Beginnen möchte ich mit den Modellkarten von GFS. Nicht weil ich dieses Modell wegen seiner Prognosegüte bevorzuge, sondern weil von diesem Modell die grösste Kartenvielfalt öffentlich zugänglich ist. Dabei verwende ich mal
Karten von der
Wetterzentrale, mal solche von
wetter3. Die beiden Anbieter unterscheiden sich meist nur in der Gestaltung, bei einigen
Karten ist jedoch die Kombination der Informationen verschieden. Ich entscheide mich jeweils für jene, die nach meinem Empfinden für Laien die wichtigsten Informationen am übersichtlichsten darstellt. Wiederum bieten sowohl die Wetterzentrale wie auch wetter3
Karten an, die der andere Anbieter nicht im Kartenpool hat.
Als Einleitung zunächst ein paar Worte zu den verschiedenen
Druckflächen, von denen in der Folge immer wieder die Rede sein wird:
Man unterscheidet zwischen Bodendruckkarten und Höhendruckkarten. Manche
Karten kombinieren Daten aus verschiedenen Druckflächen. Hier die wichtigsten Standarddruckflächen und ihre durchschnittliche Höhe über Meer:
- Standarddruckfläche 1013.25 hPa (auf Meereshöhe reduziert): Bodenkarte
- 850 hPa / 1457 m: Wichtig für Temperatur und Wind in der bodennahen Luftschicht, ist abseits von Gebirgen aber nur noch geringfügig vom Bodenrelief beeinflusst.
- 700 hPa / 3012 m: Abgesehen von höheren Gebirgen freie Atmosphäre, wichtiges Niveau für die Niederschlagsbildung und die Bestimmung von Gewitterzugbahnen
- 500 hPa / 5574 m: "Die" Höhendruckkarte, freie Atmosphäre
- 300 hPa / 9164 m: Höhe des
Jetstreams
500 hPa, Bodendruck
Diese Karte gibt den ersten Überblick über die Grosswetterlage einer bestimmten Region. Zu sehen ist die Verteilung der wettersteuernden Druckgebiete am Boden und in der Höhe.
Weisse Linien: Isobaren des Bodendrucks.
Farbflächen: Höhe des 500 hPa-Geopotenzials in Dekameter (z.B. 552 x 10 = 5520 Meter)
Schwarze Linie (552 gpdm):
Polarfront, sie trennt Gebiete hohen Geopotenzials (gelb-rot) von Gebieten mit tiefem
Geopotenzial (grün-blau).
Grau gestrichtelt-punktierte Linie: Isothermen (Linien gleicher Temperatur) in 500 hPa (mit Temperaturangabe in weissen Kästchen)
Im gezeigten Beispiel vom 1. Januar 2006 sind folgende Druckgebilde zu erkennen:
1 Bodenhoch gekoppelt mit hohem Geopotenzial in der Höhe (Höhenhoch, -rücken oder -keil).
2 Zentrales Bodentief gekoppelt mit tiefem Geopotenzial in der Höhe (Höhentief).
3 Bodenhoch mit tiefem Geopotenzial in der Höhe: Winterliches "Kältehoch" geringer Mächtigkeit. Diese Hochdruckgebiete beruhen einzig auf der Auskühlung bodennaher Luftschichten und werden nicht durch ein Höhenhoch gestützt.
4 Höhentief mit hohem Luftdruck am Boden: Sogenannter Kaltlufttropfen, tritt wie hier typischerweise am Rand von Hochdruckgebieten auf.
5 Höhentrog gekoppelt mit Bodentrog.
6 Randtiefentwicklung, typischerweise an der Polarfront und auf der Trogvorderseite.
7 Bodentief unter hohem Geopotenzial: In diesem Fall ein Tropensturm (Zeta). Im Sommer treten Bodentiefs mit hohem Geopotenzial in der Höhe auch über dem Kontinent auf (z.B. iberische Halbinsel), sogenannte "Hitzetiefs" --> Gegenteil vom "Kältehoch".
