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1. Extremwetterkongress

Verfasst: Sa 18. Feb 2006, 11:17
von Severestorms
@Willi: Ja, wir haben dich gestern vor Beginn der Podiumsdiskussion gesehen, als du und deine Frau einen Platz gesucht haben.. ich nehme an, du hast uns nicht gesehen..

Die zwei Tage des Extremwetterkongresses waren mit interessanten Vorträgen gespickt, auch wenn ich mir manchmal etwas mehr erhofft hatte, was den neuesten Stand der Wissenschaft betrifft.
Die Organisation des Anlasses war mir fast etwas zu kommerziell: Diverse Radio- und TV-Sender waren vor Ort und ganze Schulklassen wurden eingeladen.. deren Desinteresse war offensichtlich und störend.. Aber im Grossen und Ganzen ein gelungener Kongress.

Ich werde später noch mehr berichten..

Gruss Chrigi

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Sa 18. Feb 2006, 17:03
von Willi
@Christian: nein leider habe ich euch nicht gesehen. Meine Frau erzählte mir später, sie hätte Mundart sprechen gehört... Nanu, bestimmt ein ander Mal wieder :-)

Aus meiner Sicht war der Kongress reichlich billig organisiert. Der Saal war übervoll. Aenderungen im Programm wurden adhoc in letzten Moment kommuniziert, die Stände waren in der Mehrheit wenig informativ. Immerhin sollten die pdf der Vorträge irgendwann aufs Internet kommen.

Gruss Willi

Sturmflut Hamburg 1962

Verfasst: Mo 20. Feb 2006, 18:54
von Willi
Es wurde viel zu wenig darauf hingewiesen, dass der Extremwetterkongress genau 44 Jahre nach der grossen Sturmflut in Hamburg stattfand. Heute Abend nun der 2. Teil des Films "Die Sturmflut", 2015h auf RTL.

Gruss Willi

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Mi 22. Feb 2006, 21:29
von Severestorms
Hier mein versprochener Bericht zum Extremwetterkongress in Hamburg:

Insgesamt gesehen, vor allem wenn ich mir wie jetzt meine gemachten Notizen noch einmal vor Augen führe, waren die Vorträge äusserst informativ und interessant.
Bezüglich der Organisation muss ich leider auch etwas meckern. Wie bereits Willi von Willi angesprochen, wurden diverse Änderungen ad-hoc vollzogen, so stimmte der Zeitplan oftmals nicht mit dem des Programms überein. Zudem sind uns besonders die gelangweilten SchülerInnen aufgefallen, welche offenbar unfreiwillig teilgenommen und damit nicht zum Kongress gepasst haben. Die paar Informationsstände, welche vorhanden waren, kann ich nicht näher beurteilen.. hab sie links liegen gelassen.. ist eh nur Marketing..
Aber wie schon gesagt, ein grosses Plus war die Tatsache, dass für die Vorträge durchwegs nahmhafte Exponenten aus Wirtschaft und Wissenschaft zum Thema Extremwetter gewonnen werden konnten. Es referierten zum Beispiel Lars Lowinski, Thomas Sävert, Dr. Bernold Feuerstein, Dr. Gerhard Steinhorst, Jörg Kachelmann, Dr. Mojib Latif, Arved Fuchs, Martin Hubrig, etc.

Folgende Informationen sind Auszüge aus meinen Notizen zu den Vorträgen. Ich hoffe, ich zitiere richtig und gebe die wichtigsten Informationen wider. Sonst einfach sagen und ich korrigiere.

Extremwetter im Klimawandel (Prof. Dr. Mojib Latif, Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Uni Kiel)

