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Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Do 20. Mai 2010, 19:19
von URBI
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Zitate: Tagi
Nach einem Monat hat die Ölpest den Südostzipfel der Küste des US-Staats Louisiana erreicht. Zudem sprudelt aus der undichten Ölquelle offenbar mehr Öl als bisher angenommen.

«Jetzt ist das dicke Öl, vor dem sich jeder gefürchtet hat, hier»

Öl könnte bis in den Atlantik gelangen

Ausläufer des Ölteppichs haben auch eine Meeresströmung erreicht, die das Öl in Richtung der Inselkette Florida Keys treibt. Das teilten Forscher der US-Behörde für Ozeanographie und Atmosphäre mit. Die Strömung könnte das Öl dann um Florida herum in den Atlantik spülen. Für den US-Staat wäre das eine Katastrophe. Öl könnte an die bei Touristen beliebten Stränden an der Ostküste Floridas und in die ökologisch wichtigen Gebiete im Süden des Landes gelangen.

Experten des Wetterdienstes von Florida erklärten, es werde noch rund sieben Tage dauern, bis das Öl die Keys erreicht.

Ölleck grösser als bisher vermutet
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Tages Anzeiger


Spuren der Katastrophe: Schiffskapitän Preston Morris zeigt eine verschmierte Hand, nachdem er in die Marsch von Pass á Loutre an der Küste Louisianas gefasst hat.

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http://photos.nola.com/tpphotos/2010/05 ... outre.html
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Erdöl verseucht Louisianas Feuchtgebiete
Spiegel

Golf von Mexiko: Öl erreicht Küste Louisianas.
FOTOSTRECKE:


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Ölverschmierte Krabbe: An der Küste Louisianas werden Garnelen, Muscheln, Krabben und Fische gezüchtet, die den US-Staat zu einem führenden Produzenten von Meeresfrüchten in den USA gemacht haben.

Interaktive Zeitleiste: Zwölf Jahre bis zum Untergang - das Drama im Golf von Mexiko...

Zeitleiste: Ausbreitung des Öls im Golf von Mexiko

Spiegel Online

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PHOTOS
Latest oil spill photos »


NOAA trajectory

Latest oil spill updates »

http://www.nola.com



Verteilung täglich
(Flash)

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20.05.2010 NASA-Modis Aqua

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+ polar.ncep.noaa.gov

Wie die Behörden des US-Bundesstaates Louisiana am Donnerstag mitteilten, wurden 24 Meilen (rund 38 Kilometer) Schwemmland in der Gemeinde Plaquemines Parish durch das Öl verschmutzt. «Dort ist alles tot», sagte Billy Nungesser, der Vorsteher der Gemeinde, dem US-Sender NBC. Der Ölteppich zerstöre das Schwemmland Zentimeter für Zentimeter und werde in den kommenden Wochen und Monaten weiter an die Küste gespült, sagte Nungesser.
Tagi: 21.05


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Ölpest: Rote Karte für Chemiekeule Corexit

"Harmlos wie Spülmittel" sei das massenhaft gegen die Ölpest im Golf von Mexiko eingesetzte Corexit, behauptet BP. Umweltschützer und der US-Senat sehen das anders. Der Konzern wurde deshalb aufgefordert, andere Chemikalien einzusetzen. Dass die Wahl auf Corexit fiel, war aber kein Zufall.

Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkstudio Washington

Nicht giftig, biologisch abbaubar und damit ökologisch unbedenklich sei die Chemie, mit der BP die Ölpest im Golf von Mexiko bisher bekämpft habe, behauptet BP-Manager Bob Dudley. Das Ölbekämpfungsmittel erfülle seinen Zweck, so der Manager gegenüber dem Fernsehsender CNN.

