Re: Erdbeben in Japan. 9.0 Kernschmelze! Super Gau!
Verfasst: Mi 20. Apr 2011, 09:28
Zitat:
Die Atom-Mafia
Von Christoph Neidhart, Tokio .
Die Korruption hat die gesamte japanische Politik verseucht, vor allem die Energiepolitik. Hier kungeln Atomlobby, Politiker, Beamte und Wissenschaftler.
Japan sei «fast wie ein faschistisches Land», wenn es um die Kernkraft gehe, sagt Eisaku Sato, der frühere Gouverneur der Präfektur Fukushima. «Wer wie ich sagt, Atomkraft ist gefährlich, wird als Staatsfeind behandelt.» Bisher galt die Doktrin: «Kernkraft ist absolut nötig für Japan, also ist sie absolut sicher.» Und weil die Kernkraft so wichtig für die Nation gewesen sei, hätten viele Beamte gemeint, es sei legitim, Störfälle zu vertuschen. Sato bezeichnet das als Japans «nuklearen Absolutismus».
Politisch motivierter Prozess?
Der 71-jährige Sato regierte die Präfektur Fukushima von 1988 bis 2006. Zu Beginn kein Kritiker der Kernkraft, wurde er mit der Zeit sensibilisiert. Denn regelmässig meldeten sich bei ihm Whistleblower aus der Betreiberfirma Tepco mit Informationen, dass im AKW gepfuscht werde. 2002, nachdem publik geworden war, in welchem Ausmass Tepco die Sicherheitsnormen verletzte und Sicherheitsprotokolle fälschte, widerrief Sato seine Zustimmung zum Einsatz von MOX, dem gefährlichen Uran-Plutonium-Gemisch, in Fukushima I. Nach seinem Veto gegen MOX schickte die japanische Regierung hinter seinem Rücken Nuklear-Missionare in mehr als 23'000 Haushalte um Fukushima I, um die Nachbarn des Meilers zu überzeugen, MOX sei ungefährlich.
Diese 23'000 Haushalte sind jetzt evakuiert. 2006 wurde Sato wegen Korruption verhaftet und zu vier Jahren Gefängnis bedingt verurteilt. Er bezeichnet die Vorwürfe als Konstruktion und vermutet eine Intrige, da er sich auch in andern Fragen gegen die Zentralregierung in Tokio gestellt hatte. Die Vermutung, der Prozess sei politisch motiviert gewesen, ist nicht abwegig. Ein japanischer Politiker sagte einmal, wenn alle korrupten Abgeordneten aus dem Parlament ausgesperrt würden, wäre der Saal halb leer. Die Staatsanwaltschaft hat freie Hand, gegen wen sie ermittelt und wo sie beide Augen zudrückt.
Monumente der Korruption
Was auch immer sich Sato allenfalls zuschulden kommen liess, kategorisiert ein bekannter Politologe in Kyoto als «kleine Korruption». Dagegen stellt er die «grosse Korruption», in der Atomlobby, Politik, Beamtenschaft und Wissenschaft kungeln, wie der Professor sagt, der sich allerdings nicht namentlich zitiert sehen möchte. Die Kernkraftwerke in Japan, sagt der Professor aus Kyoto, seien die «Monumente dieser Korruption». Der Video-Journalist Tetsuo Jimbo spricht von einer Atom-Clique; seine Wortwahl kann auch mit «Atom-Mafia» übersetzt werden.
Der neue Gouverneur von Fukushima, Yuhei Sato – er ist nicht verwandt mit seinem Vorgänger –, hat die Verwendung von MOX in Fukushima I gebilligt. Deshalb ist bei der Havarie aus Block III nun das hochgiftige Plutonium ausgetreten. Yuhei Sato ist der Neffe von Kozo Watanabe, einem der grossen alten Männer der japanischen Politik.Watanabe, im Parlament seit 1969, sagte einst, die Kernkraft erlaube den Leuten ein längeres Leben, weil sie das Energieproblem löse. Heute politisiert Watanabe in der Demokratischen Partei DPJ von Premier Naoto Kan, die der Atom-Mafia gegenüber eher kritisch ist. Er gehörte aber lange der Liberaldemokratischen Partei LDP an, die bis 2009 die Macht in Japan 54 Jahre lang monopolisierte. Für die LDP war er auch wiederholt Minister.