300 hPa Stromlinien und Windgeschwindigkeit
Eine von Laien wahrscheinlich weniger beachtete Karte, die aber wichtige Informationen über die Höhenströmung und Tiefdruckbildung enthält.
Windgeschwindigkeit in Knoten (kt). Umrechnung in km/h: kt x 1.8 oder für Kopfrechner: kt x 2 -10%
Zu sehen ist der Jetstream, erkennbar an den hohen Windgeschwindigkeiten (gelb-rot) entlang der Polarfront (vergleiche 500 hPa-Karte oben). Divergenzen (auseinanderfliessende Stromlinien) entlang des Jetstreams - markiert mit einem "D" - deuten auf Tiefdruckbildung am Boden hin. Auseinanderfliessende Strömungen in der Höhe ziehen Luftmassen aus tieferen Schichten nach sich. Es entsteht Hebung --> Tiefdruckbildung, im Sommer Gebiete mit starker Gewitterentwicklung!
Dieselbe Karte gibt es auch für das 500 hPa-Niveau:
Der Jetstream ist weniger stark als in 300 hPa, aber immer noch zu erkennen. Diese Karte hilft u.a. zu erkennen, ob ein Vorhersagegebiet unter einem Starkwindband liegt. Bei guter Durchmischung können die Windgeschwindigkeiten aus 500 hPa bei Frontdurchgängen und in Gewittern als Böen bis in tiefe Lagen durchbrechen. Ebenfalls kann damit abgeklärt werden, ob Niederschlagsgebiete über höhere Gebirgskämme hinweg getragen oder nur gestaut werden. So ist auch mit Niederschlägen auf der Leeseite eines Gebirges zu rechnen, wenn der Jetstream direkt über das Gebirge weht (z.B. Starkregen in der Surselva und im Urnerland bei Südföhn, Schneefälle im Engadin bei Nordwestlagen etc.).
850 hPa Wind mit 850 hPa Geoptenzial
Diese Karte gibt einen Einblick auf die Windverhältnisse in 1300 bis 1600 Metern Höhe. Das 850-er Niveau befindet sich in einer Höhe, wo abseits von Gebirgen kaum Ablenkung durch das Relief ausgeübt wird. In Alpennähe sieht das natürlich anders aus, im folgenden Beispiel sehr gut zu erkennen:
Analyse-Karte zum selben Zeitpunkt wie oben gezeigt. Die Windfedern zeigen die Windrichtung und Windgeschwindigkeit an (1 halbe Feder = 5 kn, 1 ganze Feder = 10 kn, 1 Dreieck = 50 kn). Zusätzlich ist in feinem Grau das Geopotenzial in Dekametern eingezeichnet, man erkennt also Hochs und Tiefs im 850-er Niveau und weiss somit auch, auf welche Höhe sich die Winddaten beziehen (im Beispiel: Nordschweiz 138 x 10 = 1380 Meter).
Man erkennt die komplexe Lage, bedingt durch 3 Tiefdruckzentren rund um die Alpen (Nordfrankreich, Österreich-Tschechien und Adria), und den Umlenkungseffekt durch die Alpen selbst.
Die Windgeschwindigkeiten in 850 hPa werden gerne herangezogen, um die Böenstärke im Flachland vorherzusagen. Voraussetzung ist natürlich eine gute Durchmischung. Wird zum Beispiel ein Kaltluftsee im Mittelland nicht ausgeräumt, setzen sich die Böen nicht voll bis zum Boden durch.
850hPa äquivalent potentielle Temperatur (Theta E) + Bodendruck
Die Äquivalenttemperatur ist diejenige Temperatur, die man erhält, wenn man den gesamten in der Luft enthaltenen Wasserdampf auskondensieren lässt und die freiwerdende Kondensationswärme der Luft hinzufügt. Somit sagt diese Karte etwas aus über die in einer Luftmasse enthaltenen Energie. Dabei wird im Gegensatz zur normalen 850-hPa-Temperaturkarte auch die Feuchtigkeit berücksichtigt.