- Globaltemperatur hat in den letzten 100 Jahren um ca. 0.8° C zugenommen (davon sind geschätzte 0.5°/0.6° C vom Menschen verursacht)
- Erwärmung in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts v.a. auf natürliche Ursachen zurückzuführen
- Erwärmung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts v.a. auf die Industrialisierung/CO2-Ausstoss zurückzuführen (verzögert)
- Rückgang des arktischen Meereises seit 1970 um ca. 20%
- Hurricane-Aktivität ist von einem natürlichen Zyklus abhängig (SST, thermaline Zirkulation); Warm-/Kaltphasen wechseln sich im 30-50 Jahrerhythmus ab; momentan sind wir in einer natürlichen Warmphase => zusammen mit globaler Erwärmung erleben wir zurzeit besonders starke Hurricane-Saisons
- Verschiedene Szenarien von CO2-Emissionsentwicklungen und verschiedene Modelle mit entsprechend verschiedenen Modellergebnisbreiten (Unsicherheiten) lassen vermuten, dass die globale Temperatur bis 2100 um mindestens 1.4° C ansteigen wird, so oder so (könnte auch bis 5.8° C sein)
- Erwärmung der Arktis/Nordhalbkugel stärker als Erwärmung der Antarktis/Südhalbkugel
- Erwärmung über Land stärker als über Wasser
- Allein durch thermische Expansion wird der Meeresspiegel bis 2100 um mind. 10cm, höchstens 80cm steigen (ohne Schmelzeis)
- Globale und regionale Modelle sehen für Europa: mehr Hitzewellen, längere Trockenperioden (Dürren), nassere Winter, mehr Extremniederschlagsereignisse (Überschwemmungen)


Naturkatastrophen und Klimaänderung – Trends, Schadenpotentiale und Handlungsoptionen der Versicherungswirtschaft (Tobias Grimm, Münchener Rück)

- Hurricane Katrina (25.-30.08.2005) hatte den grössten versicherten Schaden durch ein Einzelereignis aller Zeiten! Es war der sechststärkste Hurricane seit Beginn der Messungen (im Nordatlantik)!
...=> Volkswirtschaftliche Schäden in Mio. US$: 125’000
...=> Versicherte Schäden in Mio. US$: 60’000
...=> Tote: > 1’300
- Frequenz und Intensität der Hurricanes, aber auch der trop. Stürme überhaupt haben zugenommen (Anmerkung: dies steht in leichtem Widerspruch zu den Aussagen von Thomas Sävert)
- Seit 1970 ansteigende Meeresoberflächen-Temperaturen in allen Ozeanbecken mit Wirbelsturmaktivität => Tropische Stürme sowohl im Nord-Atlantik wie auch im Nordwest-Pazifik haben seit damals bereits um ca. 50% zugenommen was die Dauer und die Intensität betrifft
- Mit hoher Wahrscheinlichkeit (> 90%) hat der menschl. Einfluss das Risiko einer Hitzewelle wie 2003 in Europa wenigstens verdoppelt (Anmerkung: ich frage mich, wie so was berechnet werden kann..)


Gefangen im Eis (Arved Fuchs, Polarforscher und Expeditionsleiter)

- „Wetterextreme sind relativ in Abhängigkeit vom Standpunkt des Betrachters“
- Habe noch einen interessanten Bericht im Internet gefunden bezüglich der Vergletscherung in der (Ant)arktis in Zusammenhang mit der Klimaerwärmung: http://www.8ung.at/janikdeutscher/geo_s ... albard.htm


Hurrikane (Thomas Sävert)

- Nebst den Informationen, welche uns bereits bekannt sein dürften bezüglich Vorkommen, Entstehungsbedingungen, Ablauf, Zugbahn und typische Gefahrenpotentiale eines Hurricanes, gab es auch noch ein paar vielleicht weniger bekannte Infos, wie z.B.: Tornados in Hurricanes sind bei Landfall v.a. im rechten oberen Quadranten zu erwarten, weil dort dann die optimalste Windscherung vorherrscht (Hurricane Ivan 2004 hält mit 117 Tornados den bisherigen Rekord)
- Langsam ziehende Hurricanes können sich selber behindern, da sie in Interaktion mit ihrem eigenen kühlen Fahrwasser geraten
- Die Entwicklung der atlantischen Sturmsaison wirkt sich wirtschaftlich gesehen weltweit aus (Rohölpreise)
- Der Einfluss der globalen Erwärmung auf die Entwicklung von trop. Stürmen ist noch weitgehend unbekannt/ungesichert


Tornados (Lars Lowinski)

