Hoi Crosley
Danke für den Bericht. Stimmt, die Saison fängt ja erst gerade an und will man sich ein extremes Wetterereignis verdienen, muss man sich auch mal mit weniger Spektakulärem zufrieden geben können. Gekitzelt hats einem ja trotzdem. Das Feeling war da.
@Fabienne:
In solchen Fällen frage ich mich immer wieder, wann wir es endlich fertigbringen, ein effizientes Warnkonzept auf die Beine zu stellen.
Das frage ich mich auch. Vor allem wieviele Tragödien es durch Tornados, Gewitterfallböen, Hagel, Blitze, etc. noch geben muss, bis die Notwendigkeit eines effizienten, flexiblen und zeitnahen Gesamtkonzepts erkannt und dessen Umsetzung angegangen wird. Warnungen im Mittel- und Kurzfristbereich (zum Teil sogar auch im Nowcastingbereich) von Wetterdiensten werden zwar immerhin mittlerweilen gratis im Internet und gegen eine Gebühr via SMS und andere Kanäle der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Und ein
Warnsystem von Meteoschweiz, wie Warnungen via NAZ an die Behörden und Notrufzentralen weitergeleitet werden, gibt es auch. Ist ja alles schön und gut, aber das Ganze ist meiner Meinung nach immer noch viel zu träge. Die Tragödie in Hamburg hätte auch in Zürich passieren können oder in einer anderen europäischen Stadt.. natürlich gibt es auch in den USA Tote und Verletzte durch Tornados, aber dort hätte man wohl spätestens 15 Minuten vor Eintreffen des Tornados immerhin die Sirenen heulen lassen..
Hätte von uns Spottern und Chasern zum Beispiel gestern einer einen Tornado bei Birmensdorf beobachtet (was wohl ein Glück wäre), welcher in Richtung Stadt zieht, so hätten wir natürlich sofort via Skywarn, Meteoradar und Anrufen bei Meteoschweiz und lokalen Radiosendern vor der Gefahr gewarnt (nur schon das alleine dauert zu lange, wenn es nicht eine zentrale Anlaufstelle gibt, aber das nur am Rande).... Abgesehen davon, dass uns wahrscheinlich ausser Bernhard (Skywarn), Willi (Meteoradar) und evtl. noch die Wetterdienste kaum jemand geglaubt hätte: Wie soll so eine Warnung rechtzeitig den Bauarbeiter auf dem Dach oder den Kranführer im Baukran erreichen? Ich denke, es müsste diskutiert werden, ob es für solche Fälle (Akutwarnungen vor schwerem Gewitter mit grossem Hagel oder Tornado) nicht Sinn machen würde, die Gemeindesirenen zu verwenden (ganz nach dem Vorbild der Tornadosirenen in den USA). Aber wer ist kompetent genug und gleichzeitig an einer wetterinformationstechnisch neuralgischen Stelle, dass er über einen gerechtfertigten Einsatz einer solchen Sirene entscheiden kann? Und welche Rolle soll Skywarn dabei übernehmen? Wer ist lizenziert für das Aussprechen einer Warnung? Ich denke solche Sachen müssten diskutiert werden.. Die Notwendigkeit von zusätzlichen DopplerRadars für die Erkennung von TVS braucht man wohl nicht gross zu erläutern..
Dass es solchen Dingen leider nur langsam voran geht, mag wohl auch daran liegen, dass sich keiner verantwortlich fühlt. Die Wetterdienste ziehen sich aus der Affäre, indem sie sagen, sie hätten ihr Bestes gegeben, sie hätten vor Unwettern ja gewarnt (sogar gratis und öffentlich). Aber wie die Warnungen weiterverarbeitet werden und ob sie vor allem korrekt und zeitnah bei Herr und Frau Müller (nicht beim Stormchaser mit Internetanschluss und nicht beim Permanent-Radiohörer) ankommen.. ja dafür fühlt sich wohl niemand richtig verantwortlich..
Siehe dazu auch den Artikel von Meteoschweiz zum Tag der Meteorologie:
http://www.meteoschweiz.ch/web/de/meteo ... ahren.html
Ein Auszug davon:
Information der Bevölkerung
Warnungen, Messreihen und Risikoabschätzungen dienen in erster Linie den Behörden, Einsatzorganen und Rettungskräften. Zusätzlich warnt MeteoSchweiz aber auch die Bevölkerung sowohl vor den fast alltäglichen Gefahren des Wetters - Sturm, Strassenglätte, Frost, Hitze, heftige Gewitter - als auch vor gefährlichen Unwettern. Dazu benutzt sie ein breites Angebot an Vermittlungskanälen : Telefon, Fax, SMS, e-Mail, aber auch das Internet und einen Teil der Massenmedien.
Das Ziel von MeteoSchweiz, in Unwettersituationen als einzige offizielle Warnstimme gehört und wahrgenommen zu werden, ist allerdings noch nicht erreicht - zumindest in der Deutschschweiz. So sinnvoll der Wettbewerb unter privaten und öffentlichrechtlichen Anbietern von Wetter- und Klimadienstleistungen in der Regel auch ist, die Bevölkerung darf in Unwettersituationen nicht durch unterschiedliche, im schlimmsten Fall sogar widersprüchliche Informationen oder Verhaltensempfehlungen verwirrt werden. Nur eine klare "Single Official Voice" erlaubt es den Betroffenen, durch richtiges Verhalten während eines Unwetters zur eigenen Sicherheit beizutragen.
Kommt einem das nicht irgendwie bekannt vor?
Das mit dem Single Voice Prinzip kann ich sogar nachvollziehen.. ABER: Früher hatte der Internetuser oder Mobilfunkkunde kaum die Möglichkeit kostengünstig oder gratis an Wetterwarnungen heranzukommen.. und gäbe es keinen Wettbewerb, würde das wahrscheinlich auch heute noch so sein.. Jetzt bieten fast alle Wetterdienste ihre Warnungen übers Internet an.. In der Regel stimmen diese miteinander überein (der eine warnt manchmal halt etwas früher, der andere später)... aber was, wenn sich die Warnungen einmal grundlegend widersprechen (halte ich allerdings für fast ausgeschlossen)? Oder wenn mit der Zeit ein Wetterdienst stets zu voreilig oder ein anderer stets zu verhalten warnt? Wem kann/soll man dann trauen? Dem offiziellen Organ oder dem Mitbewerber? Und was ist mit den Spottern von Skywarn? Werden diese überhaupt ernst genommen?
Anstatt dass jeder selber seine Warnungen herausgibt sollten die Wetterdienste besser zusammenarbeiten, Stärken bei anderen erkennen und akzeptieren, sich selber auf etwas spezialisieren, Aufgaben und Dienste teilen.. das muss ja nicht die gesamte Palette an Wetterdienstleistungen betreffen.. mir ist schon bewusst, freier Wettbewerb, etc.. aber
zumindest was das ganze Warnmanagement angeht, so sollte man nicht gegeneinander sondern miteinander arbeiten.. zum Wohle und Schutz der Bevölkerung! Und Meteoschweiz sollte vielleicht auch Bereiche, wo andere besser sind (ernsthaft: ich spreche hier nichts Spezielles an), abgeben können. Aber solange es eine Bundesaufgabe ist, die Bevölkerung vor Gefahren des Wetters zu warnen, wird das sowieso eine difficile Angelegenheit bleiben.
Soweit meine Meinung.
Gruss Chrigi
PS: Zum Tornado in Hamburg gibt es übrigens weitere Bilder und sogar ein Video. Ich verweise da am besten auf die seriöse und topaktuelle Homepage von Thomas Sävert:
http://www.tornadoliste.de/
- Editiert von Christian Matthys am 28.03.2006, 16:57 -