Die nukleare Keule
Man höre jetzt stets, Tokio habe den armen Präfekturen die Kernkraftwerke geradezu aufgedrängt, sagt der Professor in Kyoto. Das stimme nur zur Hälfte. Gewiss, die japanische Regierung habe seit Mitte der Fünfzigerjahre auf die Kernenergie gesetzt und die Alternativen vernachlässigt – oder unterdrückt, wie Japans Verfechter der geothermischen Kraftwerke glauben.
Heute weiss man: Die japanische Regierung hat ihr Atom-Programm – vor allem die Wiederaufbereitung und den schnellen Brüter, der nicht vor 2050 kommerziell ans Netz gehen wird – stets als virtuelle nukleare Keule verstanden. Japan besitzt zwar keine Atomwaffen, das hätte das Volk nach Hiroshima und Nagasaki nicht akzeptiert. Aber es verfügt über die Technologie, binnen weniger Wochen Kernwaffen herzustellen. Und im Aufsichtsrat von Tepco sitzen derzeit zwei ehemalige Beamte, die zuvor für die Kontrolle der Firma zuständig waren. Sie konnten damit rechnen, sich mit diesen Jobs ihren Lebensabend zu vergolden. Deshalb dürften sie Tepco Pfusch und Fälschungen durchgelassen oder sogar mitgeholfen haben, dass die Sicherheitsnormen nur so weit verschärft wurden, dass sie Tepco nicht teuer zu stehen kamen. Umgekehrt hat die LDP dem früheren Kernkraft-Verantwortlichen von Tepco, dem heute 76-jährigen Tokio Kano, im Hinblick auf seine Pensionierung 1998 ein Mandat im Oberhaus zugeschanzt.
Zwei Seiten der Korruption in Personalunion
Es gebe auch eine andere Seite, von der jetzt kaum die Rede sei, so der Kyotoer Professor weiter: Viele LDP-Abgeordnete aus den Randprovinzen hätten sich in der Hauptstadt Tokio darum gerissen, Kernkraftwerke in ihre armen Präfekturen zu holen. Damit verschafften sie der lokalen Bauindustrie Aufträge; diese garantierten ihnen bei den nächsten Wahlen jeweils jene Stimmen, welche die LDP brauchte, um an der Macht zu bleiben. Und auch in Tokio gewann ein Politiker, der ein AKW an Land gezogen hatte, an politischem Gewicht. Kozo Watanabe aus der armen Land- und Fischerei-Präfektur Fukushima war ein solcher Politiker.«Diese Leute haben damals im guten Glauben gehandelt», verteidigt der ehemalige Gouverneur Eisaku Sato seinen Kollegen Watanabe. «Als ich Primarschüler war, hielt man alles Nukleare für Fortschritt, es gab sogar eine Comic-Figur, den Atom-Boy.» (Heute heisst er Astro-Boy.) Und er setzt hinzu: «In Japan werden Entscheidungen von oben nach unten getroffen.»
Als LDP-Abgeordneter gehörte Watanabe zur Fraktion von Kakuei Tanaka, einem der mächtigsten Politiker Japans, der 1972 bis 1974 Premier war. Tanaka war ein Musterbeispiel für die Verknüpfung von Kernkraft und Macht, er verkörperte die zwei Seiten der institutionalisierten Korruption in Personalunion.Der 1918 geborene Bauernsohn stammte aus der Präfektur Niigata. Im Zweiten Weltkrieg diente er zwei Jahre lang in der Mandschurei, wo er erste politische Kontakte für die Nachkriegszeit knüpfte. Die Gruppe, die Japans Wiederaufbau dirigieren sollte, fand sich in der De-facto-Kolonie und entwickelte dort ihren Wirtschaftsdirigismus. Nach dem Krieg übernahm Tanaka das Baugeschäft seines Schwiegervaters – und war bald beides: Abgeordneter aus Niigata, der seiner armen Präfektur Bauaufträge holte, und lokaler Bauunternehmer.Unter Tanaka erhielt Niigata vor andern Regionen eine Autobahn und den Anschluss ans Hochgeschwindigkeitszugnetz.
