Meines Wissens ist nirgends festgelegt, dass die Begriffe "right-mover" und "left-mover" für Superzellen vorbehalten sind. Aber es ist durchaus möglich, dass es Missverständnisse gibt, weil genau dies viele glauben
Diese Bezeichnungen sind meiner Meinung nach für alle Gewitter zulässig, welche eine von der Hauptwindrichtung in der Höhe (in der Regel das ungefähre Mittel zwischen 850, 700 und 500 hpa) und somit von der Hauptzugbahn abweichen. Ursachen dafür gibt es unterschiedliche, die nicht mit der Eigendynamik einer Mesozyklone (= Superzelle) zusammenhängen. Diese Ursachen sind sogar viel häufiger als Superzellen und vor allem bei Multizellen zu beobachten:
1) Anbau neuer Quellungen auf der warmen, besonnten Seite. West-Ost oder Ost-West ziehende Zellen bauen meistens im Süden an. Süd-Nord oder Nord-Süd ziehende Zellen bauen in den Abendstunden im Westen an, in den Morgenstunden (kommt zwar eher selten vor) im Osten. Da im Multizellenverband die einzelnen Zellen selten länger als eine Stunde leben, sieht es auf dem Radarbild so aus, als würde ein ganzes Gebilde von der Zugrichtung abweichen. Dabei gehen nur die ältesten Zellen ein. Würden sie weiterleben, würde sich der Komplex zu einer Linie (Squall) auffächern.
2) Anbau neuer Quellungen getriggert durch den Outflow eines bereits bestehenden Gewitters. Der kalte Outflow schiebt sich unter die noch warme Luft und zwingt diese zum Aufsteigen, es entstehen dort neue Quellungen.
2a) Bei nahezu stationären Gewittern im Flachland (z.B. Poebene oder Ungarn) kann sich dabei ein ganzer Ring neuer Einzelzellen um ein altes Gewitter bilden. Häufiger sind aber halbkreisförmige Entwicklungen im Gefolge eines synoptisch erklärbaren Windes.
2b) Im Gebirge stösst der Outflow meist auf Hindernisse und wird in ein Tal kanalisiert, genau das passierte am Samstag mit der Zelle in der Linthebene: Die Neuentwicklungen folgten dem Talverlauf.
2c) Bei Linien welche vom Flachland auf ein sanftes Hindernis (Hügelzüge) stossen, entstehen die Neuentwicklungen mehrere Kilometer vor der alten Linie über den Hügeln (orographische Unterstützung). Dazu gibt es schön dokumentierte Beispiele hier: http://wetterinfos.blogspot.com/2011/06 ... itter.html Solche Neuentwicklungen können wiederum orographisch bedingt eigene (abweichende) Zugbahnen aufweisen, fügen sich aber in der Regel rasch wieder in die Hauptzugrichtung ein, sobald das Hindernis überwunden ist.
Noch etwas zur Superzellen-Häufigkeit. In den letzten Jahren haben sich im Zuge der Vermehrung von "Experten" im Internet und von "Chasern" auf der Strasse, die Superzellen auf ebenso wundersame Weise vermehrt. In den Urzeiten des Sturmforums (also erste Hälfte der 00-er Jahre) gab es vielleicht maximal 5 Superzellen pro Jahr in der Schweiz. Das dürfte auch heute nicht anders sein, aber als Chaser hat man natürlich eine besondere Trophäe in der Sammlung, wenn es eine Superzelle war...