- Auch hier gab es nebst Basic-Infos zu Superzellen auch ein paar alternative/tiefergreifende Wissenshappen
- Zutaten für die Genese eines Superzellen-Tornados:
...> Mesozyklone (logo bei Superzelle!)
...> Viel bodennahe Windscherung
...> RFD (bringt Rotation in Bodennähe)
- Zutaten für die Genese eines NICHT-Superzellen-Tornados:
...> markante Windkonvergenz (horizontale Windscherung)
...> wenig vertikale Windscherung
...> Misozyklone (Wirbel aufgrund horizontaler Windscherung) => wird durch Aufwind gestreckt
- Klimatologie:
...> ca. 10-20 Tornados (oder mehr) pro Jahr in Deutschland
...> ca. 300 Tornados pro Jahr in Europa
...> ca. 1000-2000 Tornados pro Jahr in den USA
...> globale Erwärmung: momentan noch kein Trend der Zunahme von Tornados erkennbar


Extremwetter auch in Deutschland? (Daniela Jacob, Leitung der regionalen Klimamodellierung am Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg)

- Hohe Modell-Auflösung ist gerade für den Niederschlag wichtig (bei Temperatur weniger wichtig)
- Das Max-Planck-Institut für Meteorologie wird im kommenden Mai für Mitteleuropa drei Klimaänderungsszenarien (bis Ende Jahrhundert) und die Nachberechnung der Vergangenheit in der Auflösung von 10 x 10km öffentlich verfügbar machen
- Zukunftsprognose:
...> Zahl heisser Tage und der Perioden mit Temperaturen über 25° C werden zunehmen
...> Sommerliche Starkniederschläge werden häufiger und heftiger
...> Niedrigwasserperioden (bis 20 Tage) werden zunehmen
...> Leichte Tendenz zu intensiveren Stürmen, aber nicht wesentlich häufiger


Unwettererkennung und –warnung am Beispiel Skywarn Deutschland (Bernold Feuerstein, Max-Planck-Institut für Kernphysik)

- Prinzip: Kombination Fernerkundung (Sat, Radar) und Augenbeobachtung
- Zurzeit 81 zertifizierte Advanced Spotter für die Übermittlung von Beobachtungen in Echtzeit (=> Warnmeldungen)
- Ca. 100 Basic Spotter für spätere Verifikation, Analysen
- Advanced Spotter müssen melden:
...> Tornados
...> Blindtromben (= Funnels)
...> Wall Clouds
...> Downbursts >= 90 km/h
...> Hagel >= 1.5cm Durchmesser
...> Sturzfluten (Flash Flood)
- Zukunft von Skywarn:
...> Weitere Zertifizierung von Advanced Spottern
...> Verbesserung des Meldesystems (Meldeschlüssel, Ortserkennung)
...> Ausbau der Bildungsangebote (Medien, Schulen, Kurse, Workshops)
...> Kooperation mit TorDACH, Estofex und ESSL


Abschätzung von Tornado- und Downburstintensitäten anhand von Vegetationsschäden (Martin Hubrig, Forstwart)

- Schadensarten an Bäumen und Waldbeständen:
...> Windwurf (Entwurzelung)
...> Windbruch (Hauptwurzelsystem bleibt unter der Erde)
...> Druckschäden (irreversibles Umbiegen von Bäumen) => eher selten
...> „Herausreissen“ bei starken Tornados
...> Entrindung bei verheerenden Tornados durch den sog. Sandstrahleffekt (kommt bei Downbursts nicht vor)
- Stabilitätsparameter bei Einzelbäumen:
...> Fäulnis?
...> H/D-Wert: Relation von Baumhöhe zu Baumdurchmesser in Brusthöhe (kritischer Wert: 50)
...> Baumart: Laubbäume sind im Allgemeinen stabiler als Nadelbäume (auch in belaubtem Zustand während der Vegetationszeit!)
...> Wurzelsystem: Hängt von Baumart und Bodenbeschaffenheit ab
...> Baumhöhe und Habitus: Stammform, Kronenform, Kronenstruktur
- Stabilitätsparameter bei Waldbeständen:
...> Höhe und Alter
...> H/D-Wert: kritischer Wert ab 80 (bei >20m hohen Bäumen)
...> Charakteristika wie Dichte, Struktur, Behandlung, Artenmischung, Standortbedingungen, etc.
- Die Stabilität eines Einzelbaumes ist grösser als die des kollektiven Stützgefüges eines Waldbestandes!
- Bei niedrigen Sturmstärken (bis T2/F1) sind die Standort-Bedingungen und die Holzfäule von Einzelbäumen im allgemeinen gute Indikatoren
- Bei Sturmstärken bis zu T4/F2 erlauben zudem Schadensstruktur und –ausmass von Waldbeständen eine angemessene Einschätzung/Differenzierung bezüglich der Klassifizierung
- Bei Sturmstärken oberhalb T4/F2 geben Schäden an stabilen Waldrändern und/oder Einzelbäumen eine weitere Differenzierung bis zu T6/F3
- Die Entrindung aufgrund des Sandstrahl-Effekts ist ein zuverlässiges Kriterium ab T8/F4