Notstand
Vor der Haustür von Tanakas Elternhaus wurde das AKW Kashiwazaki gebaut, das grösste Kernkraftwerk der Welt. Tanaka machte sich auch der «kleinen Korruption» schuldig. Er wurde 1949 ein erstes Mal wegen Bestechung verurteilt. Seiner Karriere tat das keinen Abbruch. 1983 wurde ihm ein zweites Mal der Prozess gemacht, diesmal weil er sich von amerikanischen Flugzeugbauer Lockheed hatte bestechen lassen.Selbst manche LDP-Politiker verstehen heute, dass die systematische Korruption, die ihre Partei Japan überstülpte, mitverantwortlich für das AKW-Desaster ist: «Alle Sicherheitssysteme waren korrumpiert», sagt Taro Kono, der aussenpolitische Sprecher der LDP und einer der wenigen Kritiker der japanischen Atom-Politik in der Partei.
Dass das Desaster von Fukushima die politische Strukturen verändere, erwartet Kono nicht. Doch Japan brauche eine Regierung, der das Volk traue, sagt er. «Natürlich sollte die LDP eine grosse Koalition mit der DPJ bilden.» Das Land befinde sich in einem Notstand. «Aber die heutige LDP-Führung ist der Aufgabe nicht gewachsen. Und auch nicht Premier Kan. Dessen Regierung fällt auseinander, das Volk hat das Vertrauen in sie verloren.»
Aktualisiert um 08:10 Uhr
http://www.tagesanzeiger.ch/mobile/ausl ... index.html
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Teilzitat:
Laut einem Bericht der japanischen Zeitung "Yomiuri Shimbun" plant die Regierung, Tepco künftig unter staatliche Kontrolle zu stellen. Japan wolle mehrere Billionen Yen in öffentlichen Fonds zur Seite legen, aus denen die umstrittene Firma im Fall einer Pleite die Entschädigungszahlungen für die Opfer der Atomkatastrophe begleichen könne, heißt es.
Die Tepco-Aktie hat seit dem Erdbeben und dem Tsunami vom 11. März fast 80 Prozent an Wert verloren.
Es wird erwartet, dass Schadensersatzforderungen in Höhe von zehn Billionen Yen (rund 84 Milliarden Euro) auf den Konzern zukommen. Eine Verstaatlichung Tepcos, bei der Japan mehr als 50 Prozent des Unternehmens gehören würden, sei allerdings nicht geplant, berichtet "Yomiuri Shimbun".
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,758124,00.html
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Zitat:
Verseuchte Zone soll dauerhaft gesperrt werden
Die japanische Regierung will per Gesetz das Betreten der 20-Kilometer-Sperrzone um die Atomruine in Fukushima verbieten. Damit soll verhindert werden, dass die Menschen in ihre Häuser zurückkehren und sich so gesundheitlich gefährden.
2011-04-20 09:07:41
Die japanische Regierung plant, den Zutritt in eine 20-Kilometer-Zone rund um den havarierten Atomkomplex von Fukushima gesetzlich zu verbieten. Ein entsprechender Vorstoß werde mit den lokalen Behörden diskutiert, sagte Regierungssprecher Edano am Mittwoch. Die Zone könnte per Gesetz zu einem „Gefahrenbereich“ erklärt werden.
Damit solle verhindert werden, dass Bewohner aus der Zone in ihre Häuser zurückkehren und sich so einer gesundheitsschädlichen Strahlendosis aussetzen, erklärte Edano. Wann die Maßnahme greifen soll, ist noch unklar. Zwischen 70.000 und 80.000 Menschen haben vor der Katastrophe in der 20-Kilometer-Zone um das Atomkraftwerk in insgesamt zehn Städten und Dörfern gelebt.

