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Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Mi 20. Jul 2016, 22:24
von Bernhard Oker
Kurzes Video aus Basel:
https://twitter.com/srfmeteo/status/755848140889227264

Gruss
Bernhard

Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Mi 20. Jul 2016, 22:34
von Tinu (Männedorf)
Ein untrügliches Zeichen für die atmosphärischen Veränderungen, die derzeit vonstatten gehen, habe ich heute in Schönenberg ZH beobachtet. Während ca. 30 Minuten gab es hier eine gut ausgeprägte Virga zu sehen. Die Wolke war weitgehend stationär, die Schleppen an der Unterseite übertrafen die sichtbare Ausdehnung der Wolke teilweise um das mehrfache. Das Handybild ist leider qualitativ nicht so berauschend. Dennoch immer wieder ein faszinierender Vorbote von Umstellungen, die über unseren Köpfen vor sich gehen, die aber von der Masse der Menschheit gar nicht bemerkt werden:

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Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Mi 20. Jul 2016, 23:06
von zti
Tinu (Männedorf) hat geschrieben:Ein untrügliches Zeichen für die atmosphärischen Veränderungen, die derzeit vonstatten gehen, habe ich heute in Schönenberg ZH beobachtet.
Danke Tinu. Um welcher Zeit? Morgen früh oder Abend?


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Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Mi 20. Jul 2016, 23:20
von Dr. Funnel
Was ist das für ein "Dampf", der die Luft seit heute Abend dermassen trübt? Saharastaub, Feuchtigkeit oder beides? Man sieht es sehr gut auf dem abendlichen VIS-Meteosatbild (Bild 1).
Zudem ist die Umgebung des Mondes bräunlich-gelb verfärbt (Bild 2).
Auf jedenfall war die Lichtstreuung am Himmel heute Abend viel grösser als gestern, so rot wie heute Abend geht der Mond selten auf (Bild 3).

Das dürfte mit Sicherheit Auswirkungen auf die kommenden Gewitter haben.

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Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Mi 20. Jul 2016, 23:45
von Federwolke
Microwave hat geschrieben:@Fachleute: Ich bin stets daran interessiert, Neues zu lernen.

Es geht mir darum, eine Erklärung für die Zelle in Basel zu finden.

Ich habe vorher schnell die Karten der 500hPa-PVA, die der 300hPa-PVA, der 300hPa-Divergenz, sowie Schichtdicken- und Temperaturadvektion auf 850 hPa überflogen. Die Karten wurden zum Termin 15Z bis 21Z angeschaut. Der initiale Berechnungstermin war Mittwoch, 12Z, also heute. Die Daten sind von http://www.wetter3.de.

Ich konnte keinerlei deutliche Anzeichen für Hebung finden. Deshalb würde ich gerne verstehen, was heute der Auslöser für die plötzliche Zelle in Basel war.
Ich könnte mir alternativ rein thermische Auslöse, oder welche durch eine Bodenkonvergenz im Raum Basel vorstellen.
Was war der Auslösegrund, oder der Hebungsantrieb?

Dankende Grüsse - Microwave
Energie (bestehend aus Feuchte + Wärme, heute von letzterem sehr viel), Labilität und Hebung sind die benötigten Zutaten für Gewitter. Eine davon kann nur schwach ausgeprägt sein, wenn die anderen extrem stark sind, knallt es trotzdem. Der Begriff "Hitzegewitter" kommt nicht von Ungefähr. Hebung findest du bei den GFS-Karten von wetter3 sowohl in der KO-Index-Karte wie auch in der Karte mit dem niederschlagbaren Wasser. Die Signale sind in der Tat nicht berauschend, aber sie werden durch andere extreme Werte kompensiert:
- Energie: 850er Theta-e um 60, CAPE ca. 1000
- Labilität: KO-Index um -15, Lifted-Index -6

Stark gedeckelt mit CIN -50, daher macht das Modell in der Mischrechnung Gewitter = 0, sogar wolkenlosen Himmel (alles zum Termin Mittwoch 18z)

Es braucht also Impulse, die den Deckel zu brechen vermögen. Da wären Konvergenzen zu nennen, im Modell in tiefen (10 m) bis mittleren (850 hPa) Luftschichten zu finden (NW aus dem Burgund gegen SW aus dem Jura). Kommen noch lokale Effekte wie überhitzte Böden (aus welchem Grund auch immer) hinzu, hast du plötzlich viel mehr Hebung als modelliert. Eine typische Loaded-Gun Situation, wo jeder denkt da kann doch eigentlich nichts passieren. Dachte ich heute Nachmittag auch noch, als ich das harmlose Quellgewölk über dem Jura und den wolkenlosen Himmel über den Alpen mit den Modellkarten im Hinterkopf in Einklang brachte. Zwei Stunden später packte ich ziemlich hektisch meine Sachen zusammen, um vom Berg runterzukommen - direkt über mir wurde es bedrohlich dunkel und der Blick nach Nordosten zeigte Cumulus congestus, im Westen ein ausgedehntes Ac-Feld.

