Seite 16 von 21
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 09:54
von Michael (Dietikon)
@Willi: Danke für deine Interpretation zur Superzelle. Spannend! Ich habe versucht, mich an vergleichbare Ereignisse in der Vergangenheit zu erinnern, also Superzellen, welche über längere Distanzen Windschäden verursacht haben. Spontan fallen mir da der 13.7.2011 (
http://www.sturmarchiv.ch/index.php?tit ... Mittelland) und der 24.6.2002 (
http://www.sturmarchiv.ch/index.php?tit ... ton_Aargau) ein. Gibt wahrscheinlich noch weitere Ereignisse. Interessant finde ich, dass alle Fälle in der Nacht aufgetreten sind. Gibt es ähnliche Fälle von Superzellen, welche tagsüber aufgetreten sind? Mir fallen nur solche ein, die vor allem grossen Hagel und nur lokale Downbursts produziert haben.
Gruss, Michael
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 10:41
von Patrick
Hoi zäme
Vielen Dank für die vielen spannenden Berichte und die tollen Fotos.
Nachfolgend noch einige Aufnahmen der ersten Gewitterzelle, die durchs Mittelland zog sowie der darauffolgenden zweiten Gewitterlinie. Wir waren primär zum Baden an der Reuss, weshalb wir den Aufzug nicht vollständig mitverfolgen konnten. Machten uns aber gerade noch rechtzeitig auf den Weg, um einige Fotos der sehr fotogenen Wolkenbasis knipsen zu können. Die Zelle schwächte sich allerdings deutlich ab und die zu Beginn tiefe Wolkenbasis hob sich innert wenigen Minuten an.
Aufgenommen in Sulz bei Künten.
Nachfolgende Fotos von Bellikon aus.
Durchgang zweiter Gewitterlinie, ebenfalls von Bellikon aus.
Viele Grüsse
Patrick
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 10:57
von Michael (Dietikon)
Rontaler hat geschrieben:Fragen am Rand: Warum gibt es die stärksten Entwicklungen stets am südlichen Ende einer Gewitterlinie und warum sind die Superzellen so gefährlich, die an der Grenze von trockener Föhnluft und feuchter Luft entlang ziehen? Miteinbezug von trockener Luft wg. Downbursts oder Typ low precipitation mit weniger Niederschlag aber sehr grossem Hagel?
Diese 'leading egde'-Zelle (übersetzt etwa 'vorangehende Zelle am Rand') hat die energiereichste Luftmasse (z. B. in Form von CAPE) zur Verfügung. Aufgrund ihrer Position wird der Inflow nicht oder nur geringfügig durch andere Zellen beeinträchtigt oder anders gesagt, CAPE weniger reduziert. Die anderen Zellen im Cluster müssen sich diese Energie sozusagen untereinander aufteilen, wodurch sie logischerweise weniger zur Verfügung haben. Zudem ist das Windfeld/Scherung im Bereich der 'leading edge' für die Entstehung von Superzellen oftmals günstiger. Die Zelle muss sich allerdings je nach Windsituation nicht unbedingt am Südrand entwickeln, wobei das ihre typische Position ist.
Welche Mechanismen Superzellen im Grenzbereich von trockener und feuchter Luft ('dry line') so gefährlich machen, ist meines Wissens immer noch nicht vollständig verstanden. Eine Hypothese ist, dass durch die Intrusion von trockener Luft ('entrainment') Downbursts begünstigt werden. Zudem kann die Überlagerung von trockenen Luftmassen (z. B. Föhnluft) über einer feuchten Grundschicht zu einer weiteren Destabilisierung führen. In der Schweiz kommt vermutlich hinzu, dass in den Föhnrandgebieten (entlang der Voralpen) oftmals eine Konvergenz vorhanden ist. Dadurch sammelt sich dort feuchte Luft in der Grundschicht an (Feuchteflusskonvergenz), was das Energieangebot lokal erhöht.
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 13:16
von Bernhard Oker
Willi hat geschrieben:@Bernhard, könntest du die Windplots auch noch etwas früher zeigen, 2330/2300 UTC?
Inflow aus Ost/Nordost. Für Tornado wäre Süd bis Südost besser.
Gruss
Bernhard
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 13:50
von Bernhard Oker
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 14:10
von Willi
Danke Bernhard für die umfassende Auswertung.
Habe händisch einen Hodographen-Sudel aufgrund der Daten von Bodenstationen 2330 UTC + Payerne Sondierung 2.8. 00z 3 km gezeichnet, um händisch die SRH 0-3 km abzuschätzen. Dabei komme ich auf 400 m2s2 und bin verwirrt über die doch markante Differenz zum negativen Wert von -48 m2s2 in der unstehenden Figur, Standort Koblenz.
Im Höhenlayer 1-2 km habe ich mich mit Hörnli/Napf/Pilatus beholfen, die Differenz könnte durch grosse Unsicherheit über die "wahren" Windverhältnisse in diesem Höhenlayer erklärbar sein.
Trotzdem finde ich "meine" Version nicht unplausibel, der Wert von 400 m2s2 der SRH passt gut zur Superzelle und zur ausgeprägter Rotation in den mittleren Höhen.
Gruss Willi
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 14:20
von Bernhard Oker
@Willi
Ich verwende folgende Stationen bei Leibstadt:
Leibstadt
Lägern (Nordostwind)
Chasseral (Nordwestwind)
Ob Chasseral oder Napf/Pilatus besser sind in dem Fall? Vor der Zelle wahrscheinlich Deine Variante.
PS: Meine Karte zeigt den 0-1km Wert an.
Gruss
Bernhard
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 14:23
von grafur Rifferswil
Hoi zäme
Anbei noch zwei PPI-Bilder (4.5 Grad Elevation) vom 2. August 2017 00:15 UTC und 00:20 UTC sowie Radialwind vom Albis (selbe Elevation). Schwierig zu interpretieren, aber sie zeigen irgendwie verdächtig ein Hook Echo:
Quelle: MeteoSchweiz
Quelle: MeteoSchweiz
Radialwinde vom Albis-Radar zeigen insbesondere um 00:15 UTC ebenfalls Rotation an (grün = Bewegung zum Radar, orange = Bewegung vom Radar weg).
Quelle: MeteoSchweiz
Gruss Urs
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 15:15
von Willi
aber sie zeigen irgendwie verdächtig ein Hook Echo:
Spannend. Wie persistent ist die Hook Signatur?
Der Albis ist bestimmt besser positioniert als Feldberg, welcher von "hinten" reinschauen muss und so viel Abschwächung hat.
Wäre es möglich, noch mehr Bilder zu sehen, Z und Doppler, auf niederen und mittleren Höhen, zu verschiedenen Zeiten?
Gruss Willi
Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017
Verfasst: Do 3. Aug 2017, 15:27
von Willi
PS: Meine Karte zeigt den 0-1km Wert an.
Danke Bernhard
Aus meiner Grafik lese ich SRH(0-1 km) = knapp über 100 m2s2, vor allem aufgrund der deutlichen Windscherung Hörnli-Napf. Das würde dann doch die Option eines möglichen Tornados offen lassen, oder nicht?
http://www.meteor.iastate.edu/classes/m ... 17_wk7.pdf Folie 12, (Link provided by Bernhard, thanks!)
Gruss Willi