Hier wohnt niemand mehr: Futaba Town in der Nähe von Fukushima
Bild: FAZ.net
http://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B087466 ... ntent.html
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urbi
Die Atom-Mafia
Von Christoph Neidhart, Tokio .
Die Korruption hat die gesamte japanische Politik verseucht, vor allem die Energiepolitik. Hier kungeln Atomlobby, Politiker, Beamte und Wissenschaftler.
Japan sei «fast wie ein faschistisches Land», wenn es um die Kernkraft gehe, sagt Eisaku Sato, der frühere Gouverneur der Präfektur Fukushima. «Wer wie ich sagt, Atomkraft ist gefährlich, wird als Staatsfeind behandelt.» Bisher galt die Doktrin: «Kernkraft ist absolut nötig für Japan, also ist sie absolut sicher.» Und weil die Kernkraft so wichtig für die Nation gewesen sei, hätten viele Beamte gemeint, es sei legitim, Störfälle zu vertuschen. Sato bezeichnet das als Japans «nuklearen Absolutismus».
Politisch motivierter Prozess?
Der 71-jährige Sato regierte die Präfektur Fukushima von 1988 bis 2006. Zu Beginn kein Kritiker der Kernkraft, wurde er mit der Zeit sensibilisiert. Denn regelmässig meldeten sich bei ihm Whistleblower aus der Betreiberfirma Tepco mit Informationen, dass im AKW gepfuscht werde. 2002, nachdem publik geworden war, in welchem Ausmass Tepco die Sicherheitsnormen verletzte und Sicherheitsprotokolle fälschte, widerrief Sato seine Zustimmung zum Einsatz von MOX, dem gefährlichen Uran-Plutonium-Gemisch, in Fukushima I. Nach seinem Veto gegen MOX schickte die japanische Regierung hinter seinem Rücken Nuklear-Missionare in mehr als 23'000 Haushalte um Fukushima I, um die Nachbarn des Meilers zu überzeugen, MOX sei ungefährlich.
Diese 23'000 Haushalte sind jetzt evakuiert. 2006 wurde Sato wegen Korruption verhaftet und zu vier Jahren Gefängnis bedingt verurteilt. Er bezeichnet die Vorwürfe als Konstruktion und vermutet eine Intrige, da er sich auch in andern Fragen gegen die Zentralregierung in Tokio gestellt hatte. Die Vermutung, der Prozess sei politisch motiviert gewesen, ist nicht abwegig. Ein japanischer Politiker sagte einmal, wenn alle korrupten Abgeordneten aus dem Parlament ausgesperrt würden, wäre der Saal halb leer. Die Staatsanwaltschaft hat freie Hand, gegen wen sie ermittelt und wo sie beide Augen zudrückt.
Monumente der Korruption
Was auch immer sich Sato allenfalls zuschulden kommen liess, kategorisiert ein bekannter Politologe in Kyoto als «kleine Korruption». Dagegen stellt er die «grosse Korruption», in der Atomlobby, Politik, Beamtenschaft und Wissenschaft kungeln, wie der Professor sagt, der sich allerdings nicht namentlich zitiert sehen möchte. Die Kernkraftwerke in Japan, sagt der Professor aus Kyoto, seien die «Monumente dieser Korruption». Der Video-Journalist Tetsuo Jimbo spricht von einer Atom-Clique; seine Wortwahl kann auch mit «Atom-Mafia» übersetzt werden.
Der neue Gouverneur von Fukushima, Yuhei Sato – er ist nicht verwandt mit seinem Vorgänger –, hat die Verwendung von MOX in Fukushima I gebilligt. Deshalb ist bei der Havarie aus Block III nun das hochgiftige Plutonium ausgetreten. Yuhei Sato ist der Neffe von Kozo Watanabe, einem der grossen alten Männer der japanischen Politik.Watanabe, im Parlament seit 1969, sagte einst, die Kernkraft erlaube den Leuten ein längeres Leben, weil sie das Energieproblem löse. Heute politisiert Watanabe in der Demokratischen Partei DPJ von Premier Naoto Kan, die der Atom-Mafia gegenüber eher kritisch ist. Er gehörte aber lange der Liberaldemokratischen Partei LDP an, die bis 2009 die Macht in Japan 54 Jahre lang monopolisierte. Für die LDP war er auch wiederholt Minister.