Meteorologische Messungen unter Extrembedingungen (Jörg Kachelmann, Meteomedia AG)

- Die höchste Wetterstation der Alpen steht auf 3883m auf dem kleinen Matterhorn
- Funtensee: Karmulde, windgeschützt, hochgelegen (1601m), schattig => tiefste gemessene Temperatur in Deutschland: -45.9° C am 24.12.2001
- Beim Landfall von Hurricane Katrina fielen infolge von Stromausfällen auch zahlreiche Messstationen aus => Meteomedia plant für die kommende Saison das Aufstellen von stabilen Windsensoren in der Zugbahn von Hurricanes (bei Landfall)
- Meteomedia plant ein hochaufgelöstes Wettermodell im Format 1 x 1km für die Schweiz! (sofern ich das richtig aufgeschnappt habe)

Zu all den Vorträgen wurde auch die Sturmflut vor 44 Jahren behandelt (da war ich allerdings bereits nicht mehr dabei) und das Klimahaus Bremerhaven vorgestellt: http://www.klimahaus-bremerhaven.de/

Soweit ein Teil meiner Notizen.. :-) Unter folgenden Links findet ihr weitere Berichte, Photos und Videoausschnitte von Teilnehmern:

http://www.wetter-zentrale.com/cgi-bin/ ... ead=833575
http://www.wetter-zentrale.com/cgi-bin/ ... ead=834053
http://www.wetter-zentrale.com/cgi-bin/ ... ead=833771
http://www.wetter-zentrale.com/cgi-bin/ ... ead=834219
http://www.skywarn.de/forum/viewtopic.php?t=1543
http://www.reh-ev.de/extremwetter/

Und die Scripts der Vorträge sollen irgendwann ja auch noch online verfügbar gemacht werden..

Gruss Chrigi

PS: Den Wetterfuchs habe ich auch kennenlernen dürfen. Ist ein ganz symphatischer Zeitgenosse!
PS 2: Über Jörg Kachelmann’s unterschwelligen Humor und seine Seitenhiebe gegen den DWD kann man ja geteilter Meinung sein.. ich war jedenfalls amüsiert (zumal er bei Dr. Gerhard Steinhorst (DWD) einen nicht minder schlagfertigen Gegenpart gefunden hatte).. leider hat die Podiumsdiskussion zum Thema „Warnen wir zuviel?“ soweit ich das mitverfolgt habe nicht sonderlich gefruchtet (wie erwartet?)
- Editiert von Christian Matthys am 23.02.2006, 01:14 -

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Mi 22. Feb 2006, 23:30
von Federwolke
Hoi Chrigi

Vielen Dank für die Zusammenfassung.
leider hat die Podiumsdiskussion zum Thema „Warnen wir zuviel?“ soweit ich das mitverfolgt habe nicht sonderlich gefruchtet (wie erwartet?)


Inwiefern? Könntest du diesen Punkt noch etwas ausführen?

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Do 23. Feb 2006, 02:02
von Severestorms
Hoi Fabienne