Man lerne: Auch wenn die Achse des Höhenrückens noch direkt über einem liegt, dieser sich aber nach Süden zurückzieht = Potenzialabbau (schön zu sehen wenn man die 3-stündigen Mitteleuropa-Karten von heute durchklickt), kann es plötzlich sehr schnell gehen.

PS: Saharstaub vorhanden, wenn auch nicht extrem:

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Wohl gerade ausreichend für zusätzliche Kondensationskerne und etwas Lichtstreuung für romantische Mondaufgänge.

Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Do 21. Jul 2016, 00:10
von Alfred
Hoi zäme

http://www.bsc.es/earth-sciences/minera ... -forecast/
(NMMB/BSC-Dust/Jungfraujoch)

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Gruss, Alfred

Nachtrag:
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Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Do 21. Jul 2016, 01:27
von Cyrill
Microwave hat geschrieben:@Fachleute: Ich bin stets daran interessiert, Neues zu lernen.

Es geht mir darum, eine Erklärung für die Zelle in Basel zu finden.

Ich habe vorher schnell die Karten der 500hPa-PVA, die der 300hPa-PVA, der 300hPa-Divergenz, sowie Schichtdicken- und Temperaturadvektion auf 850 hPa überflogen. Die Karten wurden zum Termin 15Z bis 21Z angeschaut. Der initiale Berechnungstermin war Mittwoch, 12Z, also heute. Die Daten sind von http://www.wetter3.de.

Ich konnte keinerlei deutliche Anzeichen für Hebung finden. Deshalb würde ich gerne verstehen, was heute der Auslöser für die plötzliche Zelle in Basel war.
Ich könnte mir alternativ rein thermische Auslöse, oder welche durch eine Bodenkonvergenz im Raum Basel vorstellen.
Was war der Auslösegrund, oder der Hebungsantrieb?

Dankende Grüsse - Microwave
Hoi Jonas

gute Frage. By the way: ich fühle mich nicht als "Fachmann / Fachleute" angesprochen. Aber mich würde eine Erklärung auch interessieren. Willi hat weiter oben schon den "Stadteffekt" mit Fragezeichen angesprochen. Das ist die am Abend von versiegelten Flächen abgegebene Wärme (Beton / Asphalt / grosse Siedlungen usw.) in die etwas kühlere Umgebungsluft, bzw. ist dann vielfach eine Art "Horse kick" für potenziell "schwangere" Gewitterzellen, wie ich das nenne. Zum Beispiel kann man den Effekt solcher Wärmeinseln noch oft beim Flughafen Kloten / Bachenbülach beobachten, wenn eine Schauer- oder Gewitterzelle bei bestimmten Situationen über diese Stelle hinweg driftet; sie verstärkt unmittelbar, oder wird dort kurz blitzaktiv. Ich hege aber, wie Willi, ebenfalls Zweifel, ob dies der Hauptgrund gewesen sein dürfte bei Basel, denn so eine schnelle Entwicklung in dieser Heftigkeit schätze ich doch als eher ungewöhnlich für einen Trigger aus versiegelten Flächen ein.....

Aber ich habe etwas gegoogelt und habe da eine Idee, eine These, welche mir noch einleuchtend erscheint. Für die Erläuterung brauche ich aber keine Prognosekarten, sondern Analysekarten; und nicht grob aufgelöst, sondern in einem Gitter, in welchem auch microscalige Ereignisse einsehbar sind. GFS, HIRLAM ICON usw. von Wetter3.de erscheint mir da etwas ungünstig, obwohl genau genommen der Verlauf der 1013 hPa-Isobare von ICON über mehrere Läufe (ab 06z) relativ konstant gerechnet wurde (Bild ICON, 12z-Lauf, vt 21z), 500 hPa-Bodendruck):

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Dieses lanzettförmige Tief entlang des Rheingrabens ist gut zu erkennen, sowie die Ausbuchtungen der 1013er- und 1014er- (hPa) Isobaren, welche deutliche Ausbuchtungen aus NW in die Schweiz bei Basel, bzw. beim Dreiländereck zeigen. Diese wandernden Dellen im Bodendruckfeld, wirken wie Schlaufen, in denen für kurze Zeit aufgrund des flacheren Druckgradienten es flankierend steiler wird und dort Druckabfall herrscht.

Mir dienen für eine solche Analyse meistens die VERAFLEX-Daten, die vorteilhaft auch noch in einer stündlichen Abfolge zur Verfügung stehen. Dort zeigt die 20z Bodendruckkarte vom 20.07.2016 diese 1013 hPa-Isobare, die wie eine Schlaufe über den Nordjura in die Schweiz hinein ragt; im Prinzip der Vorhersage ähnlich. Diese Delle funktioniert dynamisch gesehen in gewisser Weise ähnlich wie ein Minitrog; d.h. an den Flanken der Verengung (oder des Flaschenhalses) ist der Druckgradient steiler und verursacht im Lee, bzw. im Bereich des Strömungszuflusses einen Druckabfall, oder im vorliegenden Bild einen Bereich reduzierten Luftdrucks (beige) in der Region Belfort (F), bei W-/SW-Wind auf 700 hPa. Die blauen Flächen bedeuten die Zonen steigender Drucktendenzen in Stufen von 0,5 hPa / h:

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Schwarze Pfeile = 10 m-Wind

In der ICON-Modellierung sah dies im 12z-run so aus (vt 21z, 10 m-Bodenwindfeld):

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Interessant der Wind auf dem 850 hPa-Niveau, der sich in der Burgundischen Pforte durch die orografischen Begebenheiten zu kanalisieren scheint; begünstigt durch die Druckverhältnisse.