2,2 Millionen Liter "Corexit 9500 A" hat der Konzern bisher mit Hilfe von "Herkules"-Transportflugzeugen über der Wasseroberfläche versprüht. Und zum ersten Mal bei Ölkatastrophen wurde das Schwesterprodukt "Corexit 9527A" unter Wasser eingesetzt. Mehr als 308.000 Liter der Chemikalie schossen Unterwasserroboter auf die Lecks am Meeresgrund.
BP beschwichtigt

Auf den Einwand von Meeresbiologen, die Nebenwirkungen einer derart intensiven Corexit-Anwendung unter und über Wasser seien völlig unerforscht, gab Dudley gegenüber CNN zwar zu, dass man mit einer derart großen Menge noch keine Erfahrung gemacht habe. "Das sei aber nicht weiter schlimm. Schließlich sei Corexit im Prinzip so harmlos wie ein Spülmittel, welches den Ölfilm in kleine Teile aufspalte." Die kleineren Bestandteile könnten dann von Mikroorganismen vertilgt werden, so Dudley.

Dass bestimmte Corexit-Zusammensetzungen im BP-Heimatland Großbritannien seit zehn Jahren zur Ölbekämpfung verboten sind, verschwieg der Manager der amerikanischen Öffentlichkeit.

Aus den Augen, aus dem Sinn

BP versuche um jeden Preis, mit viel Chemie den Ölteppich unter Wasser zu drücken und unsichtbar zu machen, protestierten US-Meereswissenschaftler und Fischer. Corexit sei eindeutig "giftiges Zeug", welches Fischen und Korallen massiv schade und in die Nahrungskette gelange, warnte Professor Rick Steiner. Der Meereswissenschaftler berät bei Ölkatastrophen die UNO.




EPA verordnet Notbremsung

Angesichts der heftigen Proteste zog die US-Umweltbehörde EPA die Notbremse und gab dem Ölkonzern jetzt 24 Stunden Zeit, sich für weniger toxische Mittel zu entscheiden.

"Wenn es bessere Mittel gibt, werden wir sie natürlich einsetzen", gab sich BP- Amerika-Chef Lamar McKay einsichtig. Allerdings sei er gar nicht darüber im Bilde, ob effektivere Mittel existierten, sagte er vor einem Untersuchungsausschuss des US-Senats.

Da waren selbst die Senatoren besser im Bilde als der BP-Experte: Sie nannten dem Fachmann gleich zehn Ölbekämpfungsmittel, die deutlich weniger giftig und zugleich deutlich wirksamer seien, als das massenhaft eingesetzte Corexit.

Corexit-Vorliebe kein Zufall

"Die beiden Corexit-Präparate hätten aus BP-Sicht einen Vorteil", verteidigte sich BP-Manager Dudley. Sein Konzern habe große Mengen davon eingelagert und habe sie deshalb sofort gegen die Ölpest einsetzen können.

Die Corexit-Vorliebe des britischen Mineralölkonzerns ist kein Zufall: BP sitzt im Aufsichtsrat des Corexit-Produzenten Nalco. Gleich zu Beginn der Ölpest kaufte BP dessen Corexit-Gesamtbestand auf. Nalcos Aktienkurs schoss mittlerweile um zehn Prozent in die Höhe.

Durch die "Deepwater Horizon"-Katastrophe hat Nalco bereits 40 Millionen Dollar Umsatz gemacht - dank der über zwei Millionen Liter Corexit, die mittlerweile im Golf von Mexiko schwimmen.


Stand: 21.05.2010 05:30 Uhr
Tagesschau.de






Urbi

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Fr 21. Mai 2010, 08:05
von Reto.
Irgendwie will mein Hirn das nicht kapieren was da passiert. Sind wir wirklich unfähig so ein Loch nach über 4 Wochen nicht zu stopfen?
Vor 40 Jahren landeten wir auf dem Mond und heute sind wir unfähig in 1600 Meter tiefe ein Loch zu verstopfen….

Ich kann es nicht verstehen, dass man für einen solchen Fall nicht vorgesorgt hat, oder waren die Lobbyisten wirklich so stark vertreten um dieses Sicherheitsventil nicht installieren zu müssen?
Bei den Amis sind die Sicherheitswarnungen in den Bedienungsanleitungen grösser als die Anleitung selbst wegen der Produktehaftung, und bei einer Öl Verschmutzung im Meer gibt es eine lächerliche Obergrenze von 75 Mio. US$
Sorry aber ich habe eine riesen Wut in mir, ich frage mich immer was ich selbst noch machen kann. Ich schaue schon seit Jahren so weinig Öl wie möglich zu verbrauchen. Dies kostet mich mehr Geld und Zeit aber dies mache ich gerne.