Naja, ich habe nicht die gesamte Diskussion mitverfolgt, nur etwa die erste halbe Stunde.. Da wurde meiner Meinung nach viel zu wenig auf den Kern des Themas "Warnen wir zuviel?" eingegangen.. Vielmehr war es ein (wenn auch zugegebenermassen teils amüsanter, da in gelockerter Atmosphäre) "Schlagabtausch" zwischen Meteomedia und dem DWD, wer wann warnen soll/darf und wer wann nicht, falsch oder zu spät gewarnt hat.. Man konnte es einfach nicht lassen, dem anderen Fallbeispiel um Fallbeispiel um die Ohren zu werfen.. Zitat: "Ich möchte jetzt nicht mit Beispielen kommen, wie zum Beispiel der ... wo wir die einzigen waren, die ... und ich möchte auch nicht den Tag X erwähnen, wo ihr ... zu spät" so lief das ab.. Einzig Marco Kaschuba und Dr. Gunther Tiersch (ZDF Meteorologe) brachten wichtigen Input, wie zum Beispiel, dass es heute noch keinen einheitliche Definition von Unwettern, Gefahrenstufen, etc. gebe. Jeder habe seine eigene Warnschwellen und Begriffs-Definitionen, sodass es in der Bevölkerung mitunter zu einer allgemeinen Verunsicherung und Ernüchterung kommt was die Warnung vor Unwettern betrifft. Die einen warnen zuviel, die anderen zu ungenau..
Es wäre wäre wünschenswert, wenn es eine neutrale und kompetente Stelle gäbe, welche getätigte Warnungen von Wetterdiensten im Nachhinein auf deren Erfülltheitsgrad und Angemessenheit hin überprüfen, also quasi Noten vergeben würde (z.B. die DMG).. Auch (leider nur) angesprochen wurde das Problem, welches bei den Medien weitverbreitet auftritt. Nämlich, dass die Redaktion eines Radio- oder TV-Senders oft die Wichtigkeit von Warnungen unterschätzt oder aufgrund mangelndem Know-How oder Personal nicht angemessen und flexibel genug auf die Vielzahl von erhaltenen aktuellen Warnungen, Vorwarnungen, Aufhebungen alter Warnungen, etc. reagieren kann.. Marco Kaschuba brachte ein gutes Beispiel: Wird einem Radiosender z.B. ein Geisterfahrer gemeldet, so wird diese Information auch sofort an die Hörer weitergegeben, das Programm wird halt kurz unterbrochen.. und meckern tut keiner.. Ebenso sollte es mit akuten Unwetterwarnungen passieren.. allerdings sollte man eben erst einheitliche Warnkriterien definieren und die Schwellen zur Erreichung entsprechend hoch ansetzen, damit nicht jedes stinknormale Gewitter als Unwetter bezeichnet wird vor dem gewarnt werden muss..

Konkrete Fortschritte sind aufgrund der Podiumsdiskussion soweit ich weiss keine erzielt worden, ich war aber wie gesagt nicht bis zum Schluss anwesend..

Gruss Chrigi

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Do 23. Feb 2006, 13:04
von Federwolke
Aha. Merci Chrigi :-)

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Mo 27. Feb 2006, 15:02
von Dr_Silex
Hallo Christian,
Original von Christian Matthys
Es wäre wäre wünschenswert, wenn es eine neutrale und kompetente Stelle gäbe, welche getätigte Warnungen von Wetterdiensten im Nachhinein auf deren Erfülltheitsgrad und Angemessenheit hin überprüfen, also quasi Noten vergeben würde (z.B. die DMG).. Auch (leider nur) angesprochen wurde das Problem, welches bei den Medien weitverbreitet auftritt. Nämlich, dass die Redaktion eines Radio- oder TV-Senders oft die Wichtigkeit von Warnungen unterschätzt oder aufgrund mangelndem Know-How oder Personal nicht angemessen und flexibel genug auf die Vielzahl von erhaltenen aktuellen Warnungen, Vorwarnungen, Aufhebungen alter Warnungen, etc. reagieren kann.. Marco Kaschuba brachte ein gutes Beispiel: Wird einem Radiosender z.B. ein Geisterfahrer gemeldet, so wird diese Information auch sofort an die Hörer weitergegeben, das Programm wird halt kurz unterbrochen.. und meckern tut keiner.. Ebenso sollte es mit akuten Unwetterwarnungen passieren.. allerdings sollte man eben erst einheitliche Warnkriterien definieren und die Schwellen zur Erreichung entsprechend hoch ansetzen, damit nicht jedes stinknormale Gewitter als Unwetter bezeichnet wird vor dem gewarnt werden muss..
Richtig, der aufmerksame Zuhörer der Diskussion wird - den Schlagabtausch einmal beiseite gelassen - bemerkt haben, wo die
eigentlichen Probleme liegen: Einheitlichkeit der Warnschwellen, Verbreitung in den Medien, Verifikation. Zu letzterer habe
ich mich ja bewußt in meinem Vortrag (der übrigens hier online ist: http://www.mpi-hd.mpg.de/personalhomes/ ... rstein.pdf) ausgelassen. Nur glaube ich nicht, daß dafür ein einfaches "Notensystem" à la "TÜV" oder "Stiftung Warentest" (wie von Jörg Kachelmann vorgeschlagen) taugt - das artet dann
am Ende nur in wenig aussagekräftigen Rankings aus, wie wir bei den Hochschulbewertungen erleben.