Diese Karte eignet sich besonders für die Bestimmung von Fronten, wie ich dies an folgendem Beispiel versucht habe (die komplizierten Frontenfriedhöfe in Nordrussland und über Südspanien habe ich mal ausser Acht gelassen
).
Rot = Warmfront, blau = Kaltfront, violett = Okklusion:
Am einfachsten ist es dort, wo auf engem Raum starke Gegensätze herrschen, wie z.B. an den Tiefs über dem Atlantik. Das einzige, was man dabei noch beachten muss, ist die Tatsache, dass uns die Bodenfronten interessieren, dass die scharfen Luftmassengrenzen auf der Karte aber die Fronten in etwa 1400 Metern Höhe anzeigen. Da die Fronten geneigt sind (Warmluft gleitet auf Kaltluft auf, bzw. Kaltluft schiebt sich unter Warmluft), liegt die Bodenfront immer etwas in den Warmsektor hinein versetzt. Um die genaue Position zu bestimmen, hilft uns bei markanten Fronten meist die zyklonale Krümmung der (Boden-)Isobaren, die auf dieser Karte praktischerweise mit eingezeichnet sind.
Etwas schwieriger wird es dort, wo die Luftmassengrenzen nicht so deutlich erscheinen, einerseits weil die Unterschiede der Luftmassen gering sind (im Beispiel über Ägypten), oder weil die Fronten in einem alternden Tief okkludiert sind (Bsp. Skandinavien). Aber auch hier hilft uns in der Regel die Isobarenkrümmung bei der Positionierung der Front.
Modell-Wetterkarte
Wer gerne wissen möchte, wie das Wetter nach dem direkten Modell-Output (DMO) von GFS wird, schaut sich diese Karte an. Mit etwas Erfahrung und der Kenntnis der Tücken eines DMO lässt sich damit eine eigene Wetterprognose machen. Die Legende zu den verwendeten Symbolen findet man
hier.
Dieses Beispiel habe ich herausgegriffen, um die Schwierigkeit der Interpretation beim Bewölkungsaufzug einer Warmfront zu demonstrieren. Man sieht, dass für das nordwestliche Drittel Deutschlands ein vollkommen bedeckter Himmel (8/8) gerechnet wird. Dabei handelt es sich aber um die Gesamtbedeckung, und es wird nicht berücksichtigt, ob es sich um hohe, durchscheinende Wolken handelt oder um tiefe, dunkle Wolken, die die Sonne völlig verdecken. Es ist also gut möglich, dass trotz 8/8 Bedeckung durch Cirrostratus die Sonne scheint. Daher ist es in einem solchen Fall nötig, sich über die Zusammensetzung der Bewölkung zu informieren. Dazu helfen uns die nachfolgenden Bewölkungskarten.
Bewölkungskarten (hohe, mittlere, tiefe Bewölkung, Grenzschichtbewölkung)
Um Fehlprognosen durch alleiniges Konsultieren des Modellwetters (DMO) zu verhindern, ist es nötig, die genaue Zusammensetzung der Bewölkung zu kennen. Dafür gibt es Bewölkungsprognosen für jedes Wolkenstockwerk. Grundlagen zur Wolkenklassifizierung bietet der
Karlsruher Wolkenatlas.
Die folgenden Beispiele dienen zum Vergleich mit der obigen Modell-Wetterkarte.
Hohe Wolken
Mittelhohe Wolken
Tiefe Wolken
Grenzschichtbewölkung
In den Gebieten, wo nur hohe Bewölkung vorhanden ist, scheint die Sonne nur schwach gedämpft. Für den Normalbürger beginnt Bewölkung erst dort, wo mittelhohe und tiefe Wolken die Sonne verdecken. In unserem Beispiel ist dies nur im äussersten Nordwesten Deutschlands und über Holland der Fall. Ein breiter Streifen bis nach Hessen ist hingegen nur mit hoher Bewölkung versehen. Trotz der 8/8 Prognose im Modellwetter kann man dort von einem vorwiegend sonnigen Tag ausgehen.