Die nukleare Keule
Man höre jetzt stets, Tokio habe den armen Präfekturen die Kernkraftwerke geradezu aufgedrängt, sagt der Professor in Kyoto. Das stimme nur zur Hälfte. Gewiss, die japanische Regierung habe seit Mitte der Fünfzigerjahre auf die Kernenergie gesetzt und die Alternativen vernachlässigt – oder unterdrückt, wie Japans Verfechter der geothermischen Kraftwerke glauben.
Heute weiss man: Die japanische Regierung hat ihr Atom-Programm – vor allem die Wiederaufbereitung und den schnellen Brüter, der nicht vor 2050 kommerziell ans Netz gehen wird – stets als virtuelle nukleare Keule verstanden. Japan besitzt zwar keine Atomwaffen, das hätte das Volk nach Hiroshima und Nagasaki nicht akzeptiert. Aber es verfügt über die Technologie, binnen weniger Wochen Kernwaffen herzustellen. Und im Aufsichtsrat von Tepco sitzen derzeit zwei ehemalige Beamte, die zuvor für die Kontrolle der Firma zuständig waren. Sie konnten damit rechnen, sich mit diesen Jobs ihren Lebensabend zu vergolden. Deshalb dürften sie Tepco Pfusch und Fälschungen durchgelassen oder sogar mitgeholfen haben, dass die Sicherheitsnormen nur so weit verschärft wurden, dass sie Tepco nicht teuer zu stehen kamen. Umgekehrt hat die LDP dem früheren Kernkraft-Verantwortlichen von Tepco, dem heute 76-jährigen Tokio Kano, im Hinblick auf seine Pensionierung 1998 ein Mandat im Oberhaus zugeschanzt.
Zwei Seiten der Korruption in Personalunion
Es gebe auch eine andere Seite, von der jetzt kaum die Rede sei, so der Kyotoer Professor weiter: Viele LDP-Abgeordnete aus den Randprovinzen hätten sich in der Hauptstadt Tokio darum gerissen, Kernkraftwerke in ihre armen Präfekturen zu holen. Damit verschafften sie der lokalen Bauindustrie Aufträge; diese garantierten ihnen bei den nächsten Wahlen jeweils jene Stimmen, welche die LDP brauchte, um an der Macht zu bleiben. Und auch in Tokio gewann ein Politiker, der ein AKW an Land gezogen hatte, an politischem Gewicht. Kozo Watanabe aus der armen Land- und Fischerei-Präfektur Fukushima war ein solcher Politiker.«Diese Leute haben damals im guten Glauben gehandelt», verteidigt der ehemalige Gouverneur Eisaku Sato seinen Kollegen Watanabe. «Als ich Primarschüler war, hielt man alles Nukleare für Fortschritt, es gab sogar eine Comic-Figur, den Atom-Boy.» (Heute heisst er Astro-Boy.) Und er setzt hinzu: «In Japan werden Entscheidungen von oben nach unten getroffen.»
Als LDP-Abgeordneter gehörte Watanabe zur Fraktion von Kakuei Tanaka, einem der mächtigsten Politiker Japans, der 1972 bis 1974 Premier war. Tanaka war ein Musterbeispiel für die Verknüpfung von Kernkraft und Macht, er verkörperte die zwei Seiten der institutionalisierten Korruption in Personalunion.Der 1918 geborene Bauernsohn stammte aus der Präfektur Niigata. Im Zweiten Weltkrieg diente er zwei Jahre lang in der Mandschurei, wo er erste politische Kontakte für die Nachkriegszeit knüpfte. Die Gruppe, die Japans Wiederaufbau dirigieren sollte, fand sich in der De-facto-Kolonie und entwickelte dort ihren Wirtschaftsdirigismus. Nach dem Krieg übernahm Tanaka das Baugeschäft seines Schwiegervaters – und war bald beides: Abgeordneter aus Niigata, der seiner armen Präfektur Bauaufträge holte, und lokaler Bauunternehmer.Unter Tanaka erhielt Niigata vor andern Regionen eine Autobahn und den Anschluss ans Hochgeschwindigkeitszugnetz.
