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Tornado Grindelwald 4.8.2004, ca. 19 Uhr

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Federwolke
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Beitrag von Federwolke »

Öhm? Danke für die Bilder... komisches Teil... Scheint wohl Richtung Kleine Scheidegg aufgenommen, wenn mich nicht alles täuscht. Wie kommt sowas dort zustande? *grübel*

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Michi, Uster, 455 m
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Tornado Grindelwald 4.8.2004, ca. 19 Uhr

Beitrag von Michi, Uster, 455 m »

würde auch meinen dass das mehr als ein funnel oder inflow tail ist !
@fabienne: bleibt uns wohl nichts anderes übrig als nochmals über die bücher... ;-)


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Federwolke
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Beitrag von Federwolke »

Hier als Ergänzung noch der Radarloop des MeteoSwiss-Komposit:
Bild

Also spektakulär sieht das auf den ersten Blick nicht aus, auch nicht auf dem detaillierteren ETH-Radar. Dort ist allerdings um 19.00 herum über der Kleinen Scheidegg ein winziges, kreisrundes Zellchen mit starker Reflektivität auszumachen. Wahrscheinlich zu wenig aussagekräftig, weil die Radars schlecht ins Berner Oberland hinein sehen, denke ich...

Schön, nun haben wir wenigstens wieder mal was, das uns den Kopf zerwühlt... ;-)

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Federwolke
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Beitrag von Federwolke »

Ahoi zäme

Hab mir noch Gedanken zur Windsituation gemacht. Wie weiter oben erwähnt wurde und wie das Windprofil zeigt, herrschte an diesem Tag eine leichte Bise in den bodennahen Luftschichten. Wie sich die Bise im Berner Oberland und im Emmental am Boden verhält, weiss ich nach vielen Jahren mit vielen Radtouren in diesen Gegenden nur allzu gut ;-)

Die Bise wird umgelenkt und fliesst von Bern her das Aaretal aufwärts. Im Oberland wird sie dann in die meisten Täler hinaufgedrückt. Das kann man übrigens im Winter bei Inversionslagen sehr schön sehen, wenn der Hochnebel in die Täler gedrückt wird. Im Sommer herrscht bei kräftiger Sonneneinstrahlung zudem Talwind, und dieser wird durch eine Bise demzufolge noch unterstützt. Das dürfte auch am 04.08.2004 nicht anders gewesen sein. Aufgrund der Verlagerungsrichtung der Zellen konnte ich auch den Höhenwind abschätzen. Was diese Kombination für lokale Konvergenzen verursacht, könnt ihr der folgenden Karte entnehmen. Vielleicht hilft das ja irgendwie weiter, um die Entstehung eines Tornados im Grindelwaldtal zu erklären?

Bild

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Federwolke
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Beitrag von Federwolke »

Hallo

Der Fall lässt mich nicht in Ruh *g*. Habe den Gedanken von oben mal weitergesponnen und noch die Hangaufwinde und den Ostwind in 2000 m hinzugenommen. Ist natürlich nur eine hypothetische Annahme aufgrund meiner Kenntnisse und Beobachtungen in diesem Tal, Messungen wären natürlich besser. Trotzdem, schaut euch mal das theoretische Windprofil zwischen Grindelwald und der Kleinen Scheidegg an (die Windstärke kann ich leider nicht abschätzen):

Bild

Grüsslis

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Beitrag von Severestorms »

Vielen Dank Fabienne! Interessant deine Ausführungen. Dadurch sieht man sehr schön, dass es zwischen Grindelwald und der kl. Scheidegg wahrscheinlich eine schöne antizyklonale vertikale Windscherung gegeben hat. Aber sind solche orographisch bedingte Windscherungen aufgrund von engen Tälern und Verwinkelungen nicht Gang und Gäbe in den Alpen? Da müsste es doch eigentlich mehr Tornados bzw. Vortex-Erscheinungen (Funnel, Staubteufel, Hufeisen-Vortex) geben. Oder liegt es daran, dass gerade dieses unebene und verwinkelte Terrain für Superzellen unter anderem durch Inflow-Unterbruch hemmend bzw. zerstörend wirkt (wie auch heute) und somit Tornados deshalb seltener auftreten? Und wenn die Windscherung vielleicht optimal ist (wie offenbar am 4.8. in Grindelwald) fehlt die Superzelle darüber, sodass höchstens ein Funnel oder ein F0-Tornado entstehen kann (wobei ich nicht ausschliessen will, dass unter einm normalen Cumulonimbus nicht auch stärkere Tornados entstehen können)? Und möglicherweise spielt hier auch etwas die Unterbevölkerung und Sichtverdeckung durch die Berge eine Rolle, warum wir kaum oder keine Tornadomeldungen aus den Alpen haben.
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Willi
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Beitrag von Willi »

Das war wohl die Zelle. Das Doppler-Bild zeigte keine Vortex-Signatur, wahrscheinlich zu schlechte Auflösung.

@Fabienne: interessanter Erklärungsversuch. Aus meiner Sicht müsste es eine horizontale Scherzone gewesen sein, und darüber ging der Cumulus los und hat die Scherung durch Sog in Rotation verstärkt (Eiskunstläuferin-Effekt, wenn sie eine Piroutte macht, indem sie die Arme an den Körper legt). Das wäre der sog. "non-supercell" Tornado Mechanismus, und kann überall auftreten, wo die Bedingungen günstig sind.

Meines Wissens einer der ersten, in den Hochalpen fotographierten Funnels.

Gruss Willi

Bild
Gruss Willi
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Severestorms
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Beitrag von Severestorms »

Hallo zusammen

Habe etwas recherchiert und Webcam-Bilder von dem Tag aus Grindelwald erhalten. Das Hotel Alpenblick hat mir die stündlichen Webcamshots dieses Tages zur Verfügung gestellt. Leider schaut die Kamera in die "falsche" Richtung, wie ich erst später bemerkt habe. Aber dennoch möchte ich euch die Bilder nicht vorenthalten. Vielleicht trägt es dennoch zur Beurteilung der damaligen Windverhältnisse in der Umgebung um Grindelwald bei. Vielleicht können auch Thermikexperten was dazu sagen.
Die Webcam (Live: http://www.grindelwald.net/Webcam1.html) blickt auf das 3701m hohe Wetterhorn, also von Grindelwald ziemlich genau nach Osten.

Animation von 08.00 Uhr bis 19.00 Uhr:
http://www.sturmforum.ch/forum_uploads/ ... 205912.wmv

Einzelbild von 19.00 Uhr:
http://www.sturmforum.ch/forum_uploads/ ... 212458.jpe

Zur Zeit bin ich noch in Abklärung, ob von der Webcam, welche auf dem Männlichen steht, Archivbilder von dem Tag existieren. Diese Kamera wäre ja quasi nah dran gewesen. Allerdings weiss ich nicht genau in welche Richtung sie blickt, ob Richtung Grindelwald oder Richtung Wengen.
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