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Der erwähnten Delle entsprechende Feuchteflussdivergenz, hier im 20z-Stadium der VERAFLEX-Analysedaten:

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Im Rheingraben bis nach Basel herrschen noch verbreitet bis zu 27° Grad Celsius:

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Entsprechend hohe Taupunkte bis gg. 21 ° Grad Celsius (Rheingraben bis Basel):

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Aber eben, das sind 2 m-Taupunkte, die mit der Höhe massiv abnehmen, wie das Diagramm vom Donnerradar zeigt. Mit zunehmender Höhe ein gewaltiger Spread. Die Feldberg-Passhöhe liegt bei etwas über 1'400 m.ü.M. Der Weg der Zelle schon nur in dessen Nähe bedeutet deren Tod:

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Konvektion abgemurkst....

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Etwas CAPE und erhöhte Theta-E-Werte - alles ein wenig Frankreich-Import:

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Weshalb aber genau bei Basel die Lapse rates so tief waren (während man bei konvektiven, aufsteigenden Luftpaketen eher das Gegenteil erwarten würde) ist mir ehrlich gesagt schleierhaft:

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Gruss Cyrill

Meine Angaben wie gesagt nur eine mögliche These. Ich habe gerade gesehen, dass einige Posts Du als Antworten erhalten hast... Interessiert mich natürlich ...

Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Do 21. Jul 2016, 02:00
von Cyrill
Federwolke hat geschrieben:
Microwave hat geschrieben:
Stark gedeckelt mit CIN -50, daher macht das Modell in der Mischrechnung Gewitter = 0, sogar wolkenlosen Himmel (alles zum Termin Mittwoch 18z)

Es braucht also Impulse, die den Deckel zu brechen vermögen. Da wären Konvergenzen zu nennen, im Modell in tiefen (10 m) bis mittleren (850 hPa) Luftschichten zu finden (NW aus dem Burgund gegen SW aus dem Jura).
Hoi Fabienne
Danke. Genau diese Konvergenzen in der Burgundischen Pforte auf 850 hPa meinte ich (siehe ICON-Modellierung). Gibt es eigentlich auch Wind-Analysedaten für dieses Niveau? Habe vergessen bei Bernhard um 20 10 UTC die SFC-700 Winddaten zu sichern. Dieser Kanalisierungseffekt bei Basel finde ich spannend, zumal dort schon von Frankreich her kommende MCS kurz vor Basel den Schirm zuklappten...; also gegenteilige Effekte erzielt wurden..

Mich würde interessierend, was Du zur These der Delle im Bodendruckfeld (1013 hPa-Schlaufe) meinst und ob Du eine Erklärung für die tiefen Laps rates bei Basel hast, die ja bei Konvektion hoch sein sollten..... Oder ist dies etwa quasi bereits der Messstatus nach der Entwicklung der Zelle, bzw. der Konvektion.?

Gruss Cyrill

Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Do 21. Jul 2016, 02:58
von Cyrill
Soeben ist das Extofex Bulletin veröffentlicht worden: 00 12 UTC, Forecaster Gatzen:
http://www.estofex.org/

Das Vorhersagegebiet mit Warnstufe 1 bewegt sich knapp an der Grenze zu Level 2 (von 3).

Overall threat is a high-end level 1 / low-end level 2.

Re: [FCST] Gewitterlage 20.07. - 24.07.2016

Verfasst: Do 21. Jul 2016, 05:37
von Nine
Kleines "Privatgewitterli" hier am Bodensee. Bei dieser Wetterlage macht es besonders Spass, im kleinen Gartenhäusschen des elterlichen Gartens zu übernachten und das Wetter runderherum hautnah mitzuerleben. Nach Mitternacht zogen stetig mehr Ac flo auf, im noch fast Vollmond schön zu sehen. Gegen 4 leichter Wind, der Himmel bedeckt, um halb fünf erste Regentropfen und ein stetig zunehmender, bald schon kräftiger Wind. Der Radar zeigt zwar nur ein kleines harmloses Schauerchen, doch der Blick zum Himmel und den vom Mond/Morgendämmerung vage beleuchteten Cu sagt mir, dass da Potenzial für mehr ist. Und tatsächlich, kaum draussen über dem See vermag das Zellchen elektrisch zu werden, ein paar Donner, Hundchen natürlich in Weltuntergangsstimmung, aber das war es dann auch schon. Genial ist die Wärme, es scheint kaum ein Grad weniger geworden zu sein, genauso geht Sommer :up: