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Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 11:05
von Lösch dich endlich!
@David

Das ist aber sehr hoch. Vielen Dank für die spannende Info. Von dem her währen grüne Weihnachten für alle denkbar.

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 14:16
von Philippe Zimmerwald
Lageeinschätzung vom 21.12.2012

Mässige Hochwassergefahr durch Regen und Schneeschmelze im Jura, im Mittelland und in den zentralen und östlichen Voralpen.

Aufgrund der prognostizierten Niederschläge und der flächigen Schneeschmelze steigen die Flusspegel ab Samstagnachmittag verbreitet an. Vereinzelt können kleinere und mittlere Fliessgewässer im Jura , im Mittel-land und in den zentralen und östlichen Voralpen die Gefahrenstufe 2 erreichen. Die Abflussspitzen werden am Sonntag erwartet.

Wetter, Niederschläge
Aktuelle Situation
In den letzten Tagen hat es im nördlichen Alpenraum weiteren teils markanten Schneezuwachs gegeben. Über das kommende Wochenende wird aus Westen mildere und feuchte Atlantikluft zur Alpennordseite geführt. Dabei steigt die Schneefallgrenze rasch bis gegen 2000 Meter an. Inneralpin liegt sie tiefer.
Prognose
Am Samstagnachmittag setzt Niederschlag ein. Er erfasst bis am Abend den gesamten Alpenraum. Die intensivste Phase dauert vom späteren Samstagabend bis zum Sonntagmorgen. Der Schwerpunkt der Nie-derschläge befindet sich am Alpennordhang inklusive Voralpen, namentlich vom Berner Oberland über die Zentralschweiz bis zum Säntisgebiet. In diesen Regionen werden im Flächenmittel zwischen 20 und 40 mm Niederschlag erwartet. In den übrigen Regionen sind die vorhergesagten Niederschlagsmengen geringer. Die Schneefallgrenze steigt rasch gegen 2000 Meter an, in den Alpentälern verbleibt die Schneefallgrenze bis Sonntagnacht noch meist unter 1000 Metern. Am Sonntagmorgen lässt der Niederschlag aus Westen rasch nach. In der Folge bleibt es trocken, allerdings mit einer weiteren markanten Erwärmung am Montag, womit der Schmelzprozess sich fortsetzen dürfte.

Fliessgewässer und Seen
Aktuelle Situation
Die Böden sind aufgrund der feuchten und eher milden Witterung der vergangenen Tage wassergesättigt. Die Abflüsse sind im Mittelland und im Jura zum Teil deutlich höher als für die Jahreszeit üblich. Oberhalb von rund 1200 Metern liegt zudem erheblich mehr Schnee als für die Jahreszeit üblich.
Prognose
Die von Samstag auf Sonntag prognostizierten Niederschläge werden in Kombination mit zunehmender Schneeschmelze zu ansteigenden Pegeln in den Gewässern des Juras, des Mittellandes und der zentralen und östlichen Voralpen führen. Vereinzelt können kleinere und mittlere Flüsse die Gefahrenstufe 2 erreichen. Die Karstgebiete des Juras werden auf die Niederschläge mit stärkeren Abflussanstiegen reagieren, da zur-zeit das System mit Wasser gesättigt ist. Bezüglich der grösseren Fliessgewässer ist zum heutigen Zeit-punkt nicht auszuschliessen, dass am Sonntag die Aare unterhalb des Bielersees und die Thur die Gefah-renstufe 2 erreichen könnten. Am Hochrhein unterhalb der Einmündung der Thur und Basel zeigen die aktuellen Abflussvorhersagen, dass der Hochrhein ab Sonntagmittag Gefahrenstufe 2 knapp erreichen könnte. Die aktuellen Prognosen zeigen den Durchgang der Abflussspitze für den Rhein in Basel am Sonntag in den frühen Nachmittagsstunden. Ab Montag werden an den betroffenen Fliessgewässern mit sinkenden Abflüssen gerechnet. An den Jurarandseen und am Bodensee werden bis Montag steigende Pegelstände erwartet. Diese sollten jedoch unterhalb der Gefahrenstufe 2 verbleiben.

Bemerkungen:
1) mässige Hochwassergefahr (Analog zur Lawinengefahr; mässig = Stufe 2, also niedrigste Warnstufe)
2) die Niederschlagsmengen sind zu gering für eine offizielle Meteowarnung, aber aufgrund der Bodensättigung und der Schneeschmelze sind trotzdem mässige Pegelanstige zu erwarten
3) ein Hot Spot könne die oberen Einzugsgebiete Thur werden (Niederschlagsmaximum+maximale Schneeschmelzrate); allerdings wurden die Peaks ziemlich reduziert. Sah es vor ein paar Läufen noch nach einer Spitze um 500-700 m3/s in Thur-Andelfingen aus (Sonntagnachmittag), so werden jetzt noch 300-400 m3/s gerechnet.
4) Rhein-Basel ist momentan noch schwierig abzuschätzen, aber am Sonntagnachmittag/abend dürfte der Peak bei 2200 bis 3200 m3/s liegen.

