten Höhen und verändert sich diesbezüglich auch
noch. In grösserer Höhe zwar weniger, aber wenn ich mir die Luftmasse-
bewegung etwas tiefer anschauen möchte, dann komme ich echt in
Schwierigkeiten.
Ich habe mir z.B. heute mal angeschaut, die Luftmassen von ALPHA, die-
jenigen aber, die nicht in die Höhe getrieben werden, sondern die mehr
am Rand (etwas westlich vom Kern, so um die 980 bis 900 hPa) wann und
wo sie mit WILMA zusammentreffen. Ohne die Trajektorien hätte ich gar
nicht erst suchen müssen, sonder mich auf die Trackvoraussagen beschrän-
ken müssen. Der einzige Nachteil; Es ist mitunter etwas schwer den rich-
tigen Ort und Zeipunkt zu finden, aber wenn man das einmal hat, ist alles
auf einer Karte (Weg, Höhenänderung, & Geschwindigkeit).

Viele Grüsse, Alfred
[hr]

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: So 23. Okt 2005, 22:34
von Dämu, Buchrain LU
@Peter: Danke! :D Habe noch keine Zeit gehabt mich da durchzuackern, habe aber die Links allesamt in die Favoriten aufgenommen!

Grüsse, Damian

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: Mo 24. Okt 2005, 08:00
von meso
@supercell project

Dann bitte ich dich das nächste Mal den Text noch genauer durchzulesen, denn genau solche Bilder und Infos werden später dann völlig falsch weitergegeben ( siehe momentan nur das Dilemma mit Mike Hollingshead!):

"of the most amazing pictures send by the correspondents was the one with 4 waterspouts (not hurricane related) on St.Thomas: "I said wow, too!" (RonUSVI)."

Quelle:http://www.stormcarib.com/hurr00a.htm

Lg, Helge

Sturm Wilma (Oktober 2005)

Verfasst: Mo 24. Okt 2005, 09:58
von Andreas (Zürich)
wilma hat jetzt ein gigantisches auge: wilma