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Sa 22. Mai 2010, 00:21
von URBI
:cry:

Nun , es ist halt so wie es ist.

Jetzt sterben halt Milliarden von Wesen in diesem uns entfernten Golf von Irgendwo.

Das ist doch alles ganz Normal. ;)

Die haben es halt verpasst, innerhalb der ihrigen Evolution geeignete Sicherheisdispositive zu erstellen und sich auf solche Vorfälle vorzubereiten.

Selber schuld. :lol:

Wir in unserer fortgeschrittenen westlichen Zivilisation sind uns jedoch bewusst, dass unsere eigene Spezis auf alles vorbereitet ist. Somit müssen wir uns daher keine Gedanken machen über mögliche Fehlverhalten von Verantwortungsträgern. Da sind wir bestens abgesichert.

Das sind alles gebildete Leute. Frauen und Männer, denen wir jederzeit vollstens vertrauen können.

In Wirtschaft, Staat und Glaube.

Da müssen wir nicht weiter denken. Das behindert dann nur noch unsere weitere Entwicklung zu höherem.

Wenn jetzt da zum Beispiel ein Atomkraftwerk zerplatzt in unserer Nachbarschaft.

Verzeihung, das nur als spinnige Theorie, weil nicht möglich.

Da würden wir dann ja auch in unseren Wohnungen und Strassen ähnlich zerfallen wie die Dümmlichen Wesen vom Golf von Irgendwo.


Geschwüre. Wir, sich auflösend in der eigenen vorher noch intelligent und standhaft getragenen Ursuppe des Lebens. Nicht mehr durch das Leben schreitend. Kriechend schreiend, jammernd, mordend, betend, zerfallend. Das Zeugs wäre an uns klebend. In uns.

In den Ohren
In den Augen
In der Nase
In der Lunge
Im Herzen

Und den Rest schreiben dann Andere in vielleicht späteren Geschichtsbüchern.



Zum Glück ist das aber nicht so.


"Wir sind auf alles vorbereitet"


Nachtrag:

Im Magen




Urbi

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Mo 24. Mai 2010, 10:29
von lukasm
23.04.2010
Die US-Küstenwache befürchtet, dass bis zu 700'000 Gallonen Öl (rund zweieinhalb Millionen Liter) in den Golf gelangen könnten.
[...]
Von den Rohöl- und Dieselbeständen auf der Plattform gehe ein «potenzielles Umweltrisiko» aus, sagte eine Sprecherin der Küstenwache. Es gebe allerdings noch keine Anzeichen für ein Austreten von Öl.
25.04.2010
«Die Vermutung ist, und wir betonen, dass es sich um Schätzungen handelt, dass am Tag rund tausend Barrel auslaufen», sagte ein BP-Sprecher. Tausend Barrel Öl entsprechen etwa 159'000 Litern.
27.04.2010
Mit Tauchrobotern versuchten sie, Ventile gängig zu machen und so das Leck an der Bohrstelle abzudichten, aus dem tagtäglich rund 160'000 Liter Rohöl ins Meer fliessen.
29.04.2010
Nach Berechnungen der Küstenwache sprudeln in 1500 Meter Meerestiefe täglich etwa 800'000 Liter Rohöl aus nunmehr drei Lecks ins Wasser - fast fünf Mal so viel wie bisher angenommen.
03.05.2010
Es sei bisher nicht gelungen, den Ölstrom aus dem Bohrloch zu stoppen, der nach ersten Schätzungen von 150 000 Litern pro Tag mittlerweile auf 850 000 Liter pro Tag angestiegen sei.
05.05.2010
Mit der Abdichtung des einen Bohrlochs verringert sich zwar noch nicht die Menge des auslaufenden Rohöls - täglich 795'000 Liter, wie die US-Küstenwacht mitteilte.
10.05.2010
Täglich treten mindestens 795'000 Liter aus.
17.05.2010
aus dem seit der Explosion einer Plattform am 20. April täglich mindestens 850 000 Liter Öl strömen.
20.05.2010
Ein Sprecher der Ölkonzerns BP sagte, es gelinge inzwischen zwar, täglich 800'000 Liter Öl mit einer speziellen Steigleitung abzupumpen.
[...]
BP-Sprecher Mark Proegler räumte aber nun ein, dass immer noch Öl in den Golf gelange. Er wollte nicht schätzen, wieviel. Mehrere Professoren, die per Video das Leck inspizierten, schätzten, dass der tatsächliche Austritt wesentlich höher als die BP-Schätzung sei.
24.05.2010
BP teilte zudem mit, dass die Menge des abgesaugten Öls kleiner sei als zuletzt mitgeteilt. Ein Sprecher sagte der Deutschen Presse- Agentur DPA, es seien nur gut 300 Tonnen – statt 700 - pro Tag. BP habe die Kalkulationsmethode geändert.
28.05.2010
Umgerechnet auf den Tag bedeuten die neuen Schätzung, dass zwischen 1,9 bis 3 Millionen oder sogar 3,8 Millionen Liter Öl binnen 24 Stunden aus dem Leck ins Meer fliessen.
11.06.2010
«Die niedrigste auf wissenschaftlichen Analysen beruhende Schätzung liegt bei 20'000 Barrel, die höchste glaubwürdige um die 40'000 Barrel.» Letzteres entspricht ungefär 6,4 Millionen Liter.
Quelle NZZ

Ich verstehe ja, dass es schwierig ist, das austretende Öl exakt zu messen, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass da noch nicht die ganze wahre Summe bekannt ist - denn nur BP nennt zahlen, Professoren schätzen nur, dass es wesentlich höher sei. Da werd ich einfach das Gefühl nicht los, dass vielleicht nicht die ganze Realität bekannt gemacht wird (weshalb auch? der Druck würde nur noch grösser).

Zudem: Das abgeaugte Öl sollte doch einigermassen eindeutig messbar sein?!?

Viele Grüsse

Lukas

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Mo 24. Mai 2010, 14:14
von Badnerland
Etwas Offtopic, aber trotzdem. Inwiefern wirkt sich der Ölteppich auf die Wassertemperaturen im Golf aus?

Gruss Benni

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Mo 24. Mai 2010, 14:34
von lukasm
Hallo Benni
[...] Since then, oil has been accumulating at the surface. And that could be raising the temperature of the surrounding water, says Kerry Emanuel, a hurricane expert at the Massachusetts Institute of Technology.

"You have this black surface, and it's doing two things," Emanuel says. "First of all it's absorbing sunlight. And secondly, it is curtailing evaporation from the Gulf."

Evaporation normally helps cool the Gulf waters, Emanuel says.

"So theoretically, the Gulf underneath this oil slick should be getting hotter than it normally would be." And hotter water helps create more powerful hurricanes.

It's hard to know if the water is actually getting hotter, though, because oil prevents satellites from taking accurate temperature readings.
Quelle: NPR.org

Also einerseits absorbiert die dunkle Oberfläche mehr Sonnenlicht, das Meer wärmt sich stärker auf, aber es schränkt auch das (endotherme) Verdampfen ein, das dadurch normalerweise eher kühlend wirkt, so mein Verständnis. Aber vergleichbare Fälle fehlen weitgehend, wodurch das "nur" Annahmen sind.

Viele Grüsse

Lukas

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Mo 24. Mai 2010, 17:12
von c2j2
Schade, daß das evl. definitiv keiner weiß - es ist eine interessante Frage. Zwar absorbiert das dunkle Öl mehr als das Wasser an der Oberfläche, dafür

- reflektiert es einen Teil (je nach Dicke der Ölschicht - ist es schwarz oder schillernd?)
- verhindert es, daß Licht in tiefere Schichten eindringt und dort absorbiert wird

Vor allem wegen Letzterem wäre ich nicht sicher, ob das mit der Absorption wirklich zu einer Erwärmung führt, denn das Licht erwärmt das Wasser nicht nur an der Oberfläche, wenn es eindingen kann.

Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Mo 24. Mai 2010, 22:46
von Flower
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Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Mi 26. Mai 2010, 13:16
von yori
letzten donnerstag 20.5. in der WOZ gelesen:

Ölpest im Golf von Mexiko - Seit einem Monat läuft Rohöl aus einem Bohrloch des Ölkonzerns BP in den Golf von Mexiko. Doch BP wird wohl mit einem blauen Auge davonkommen.

Tiefer und riskanter
Von Daniel Stern

Tony Hayward, der oberste Chef des britischen Ölkonzerns BP, gibt sich locker: Der von seiner Firma
verursachte Ölteppich im Golf von Mexiko sei «relativ winzig» im Vergleich zum «sehr grossen Ozean».
Seit einem Monat sprudeln aus einem Bohrloch auf 1500 Meter Meerestiefe unkontrolliert täglich mehrere
Hunderttausend Liter Rohöl. Dies nachdem auf der Ölplattform Deepwater Horizon eine Gasexplosion elf
Arbeiter tötete und die 580 Millionen Dollar teure Bohrinsel rund siebzig Kilometer vor der US-Küste
schliesslich ins Meer versank. «Die ökologischen Auswirkungen werden wahrscheinlich nur sehr, sehr
bescheiden sein», sagte Hayward vergangene Woche dem britischen Fernsehsender Sky News.

Neuste Satellitenbilder zeigen allerdings einen immer grösseren Ölteppich im Golf von Mexiko. Zudem nähert
sich ein Ölstreifen immer mehr der US-Küste. Diese besteht dort nicht nur aus Sandstränden, die relativ
leicht zu reinigen sind, sondern im Mündungsdelta des Mississippi auch aus einer von Inseln durchsetzten
Sumpflandschaft. Die ökologischen Folgen von deren Verschmutzung lassen sich nicht abschätzen. Am
Dienstag haben die Behörden ein Fischereiverbot auf über 115 000 Quadratkilometer ausgeweitet - eine
Fläche fast dreimal so gross wie die Schweiz.
Inzwischen steigt die Befürchtung, dass der Ölstreifen in den Sog einer Meeresströmung gelangt und so auch die
Florida Keys - eine 290 Kilometer lange Inselkette zwischen dem Golf von Mexiko und dem Atlantik -
verschmutzen könnte. Ausserdem haben WissenschaftlerInnen tief unter Wasser grosse
Ansammlungen von Öl entdeckt, das offenbar nicht an die Oberfläche aufsteigt. Es könnte langfristig für den
Fischbestand verheerende Auswirkungen haben. Zudem ist unklar, wie schädlich die Lösungsmittel sind, die zur
Bekämpfung des Öls eingesetzt werden.

Unfall einkalkuliert
BP hatte bereits kurz nach der Katastrophe verlauten lassen, der Konzern werde für die entstandenen
Schäden aufkommen. Inzwischen rechnet die Firma mit einer Schadensumme von 625 Millionen Dollar.
Allerdings scheint dieser Betrag angesichts all der Unwägbarkeiten und den vielen von Fischern und
Anwohnerinnen angekündigten Klagen gegen die Firma ziemlich spekulativ. Doch BP kann leicht auch ein
Mehrfaches davon verkraften. Die Firma hat allein im ersten Quartal dieses Jahres einen Reingewinn von 5,5
Milliarden Dollar ausgewiesen.
Das bisherige Vorgehen von BP lässt zudem darauf schliessen, dass der Konzern solche Unfälle
einkalkuliert. Die Firma ist beim Einsatz der Deepwater Horizon ein hohes Risiko eingegangen. So stieg bereits
wenige Wochen vor dem grossen Knall unkontrolliert Gas an die Oberfläche. Die Arbeiten wurden damals
aber nur kurz eingestellt. Zudem liess die Firma Sicherheitsvorkehrungen, die im Unglücksfall das
Bohrloch hätten schliessen sollen, nur ungenügend überprüfen und warten. Umso gekonnter wusste BP, wie man sich nach dem
Unfall zu verhalten hatte. Die Firma gab sich in ihren Medienverlautbarungen professionell, stritt ihre
Verantwortung gar nicht erst ab und nahm zusammen mit dem Besitzer der Ölplattform - dem in der Schweiz
domizilierten Transocean-Konzern - Einsitz in den Krisenstab. Von dort aus wurde den Medien vermittelt, man habe die
Situation unter Kontrolle und es sei nur eine Frage von Tagen, bis das Ölleck gestopft sei. Doch alle
Anstrengungen sind bisher gescheitert. Inzwischen verkündet BP, dass 300 000 von den 800 000 täglich
auslaufenden Litern Rohöl abgesaugt werden.
Die Zeit läuft gegen BP. Spätestens seit die Anhörungen im US-Kongress angelaufen sind, ist der
Informationsfluss für BP nicht mehr kontrollierbar. Und dann haben die ManagerInnen von BP, Transocean und
der ebenfalls beteiligten Halliburton (durch deren Zementierarbeit am Bohrloch der Unfall möglicherweise
mitverursacht wurde) auch noch den Fehler gemacht, sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Inzwischen sind acht Untersuchungskommissionen einberufen worden, zumal auch staatliche Behörden bei
der Überwachung von BP kläglich versagt haben.