Grüsslis

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 14:57
von Kaiko (Döttingen)
Hoi zäme
Die Aare nicht vergessen, die hat bei Schneeschmelze auch einiges zu schlucken, da sehe ich mindestens ein HQ2.
Im schlimmsten Fall ist gar ein HQ10 im Bereich des möglichen?
Modellrechnung Aare bei Brugg:
Bild
Quelle: http://www.hydrodaten.admin.ch/de/#vorhersagen

Hier noch die Modellrechnungen vom Rhein bei Rheinfelden:
Bild

Gruss Kaiko

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 15:08
von Mickey, Berneck, 430
Hi Philippe

Wow, danke für die Infos. Deine Infos sind klasse, ist wohl ein offizieller Text oder?! Und ich hoffe, dass es so und nicht wie anfangs befürchtet noch viel schlimmer kommt! Derzeit sieht es auch für mich nicht mehr so dramatisch aus, wie noch vor 2 Tagen. Doch für mich als Laien ist es sehr schwer, die Wassermenge vorauszusehen, die durch die warme Luft, die Niederschläge und den liegenden Schnee abfliessen werden. Das ist wohl auch für Spezialisten noch schwer genug. Jedenfalls werde ich die Lage übers Wochenende im Auge behalten, zumal solche Ereignisse ja oft genug an Wochenenden, in der Nacht und in sonstigen arbeitsfreien Zeiten daher kommen...

Ein wenig erstaunt bin ich über die Abteilung für Hydrologie des BAFU. Hier ist es ziemlich harmlos geschrieben, im Vergleich mit Deinem Text. Und das nächste Update machen die erst am 24.12... Hmmm... hat das damit zu tun, dass die am Wochenende keinen Dienst haben? Oder wird das immer erst 24h vorher aktualisiert?

Hier noch die Angaben der Abteilung Hydrologie:
http://www.hydrodaten.admin.ch/warnunge ... s_bulletin

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 15:13
von Mickey, Berneck, 430
@Kaiko: Meine Erfahrung zeigt, dass diese Prognosen in der letzten Zeit im Vergleich zu vor 2-3 Jahren schon besser wurden, aber oft genug total versagen. Ich habe schon oft Prognosen gesehen, die viel zu hoch waren und oft genug auch solche, die eine voraussehbare Situation (von den Wettermodellen her) total unterschätzt haben. Dies liegt wohl in der Automatisierung und auch daran, dass die Aare sehr stark durch regulierte Gewässer beeinflusst ist (Zürichsee, Thunersee, Bielersee, aber auch Stauseen in den Alpen). Das alles zu modellieren dürfte gar nicht einfach sein, um nicht zu sagen - unmöglich!

Aber natürlich geben diese Kurven einen Anhaltspunkt, wohin es gehen kann. Da wir die 2. letzte Wasserkraftanlage in der Limmat betreiben und dort auf einem heiklen Gelände (bezüglich Überschwemmung) sind, ist es für mich immer gut, wenn ich solche Ereignisse ein wenig voraussehe und schon in Bereitschaft bin, wenn's dann losgeht. Bin gespannt, wie hoch Limmat und Aare gehen werden.

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 15:36
von Alfred
Off Topic
Sali zäme
Kritisiert mir die Sektion Hydrologische Vorhersagen nicht zu heftig,
http://www.bafu.admin.ch/org/organisati ... ml?lang=de
es könnte Philippe ;) treffen!
Gruss, Alfred

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 15:38
von Andreas -Winterthur-
Die Niederschläge werden von Lauf zu Lauf zurückgerechnet. Nach aktuellstem COSMO nicht mehr der Rede wert. Westschweiz, Wallis und teils Berner Oberland sogar praktisch trocken jetzt. Auch die Warmluft die am 24. nachfolgt mindestens bis Montag, 12Z auch nicht mehr so dramatisch; 10/12 Grad auf 850 hPa. Unten wohl Nebelpampe an Heilig Abend und kaum etwas von der grossen Wärme zu spüren.
Gruss Andreas

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 15:41
von Philippe Zimmerwald
@ Kaiko:

Das Prognosemodell geht von einem konstanten Ausfluss vom Bielersee (Aare-Brügg) von ca. 480 m3/s aus. Dies wird aber in Realität anders sein, sobald die Emme viel Wasser führt wird dort gedrosselt, so dass die Aare-Murgenthal nicht über 720 m3/s kommen sollte (Grenzwert zu Gefahrenstufe 2). Die Aare bei Brugg wird natürlich mehr Wasser bringen (mit Zubringer) als die 720 m3/s, aber über 1050 m3/s sollte sie nicht gehen.

@Mickey/Alfred

Kritk ist gerechtfertig. Das momentan im Einsatz stehende Hydromodell HBV ist nicht sehr robust. Hab schon Abflussprognosen gesehen, die den Abfluss um das 5-fache (!) unterschätzten bei korrektem Niederschlagsimput. Im Moment werden Teileinzugsgebiet mit WASIM und PREVAH berechnet, sie zeigen bessere Resultate insbesondere für mittelgrosse Einzugsgebiete (z.B. Emme, Sihl, Thur etc.)

Grüsse

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 17:46
von Michi, Uster, 455 m
Der neueste Cosmo7-Fr12z-Lauf praktisch trocken im Westen, hier noch grafisch:

Bild
Quelle: meteoswiss

Aber zu bemerken ist, dass die Cosmo-Leps Ensembleprognosen schon seit Tagen horrende Unterschiede machten. Von fast nix bis flächig 100 mm.

Sogar im neuesten 00z-Lauf noch Riesenunterschiede:

Bild
Quelle: meteoswiss

Re: Diskussion zu möglicher Hochwassergefahr ab 23.12.2012

Verfasst: Fr 21. Dez 2012, 18:00
von maaks
Die Modelle machen echt was sie wollen. Von fast nix bis "Land unter" ist weiterhin alles dabei. Wobei mir mein Gefühl sagt, dass es in Südbaden eher "fast nix" werden wird.

Beim Rhein (in Deutschland) darf man aber weiter gespannt sein. Die Pegel bleiben weiter längere Zeit hoch und wer weiß was nächste Woche alles passiert...

Edit: In der WZ wurde eine Karte von UKMO eingestellt. Dort liegt der Schwerpunkt zwischen Belgien und dem Bodensee