Bestimmung der Schneefallgrenze
Eine oft und auch bei der aktuellen Lage diskutierte Angelegenheit ist die Prognose der Schneefallgrenze (in der Folge abgekürzt SFG genannt). Es gibt verschiedene, mehr oder weniger zuverlässige Methoden. Die einfachste für den Laien ist die Konsultation der SFG-Karte von GFS:
Eingezeichnet sind einerseits die Höhenlinien der Schneefallgrenze, andererseits die in 6 Stunden zu erwartende Neuschneemenge in kg/m2. Da ein kg Wasser einem Liter entspricht, ist dies auch das uns geläufige Mass für die Niederschlagsmenge in l/m2 oder eben mm. Da 1 mm Niederschlag ungefähr 1 cm lockeren Neuschnee ergibt, kann die in den
Karten angegebene Neuschneemenge grob in cm umgerechnet werden. Aber Vorsicht! Wegen der schlechten Auflösung des GFS-Modells stimmt häufig die Geländehöhe nicht, so wird zum Beispiel das Schweizer Mittelland als Fläche auf ca. 700 Meter gerechnet. Es kann also gut sein, dass bei einer Schneefallgrenze von 700 Metern für das Mittelland Neuschnee eingezeichnet wird, der aber in Tat und Wahrheit die tiefsten Lagen in flüssiger Form erreicht.
Eine recht zuverlässige Methode für die SFG Prognose bietet die Theta-E-Karte, die wir schon weiter oben für die Bestimmung der Fronten verwendet haben:
Eine recht einfache Faustregel besagt, dass bei einer aequivalent-potentiellen Temperatur von 12° die Schneefallgrenze bei 0 Metern, bei 24° bei 1000 Metern, bei 36° bei 2000 Metern liegt etc. Der Vergleich mit der SFG-Karte zeigt, dass diese Regel recht gut übereinstimmt (z.B. am Jura und Schwarzwald). Bei beiden
Karten muss aber beachtet werden, dass die Auflösung eine Bestimmung der SFG im inneralpinen Bereich nicht zulässt. Man sieht zwar anhand dieser
Karten, dass der Luftmassenaustausch in diesem Bereich verzögert erfolgt und die SFG noch längere Zeit tiefer liegt als in den exponierten Regionen. Für Details müssten aber höher aufgelöste Lokalmodelle herbeigezogen werden. Für den Jura, das Mittelland und die Voralpen und erst recht für die nördlicheren Mittelgebirge sind die GFS-
Karten hingegen eine zuverlässige Hilfe.
Eine eher grobe Einschätzung der SFG kann auch mithilfe der relativen Topographie (500er Fläche minus 1000er Fläche in Dekametern, gerne als Reltop abgekürzt) vorgenommen werden. Die Reltop ist in folgender Karte als Farbfläche eingezeichnet (WZ-
Karten haben diese nicht drin, bzw. dort zeigt die Farbfläche das 500 hPa Geopotenzial, also bitte nicht verwechseln):
Faustregel Reltop = SFG:
524 = 0000 m
528 = 0300 m
532 = 0600 m
536 = 0900 m
540 = 1200 m
usw.
Erwähnt sollte hier noch werden, dass die Bestimmung der Schneefallgrenze anhand von 850-er Temperaturkarten unter Laien zwar beliebt, aber keinesfalls genau ist, weil dort die Feuchtigkeit (Taupunkte!) der Luft nicht berücksichtigt wird. Dies ist bei der Theta-E-Karte hingegen der Fall. Die äusserst vereinfachte Formel, dass der Schnee ungefähr 300 Meter unter die Nullgradgrenze fällt, sollte deshalb nur angewendet werden, wenn die oben erwähnten
Karten nicht zur Verfügung stehen.
- Editiert von Federwolke am 03.03.2006, 01:10 -