Verifikation ist keine simple Angelegenheit und ist durch subtile Fallstricke gekennzeichnet. Im Prinzip wäre die DMG schon
geeignet, eine ordentliche wissenschaftliche Verifikation durchzuführen (wenn sich innerhalb der DMG eine entsprechende
Arbeitsgruppe aus Fachleuten der Sache annähme). Andererseits verifiziert der DWD schon jetzt seine Vorhersagemodelle - aus
eigenem wissenschaftlichen Interesse. In den USA werden die Verifikationsberichte der Warnungen regelmäßg publiziert und es
ist - wie ich gezeigt habe - in den letzten 15 Jahren eine deutliche Verbesserung der Qualität von Tornadowarnungen zu
verzeichnen.

Einheitliche Warnkriterien wären sehr wünschenswert - hier gehen ja schon beim Hagel die Meinungen auseinander. Ich persönlich
halte die derzeit für Skywarn Deutschland maßgebliche (DWD)-Warnschwelle von 1,5 cm für viel zu niedrig (dann käme man an
einem Gewittertag in Oberbayern aus der Warnerei gar nicht mehr heraus). Besser wären 2 cm, evtl. sogar 2,5 cm.

In den Diskussionen außerhalb der Vorträge auf dem EWK kam wiederholt die Frage auf, wie es um das "Single-Voice-Prinzip" in
den USA stünde. Hierzu ist zu sagen, daß der staatliche Wetterdienst dort einen derart enormen Entwicklungsvorsprung vor
den privaten Wetterdienstleistern hat und ein qualitativ so hochwertiges Warnsystem betreibt, daß sich (anders als in D) die
Frage privater Konkurenz und einem Wettbewerb im Warngeschäft nie ernsthaft gestellt hat.

Gruß,
Bernold

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Mo 27. Feb 2006, 19:08
von MarcoKaschuba
Hallo Bernold,

Bzgl. Hagel - das habe ich bei der aller ersten Version der Warnkriterien damals auch schon kritisiert - am Schluss waren sich die Kollegen aus dem Nordwesten einig, das bei 1,5 cm zu belassen. Fast 80% aller Hagelzellen die ich z.B. auf der Alb beobachte, erreichen 1,5 cm oder deutlich mehr. Im Schwarzwald oder in Oberschwaben, sowie in Oberbayern wohl nicht anders. Ein Warnkriterium wäre das in Verbindung mit starkem Wind, doch ein sommerlicher Regen-Hagelguss ist eingentlich normal und richtet kein Schaden an. Ab 2,5 cm wäre es (ohne Wind) dann vielleicht an der Grenze für eine Meldung. 1,5 cm wie gesagt nur wenn mit stürmischen Wind oder wenn sich eine Hagelschicht ausbilden würde, das wäre mein Vorschlag.

Grüsse
Marco

1. Extremwetterkongress

Verfasst: Di 28. Feb 2006, 00:12
von Federwolke
Hallo Bernold, hallo Marco

Erst mal herzlich willkommen hier im Schweizer Sturmforum :-)

Ich finds interessant, wie hier über Warnkriterien bzw. -schwellen diskutiert wird. Die Frage ist doch die: Für wen ist die Warnung bestimmt, und was soll sie bewirken? Die Häufigkeit des Auftretens allein kann also unmöglich ein Kriterium für die Warnschwelle sein. Nehmen wir zwei Beispiele: Ein Hausbesitzer hat sich vor 2 cm Hagel nicht zu fürchten, sofern die Körner nicht vom Wind quergeschlagen werden. Ein Winzer meldet aber garantiert einen hohen Schaden an, wenn kurz vor der Ernte nur schon 0.5 cm Hageldurchmesser fällt (manchmal reicht da auch ein heftiger Platzregen).

Diese Diskussion müsste sich unbedingt am Kunden orientieren.