Willi hat geschrieben: ↑Mo 24. Jul 2023, 22:36
Warum soll eine, im Radar so schwächliche Zelle einen solchen Downburst generieren? Da stösst der aktuelle Kenntnisstand an seine Grenzen.
Entscheidend war möglicherweise, dass die Ladung im Aufwindwirbel gefangen war .....
Hoi Willi
ich weiss, dass das " T "-Wort sehr stiefmütterlich behandelt wird, aus vielen von uns bekannten Gründen, die ich hier nicht einzeln aufzählen will. Man hat in den USA weniger Mühe damit und selbst einem zurückhaltenden Mitteleuropäer ist ein Schmunzeln abzuringen, wenn z.B. Reed Timmer's Stimme die ohrenbetäubende Soundkulisse eines im Hintergrund des Kamerausschnittes tobenden Tornados sogar noch übertönt und er in verständlich überschäumender Euphorie das " T "-Wort in den Mund nimmt, das bei uns nicht verboten, aber bei zweifelhaften Ereignissen etwas verpönt ist.
Teils zurecht spricht man von einem Verdachtsfall und überlässt das Zuordnen der ESWD. Im Vorfeld besteht die Gefahr für alle, Spekulationen mit Fakten zu vermischen, wonach man allenfalls aus den Schnittmengen Antworten herauskitzeln kann. Wenn aber von falschen Prämissen ausgegangen wird, stösst man zwangsläufig an Grenzen.
Das Thema "Downburst" wurde meines Wissens das erste Mal nach dem Ereignis am 19.08.2008, also vor 15 Jahren, im Schweizer Sturmforum ausgiebig diskutiert und war an einem Sturmforumtreffen glaube ich mich zu erinnern auch ein Fachvortrag wert.
Wie der Meteorologe Jeremy Kappel auf den Punkt bringt, ist nicht nur die Schadenssignatur und das Wurfmuster zum Beispiel der Bäume im Wald / in einer begrenzten Fläche entscheidend, um ein Starkwindereignis als Downburst / Microburst, oder in sternförmiger Signatur als Star-Burst zu identifizieren, sondern die Art des Vorgangs (wenn Bilder, Video, Augenzeugenberichte vorliegen), aber auch die meteorologischen Bedingungen. Er nennt es "pockets", also Niederschlags-Taschen, die sich schlagartig und in vertikalem Fallmuster durch eine trockene Luftschicht in Richtung Erdboden bewegen - man müsste sagen ergiessen, wie ein Wasserfall.
https://fox41blogs.typepad.com/wdrb_wea ... -foot.html
"....and are created when pockets of heavy precipitation meet fall through a layer of dry air."
Wie beim oben erwähnten Fall, sehen wir in den Webcam-Bildern von Kaiko fast lehrbuchmässig diesen "Rain Foot" (Niederschlagsfuss), der säulenartig senkrecht, sackartig nach unten fallend aus eher einer mittigen, zentralen Region einer Superzelle zu verorten ist.....
viewtopic.php?p=91666#p91666
D.h. durch diese trockene Grundschicht, die eine der vorherrschenden Bedingungen sein muss und dadurch der LCL und die Wolkenuntergrenze, bzw. die etwas feuchtere Schicht in der Konvektion möglich ist (elevatet convection) in ein höheres "Stockwerk" der Atmosphäre verschiebt, ist letztlich unerheblich wie gross die Menge des Wassers und die Sättigung in dieser oberen Schicht ist, sondern entscheiden ist der Unterschied der relativen Feuchte in den übereinander liegenden Schichten, weil beim einsetzenden Niederschlag die trockene, untere Schicht angefeuchtet wird und dort der Vorgang des "evaporational coolings" geschieht. Statt einem riesigen Ballon aus Wasser, der platzt (oder ein Finger, der von einer Wasserleitung weggenommen wird), verstand ich diesen Vorgang (als ich mich intensiv mit dem Thema beschäftigte) als eine Art Adhäsion der Wassermoleküle und eine massiv unterschätzte, grossräumige Kapillarwirkung. Natürlich ist die Schwerebeschleunigung von 9,81 ein Teil des zu berechnenden Ergebnisses, sowie die Dichte und andere Faktoren. Es wird also nicht "herunter gedrückt", sondern von unten (trockene Schicht) angesogen / angezapft. Die Beschleunigung der Abwinde geschieht nicht hauptsächlich innerhalb der Wolke, aus der heraus der Niederschlagsfuss zu sehen ist, sondern durch diese durch ihn selbst erzeugte Abkühlung.
Am Boden angelangt, spreizen diese vertikalen Abwinde im Outflowbereich in der Horizontalen auseinander und bilden auch optisch gut sichtbare Verwirbelungen, an deren Scheitelpunkt Windmaxima / Böenspitzen messbar sind, aber nur für sehr kurze Zeit.
Hier eine Grafik:
Hier so ein typisches Bild für einen Micro-/Downburst...
Das ist aber nicht ein Bild aus den USA, sondern ein Webcambild von 11 20 Uhr von La Chaux de Fonds. Das ist nach meiner Einschätzung und Erfahrung ein "Rain Wrapped Tornado" (nach dem Schadensbilder zu beurteilen ein F2...), in dem der eigentliche Vortex durch den Niederschlag verdeckt ist. Was ich bisher an Videos und Fotos gesichtet habe, bin ich mehr oder weniger ganz von der Vorstellung eines reinen Downbursts weggekommen. Auch die Dopplerradar Signatur vom Feldberg-Radar in der fraglichen Zeit zeigt wunderschön die Rotation im RFD-Sektor der Superzelle.
Ich befand mich schon mitten in einem Downburst. Zudem zeigt das Bild statt dem "klassischen" eindeutigen Rain Foot eine eindeutig konische, einem Wedge-Tornado ähnlichen, V-Form, eher bestehend aus kondensiertem Wasserdampf als aus nur reinem Niederschlag. D.h. da in einem solchen Bereich, beim Durchzug eines Tornados die Kondensation im V-fömigen Vortex nicht nur durch Abkühlung, sondern durch messbaren Druckabfall geschieht, könnten lokale Messdaten in kurzen Zeitabständen etwas Licht ins Dunkel bringen.....