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Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Sa 19. Mär 2011, 00:58
von agio
Ich nehme vorweg, dass ich hier eine sehr gewagte These aufstelle, die meiner persönlichen Meinung entspricht und meines Wissens weit davon entfernt ist, wissenschaftlich belegt zu sein. Ich schiebe es mal auf die fortgeschrittene Stunde :-)

Wenn ich mir das Bild der Temperaturanomalie für den vergangenen Winter anschaue, fällt auf, was wir sowieso schon wissen, und zwar dass die Arktis sich viel stärker erwärmt als die mittleren Breiten

Bild
copyright: NASA-GISS (Goddard Institute for Space Studies)

Das Westwindband der mittleren Breiten ist massgeblich durch die Baroklinität (vereinfacht: durch den Temperaturunterschied...) zwischen Arktis und Äquator gesteuert. Wenn diese abnimmt, weil sich die Arktis stärker aufwärmt, muss ich eher davon ausgehen, dass die Westwinde an Stärke und Häufigkeit abnehmen. Welchen Einfluss das auf Grosswetterlagen hat, ist natürlich noch schwieriger zu beantworten, sofern diese These stimmt...

Weil ich die Frage jetzt schon höre: Ich will damit nicht sagen, dass ich davon ausgehe, dass es weniger oder schwächere Stürme geben wird. Im Gegenteil: Mehr Wärme heisst auch mehr Energie, die freigesetzt werden kann (Rückkopplungen mit Wasserdampf usw. )

Das sind meine zugegebenermassen etwas unausgegorenen Gedanken zum Thema

Alex

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Sa 19. Mär 2011, 16:10
von Willi
@Agio, deine These finde ich nicht so gewagt, sondern recht plausibel. Interessant finde ich die markante (relative) Warmzone über Nordkanada/Grönland, und die etwas weniger markante (relative) Kaltzone über Nordeuropa-Sibirien. So werden vor allem über dem Nordatlantik die Temperaturgegensätze (und damit die Stärke der Tiefs) geringer. Das könnte schon eine Erklärung für das aktuelle Fehlen der Westwinde bei uns sein. Unklar ist für mich, wie diese Anomalie zustandekommt, und ob sie nun so bleibt oder sich wieder ändern kann (auch wenn die Erwärmung der Polarregionen wohl dauerhaft ist).

Gruss Willli

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mo 21. Mär 2011, 10:24
von Tinu (Männedorf)
@agio

Finde deine These eigentlich auch ganz plausibel. Die Frage ist jetzt natürlich: Ist das, was wir seit einiger Zeit erleben (also die auffällige Inaktivität des Westwindgürtels über weiten Teilen Europas) nur eine vorübergehende Schwankung, resp. eine Laune unseres unberechenbaren nordhemisphärischen Klimas? Oder erleben wir tatsächlich den Beginn einer nachhaltigen Veränderung? Ich denke um dahingehend klare Aussagen zu treffen, fehlen uns schlichtweg noch die Erfahrungswerte.

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mo 21. Mär 2011, 10:38
von Alfred
Ich möcht mich da eigentlich raushalten!

Stabiler Luftwirbel über dem Nordpol

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-13 ... 03-14.html

Alfred

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mo 21. Mär 2011, 17:48
von Dani (Niederurnen)
Die Warmzone über Grönland ist wohl der Blockierungslagen zu verdanken. Es scheint mir allerdings das es schon im 2009 / 2010 sehr westwindarm war. Sieht das Bild der Anomalien da ähnlich aus?

Gruss Dani

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mo 21. Mär 2011, 21:54
von lukasm
Hallo zusammen

Hier ein paar Anomalien (Zonal Wind) der verganenen Jahren auf verschiedenen Niveaus.

Bild

Quelle: http://www.esrl.noaa.gov/psd/data/composites/day/

Die Interpretationen überlasse ich den Experten ;)

Bitte beachten: Die Skalen sind nicht immer genau gleich!

Viele Grüsse

Lukas

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mo 28. Mär 2011, 12:15
von Tinu (Männedorf)
Hoi zäme

So wie es derzeit aussieht, werden wir im Verlauf dieser Woche wohl eine Rückkehr der Westwinddrift, resp. zumindest eine Verbesserung des Potenzials dafür erleben. Im Wochenverlauf macht sich eine auffällige und von mehreren Modellen gestützte Reaktivierung und Intensivierung der nordhemisphärischen Rossby-Wellen bemerkbar.

Die Situation heute Montag. Die Verwellung ist schwach, es sind nur wenige wirklich augeprägte Trogsysteme zu erkennen. Eine starke Mäandrierung ist nicht auszumachen; vielmehr verläuft die Grenze zwischen kalter Polarluft und warmer Subtropenluft annähernd kreisförmig um die Nordhalbkugel.
Bild

Bereits auf Mitte Woche kommt aber Bewegung in die Sache. Die Mäandrierung nimmt zu, das Verhältnis zwischen Trögen und Keilen prägt sich aus, ist allerdings nach wie vor eher bescheiden:
Bild

Diese Tendenz setzt sich fort. Am Samstag bietet sich dann ein prächtiges Bild. Die Zirkulation gewinnt an Schwung, es zeigen sich sieben klar definierbare Trogbuchten rund um die Nordhalbkugel. Die klassische "Sternformation" also, wie sie als Grundlage für eine intensive Westwindzirkulation typisch ist:
Bild

Mal schauen, was daraus werden wird. Die Ansätze sind schonmal nicht schlecht. Vielleicht ein doch wieder stark vom Westwindgürtel geprägter Wetterabschnitt im April?

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mo 28. Mär 2011, 14:07
von Seebueb
So wie es derzeit aussieht, werden wir im Verlauf dieser Woche wohl eine Rückkehr der Westwinddrift, resp. zumindest eine Verbesserung des Potenzials dafür erleben. Im Wochenverlauf macht sich eine auffällige und von mehreren Modellen gestützte Reaktivierung und Intensivierung der nordhemisphärischen Rossby-Wellen bemerkbar.

....die allerdings auf dem Dienstags-Set zumindest in Mitteleuropa wieder verflacht. Das Azoren-Hoch hat scheinbar etwas dagegen.

Gruss Seebueb

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Di 5. Apr 2011, 07:37
von Willi
Interessant finde ich die markante (relative) Warmzone über Nordkanada/Grönland
Naja, das ändert sich zZ. gründlich, siehe den aktuellsten Beitrag von Ralph im Ralph Rickli Archiv:
http://www.donneralarm.ch/forum_uploads ... %20hPa.eml

Was kann das für unser Wetter bedeuten?
Gruss Willi

Re: Wo bleibt der Westwind?

Verfasst: Mi 13. Apr 2011, 07:48
von Willi
Das halbherzige Westwind-Zwischenspiel verabschiedet sich wieder auf Nimmerwiedersehen. Ich denke mal, die Trockenheit wird im Mittelland langsam aber sicher ein echtes Problem.

Gruss Willi

Quelle: ecmwf.int
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Quelle: wetter3.de
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