Bohren in der Arktis
Tony Hayward weiss, wieso er dennoch unbeeindruckt bleiben kann. Die USA sind auf Gedeih
und Verderb auf das Öl aus dem Golf von Mexiko angewiesen. So sind BP wie auch die Konkurrenten Shell und Chevron in den
letzten zwanzig Jahren in immer tiefer liegende Meeresgebiete vorgestossen. BP verfügt mit der
Ölplattform Atlantis derzeit über eine Anlage, die in über 2000 Meter Meerestiefe bohren kann.
Und bereits blicken die Konzerne auf ein neues Eldorado. Shell plant im Sommer die ersten
Probebohrungen in der Arktis vor der Küste Alaskas. Inzwischen beeilt sich der niederländisch-britische
Konzern zu versichern, man werde die Sicherheitsvorkehrungen noch verstärken. So sollen
mehrere Schutzsysteme bereitstehen, falls unkontrolliert Öl austreten sollte. Diese Systeme würden alle sieben
Tage kontrolliert.
Allerdings ist inzwischen klar geworden: Tiefseebohrungen sind mit erhöhten Risiken verbunden.
Selbst das «Wall Street Journal» weist darauf hin, dass die Technik für den Vorstoss in Tiefen von 1500 und
mehr Metern noch nicht ausgereift ist. Die extremen Druckverhältnisse erfordern Material, das bislang zu
wenig getestet worden ist. Der Aufwand für Tiefseebohrungen lässt sich mit jenem von
Weltraummissionen vergleichen. Es ist anzunehmen, dass die US-Regierung ankündigen
wird, die Ölkonzerne jetzt etwas schärfer zu kontrollieren. Doch der Vergleich mit der Finanzindustrie
drängt sich auf: Auch diese sollte nach dem grossen Crash vor zwei Jahren stärker reguliert werden -
geschehen ist bisher wenig. Ölkonzerne wie BP, Shell, Exxon und Chevron wissen, dass sie sich in einer
mächtigen Position befinden. Sie liefern die Energie für den westlichen Lebensstil und zählen allesamt zu den
weltgrössten privaten Unternehmen. An ihnen hängen Zehntausende von Arbeitsplätzen und unzählige andere
Unternehmen - macht sie das auch «too big to fail»?

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Re: Oel des Todes ! Die Tragödie im Golf von Mexiko

Verfasst: Do 27. Mai 2010, 12:20
von Uwe/Eschlikon
Hallo

Ich denke, man verwechselt hier teilwese etwas: Es gibt eigentlich keine Tiefseebohrungen. Denn in der Tiefsee gibt es kein Öl.
Zwar wird i.A. der Bereich ab 800m bis 1000m (andere Quellen ab 1500m) als Tiefsee bezeichnet, doch geologisch gesehen ist das falsch.

Öl kommt nur in Sedimenten vor. Und untermeerische Sedimente wiederum kommen in der Regel nur am Koninentalschelf und am Kontinentalabhang vor, nicht aber in der eigentlichen Tiefsee (abyssal/hadal), wo die grossen Becken seismischem Ursprungs sind (-> Seafloor spreading). Und dort gibt es auch kein Öl.

Gruss, Uwe