Notstand
Vor der Haustür von Tanakas Elternhaus wurde das AKW Kashiwazaki gebaut, das grösste Kernkraftwerk der Welt. Tanaka machte sich auch der «kleinen Korruption» schuldig. Er wurde 1949 ein erstes Mal wegen Bestechung verurteilt. Seiner Karriere tat das keinen Abbruch. 1983 wurde ihm ein zweites Mal der Prozess gemacht, diesmal weil er sich von amerikanischen Flugzeugbauer Lockheed hatte bestechen lassen.Selbst manche LDP-Politiker verstehen heute, dass die systematische Korruption, die ihre Partei Japan überstülpte, mitverantwortlich für das AKW-Desaster ist: «Alle Sicherheitssysteme waren korrumpiert», sagt Taro Kono, der aussenpolitische Sprecher der LDP und einer der wenigen Kritiker der japanischen Atom-Politik in der Partei.
Dass das Desaster von Fukushima die politische Strukturen verändere, erwartet Kono nicht. Doch Japan brauche eine Regierung, der das Volk traue, sagt er. «Natürlich sollte die LDP eine grosse Koalition mit der DPJ bilden.» Das Land befinde sich in einem Notstand. «Aber die heutige LDP-Führung ist der Aufgabe nicht gewachsen. Und auch nicht Premier Kan. Dessen Regierung fällt auseinander, das Volk hat das Vertrauen in sie verloren.»
Aktualisiert um 08:10 Uhr
http://www.tagesanzeiger.ch/mobile/ausl ... index.html
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Laut einem Bericht der japanischen Zeitung "Yomiuri Shimbun" plant die Regierung, Tepco künftig unter staatliche Kontrolle zu stellen. Japan wolle mehrere Billionen Yen in öffentlichen Fonds zur Seite legen, aus denen die umstrittene Firma im Fall einer Pleite die Entschädigungszahlungen für die Opfer der Atomkatastrophe begleichen könne, heißt es.
Die Tepco-Aktie hat seit dem Erdbeben und dem Tsunami vom 11. März fast 80 Prozent an Wert verloren.
Es wird erwartet, dass Schadensersatzforderungen in Höhe von zehn Billionen Yen (rund 84 Milliarden Euro) auf den Konzern zukommen. Eine Verstaatlichung Tepcos, bei der Japan mehr als 50 Prozent des Unternehmens gehören würden, sei allerdings nicht geplant, berichtet "Yomiuri Shimbun".
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,758124,00.html
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Zitat:
Verseuchte Zone soll dauerhaft gesperrt werden
Die japanische Regierung will per Gesetz das Betreten der 20-Kilometer-Sperrzone um die Atomruine in Fukushima verbieten. Damit soll verhindert werden, dass die Menschen in ihre Häuser zurückkehren und sich so gesundheitlich gefährden.
2011-04-20 09:07:41
Die japanische Regierung plant, den Zutritt in eine 20-Kilometer-Zone rund um den havarierten Atomkomplex von Fukushima gesetzlich zu verbieten. Ein entsprechender Vorstoß werde mit den lokalen Behörden diskutiert, sagte Regierungssprecher Edano am Mittwoch. Die Zone könnte per Gesetz zu einem „Gefahrenbereich“ erklärt werden.
Damit solle verhindert werden, dass Bewohner aus der Zone in ihre Häuser zurückkehren und sich so einer gesundheitsschädlichen Strahlendosis aussetzen, erklärte Edano. Wann die Maßnahme greifen soll, ist noch unklar. Zwischen 70.000 und 80.000 Menschen haben vor der Katastrophe in der 20-Kilometer-Zone um das Atomkraftwerk in insgesamt zehn Städten und Dörfern gelebt.

Hier wohnt niemand mehr: Futaba Town in der Nähe von Fukushima
Bild: FAZ.net
http://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B087466 ... ntent.html
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