Besondere Wetterlagen finde ich immer spannend und meiner Meinung nach ergibt sich heute eine solche. Meteomedia hat soeben für das Unterwallis eine Gewitterwarnung herausgegeben:

http://alarm.meteocentrale.ch/
Weit und breit aber keine Kaltfront, kein durchschwenkender Trog, keine Gegenstromlage, oder eine Anströmung labiler Luftmassen. Zentraleuropa ist hochdruckbestimmt; die Föhntendenz nimmt am Nachmittag wieder zu - und doch Gewitter? Haben wir heute vielleicht eine bilderbuchmässige Alpine-Pumping-Situation, die in Alpenkammnähe konvektive Niederschläge und Gewitter induziert?
Anregungen, Ergänzungen, konstruktive (!) Kritik von Profis sind gerne gesehen und willkommen! Ich will (wie öfters gesagt) viel lernen, um Wetter besser verstehen zu können, um diesem quasi das "Pokerface" zu enttarnen (sprich: den Geheimnissen auf die Spur zu kommen).
Synoptik:
Ich habe gestern Abend mal ein paar Kärtchen angeschaut (GFS, 18z-Lauf, 04.09.13 und WRF-ARW, 12km-Gitter, 12z-Lauf, 04.09.13):

Nordwestlich von Europa befindet sich ein langgestreckter Kurzwellentrog, der sich relativ geostationär verhält, also sich kaum nach Osten bewegt. Im östlichen Europa an der Grenze zu Russland, genauso persistent, hat sich ein Kaltlufttropfen eingenistet. Mitteleuropa und damit auch die Schweiz befindet sich unter einem Höhenrücken (Höhenhoch), in dessen Bereich sich ein ausgedehntes, wenn auch flaches Bodenhoch befindet.
Auf morgen Freitag ist sogar von GFS eine Abspaltung des westlichen Troges modelliert, was in gewissem Sinne zu einer Omega-Block-Lage über Europa führt, wonach verbreitet in den nächsten Tagen mit schönem Wetter und spätsommerlichen Temperaturen zu rechnen ist (s. Thread: "Warmer / Heisser Septemberbeginn 2013")
http://www.sturmforum.ch/viewtopic.php?f=2&t=8910
Der Tag beginnt schon wolkenlos:

T-max von bis zu 28° Grad Celsius auf der Alpennordseite, 30° Grad Celsius in Norditalien und sogar 33° Grad Celsius in Frankreich sind prognostiziert:

Doch die Omega-Lage ist nicht ganz astrein: das flache Hoch über Mitteleuropa und die Tiefdruckrinne über Westeuropa vermögen vermutlich nicht allzu lange die Blockade aufrecht zu erhalten. Item die KF befindet sich derzeit noch irgendwo zwischen den Azoren, den Britischen Inseln und westlich der norwegischen Küste (s. Isothermenscharung) und wird uns erst ab dem 08.09.2013 voraussichtlich beschäftigen:

Interessant nun diesen bereits oben erwähnten Höhenhochrücken, dessen Ausläufer, keilförmig nach Norden ausgreift und dessen Druckzentrum über Norditalien liegt. Entsprechend hoch das 500 hPa Geopotential:

Um dieses Zentrum herum, drehen sich die Höhenwinde antizyklonal, sorgen also generell für eine Stabilisierung und eine grundsätzliche Inversionslage:


Beim längeren Betrachten dieses Windprofils, wird's einem ja fast noch schwindlig

GFS hat nun aber auf den 15z- und 18z-Termin Gewitter gerechnet, inneralpin, bzw. entlang des Alpenkamms...:

...sowie z.T. konvektive Niederschläge:

Ich vermute nun eine Alpine-Pumping-Situation, in der (gem. der Fachliteratur) eine flache Hochdrucklage, hohe Temperaturen innerhalb der Gebirgsregion und einen nicht allzu steilen Druckgradienten (z.B. Föhneinfluss) von Vorteil ist. Hier das Föhndiagramm von heute Nachmittag (05.09.2013); Prognose bis 09.09.2013:

Diese über dem erwärmten Alpenmassiv aufsteigenden Luftmassen führen in der Höhe zu einer horizontalen Divergenz, was wiederum zu einer Feuchteadvektion führt; hier in den Modellen gut dargestellt:


Diese Feuchteadvektion führt lokal und vor allem im Bereich des Alpenkamms zu konvektiven Entwicklungen.....,


...welche im Verlauf des Nachmittags einsetzen dürften und durch den föhnbedingten Luftmassentransport nach Norden auch lokal in die Voralpen ausgreifen könnten. Wie es in der Fachliteratur heisst, sind bei solchen Lagen die meso- und microskaligen sog. "Windfingerprints" von den Modellen kaum erfassbar, da je nach orografischen Gegebenheiten und Ausrichtung von Tälern, sowie die dem Tagesgang unterworfenen Tal-/Bergwind-Verhältnisse Bodenkonvergenzen entstehen, welche lokal die Konvektion unterstützen können.
Grob vermag diese Karte die Bodenwindkonvergenzen etwas aufzuzeigen:

Das Windprofil (SFC - 700 hPa) in den Anetz-Daten von heute Morgen zeigt etwas die Tendenzen der heutigen Entwicklung, die ich mal gespannt etwas verfolgen werde.

Ist mein Verdacht auf eine Alpine-Pumping-Situation berechtigt?
Gruss Cyrill



